Protokoll der Sitzung vom 22.03.2006

Tagesordnungspunkt 14: Einzige (abschließende) Beratung: Das Technische Hilfswerk als Bundeseinrichtung erhalten! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2613 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport Drs. 15/2668

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Von der SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Bachmann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn auch zu vorgerückter Stunde - es liegt nicht an diesem Tagesordnungspunkt, dass es so spät ist -, so muss dieser Antrag doch heute debattiert werden, da er schon in der ersten Beratung ohne Debatte überwiesen worden ist. Wir wollen zumindest Ihnen und der Öffentlichkeit deutlich machen, was sich auf diesem Gebiet in den letzten Monaten abgespielt hat.

(Wilhelm Hogrefe [CDU]: Es ist doch keiner mehr da!)

- Wissen Sie, die interessierte Öffentlichkeit und insbesondere die vielen hundert Helferinnen und Helfer des THW informieren sich auch auf anderem Weg über das, was heute dazu gesagt wird.

(Beifall bei der SPD)

Wir reden im Parlament in erster Linie für uns und nicht für irgendwelche Bänke. Das ist der Auftrag des Parlaments. Dass wir diese Debatte führen, Herr Hogrefe, sollten Sie akzeptieren.

Als Erstes spreche ich die Koalitionsfraktionen an. Sie vertun eine mächtige Chance. Sie sagen im Innenausschuss im Prinzip genau das, was wir in unserem Antrag stehen haben. Sie wollen das THW nicht zu Länderanstalten zerschlagen. Sie wollen es als Bundesanstalt erhalten wissen und empfehlen trotzdem, den Antrag abzulehnen. Sie wollen es nicht beschließen.

Frage: Welches Hintertürchen für zukünftige Debatten wollen Sie sich dadurch eigentlich offen halten? Der erste Kritikpunkt betrifft also Ihre Glaubwürdigkeit und den Widerspruch von Reden und Handeln.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite Feststellung - wenn ich es richtig sehe, ist die Staatskanzlei leider nicht mehr vertreten -: Die Staatskanzlei hat in einem Schreiben vom 18. November 2005 an die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk und hier an den Bundessprecher ausgeführt:

Auch die Niedersächsische Landesregierung vertritt die Position des Koalitionsvertrages, dass das

Technische Hilfswerk ein unverzichtbares Element in der Katastrophenhilfe im Inland und in der humanitären Hilfe weltweit ist. Wir werden es deshalb als Bundeseinrichtung erhalten.

Unterschrift: Christian Wulf. Mit der Feststellung: Ich denke, damit ist Ihrem Anliegen entsprochen worden. - So die Erklärung des Ministerpräsidenten.

Nachweislich noch danach äußerte der Innenminister: Ich denke nach wie vor über ein THW als Länderanstalt nach. - Er lässt auch einen leitenden Beamten des Landes auf einer Fachtagung in Berlin weiter über eine solche Regionalisierung reden.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten. Da die Staatskanzlei es nicht selbst mitnehmen kann, Herr Minister Schünemann, bitten Sie darum, dass Sie künftig eine Kopie bekommen, wenn der Ministerpräsident eine eindeutige Feststellung trifft, damit Sie nicht danach noch das Gegenteil erzählen.

(Beifall bei der SPD)

Dritte Feststellung. Wir haben Mitte Februar 2006 mit den Verantwortlichen des THW im Land gesprochen. Sie teilten unsere Sorge, dass gerade in Niedersachsen und in einem weiteren Bundesland, aber im Wesentlichen in Niedersachsen diese Geister- und Phantomdebatte weiterläuft. Sie teilten unsere Sorge. Der Landesbeauftragte des THW, aber auch der Sprecher der Helferorganisation, der in Ihrem Wahlkreis wohnt, Herr Schünemann, haben festgestellt: Wir haben mit denen gesprochen, Sie bis zu jenem Zeitpunkt nicht. - Daher die nächste Bitte: Sprechen Sie nicht nur in der Öffentlichkeit über das THW, sprechen Sie mit dem THW!

(Beifall bei der SPD)

Viertens. Herr Schünemann, stellen Sie Ihre ständigen unüberlegten Sprüche zu einer Neuordnung des THW ein, wenn die Koalitionsfraktionen, wie sie das sicherlich gleich tun werden, erklären, sie dächten nicht an eine Zerschlagung der Bundesanstalt. Das THW muss Bundesorganisation bleiben, auch um weiterhin die anerkannte und erfolgreiche weltweite humanitäre Hilfe aus einer Hand leisten zu können. Das geht nicht mit Länderorganisationen.

Herr Schünemann, versuchen Sie nicht weiterhin, Katastrophenschutz zulasten Dritter zu betreiben. Erfüllen Sie im Katastrophenschutz Ihre Aufgaben

selbst und spekulieren Sie nicht auf Bundesmittel aus dem Topf, den der Bund für das THW zur Verfügung stellt, um damit im Lande so zu tun, als betrieben Sie damit Katastrophenschutz. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die rund 13 Millionen Euro, die der Bund seit Jahren jährlich in Niedersachsen für das THW ausgibt, bei Ihnen landen würden, wenn der Bund einer Regionalisierung zustimmen würde. Einen Großteil davon würde Herr Möllring vorher abkassieren. Das erleben wir auch an anderer Stelle, wo Gelder zweckentfremdet abkassiert werden, die für ganz bestimmte Aufgaben zur Verfügung gestellt worden sind. Das würde bedeuten, dass das THW im Land eher geschwächt als gestärkt werden würde.

Das THW ist eine perfekt arbeitende Bundesorganisation, die jederzeit auch für das Land zur Verfügung steht. Das könnten wir heute mit einem einstimmigen Beschluss dokumentieren. Sie reden zwar so, lehnen aber unseren Antrag ab. Die Frage der Glaubwürdigkeit ist Ihnen zu stellen, nicht uns.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Coenen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich mich mit dem Antrag der SPD-Fraktion auseinander setze, möchte ich Folgendes voranstellen: ein besonderes Lob an die 10 000 THW-Helferinnen und Helfer in Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Es ist gut zu wissen, dass sie da sind. Wenn uns allabendlich die Fernsehbilder über Katastrophen im In- und Ausland ins Haus geliefert werden, ist es wohltuend und beruhigend, wenn THW-Helfer im Bild auftauchen.

Diese Männer und Frauen sind hervorragend ausgebildet und verstehen ihren Job. Die Zusammenarbeit von Einheiten des THW mit den kommunalen Feuerwehren, den Landkreisen und dem Land läuft grundsätzlich hervorragend. Man ergänzt sich, man trifft sich, teilweise sind örtliche THWEinheiten fest in die Einsatzplanung der Kommu

nen im Hinblick auf besondere Einsätze eingebunden, wie es z. B. bei der Bewältigung von größeren Bahnunfällen im Osnabrücker Land der Fall gewesen ist.

(Werner Buß [SPD]: Das wissen wir doch alles!)

An das THW ein ganz herzliches Dankeschön und Anerkennung. Wir schätzen Ihre Arbeit!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun zu dem Antrag der SPD-Fraktion. Dieser Antrag ist so überflüssig wie die Vogelgrippe.

(Heiterkeit bei der CDU - Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie kommt trotzdem!)

Gerade in der augenblicklich schwierigen Situation sollte man keine Schreckgespenster aufbauen und nicht die Menschen durch solche Anträge verunsichern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir alle wissen doch, dass die Bundeswehr aufgrund der Reduzierung in Niedersachsen für den Katastrophenschutz nur noch begrenzt eingesetzt werden kann. Deshalb ist es gut zu wissen, dass das THW sowohl im Krisenstab beim Innenministerium als auch in den Strukturen des Katastrophenschutzes in den Landkreisen und kreisfreien Städten beteiligt und vertreten ist.

Die Länder und Kommunen stehen immer in der ersten Reihe, wenn es um wirksame Maßnahmen bei der Bewältigung außergewöhnlicher Schadensereignisse geht. Die Länder und Kommunen haben unterhalb des Katastrophenfalles aber keine direkte, rechtlich abgesicherte Zugriffsmöglichkeit auf das gut ausgerüstete THW. Deshalb fordert der Innenminister zu Recht, die Länder bei der Verwendung der Katastrophenschutzmittel des Bundes verantwortlich zu beteiligen. Dann könnte die komplette Ausrüstung des THW verbindlich in die Einsatzplanung der Kommunen einbezogen werden. Überschneidungen mit der Ausstattung der Feuerwehren könnten vermieden und die Mittel insgesamt effizienter eingesetzt werden.

Dabei ist es nicht das Ziel, dem THW oder den Feuerwehren irgendetwas vorzuenthalten. Es geht ausschließlich darum, die derzeit eingesetzten Mittel effizienter einzusetzen und damit die Hilfe für die Bevölkerung in Notlagen zu optimieren, ohne - das ist ganz wichtig - dafür zusätzliches Geld in

die Hand nehmen zu müssen, das wir gar nicht haben.

Neue Ideen vom Bund sollten nach Abstimmung mit den Ländern im Wesentlichen in den Katastrophenschutz des Landes integriert werden, so wie es im Koalitionsvertrag festgelegt ist. Es heißt dort wörtlich:

„Das Technische Hilfswerk ist ein unverzichtbares Element in der Katastrophenhilfe im Inland und in der humanitären Hilfe weltweit. Wir werden es deshalb als Bundeseinrichtung erhalten.“

Sollten Sie noch weitere Fragen zu dem vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion haben, empfehle ich Ihnen die sehr detaillierte Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Bachmann vom 25. Januar 2006 in der Drucksache 15/2669 zur Lektüre.

So sind sie eben von der SPD: Erst wird eine Kleine Anfrage gestellt, dann mit fast gleichem Inhalt ein Entschließungsantrag in den Landtag eingebracht, und alles ist so überflüssig wie die Vogelgrippe.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Ich möchte wis- sen, was daran lustig ist!)

Die Strukturen des THW im Land Niedersachsen sind gut. Von 80 000 THW-Helfern bundesweit engagieren sich 10 000 in Niedersachsen. Wir sollten ihre Ausbildung und Strukturen stärken und ausbauen und viele junge Menschen für die Arbeit im THW motivieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Bode das Wort. Bitte schön!