In diese bisherige Politik passt auch das, was Herr Sander den großen Investoren im Bereich Privatisierung von Abwasser an Spielraum geben möchte. Sie wissen wie ich: Die Konsequenzen zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher über höhere Preise. Wir wollen das nicht. Ich sage dies in aller Deutlichkeit.
Der Koalitionsvertrag in Berlin nimmt Gott sei Dank auch diesen Hinweis auf. Wir sind bei diesem Thema hoch sensibilisiert. Herr Rösler, Herr Bode, darauf können Sie immer bauen.
Einen weiteren Aspekt der Koalitionsvereinbarung in Berlin will ich aufgreifen und außerordentlich begrüßen. Es geht um das Thema - -
- Nein, es geht nicht um die Mehrwertsteuer, sondern um das Thema Subventionsabbau. Wir haben Ihnen hier in den letzten Jahren bei allen Haushaltsberatungen Vorschläge gemacht. Das, was jetzt in Berlin passiert, müsste Ihnen die Schamesröte ins Gesicht treiben, meine Damen und Herren.
Das ist hier von der CDU und der Landesregierung aus parteipolitischem Kalkül lange verhindert worden, aber jetzt wird es vollzogen. Ihr Obstruktionsverhalten im Bundestag hat das Land Niedersachsen in dem Zeitraum 2004 bis 2006 knapp 1 Milliarde Euro gekostet.
Sie haben diese Zahlen angezweifelt, Herr Althusmann. Ich stelle mit Genugtuung fest: Die aktuellen Zahlen aus dem Bundesministerium der Finanzen bestätigen, der jetzt geplante Subventionsabbau ist identisch mit dem Zahlenmaterial, das wir Ihnen in den letzten Jahren auf den Tisch gelegt haben. Das ist eine Punktlandung in der Berechnung bei uns. Sie stehen jetzt da und müssen neue Begründungszusammenhänge finden, meine Damen und Herren. Es geht ja nicht um wenig. Wir haben in den letzten Haushaltsanträgen innerhalb von vier Jahren das Aufwachsen eines Einnahmeplus von insgesamt 1,22 Milliarden Euro prognostiziert. Die Prognose der großen Koalition in Berlin beträgt jetzt 1,17 Milliarden Euro - das, was wir Ihnen gesagt haben und worauf Sie aus parteitaktischen Gründen verzichtet haben, obwohl Herr Wulff hier immer das Gegenteil erzählt. Das ist nicht akzeptabel.
Damit werden wir Sie auch weiter treiben. Denn Sie haben Niedersachsen aus Parteikalkül um ein Stück Zukunft gebracht. Ich hoffe, dass diese Manöver jetzt ein Ende haben. Frau Merkel, nun im Kanzleramt angekommen, könnte ja jetzt darauf verzichten.
Ich sehe mit großem Interesse die ersten Absetzbewegungen. Ich warte mit Spannung darauf, wie die gebeutelte und an den Rand der politischen Debatte gedrängte FDP ihr eigenes Profil suchen wird und diese Auseinandersetzung aufgreift.
- Ich weiß gar nicht, warum Sie lachen. Ich meine, Sie können das nicht wissen. Aber fragen Sie mal Ihren Landesvorsitzenden, der macht schon länger in Niedersachsen Politik. Er hat mehrmals erlebt, wie das ist, wenn man unter die 5-%-Klausel rutscht, meine lieben Herren.
Ich sage Ihnen: Genau vor dieser Situation befinden Sie sich gerade. Sie stehen vor der Frage Polarisierung gegen den Koalitionspartner zur Rettung der eigenen Haut oder Untergehen 2008. Das werden wir mit großem Interesse beobachten. Das ist eine ganz spannende Sache, ganz spannend!
Nach dem 18. September konnte man kurzfristig den Eindruck haben, die CDU in Niedersachsen wolle ihr Profil überprüfen. Plötzlich entdeckte sie, dass das mit dem „S“ durchaus sozial etwas bedeuten könnte. Wenn wir Ihre aktuellen Beschlussempfehlungen sehen, stellen wir fest: Sie haben sich bisher überhaupt nicht geändert. Soziale Kälte auf der Ausgabenseite, parteipolitisch motivierter Verzicht auf der Einnahmenseite - das bleibt und ist Ihr Credo für 2003, jetzt für 2006 und augenscheinlich auch darüber hinaus. Während Sie sich weigern, die Subvention Ihrer vermögenden Klientel auch nur anzukratzen, werden bedürftige und behinderte Menschen als ökonomische Manövriermasse betrachtet. Seit dem Amtsantritt dieser Regierung und der Amtsübernahme der immer charmant lächelnden Frau von der Leyen sank das Sozialthermometer im Land auf geradezu arktische Werte, meine Damen und Herren.
Wir haben mit Interesse zur Kenntnis genommen, wie sie in der letzten Woche tränenreich verabschiedet worden ist. Aber ich hatte den Eindruck, dass so manche Krokodilsträne dabei war; denn unter uns Pastorentöchtern: So ganz unfroh war ja ein Teil von Ihnen nicht, dass sie jetzt weg ist. So begeistert waren Sie doch nicht von ihr.
(Bernd Althusmann [CDU]: Niemals! - Zuruf von der FDP: Wie unter Gabriel! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP - Unruhe)
Können Sie mit der Wahrheit nicht umgehen? Das ist die Wahrnehmung von uns, und das sind die Eindrücke, die Sie selber hier ausstreuen, meine Damen und Herren.
Wofür stand denn Frau von der Leyen? - Es begann mit der faktischen Streichung des Landesblindengeldes. Unsere schlimmsten Befürchtungen sind eingetreten, meine Damen und Herren: Seit Januar dieses Jahres ist der Anteil Blinder, die Sozialhilfe beantragen müssen, von 10 % auf 25 % gestiegen. Mit einem Lächeln ist diese zusätzliche Armut verordnet worden, meine Damen und Herren.
Die faktischen Kürzungen in den Behinderteneinrichtungen - in diesem Jahr die dritte Nullrunde haben mit dem „Sozialen Niedersachsen“ überhaupt nichts zu tun.
Mit der Weigerung der Regierungsfraktionen, ein Behindertengleichstellungsgesetz im Landtag zu verabschieden, dauert das immer noch an. Das ist kein Versäumnis, sondern das ist geplante Politik. Sie wissen doch, wie schnell man ein Gesetz durchbekommt. Das haben Sie hier oft genug bewiesen.
Es ist Kalkül. Sie wollen die Rechte der Behinderten nicht gesetzlich absichern, damit Sie weiter das Prinzip „Ansprüche nach Kassenlage“ betreiben können wie auch im Jahre 2006, meine Damen und Herren. Das ist nicht Teilnahme, sondern unangemessen.
Trotz des hohen Konsolidierungsbedarfs von weit über 1 Milliarde Euro kommen Sie mit 15 Millionen Euro Einsparungen daher. Selbst davon erwirtschaften Sie ein Drittel im Sozialbereich: 300 000 Euro bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, 629 000 Euro bei der Lernmittelausleihe, 1,77 Millionen Euro bei der Finanzhilfe für Tageseinrichtungen für Kinder.
So richtig deutlich wird das Ihrem Handeln hinterlegte Geflecht von Privatisierungswahn, sozialer Gefühllosigkeit und argumentativer Ignoranz bei der geplanten Privatisierung der Landeskrankenhäuser. Ohne Rücksicht auf die Folgen für die Betroffenen und vor allem auch für die Sicherheit der in der Umgebung der Landeskrankenhäuser lebenden Menschen sollen diese Einrichtungen verkauft werden. Einwände, mit denen auf verfassungsrechtliche Bedenken, auf entstehende Si
cherheitslücken im Maßregelvollzug und auf die damit geplante Verschleuderung von Landesvermögen hingewiesen wird, werden einfach ignoriert - und das, obwohl es gangbare Alternativen gibt, die auch in Ihrem Interesse sein müssten, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen.
Sie wollen Ihre Politik der Klientelbegünstigung und der sozialen Kälte auch 2006 durchziehen, allerdings nun mit anderem Personal. Frau von der Leyen hat sich durch leere Versprechungen, durch Untätigkeit und durch geschickte Mediennutzung nach Berlin charmiert. Wir wünschen ihr im neuen Amt die Fähigkeit zu mehr sozialer Anteilnahme, meine Damen und Herren.
Die neue Ministerin, die, wie ich feststelle, nun eingetroffen ist, betritt weiß Gott eine Großbaustelle. Sie ist noch nicht sehr bekannt und auch inhaltlich noch wenig ausgewiesen. Aber, Frau Ross-Luttmann, das ist durchaus eine echte Chance für Sie. Wir würden uns wünschen, dass Sie diese Chance eines Neuanfangs nutzen, dass Sie den bisherigen Kurs im Sozialbereich korrigieren und dass Sie zu der sozialpolitischen Kooperation zurückkehren, die jede Leitung des Sozialministeriums in diesem Bundesland, über die Parteien hinweg, in den letzten Jahrzehnten gepflegt hat, meine Damen und Herren.
Ein Anfang kann, ja muss beim Thema „Landeskrankenhäuser“ gemacht werden. Wenn ich mir den Rat erlauben darf, Frau Ministerin - -
- Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig, Sie müssen zuhören. - In diesem Feld ist die Gefahr des Gesichtsverlusts größer, wenn Sie die Pläne Ihrer Vorgängerin durchziehen, als wenn Sie den berechtigten Einwänden folgen. Ich bin sicher, dass Ihnen das gut zu Gesichte stehen würde.
Das wäre allemal besser als die Fortsetzung der Unverfrorenheiten und Frechheiten, mit der uns Kabinett und Mehrheitsfraktionen hier befassen.