Protokoll der Sitzung vom 19.05.2005

- Das wollen wir erst einmal abwarten. - Sie wollen eine neue Subvention einführen. Sie wollen die Wirtschaft mit einer neuen Subvention ankurbeln. Das steht in Ihrem Antrag. Ich finde unseriös, dass Sie Ihren Finanzminister nicht einmal danach gefragt haben, in welcher Höhe Steuerausfälle damit verbunden sind, wenn sämtliche Rechnungen über Arbeiten von Handwerkern auf Privatgrundstücken steuerlich absetzbar gemacht werden. - Kein Wort!

(Bernd Althusmann [CDU]: Wie hoch ist denn die Schwarzarbeitquote?)

Ich bestreite gar nicht, dass sich viele aufgrund der wirklich verbreiteten Neigung der Deutschen, Steuern zu sparen, zu einem Handwerkerauftrag entschließen würden, wenn das alles steuerlich absetzbar wäre. Aber Sie sind ja nicht einmal in der Lage zu sagen, in welcher Höhe es dann zu Steuerausfällen kommen würde. Dass Sie dann einen Subventionsdschungel einrichten, geben Sie ja selbst zu. In der Begründung heißt es:

„Zur Vermeidung Doppelförderungen (z. B. durch Eigenheimzulage) können jedoch Arbeiten, die zu Herstellungskosten führen, weiterhin nicht berücksichtigt werden.“

Man nimmt erst einmal die Eigenheimförderung mit und anschließend kommt die Absetzbarkeit aller Handwerkerrechnungen - man hat durchgängig einen steuersubventionierten Wirtschaftsbereich. Darüber muss man auch ordnungspolitisch diskutieren. Herr Hirche, ich bin daran interessiert, zu erfahren, wie Sie das einschätzen. Ich bestreite nicht, dass man ein Strohfeuer erzeugen kann.

Vielleicht ist ein Strohfeuer im Augenblick mehr als gar nichts. Vielleicht muss man - befristet - darüber diskutieren. Aber so unseriös, wie Sie das machen, kann man das nicht tun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zweitens: Sicherung der Unternehmensnachfolge bei der Erbschaftsteuer. Das ist im Jobgipfel entschieden worden. Wir stehen zu dieser Regelung,

(Anneliese Zachow [CDU]: Ja, wir se- hen das!)

dass mittelständische Unternehmen von der Erbschaftsteuer befreit werden, wenn die Fortsetzung des Unternehmens gesichert ist. Jedes Jahr 10 % weniger im Laufe von zehn Jahren - das ist eine intelligente steuerpolitische Maßnahme.

(Bernd Althusmann [CDU]: Wie weit ist das Beratungsverfahren auf Bun- desebene?)

Die wird übrigens auch nicht dadurch entwertet, dass die Idee von der CSU gekommen ist. Das ist einfach eine gute Idee, und die wird umgesetzt.

(Bernd Althusmann [CDU]: Nur für wann?)

- Nach der siegreichen Wahl in Nordrhein-Westfalen wird sie ganz sicher im Bundestag beraten.

Drittens. Sie wollen geringfügige Wirtschaftsgüter absetzen. Aber Sie sagen nicht, was geringfügiges Wirtschaftsgut ist. Nach geltendem Recht liegt die Grenze bei 410 Euro. Wie weit soll das gehen? Keine Aussage und keine Konkretisierung von Ihnen.

(Zuruf: 800!)

- „800“ steht hier aber nicht drin. - Dann wäre es angesichts der katastrophalen Finanzlage dieses Landes seriös, zu fragen, ob damit Steuerausfälle verbunden sind. Dann sollten Sie seriöserweise auch gleich sagen, wie Sie diese Steuerausfälle im nächsten Haushalt kompensieren wollen. Das gehört zu einem Antrag dazu.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Viertens: Stärkung der Gläubigerrechte. Ihnen ist wohl entgangen, dass der Bundestag schon im Jahre 2000 ein Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen verabschiedet hat. Somit kommt ein

Schuldner nach Ablauf von 30 Tagen automatisch - ohne Mahnung - in Verzug. Dieses Gesetz hat auch die Verzugszinsen zum Teil drastisch erhöht. Die Gläubigerrechte sind gestärkt worden. Jetzt geht es darum, die Zahlungsmoral zu stärken, insbesondere natürlich auch die Zahlungsmoral der öffentlichen Hand. Wir hören immer wieder Beschwerden aus dem Bereich der Landesregierung. Wir sammeln das gerade und werden Ihnen diese Beschwerden demnächst im Einzelnen präsentieren.

Fünftens: die Berufsgenossenschaften. Wir sind in der Tat der Meinung, dass die Dualität im Arbeitsschutz, Berufsgenossenschaften und Gewerbeaufsichtsämter, nicht mehr zeitgemäß ist.

(Zustimmung von Wolfgang Hermann [FDP])

Da müssen wir etwas machen; es muss auch mehr Wettbewerb herrschen. Wir brauchen nicht diese Doppelstrukturen. Allerdings sind wir gegen die Senkung des Insolvenzgeldes, weil das in erster Linie die Opfer der Insolvenz zu tragen hätten. Aber da sind wir im Prinzip diskussionsbereit.

(Bernd Althusmann [CDU]: Haben Sie schon einmal nach der Ursache der Erhöhung dieser Gelder gefragt? 40 000 Insolvenzen!)

Sechstens: die Erleichterung von Unternehmensgründungen. Warum haben Sie das eigentlich in zwei Jahre und drei Monaten noch nicht in Angriff genommen? - Das alles soll jetzt viel schneller gehen. Hatten Sie denn zwei Jahre Zeit, um darüber hinwegzusehen? - Das ist eine Forderung, die sich an den Eigenbereich der Landesregierung richtet. Dann entrümpeln Sie doch mal die Vorschriften, damit Unternehmen schneller gegründet werden können!

(Beifall bei der SPD)

Sie müssen einen Entschließungsantrag machen, damit Herr Hirche aufgefordert wird, das zu tun?

Siebentens: die Suche nach neuen Wegen. Hört, hört! Die suchen

(Wolfgang Hermann [FDP]: Was heißt hier „die“?)

gemeinsam mit der Kreditwirtschaft und der NBank nach neuen Wegen, interessante Kreditkontingente zu entwickeln, um aktiv zur Wirtschaftsförde

rung beizutragen. Wir als Regierungsfraktion hätten uns nicht getraut, so etwas in den Landtag einzubringen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Sondern? Was hätten Sie getan?)

Ich will Ihnen noch etwas aus Ihrer Begründung vorlesen, Herr Hermann:

„Eine konsequente Evaluierung des Angebotsspektrums ist die Basis für die mögliche Einführung neuer Instrumente wie z. B. stiller Beteiligungen.“

Wer hat denn so etwas geschrieben? - Das hat doch kein Handwerksmeister geschrieben! Es ist doch Unsinn, was da steht. Natürlich haben wir in Deutschland zu wenig Eigenkapital. Wir alle wissen auch, warum. Wir haben Jahrzehnte lang FDP-Wirtschaftsminister im Bund gehabt, die dazu beigetragen haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Unser Steuersystem hat über Jahrzehnte hinweg die Kreditfinanzierung durch Banken besser gestellt hat als die Pflege des Eigenkapitals. Das ist der Grund dafür, dass die Unternehmen in Deutschland ein so geringes Eigenkapital haben. Aber das kann ja verbessert werden. Warum nehmen Sie sich zwei Jahre und drei Monate Zeit, Herr Hirche, um über die NBank oder über die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft, die MBG, zusätzliches Beteiligungskapital aufzulegen? Dann schaffen Sie doch Beteiligungsmöglichkeiten! Machen Sie doch etwas! Warum warten Sie? Sie können doch handeln. Sie brauchen doch keinen Antrag in einem derartig verquasten Deutsch in den Landtag einzubringen, den niemand versteht. Also stellen Sie mehr Eigenkapital über die Banken zur Verfügung; dann können Sie das Problem lösen.

Ich möchte auf einen Punkt zurückkommen. Wenn Sie wirklich der Meinung sind, dass insbesondere das Handwerk unter der derzeitigen Situation leidet, dann muss ich Ihnen zustimmen. Aber wissen Sie, worunter das Handwerk und viele mittelständische Unternehmen am meisten leiden?

(Bernd Althusmann [CDU]: Unter ei- ner rot-grünen Bundesregierung!)

Die leiden am meisten darunter, dass das Land Niedersachsen, das sich zum Vorreiter der Interessenvertretung des Mittelstandes selbst erklärt, die niedrigste Investitionsquote aller Bundesländer aufweist.

(Beifall bei der SPD - Zuruf)

- Das hat doch mit den Hinterlassenschaften nichts zu tun, Frau Kollegin. Sie können die Investitionsquote sofort steigern, indem Sie die Konsumausgaben senken. So einfach ist das. Sie sind nicht nur der Investitionszwerg, Herr Minister Hirche, unter den 16 Wirtschaftsministern, sondern Sie haben auch gleichzeitig die höchsten Konsumtionsausgaben. Das vernichtet Arbeitsplätze. Sie haben z. B. im Straßenbau den Ansatz von 73 Millionen Euro binnen zwei Jahren auf 32 Millionen Euro abgesenkt. Es sind Dutzende von kleinen Tiefbauunternehmen, die das, was Sie da gemacht haben, mit der Insolvenz bezahlen mussten.

(Beifall bei der SPD)

Die Mittel für den Landesstraßenbau so drastisch abzusenken, hätte sich nicht einmal eine grüne Alleinregierung getraut. Wenn Sie immer wieder erzählen, die Bundesregierung ist für die Probleme verantwortlich, aber Sie sind die großen Meister, dann gebe ich Ihnen einen Rat, Herr Hermann: Fassen Sie sich einmal an die eigene Nase!

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Dinkla das Wort.

Ihre Beiträge, Herr Kollege Oppermann, machen eigentlich immer den ganzen Frust über den Verlust der Regierungsverantwortung deutlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie sind viel zu intelligent, Herr Oppermann, als dass Sie wirklich nicht verstehen, was wir mit dem Antrag erzielen wollen. Sie sprechen bei zwei Punkten Steuerausfälle an. Das ist ein Totschlagargument, das wir in der letzten Wahlperiode auch von Ihnen gehört haben. Jeder Vernünftige weiß, dass man durch bestimmte Maßnahmen ein Mehr an Steuereinnahmen generieren kann - mit Mehr

wertsteuer und mit Gewinn. Das gilt natürlich für die Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen und auch für die geringwertigen Anlagegüter. Es ist doch ganz logisch, dass Sie damit auf der anderen Seite mehr Steuereinnahmen haben. Sie können doch nicht einfach sagen: Das ist nur Steuerausfall. - Dies ist in der Sache falsch.

(Zustimmung bei der CDU)