Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 24 der Abg. Dr. Gabriele Andretta und Thomas Oppermann (SPD)

Ausbau der L 521 zwischen Herzberg und Sieber

Die Landesstraße 521 führt von Herzberg durch das Siebertal bis Sieber und von dort weiter nach St. Andreasberg. Der Abschnitt Sieber St. Andreasberg ist in einem befriedigenden Zustand, auch gibt es eine Radwegverbindung. Dagegen lässt der Abschnitt von Herzberg bis Sieber in jeder Hinsicht zu wünschen übrig. Die Straße befindet sich in einem kläglichen Zustand. Sie ist mehrfach geflickt und muss vermutlich grundlegend erneuert werden. Für Radfahrer ist die Straße wenig attraktiv, da sie relativ schmal ist und reger Autoverkehr stattfindet. Der dringend notwendige Ausbau der Landesstraße sollte deshalb vom Bau eines Radweges begleitet werden, der sich touristisch für Sieber, aber auch den ganzen Hochharz sehr vorteilhaft auswirken könnte.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie den Zustand der L 521 zwischen Herzberg und Sieber?

2. Wann gedenkt die Landesregierung, diesen in einem sehr schlechten Zustand befindlichen Abschnitt grundlegend zu erneuern?

3. Hält es die Landesregierung für sinnvoll, die Erneuerung der Straße mit dem Bau eines Radweges von Sieber nach Herzberg zu verknüpfen?

Zu 1: Der Zustand des gesamten ca. 8 000 km langen Landesstraßennetzes wird alle fünf Jahre erfasst und bewertet. Diese Bewertung erfolgt nach einem Notensystem von 1 bis 5, wobei die Note 5 für den schlechtesten Zustandswert steht.

Die L 521 weist im Abschnitt zwischen Herzberg und Sieber starke Mängel auf und hat deshalb die Zustandsnote 5 erhalten.

Zu 2: Eine abschließende Aussage über den Beginn einer Fahrbahnerhaltungsmaßnahme im angesprochenen Bereich kann zurzeit nicht getroffen werden, da diese von der Höhe der im Landeshaushalt ausgewiesenen investiven Straßenbaumittel abhängig ist, die erst nach Abschluss der Haushaltsberatungen endgültig feststehen.

Zu 3: Wünschenswert wäre es, wenn die Fahrbahnerhaltung und der Radwegbau zeitgleich erfolgen könnten.

Anlage 22

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 25 der Abg. Michael Albers, Heike Bockmann, Susanne Grote, Friedhelm Helberg, Elke Müller, Klaus Schneck, Frank Henry Horn und Dörthe Weddige-Degenhard (SPD)

Welche konkreten Änderungen strebt die Landesregierung im Bereich der Prozesskostenhilfe an?

Ausweislich eines Berichts der Berliner Zeitung vom 28. Juni 2005 plädiert die Justizministerin nach wie vor dafür, die Prozesskostenhilfe dahin gehend einzuschränken, dass auch einkommensschwache Kläger obligatorisch an den Gerichtskosten beteiligt werden. „Ich setze mich für eine Eigenbeteiligung bei der Prozesskostenhilfe ein“, sagte sie der Berliner Zeitung. Dies könnten 10 Euro sein. Die Ministerin forderte zudem, dass künftig bei den Sozialgerichten eine Gerichtsgebühr erhoben wird. Allerdings musste sie bereits im Vorfeld der Justizministerkonferenz einräumen, dass diese Überlegungen zwischen den Ministern der Länder höchst umstritten sind. Entsprechend ernüchternd ist dann auch der Beschluss der Justizministerkonferenz vom 28. Juni 2005 ausgefallen.

Bereits vor Jahresfrist hat die Justizministerin eine Anfrage zur Reform der Prozesskostenhilfe dahin gehend beantwortet, dass „die Prüfung, welche Rechtsänderungen zur Erreichung der angestrebten Ausgabenbegrenzung im Bereich der Prozesskostenhilfe geeignet sind“, „noch nicht abgeschlossen“ seien (vgl. PlPr 15/42, S. 4682 f.). Es würden jedoch „insbesondere folgende Maßnahmen“ diskutiert:

Einführung einer Mindestbeteiligung der Partei an den Kosten des Rechtsstreits,

Erhöhung der von der Partei zu zahlenden Monatsraten von derzeit 48 auf 72,

angemessene Erhöhung der Ratenhöhe,

präzisere Definition der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung,

Verpflichtung der Partei, im Falle ihres teilweisen Obsiegens erstrittene Beträge in vollem Umfang zur Begleichung der Prozesskosten einzusetzen,

Erleichterung der Änderung von Bewilligungsbescheiden im Falle einer Änderung der finanziellen Situation der Partei,

Verpflichtung der Partei, dem Gericht wesentliche Änderungen ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unaufgefordert mitzuteilen,

Übertragung der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom Richter auf den Rechtspfleger.

Da die diesbezüglichen Diskussionsprozesse nunmehr mehr als zwölf Monate andauern, muss davon ausgegangen werden, dass die Vorschläge der Landesregierung zwischenzeitlich einen höheren Konkretisierungsgrad erreicht haben.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche konkreten Arbeitsaufträge hat die im Justizministerium eingesetzte Arbeitsgruppe zur Reform der Prozesskostenhilfe, und welche konkreten Ergebnisse liegen mittlerweile vor?

2. Welche konkreten Rechtsänderungen strebt die Landesregierung im Bereich der Prozesskostenhilfe (insbesondere hinsichtlich der Höhe der Mindestbeteiligung, der Höhe der Raten) an, und wie begründet sie diese jeweils?

3. Wie begegnet die Landesregierung dem Argument, dass die von der Justizministerin angestrebte „Eigenbeteiligung“ an den Prozesskosten ähnlich der „Praxisgebühr“ zumindest in Bezug auf die Empfängerinnen und Empfänger des Arbeitslosengeldes II rechtlich höchst problematisch und zudem in hohem Maße sozial ungerecht wäre, da diese Eigenbeteiligung nicht Bestandteil des SGB II-Regelsatzes ist und diesen Personenkreis somit in nicht hinnehmbarer Weise benachteiligen würde?

Die weiterhin angespannte Lage des Landeshaushalts zwingt dazu, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Zuschussbedarf der Justiz zu verringern. Der Zuschussbedarf des niedersächsischen Justizhaushalts hat sich im Jahre 2004 nochmals erhöht, und zwar von 581 Millionen Euro im Jahre 2003 auf nunmehr 620 Millionen Euro. Dies entspricht einer Steigerung um rund 6,7 %. Auch die Ausgaben des Landes für beigeordnete Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind deutlich gestiegen. Betrugen sie in der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Jahre 2003 noch 48,913 Millionen Euro, so erreichten sie 2004 52,521 Millionen Euro.

Angesichts dieser Entwicklung sind Maßnahmen zur Begrenzung der Ausgaben des Landes unerlässlich. Dazu gehört auch die Prüfung der Frage, ob und inwieweit Bürgerinnen und Bürger mit ge

ringem Einkommen zu den Kosten ihrer Rechtsstreitigkeiten herangezogen werden können.

Notwendig ist insbesondere eine Beseitigung der Kostenfreiheit des Verfahrens vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. In dieser Gerichtsbarkeit sind Verfahren für Versicherte, Rentner, Kriegsopfer, Schwerbehinderte, Hinterbliebene und sonstige Leistungsempfänger in allen Instanzen kostenfrei. Auch im Falle ihres Unterliegens können diese Beteiligten nach geltendem Recht weder zur Zahlung von Gerichtsgebühren noch von Auslagen des Verfahrens (z. B. Aufwendungen für Sachverständigengutachten) herangezogen werden. Der Bundesrat hat daher am 13. Februar 2004 die Einbringung eines Gesetzentwurfs beschlossen, der die Einführung sozialverträglich bemessener Pauschalgebühren vorsieht, die im Unterliegensfall auch von Versicherten, Leistungsempfängern und Behinderten zu zahlen sind (Bun- desrats-Drucksache 663/03 - Beschluss -). Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Höhe der Gebühren beträgt 75 Euro vor den Sozialgerichten, 150 Euro vor den Landessozialgerichten und 225 Euro für Verfahren beim Bundessozialgericht. Eine Verkürzung des Rechtsschutzes ist mit der Regelung nicht verbunden. Beteiligten, die die geringen Gebühren nicht aufbringen können, wird auf Antrag Prozesskostenhilfe gewährt, wenn ihre Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.

Auch im Bereich der Prozesskostenhilfe besteht ein erhebliches Einsparpotenzial. Eine unter der Federführung Niedersachsens und Baden-Württembergs eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat Anfang dieses Jahres einen Zwischenbericht vorgelegt, in dem 14 Maßnahmen zur Begrenzung der Ausgaben für die Prozesskostenhilfe vorgeschlagen worden sind. Sie betreffen

im Bereich der Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe

• die Präzisierung des Merkmals der Mutwilligkeit,

• eine Regelung für die Kostenverteilung bei Vergleichen

• und die Streichung der Anwaltsbeiordnung nach § 11 a Abs. 1 ArbGG,

eine Erhöhung der Eigenbeteiligung der bedürftigen Partei durch

• die Neubestimmung der aufzubringenden Raten und die Klarstellung des Vorrangs der Inanspruchnahme von Bankkrediten,

• die Einführung einer Gebühr für die Festsetzung von Raten,

• die Verpflichtung der bedürftigen Partei zum vollen Einsatz des durch den mit Prozesskostenhilfe finanzierten Rechtsstreit Erlangten

• und die Erhöhung der Zahl der von der bedürftigen Partei zu leistenden Monatsraten,

die Optimierung des Verfahrens, insbesondere durch

• die Übertragung der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Rechtspfleger,

• die Verbesserung des Aufklärungsinstrumentariums des Gerichts nach § 118 ZPO,

• die Ausweitung des Beschwerderechts der Staatskasse

• und die Verbesserung des Verfahrens bei Änderung bzw. Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Zu den Vorschlägen ist in allen Ländern die gerichtliche Praxis beteiligt worden. Eine umfassende Einbindung der Gerichte ist wegen der Tragweite der vorgeschlagenen Rechtsänderungen unerlässlich. Sie stellt sicher, dass die zu erarbeitenden Regelungen sachgerecht und praktikabel sind. Welche unerwünschten Folgen übereilte Änderungen des sensiblen Bereichs der Prozesskostenhilfe haben können, haben die am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Änderungen des § 115 der Zivilprozessordnung gezeigt. Die Bundesregierung hatte die im Zuge der Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vorgeschlagenen Änderungen der Zivilprozessordnung in ihrem Regierungsentwurf lapidar als „redaktionelle Anpassungen“ bezeichnet (Bundestags-Drucksache 15/1514 S. 75) , ohne zu bemerken, dass dadurch der Kreis der Prozesskostenhilfeberechtigten in unvertretbarer Weise ausgeweitet wurde, wie selbst Bundesjustizministerin Zypries am 25. Februar 2005 vor dem Deutschen Bundestag einräumen musste (Plenarprotokoll 15/161 S. 15089 li. Sp.). Auf Drängen der Länder hat der Bundestag daher zum 1. April 2005 eine erneute Gesetzesän