Protokoll der Sitzung vom 27.01.2006

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie wird in den anderen Arbeitsgemeinschaften bzw. Optionskommunen in Niedersachsen verfahren?

2. Welche Auffassung vertritt das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie

und Gesundheit als Aufsichtsbehörde in dieser Frage?

3. Ist gegebenenfalls mit einer Weisung der Aufsichtsbehörde zu rechnen, um eine einheitliche Ermittlungsgrundlage in Niedersachsen sicherzustellen?

Bei der Frage der Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Zur Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs werden nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte und des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen die Werte der aktuellen Wohngeldtabelle herangezogen, sofern der örtliche Wohnungsmarkt nicht durch aussagekräftige Mietspiegel erschlossen wurde oder im Einzelfall eine andere Betrachtungsweise angezeigt ist.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Bei der sachgerechten Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist die reale Lage auf dem maßgeblichen örtlichen Wohnungsmarkt ebenso zu berücksichtigen wie Größe und Zusammensetzung der die Unterkunft nutzenden Bedarfsgemeinschaft und der dem Hilfebedürftigen zuzubilligende Wohnstandard. Vor dem Hintergrund, dass diese Kriterien bereits in der Sozialhilfe Anwendung gefunden haben, und der Maßgeblichkeit der örtlichen Verhältnisse hat sich in Niedersachsen eine unterschiedliche Struktur der im Einzelnen angewandten Kriterien für die Angemessenheit der Unterkunftskosten herausgebildet. Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit hat dies zum Anlass genommen, sich im Rahmen der Rechtsaufsicht über die jeweilige Verfahrensweise der Träger der Grundsicherung für Arbeit Suchende unterrichten zu lassen. Die Unterrichtung ist noch nicht abgeschlossen, sodass konkrete Antworten auf die Frage zur Zeit noch nicht gegeben werden können.

Zu 2: Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit ist oberste Landesbehörde im Sinne des SGB II. Die ihm insoweit obliegende Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht und gewährt ein Recht auf Prüfung und Unterrichtung; es handelt sich mithin um eine reine Rechtsaufsicht. Vor diesem Hintergrund werden von hier keine Beanstandungen ausgesprochen, solange sich die Verfahrensweise des örtlichen Trägers im Rahmen der derzeitigen Rechtsprechung bewegt.

Zu 3: Nein. Aufgrund der zu 2. bereits beschriebenen Rechtsaufsicht des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit obliegt diesem kein derartiges Weisungsrecht. Darüber hinaus wäre eine einheitliche Ermittlungsgrundlage in Niedersachsen aufgrund der Maßgeblichkeit der örtlichen Verhältnisse (vgl. zu 1.) rechtlich auch nicht darstellbar.

Anlage 10

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 15 der Abg. Ina Korter (GRÜNE)

Wulff sagt Nein zur Erhöhung der Mehrwertsteuer

Zum Jahresende 2005 war in überregionalen und in niedersächsischen Zeitungen zu lesen, dass der niedersächsische Ministerpräsident ein Nein im Bundesrat zu der von der Bundesregierung geplanten Mehrwertsteuererhöhung angekündigt hat. Im Gegensatz dazu hatte die CDU, deren stellvertretender Bundesvorsitzender der Niedersächsische Ministerpräsident ist, im Bundestagswahlkampf die Erhöhung der Mehrwertsteuer als unumgänglich dargestellt und für den Fall der Regierungsübernahme versprochen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche neuen Erkenntnisse lassen der CDUgeführten Niedersächsischen Landesregierung eine Mehrwertsteuererhöhung nicht mehr gerechtfertigt erscheinen?

2. Stimmt die Niedersächsische Landesregierung gegen die Mehrwertsteuererhöhung, weil sie davon ausgeht, dass die Steuererhöhung trotzdem eine Mehrheit im Bundesrat finden wird?

3. Treffen Medienkommentare zu, die behaupten: „er (Wulff) gibt lieber Merkel einen Korb“, und es gehe bei Wulffs Vorgehen lediglich um eine „... gekonnte Selbstdarstellung …“ des Ministerpräsidenten?

Das Regierungsprogramm 2005 bis 2009 von CDU und CSU sah vor, den Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung ab dem 1. Januar 2006 um zwei Prozentpunkte von 6,5 auf 4,5 % zu senken. Im Gegenzug sollte die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte von 16 % auf 18 % erhöht werden. Dahinter steht der Gedanke, dass die dauerhafte Senkung von Lohnzusatzkosten, verbunden mit zukunftsträchtigen Strukturveränderungen in den sozialen Sicherungssystemen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessern und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in

Deutschland schaffen werde. Vor diesem Hintergrund hat Ministerpräsident Wulff schon im Wahlkampf offen gesagt, dass eine Erhöhung der Mehrwertsteuer notwendig sein wird.

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl war sehr schnell erkennbar geworden, dass die Haushaltslage noch erheblich schlechter war als von CDU und CSU angenommen und dass zusätzliche Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung erforderlich sein würden. Daher hat man sich darauf verständigt, die Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 um drei Prozentpunkte auf dann 19 % zu erhöhen. Davon sollen zwei Punkte zur Haushaltskonsolidierung und ein Punkt zur Senkung der Lohnzusatzkosten eingesetzt werden. Eine entsprechende Vereinbarung ist dann auch Bestandteil des Koalitionsvertrages im Bund geworden. Diese wird ohne Abstriche von Ministerpräsident Wulff mitverantwortet, zumal er - wie bekannt - an der Koalitionsvereinbarung an führender Stelle mitgearbeitet hat.

In Niedersachsen wird die Regierungskoalition von CDU und FDP gebildet. Die Kooperation der Koalitionspartner ist im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP für die 15. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtages 2003 bis 2008 festgelegt. Dort findet sich folgende, in Koalitionsverträgen völlig übliche Formulierung:

„Die Landesregierung wird sachbezogen und konstruktiv an der Gesetzgebung des Bundes mitwirken und dabei die Interessen Niedersachsens wirksam vertreten. Die Koalitionspartner vereinbaren, bei der Festlegung des Abstimmungsverhaltens im Bundesrat nur übereinstimmende Entscheidungen zu treffen. Kommt eine Einigung über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat nicht zustande, wird sich das Land Niedersachsen im Bundesrat der Stimme enthalten.“

Wie sich die Vertreter des Landes Niedersachsen im Bundesrat verhalten werden, wird von der Landesregierung zwar erst vor der jeweiligen Bundesratssitzung im Kabinett entschieden. Ministerpräsident Wulff hat aber bereits öffentlich die Einschätzung geäußert, dass sich der Koalitionspartner in der Frage der seitens der Bundesregierung beabsichtigten Anhebung der Mehrwertsteuer auf die Einstimmigkeitsklausel im Koalitionsvertrag berufen wird. Die Vertreter des Landes Niedersachsen

werden sich nach der Einschätzung von Ministerpräsident Wulff daher aller Voraussicht nach im Bundesrat enthalten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen der Abgeordneten Frau Korter im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1., 2. und 3. verweise ich auf die Vorbemerkung.

Anlage 11

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 16 der Abg. Andreas Meihsies und Enno Hagenah (GRÜNE)

Baufällige öffentliche Bauwerke in Niedersachsen

Laut Medienberichten sind bundesweit rund 1 000 Brücken über Bahnstrecken baufällig. Die im kommunalen Besitz befindlichen Brückenbauwerke müssten von den Eigentümern saniert oder abgerissen werden. Seit Jahren fehlen den Kommunen allerdings häufig die finanziellen Mittel, um die notwendigen Baumaßnahmen vorzunehmen.

In Niedersachsen ist die Finanzlage der Kommunen besonders schlecht, sodass Investitionen zwangsläufig nicht immer getätigt werden konnten. Der marode Zustand der Brücken, aber auch sonstiger Bauwerke stellt eine zunehmende Gefahr dar. So kommt es auch immer häufiger zu Stilllegungen bei öffentlichen Einrichtungen aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Brücken, die über Bahnstrecken führen, und welche anderen öffentlichen Bauwerke sind in Niedersachsen sanierungsbedürftig?

2. Wird die Landesregierung, beispielsweise durch Ausnahmen von den Haushaltsauflagen der Kommunalaufsicht oder andere Maßnahmen, dafür Sorge tragen, dass die in Niedersachsen befindlichen öffentlichen Bauwerke den notwendigen Sicherheitsstandard erfüllen?

3. Wie wird sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass nicht in Anspruch genommene Bahn-Baumittel des Bundes für die Sanierung der Brücken, die über Bahnstrecken führen, genutzt werden können?

Mit dem Eisenbahnneuordnungsgesetz von 1993 wurde eine Vorschrift des Eisenbahnkreuzungsgesetzes 1964 aufgehoben, die eine Übergangsregelung für die Unterhaltungslast an Überführungen kommunaler Straßen vorsah. Für diese galt bis

dato die Alt-Regelung des Gesetzes über Kreuzungen und Straßen von 1939 fort, demzufolge die Unterhaltungslast so lange bei der Eisenbahn verbleibt, bis die Straßenüberführung wesentlich geändert oder ergänzt wird.

Dies bedeutete im Ergebnis eine nahezu unbefristete Fortgeltung dieser Alt-Regelung aus 1939, die erst durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz von 1993 beendet wurde. Damit sind zum 1. Januar 1994 zahlreiche (alte) Straßenüberführungen in die (finanzielle) Verantwortung kommunaler Straßenbaulastträger übergegangen.

Der Verantwortungsbereich der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr umfasst insgesamt 6 765 Brückenbauwerke. Diese teilen sich auf in Bundesautobahnen 1 870 Bauwerke, Bundesstraßen 2 259 Bauwerke, Landesstraßen 1 895 Bauwerke und Kreisstraßen 741 Bauwerke (soweit sie in der technischen Verwal- tung des Landes sind). Zur Durchführung der Bauwerksprüfung und zur Überwachung der Ingenieurbauwerke ist die DIN 1076 maßgebend. Diese gilt für alle Brücken, Verkehrszeichenbrücken, Tunnel, Trog-, Stütz-, Lärmschutz- und sonstige Ingenieurbauwerke.

Instandsetzungsmaßnahmen sollten bereits bei Erkennen der Schäden durchgeführt werden, jedoch ist dieses bei den knappen Mitteln im Landeshaushalt in vielen Fällen nicht möglich. Wenn vorbeugende Erhaltungsmaßnahmen nicht ausgeführt werden können, müssen Lastbeschränkungen oder Sperrungen bei Bauwerken mit gravierenden Schäden angeordnet werden. Die Verkehrssicherheit ist auf jeden Fall gewährleistet.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Soweit niedersächsische Kommunen für den Zustand öffentlicher Bauwerke verantwortlich sind, erfolgt dies in deren verfassungsrechtlich geschützten eigenen Wirkungskreis. Der Landesregierung liegen dazu keine Informationen vor.

Im Bereich der Landesstraßen haben drei Brücken über Bahnstrecken erhebliche Schäden, die ein Ersatzbauwerk notwendig machen:

Erzbahnbrücke SZ-Gebhardshagen im Zuge der L 472 (Ersatzbauwerk geplant),

DB-Brücke in Seelze im Zuge der L 390 (Er- satzbauwerk geplant),

Brücke über DB in Salzbergen im Zuge der L 39 (Bauwerk ist nach Ablastung auf 6 t zur- zeit im Bau).

Für Bundesstraßen, Bundesautobahnen und Kreisstraßen in der Zuständigkeit der Straßenbauverwaltung des Landes sind keine Brücken über Bahnstrecken zu nennen.

Sanierungsbedürftig im Zuge von Bundesstraßen sind zwei Bauwerke: