Protokoll der Sitzung vom 27.01.2006

Tagesordnungspunkt 33:

Mündliche Anfragen - Drs. 15/2540

Anlage 1

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 6 des Abg. Enno Hagenah (GRÜNE)

Warum unterstützt Wulff die Remonopolisierung im Schienenverkehr?

Die Pläne der Hamburger Landesregierung und von Bahnchef Mehdorn für einen Wechsel des Firmensitzes der DB AG von Berlin nach Hamburg und damit verbunden einen Einstieg der Bahn in die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und die Hamburger Hochbahn AG (HHA) haben bundesweit ein parteiübergreifend kritisches Echo gefunden. Nicht nur Politiker im Bund, u. a. auch die Bundeskanzlerin Frau Merkel, sondern auch Mitbewerber der Bahn, auf der Schiene und im Logistikbereich, zeigten sich alarmiert von der Möglichkeit, dass die Bahn mit der Hochbahn einen ihrer größten Wettbewerber auf der Schiene aufkaufen könnte (die HHA hat allein oder mit ihren Betei- ligungen bisher neun Ausschreibungen für Schienenverkehr in Norddeutschland gewon- nen) und dass die DB AG durch den Einstieg in den Umschlagbetrieb am Hamburger Hafen direkten Zugang zu den Interna aller übrigen Logistiker erhielte. Gegen diese Bedenken stellten sich im Folgenden nicht nur die direkten Akteure mit jeweils eigenen Interessen, wie der Bahnchef selbst und die Hamburger Senatsspitze, sondern auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff. Dies ist nicht nur vor dem Hintergrund der Kritik nicht nachvollziehbar, sondern wäre ein innerer Widerspruch gegenüber der bisherigen Strategie der Landesregierung, im Schienenbereich mit mehr Wettbewerb mehr Qualität zu günstigeren Preisen in den Nahverkehr zu bekommen und mit dem Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven einen erfolgreichen Mitbewerber zum Hamburger Hafen aufzubauen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie will sie nach einem Einstieg der Bahn in die HHLA sicherstellen, dass dadurch das Engagement des Unternehmens am zeitnahen bedarfsgerechten Ausbau der Anbindung des Tiefwasserhafens Wilhelmshaven an das Schienennetz nicht leidet?

2. Wie will sie nach einer Übernahme der HHA durch die Bahn den Wettbewerb auf der Schiene in Niedersachsen zukünftig am Leben erhalten?

3. Wäre sie bereit, bei der im Jahre 2006 beabsichtigten Veräußerung der OHE Landesbeteiligung bei einem entsprechenden Gebot der Bahn AG den Zuschlag zu erteilen?

Wir alle wissen seit vorletzter Woche, dass die Überlegungen, die Bahn-Zentrale von Berlin nach Hamburg zu verlegen und der Bahn gleichzeitig den Einstieg bei der Hamburger Hafen und Logistik AG sowie der Hamburger Hochbahn AG zu ermöglichen, vom Tisch sind. Im Übrigen wird das Land - unabhängig von den Einstiegsszenarien der Bahn - seinen Wettbewerbskurs im Schienenpersonennahverkehr fortsetzen und in Kürze weitere Teilnetze ausschreiben.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Eine Beantwortung dieser Fragen erübrigt sich eigentlich, nachdem eine Beteiligung der Bahn an der Hamburger Hafen und Logistik AG sowie der Hamburger Hochbahn nicht mehr zur Diskussion steht. Die Frage enthält allerdings die falsche Behauptung, Ministerpräsident Wulff habe die „Remonopolisierung im Schienenverkehr“ unterstützt. Er hat vielmehr darauf hingewiesen, dass Bundesunternehmen auch dezentral angesiedelt sein können, z. B. im Norden, und dass die Bahn dort sein sollte, wo Kompetenz ist, z. B. zur Distribution und Logistik in Hamburg. Behauptungen anderer Art sind parteipolitische Unterstellungen.

Zu 3: Bisher haben Vertreter der Deutschen Bahn AG im Veräußerungsprozess schriftlich mitgeteilt, dass sie sich nicht als Bieter betätigen werden. Damit im Einklang steht, dass sie ihren Anteil von 8,9 % ebenfalls veräußern.

Anlage 2

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 7 der Abg. Prof. Dr. Hans-Albert Lennartz und Ralf Briese (GRÜNE)

Zuverlässigkeitsüberprüfung auch von Würstchenverkäufern bei der WM

Zur Verbesserung der Sicherheitslage während der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006 werden u. a. alle Stadionmitarbeiter vom Verfassungsschutz überprüft. Überprüft werden sollen auch freiwillige Helfer, Reinigungspersonal, Journalisten und auch die Spieler, wobei diese Personen eine Einwilligung zur Überprüfung geben müssen. Insgesamt soll sich die Zahl der zu Überprüfenden in Deutschland auf

220 000 Personen belaufen. Während das Organisationskomitee der WM von einer banalen und üblichen Sicherheitsvorkehrung spricht, sieht der Bundesdatenschutzbeauftragte die Maßnahme als überzogen an. Nach FocusAngaben kommt auch Kritik von einem Chef einer Landesverfassungsschutzbehörde: „Ihm fehle ein entsprechendes Gesetz.“ Nach Angaben des Bundesinnenministeriums ist diese Überprüfung für die WM zusätzlich zur bisherigen polizeilichen Überprüfung eingeführt worden. Schon während des Confederations Cup im Sommer 2005 fand ein vergleichbares Überprüfungsszenarium statt.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wird die Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiter etc. auch vom Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz durchgeführt? Wenn nein, wie erhält das Bundesamt für Verfassungsschutz die Daten von niedersächsischen potenziellen Mitarbeitern bei der WM?

2. Nicht nur im niedersächsischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz wird die Einwilligung der zu Überprüfenden gefordert. Was passiert, wenn Betroffene, z. B. auch Spieler, ihre Einwilligung nicht erteilen?

3. Welche Ergebnisse wurden in Niedersachsen mit Sicherheitsüberprüfungen anlässlich des Confederations Cup im Sommer 2005 erzielt?

Die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland ist eines der herausragendsten Sportereignisse der Welt in diesem Jahr und ein zentrales Ereignis von nationaler Bedeutung.

Vor dem Hintergrund der Entwicklung des internationalen islamistischen Terrorismus kommt den Sicherheitsmaßnahmen anlässlich der Fußballweltmeisterschaft eine besondere Bedeutung zu. Die Zunahme der Anschläge durch islamistische Terroristen auch in Westeuropa, zuletzt am 7. und 21. Juli 2005 in London, zeigt, dass sich Europa zunehmend zu einem Aktions- und Zielraum terroristischer Aktivitäten entwickelt. Es ist daher nicht völlig auszuschließen, dass Terroristen oder Extremisten die Veranstaltungen der WM 2006 und das daran geknüpfte weltweite Medieninteresse als Bühne für politisch motivierte Straftaten nutzen.

Angesichts dieser Lage halten der Bund und die Ländern es für sinnvoll und geboten, dass das Organisationskomitee WM 2006 als Veranstalter im Rahmen der Vorbereitung der WM 2006 ein Akkreditierungsverfahren für bestimmte Personengruppen durchführt, nach dem die zu akkreditierenden Personen mit ihrer schriftlichen Einwilligung neben der Abfrage der polizeilichen Informations

systeme durch die zuständigen Polizeibehörden auch durch Abfrage des Nachrichtendienstlichen Informationssystems überprüft werden.

Der zu akkreditierende Personenkreis umfasst Mitarbeiter der FIFA und des Organisationskomitees, Angehörige der Mannschaften und Begleitdelegationen, Mitarbeiter und Berechtigte der offiziellen Partner des Veranstalters, Presseangehörige sowie Angehörige und Mitarbeiter des Fernsehens und Personen, die im Bereich Sicherheit und durch die Hilfsdienstorganisationen eingesetzt werden können einschließlich Polizeibeamte - hier allerdings ohne Sicherheitsüberprüfung -, Freiwillige und Servicebedienstete aller Sparten. Dieses Akkreditierungsverfahren regelt den Zutritt für diesen Personenkreis zu den Spielstätten und Pressezentren, sorgt für die korrekte Kennzeichnung dieser Personen und dient dem reibungslosen und vor allem sicheren Ablauf der Veranstaltung. Die Zutrittsmöglichkeiten, die eine solche Akkreditierung eröffnet, verdeutlichen, dass nicht auszuschließen ist, dass Terroristen und Extremisten versuchen werden, an Akkreditierungen zu gelangen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Das Niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz führt bei der WM 2006 keine Sicherheitsoder Zuverlässigkeitsüberprüfungen durch. Im Akkreditierungsverfahren zur WM 2006 wird bei den Verfassungsschutzbehörden der Länder nur in solchen Fällen eine Erkenntnisabfrage durchgeführt, in denen nach Abfrage des Nachrichtendienstlichen Informationssystems durch das Bundesamt für Verfassungsschutz weiterer Klärungsbedarf besteht. Die Landesbehörden für Verfassungsschutz geben in diesen Fällen ein empfehlendes Votum ab, das Eingang in ein sicherheitsbehördliches Gesamtvotum aller beteiligten Überprüfungsstellen findet. Dieses Gesamtvotum wird dem Organisationskomitee als sicherheitsbehördliche Empfehlung vom BKA übermittelt. Die Entscheidung über die Erteilung einer Akkreditierung liegt allein beim Organisationskomitee als Ausrichter der FIFA WM 2006.

Der Bewerber für eine Akkreditierung füllt ein Antragsformular aus, das er dem Organisationskomitee übergibt. Das Formular beinhaltet eine Einwilligungserklärung in die Zuverlässigkeitsüberprüfung und die zu diesem Zweck beabsichtigten gegenseitigen Datenübermittlungen zwischen dem

Organisationskomitee, dem BKA und den weiteren beteiligten Überprüfungsstellen. Das Organisationskomitee stellt bestimmte definierte Datensätze dem BKA zur Verfügung, das die Daten an das Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt.

Zu 2: Bei Verweigerung der Zuverlässigkeitsüberprüfung wird vom Organisationskomitee WM 2006 keine Akkreditierung ausgesprochen.

Zu 3: Bislang hat sich das Niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz nicht an Zuverlässigkeitsüberprüfungsverfahren anlässlich internationaler Sportveranstaltungen in Deutschland, auch nicht beim Confederations Cup im Sommer 2005, beteiligt.

Anlage 3

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 8 der Abg. Amei Wiegel und Rolf Meyer (SPD)

Was wird aus dem Neubau des Finanzamts Celle?

Nach einem Bericht der Celleschen Zeitung vom 15. August 2003 kündigte Finanzminister Möllring an, dass das Finanzamt Celle im Ranking der vordringlichsten Baumaßnahmen von Finanzämtern an Position 2 liege und dass spätestens Ende 2006 mit dem Neubau begonnen werden solle. Es ist allgemein bekannt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter sehr beengten Verhältnissen leiden.

Zurzeit gibt es Informationen, dass ein Gebäude aus dem Komplex des Finanzamts verkauft werden soll. Die baupolizeiliche Nutzungsgenehmigung für dieses Gebäude läuft Ende 2005 aus.

Derzeit gibt es bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine erhebliche Verunsicherung und Unmut über die künftigen Arbeitsbedingungen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche räumlichen Alternativen sind geplant, falls der geplante Verkauf eines Gebäudes realisiert wird?

2. Wie will die Landesregierung der Tatsache begegnen, dass eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durch Zersplitterung auf noch mehr Standorte eintritt?

3. Wann soll mit dem Neubau des Finanzamts Celle begonnen werden?

Die Bediensteten des Finanzamts Celle sind gegenwärtig in einem Gebäudekomplex in der Sägemühlenstraße in Celle untergebracht, der aus

fünf landeseigenen Gebäuden (Postanschrift: Sägemühlenstr. 1; das sind das Hauptgebäu- de, ein Erweiterungsbau, ein Fachwerkgebäu- de, ein ehemamliges Gartenhaus und das so genannte Schwicheldthaus) und

einer auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen Anmietung (Postanschrift: Sägemühlenstr. 4) besteht.

Aufgrund sicherheitstechnischer Mängel können einzelne Bereiche der zum Teil denkmalgeschützten Gebäudesubstanz - z. B. im Dachgeschoss des Fachwerkgebäudes - nur eingeschränkt für die Unterbringung von Mitarbeitern genutzt werden. In Abstimmung mit dem Brandschutzprüfer des Landkreises konnte unter Berücksichtigung organisatorischer und baulicher Maßnahmen eine weitere Nutzung des Fachwerkgebäudes bis Ende 2010 erreicht werden. Über die bauordnungsrechtlichen Fragestellungen hinaus besteht beim Finanzamt nach wie vor Unterbringungsbedarf, der im Gebäudekomplex Sägemühlenstraße nicht behoben werden kann. Durch den Beschluss der Landesregierung vom 20. Dezember 2005 zur Neuorganisation im Bereich der Bergverwaltung und die damit einhergehende Aufgabenverlagerung von Celle nach Hannover ergibt sich in Celle nunmehr die Möglichkeit, sukzessive frei werdende Büroflächen im landeseigenen Behördenzentrum Celle II (Postanschrift: Werderstr. 5-15) durch die Finanzverwaltung nachnutzen zu können. Das in Rede stehende Gebäude im Behördenzentrum Celle II ist aus dem Jahre 1976 und befindet sich in einem guten baulichen Zustand.