Protokoll der Sitzung vom 27.01.2006

3. Zieht das zuständige Fachministerium für Wissenschaft und Kultur Konsequenzen aus der Kritik des Kultusministeriums am Institut für Sportwissenschaft der Universität Hannover etwa in Form der Einführung verpflichtender Zugangstests, in denen Hochschulzugangsberechtigte auf ihre Geschicklichkeit beim Ausführen einer „Rolle vorwärts“ geprüft werden, um sicherzustellen, dass an den niedersächsischen Hochschulen nur die „Purzelbaum-Besten“ studieren?

Ich habe in der entsprechenden Debatte des Niedersächsischen Landtages am 7. Dezember 2005 in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Aufnahme eines Sportstudiums nicht zwingend eine fachspezifische Eignungsprüfung voraussetzt wie etwa bei den künstlerischwissenschaftlichen Studiengängen in den Fächern Musik und Kunst. Im Fach Sport handelt es sich hierbei nach dem Niedersächsischen Hochschulgesetz um eine Option und nicht um eine Verpflichtung der Hochschulen. Konkrete Auswahlkriterien bei der Vergabe von Studienplätzen regeln die Hochschulen durch eigene Ordnungen selbst. Dieses gilt für alle Hochschulen - also nicht nur für die Universität Hannover.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1 und 2: Da es sich um fast wortgleiche Fragestellungen wie in der Kleinen Anfrage Nr. 26 der Abgeordneten Dr. Andretta und Eckel (beide SPD) handelt, verweise ich auf meine Antworten dazu.

Zu 3: Nein

Anlage 22

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 29 des Abg. Stefan Wenzel (GRÜNE)

Castortransport nach Gorleben im WM-Jahr 2006?

Zeitungsmeldungen zufolge gibt es Streit innerhalb der Landesregierung über die nächsten Transporte von hochradioaktivem Atommüll aus der Wiederaufarbeitung im französischen La Hague nach Gorleben im Jahr 2006. Während Innenminister Schünemann angesichts der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland und der damit verbundenen Mehrbelastung der Polizei die „Fuhren verschieben“ wolle, sei Umweltminister Sander dagegen, so die Frankfurter Rundschau vom 17. Dezember 2005. Allerdings sei gegebenenfalls eine Reduzierung der Transporte insgesamt zu erwarten: Die Entsorger würden davon ausgehen, dass statt 53 Castoren nur noch 46 bis 47 Castorbehälter aus La Hague ins Wendland gebracht werden sollen. Das würde noch vier Transporten entsprechen. Dieser Atommüll sei allerdings konzentrierter, entwickele mehr Wärme und strahle stärker.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Behälter mit hochradioaktivem Atommüll will die Atomindustrie insgesamt, verteilt auf welche Jahre, aus der Wiederaufarbeitung deutscher abgebrannter Brennelemente aus La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien) in das Zwischenlager Gorleben transportieren?

2. Welche Aktivität und Wärmeleistung haben zukünftig die Glaskokillen, und welche Strahlungsabgabe haben die Behälter (Ortsdosis- leistung), die nach Gorleben verbracht werden sollen?

3. Wie beurteilt die Landesregierung unter Abwägung von innenpolitischen und fachlichen Gesichtspunkten mögliche Castortransporte im WM-Jahr 2006?

Gemäß § 9 a Abs. 1 a des Atomgesetzes (AtG) haben die Betreiber von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität nachzuweisen, dass sie zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zur geordneten Beseitigung der radioaktiven Abfälle u. a. für die im Falle der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe zurückzunehmenden radioaktiven Abfälle ausreichend Vorsorge getroffen haben (Entsorgungsvorsorgenach- weis). Im Zusammenhang mit dem Entsorgungsvorsorgenachweis wird das Mengengerüst der nach Deutschland zurückzuführenden radioaktiven

Abfälle aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente in den Anlagen der COGEMA in La Hague (F) und der BNFL in Sellafield (GB) entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung jährlich zum 31. Dezember fortgeschrieben und dem Umweltministerium als der zuständigen Behörde spätestens am 31. März des Folgejahres mitgeteilt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Nach den gültigen Entsorgungsvorsorgenachweisen wäre ab 2006 noch mit der Rückführung von 53 High Active Waste (HAW)-Behältern von COGEMA und 22 bzw. 25 HAW-Behältern von BNFL zu rechnen. Der um drei Behälter höhere Wert bei BNFL setzt die Substitution sämtlicher bei der Wiederaufarbeitung anfallender schwach- und mittelradioaktiver Abfälle (LAW, MAW) durch hochradioaktive Abfälle (HAW, Glaskokillen) voraus, über die noch nicht abschließend entschieden ist.

Der zum Stichtag 31. Dezember 2005 in nächster Zeit erwartete Nachweis wird voraussichtlich nur noch von 46 Behältern, die von der COGEMA zurückzunehmen sind, ausgehen. Entsprechend den Vereinbarungen der deutsch-französischen Transportkoordinierungsgruppe wird dabei von einer Rücknahme bis zum Jahr 2010 ausgegangen. Die aus Frankreich zurückzunehmenden Transportbehälter verteilen sich demnach auf drei Transporte zu je zwölf und einen Transport mit zehn Behältern. Aus Großbritannien werden voraussichtlich vier Transporte zu je sechs Behältern nicht vor 2010 durchzuführen sein.

Zu 2: Die Aktivität und die Wärmeleistung sämtlicher Glaskokillen sind nach den Technischen Annahmebedingungen für die Einlagerung im Transportbehälterlager Gorleben, die der Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) zugrunde liegen, auf 6,66 x 1015 Becquerel (Bq) und 2 Kilowatt (kW) pro Kokille begrenzt. Diese Werte werden auch zukünftig nicht überschritten.

Die Strahlungsabgabe der Behälter wird außerdem durch die internationalen Transportvorschriften, die auch zukünftig einzuhalten sind, begrenzt. Danach darf die Dosisleistung in 2 m Abstand von den Außenflächen des Fahrzeugs/Wagens 0,1 Millisievert (mSv) pro Stunde nicht überschreiten.

Verfahrensbedingt werden zunehmend Glaskokillen mit einem späteren Produktionsdatum, d. h. kürzerer Abklingzeit, zurückzunehmen sein. Dadurch werden die zulässigen Kokillenkenndaten

stärker ausgeschöpft. Diesem Umstand tragen die Behälterhersteller Rechnung, indem sie neue Behältertypen mit einer höheren zulässigen Wärmeleistung und verstärkter Abschirmung entwickelt haben, die zurzeit in Genehmigungsverfahren beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) geprüft werden.

Zu 3: Wie sich anlässlich des jüngsten Transportes im November 2005 gezeigt hat, werden die Castortransporte nach wie vor von erheblichen Protesten mit zahlreichen Stör- und Blockadeaktionen begleitet. Zwar sind die Protestaktionen insgesamt quantitativ zurückgegangen, hinsichtlich Aggressivität und Gewalttätigkeit war jedoch eine deutliche Steigerung festzustellen. Aufgrund der derzeitigen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung der Größe des abzudeckenden Einsatzraumes ist daher aus polizeilicher Sicht auch für künftige Transporte ein ähnlicher Kräfterahmen wie im vergangenen Jahr (in Niedersachsen knapp 11 200 Polizei- beamtinnen und -beamte) erforderlich. Niedersachsen wäre zur Bereitstellung eines derartigen Kräftekontingentes wiederum gezwungen, bis an die Grenze des Vertretbaren eigene Polizeikräfte aufzubieten und darüber hinaus auf eine umfangreiche personelle und materielle Unterstützung durch den Bund und die Länder angewiesen.

Im kommenden Jahr werden die Polizeien von Bund und allen Ländern jedoch schon durch die Fußball-Weltmeisterschaft außerordentlich stark in Anspruch genommen werden. Nicht nur die 64 Spielbegegnungen in 12 WM-Stadien sind dabei polizeilich relevant, sondern auch die Sicherheit an den zahlreichen Mannschafts- bzw. Delegationsquartieren und Trainingsstätten sowie das parallele Veranstaltungsprogramm, insbesondere LiveÜbertragungen der Spiele auf Großbildwänden bundesweit in vielen Städten. Darüber hinaus hat die Polizei auch mit umfangreichen Reisebewegungen sowie möglicherweise geplanten Drittortauseinandersetzungen von so genannten Hooligans zu rechnen.

Die aus Anlass der WM 2006 durchzuführenden Einsatzmaßnahmen werden bundesweit zu einer erheblichen Belastung der Polizei führen, da Einsatzkräfte für einen langen Zeitraum in großer Anzahl gebunden sein werden. Von daher wird für alle Polizeien während des gesamten Turnierzeitraumes eine Urlaubssperre gelten. Die hohe Einsatzbelastung wird sich noch lange nach der Fußball-WM auf den regulären Dienst der Polizei

en auswirken, weil anschließend in verstärktem Maße angefallene Überstunden abzugelten sind und Jahresurlaub in Anspruch genommen werden muss.

Es steht daher zu befürchten, dass der erforderliche große Kräfterahmen für den Castoreinsatz nicht oder nur unter Inkaufnahme von Sicherheitseinbußen an anderer Stelle zur Verfügung gestellt werden kann.

Vor dem Hintergrund dieser für 2006 absehbaren kräfteintensiven Einsatzlagen sollte aus Sicht der Landesregierung der Transport von Castorbehältern nach Gorleben im Jahr 2006 ausgesetzt werden.

Anlage 23

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 30 des Abg. Enno Hagenah (GRÜNE)

Zukunft der Trägerschaft an öffentlichrechtlichen Versicherungen

Obwohl in der Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage des Abgeordneten Möhrmann (Drs. 15/2112) noch im Juli 2005 ausgeführt wurde, dass die Landesregierung nicht den Verkauf ihrer Trägerrechtsanteile an der Öffentlichen Versicherung in Braunschweig plane, ist nun erneut die Absicht einer Veräußerung presseöffentlich gemacht worden.

In der HAZ vom 20. Dezember 2005 war unter der Überschrift „In Braunschweig geht’s um alte Rechnungen“ u. a. zu lesen: „In der Landesregierung steht eine heikle Entscheidung an, die wohl nur im Einvernehmen zwischen Möllring und Hoffmann möglich wäre - der Verkauf der Öffentlichen Versicherung Braunschweig.“

Die damit bestehende neue Aktualität des Themas macht eine Klärung möglicher Folgen derartiger Transaktionen dringend nötig. Es gilt allerdings auch aufgrund der übrigen Veränderungen im Versicherungsmarkt, über die Zukunftssicherung der derzeit gut aufgestellten niedersächsischen öffentlichen Versicherungen politisch und strategisch nachzudenken.

Die Konsolidierungsbemühungen anderer Bundesländer, vor allem aus dem süddeutschen Raum, zur Stärkung ihrer öffentlichen Versicherungen werden mittelfristig auch Auswirkungen auf den Wettbewerb in Niedersachsen haben. Das erkennbare Interesse der Sparkassen als Verbundpartner, auch in Niedersachsen eine Fusion voranzubringen, ist deshalb durchaus nachvollziehbar.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann und wie konkret ist ein Verkauf der Trägerrechte an der Öffentlichen Versicherung in Braunschweig vom Land und den übrigen beteiligten Akteuren inzwischen geplant?

2. Wie wären bei einer Veräußerung der Trägerrechte an öffentlich-rechtliche Investoren, die nicht ihren Sitz in Niedersachsen haben, voraussichtlich die Auswirkungen auf den Bestand der Arbeitsplätze, die Wettbewerbssituation und das Steuerschöpfungsvolumen der Öffentlichen Versicherung in Braunschweig im Vergleich zum Status quo?

3. Welche Chancen und Probleme bestünden aus Sicht der Landesregierung bei einer Fusion der Öffentlichen Versicherungen in Niedersachsen in Bezug auf deren Wettbewerbssituation auch auf Bundesebene, die Sicherung der Arbeitsplätze und das damit verbundene Steuerschöpfungsvolumen am Standort?

Das Gesetz über die öffentlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen, das 1994 in Kraft getreten war, um die alten Monopolrechte in Ostfriesland, Braunschweig und Oldenburg auf Geheiß der EU abzuschaffen, hat den Weg geebnet, dass die niedersächsischen Versicherungsunternehmen im Wettbewerb bestehen können. Durch das damals neu eingeführte Instrument der Trägerschaft - ohne eine Gesellschafterstellung einzuräumen - wurde die Möglichkeit geschaffen, Unternehmensverbindungen mit Gremienbesetzungsrechten zu unterlegen, um so den niedersächsischen Unternehmen mehr als bloße Kooperationen zu ermöglichen.

Die Unternehmen sowohl im Süden Deutschlands als auch nördlich und südwestlich von Niedersachsen haben sich im Wesentlichen privatrechtlich strukturiert und sind dadurch in der Lage, gesellschaftsrechtliche Verflechtungen einzugehen. Kooperationen gibt es darüber hinaus im Bereich der IT-Technik und der Kapitalanlage.

In Niedersachsen geben die sieben Versicherungsunternehmen, die in drei Versicherungsgruppen und der Ostfriesischen Landschaftlichen Brandkasse auf den heimatlichen Märkten agieren, ein uneinheitliches Bild ab, und es fällt diesen Unternehmen eher schwer, als gleichwertiger Gesprächspartner an Chancen teilzuhaben, die sich ergeben könnten, wie es z. B. im Falle der Feuerkasse in Brandenburg-Berlin oder der „neue Leben“ in Hamburg war.

Was die Strukturen der öffentlichen Versicherungen in Niedersachsen angeht, sehe ich konkreten Bedarf, hier zu Optimierungen zu kommen. Das Finanzministerium setzt sich deshalb intensiv mit

der Frage der Zukunft und damit der Stärkung der öffentlich-rechtlichen Versicherungen Niedersachsens auseinander. Dazu gehört auch die Überlegung, ob die aktuellen Rechtsgrundlagen, also auch das Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen, dazu geeignet sind, unseren niedersächsischen Versicherungsunternehmen die Bedingungen zu bieten, die sie brauchen, um an Entwicklungen teilzuhaben, die sich künftig ergeben werden.

Auch der Sparkassenverband Niedersachsen und die VGH haben ein Konzept erarbeitet, wie die Trägerstrukturen in Niedersachsen künftig effektiver ausgestaltet werden könnten. Dieses Konzept ist in die laufenden Prüfungen einbezogen, sodass noch nicht abschließend beantwortet werden kann, ob es dem Anforderungsprofil entspricht, das notwendig ist, um die Zukunft unserer Unternehmen sicherzustellen.

Zurzeit finden deshalb Gespräche mit Vertretern der niedersächsischen öffentlich-rechtlichen Versicherungen statt. Diese wird die Landesregierung jedenfalls abwarten, bevor über konkrete Konzepte diskutiert werden kann.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen des Abgeordneten Hagenah im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Auf den Begriff der Trägerschaft als eine niedersächsische Besonderheit des öffentlichrechtlichen Versicherungswesens ist die Landesregierung bereits in der Antwort vom 29. Juli 2005 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dieter Möhrmann (SPD), LT-Drs. 15/2112, umfassend eingegangen. Das Land Niedersachsen ist Träger der Öffentlichen Versicherung Braunschweig zu 12,5 %, und es ist nicht vorgesehen, Trägeranteile an der Öffentlichen Versicherung Braunschweig zu veräußern.

Zu 2: Diese Frage ist hypothetisch und kann deshalb nicht beantwortet werden.