Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Voraussichtlich wird die Finanzierung aus Geldern des Europäischen Sozialfonds (ESF) für die nächste Förderperiode erst ab Mitte 2007 beginnen können.

Bislang lässt das Land die Träger der Einrichtungen im Unklaren darüber, ob sie weitergefördert werden, wie die Übergangsphase bis Mitte des nächsten Jahres finanziert werden soll und wie insgesamt die Planungen für die neue Förderphase aussehen werden.

Gefährdet sind dadurch u. a. Projekte der Jugendwerkstätten für schulverweigernde junge Menschen (derzeit über 300 Plätze).

Gleichzeitig sind einige Träger inzwischen dazu übergegangen, wegen der Planungsunsicherheit langjährigen, erfahrenen Fachkräften zu kündigen. Es ist zu befürchten, dass die Landesregierung sowohl den Umfang als auch die fachliche Qualität der niedersächsischen Jugendsozialarbeit aufs Spiel setzt.

Wir fragen die Landesregierung:

1. In welcher Höhe und mit welcher regionalen Verteilung wird das Land mit Beginn der neuen ESF-Förderperiode ab 2007 Projekte der Jugendsozialarbeit fördern?

2. Wird die Landesregierung die Übergangsphase zwischen auslaufender und neuer ESFFörderperiode finanzieren, und, falls ja, aus welchen Haushaltsmitteln wird dies erfolgen, und wann ist mit dem Beschluss zu rechnen?

3. Wie will die Landesregierung die fachliche Steuerung der Jugendsozialarbeit künftig sicherstellen, wenn sie die Abwicklung der ESFZuwendungen vom Landesjugendamt zur NBank verlagert und darüber hinaus die personelle Ausstattung des Landesjugendamtes weiter ausdünnt?

Eine gezielte und verlässliche Politik ist für die Zukunft unserer Jugend zwingend notwendig; denn sie bestimmt auch die Zukunft unseres Gemeinwesens. Daher hat sich die Landesregierung bewusst zur Aufgabe gemacht, durch eine aktive und zielgerichtete Sozial- und Beschäftigungspolitik dauerhafte Perspektiven für junge Menschen zu bieten.

Die alte Landesregierung hat nach dem Motto „Für jedes Problem ein Programm“ eine Vielzahl von Einzelprogrammen gefördert - allein sechs in der Jugendberufshilfe. Das war ineffizient, hat zu Doppelstrukturen geführt, war wenig flexibel, hat zu wenig die regionalspezifischen Rahmenbedingungen berücksichtigt und insgesamt zur Verunsicherung geführt. Das war Patchwork-Politik in der Jugendsozialarbeit.

Hier haben wir sofort angesetzt! Wenn wir mehr Effektivität und Effizienz erreichen wollen, dürfen die komplexen Aufgaben von Jugendberufshilfe, Arbeitsförderung und beruflicher Qualifizierung nicht mehr nach den herkömmlichen und getrennten Maßnahmen und Methoden gelöst werden. Aufgabenbereiche müssen zugunsten inhaltlicher und organisatorischer Verbünde vernetzt und zu neuen Arbeitszusammenhängen verknüpft werden. Diesen Ansatz haben wir aufgegriffen und mit dem Konzept der Pro-Aktiv-Centren in die Tat umgesetzt.

Wir haben die Programme der Jugendberufshilfe auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit hin überprüft. Wir haben die bewährten Ansätze zu einem Programm zusammengeführt, und wir haben mit einer flexiblen Programmgestaltung die unterschiedlichen regionalen Gegebenheiten berücksichtigt.

Mit den Pro-Aktiv-Centren werden wir in diesem Jahr bei 46 niedersächsischen Kommunen ein flächendeckendes Angebot für benachteiligte junge Menschen fördern. Nach dem Motto „Hilfe aus einer Hand“ ist die Arbeit der Pro-Aktiv-Centren mit dem Leistungsangebot der Jobcenter des SGB II verzahnt worden. Mit diesem Ansatz können die Leistungen nach dem SGB II und nach dem

SGB VIII aufeinander abgestimmt und optimiert werden.

Neben den Pro-Aktiv-Centren haben wir die über 100 Jugendwerkstätten in Niedersachsen weiterentwickelt. Wir haben die Plätze für schulverweigernde Jugendliche von 100 auf 300 erhöht. Durch die Förderung zusätzlicher innovativer Maßnahmen wird die Kooperation mit Schulen und Betrieben verbessert. Junge Migrantinnen und Migranten erhalten gezielte Unterstützung.

Wir haben in Niedersachsen eine Struktur der Jugendberufshilfe aufgebaut, für die wir in diesem Jahr rund 32 Millionen ESF- und Landesmittel einsetzen werden.

In keinem anderen Bundesland gibt es ein solches landesweites Netzwerk der Jugendsozialarbeit. Das, was wir hier aufgebaut haben, und was sich bewährt hat, das werden wir auch fortsetzen und weiter fördern. Wir stehen für eine verlässliche und nachhaltige Politik. Wir stehen für Planungssicherheit in der Jugendsozialarbeit und in der Jugendberufshilfe. Daher werden wir auch in der neuen Förderperiode des ESF ab 2007 unseren Einsatz für arbeitslose junge Menschen fortsetzen und die Aktivitäten der öffentlichen freien Träger der Jugendberufshilfe maßgeblich unterstützen.

Die Pro-Aktiv-Centren werden unter Einbindung der Regionalen Arbeitsstellen (RAN) weiter gefördert. Das Jugendwerkstätten-Programm wird fortgesetzt. Bei dem Programm PRINT befinden wir uns in der Prüfphase. In der neuen Förderperiode werden wir die bestehenden Programme weiterentwickeln und eine noch stärkere Profilierung der Jugendberufshilfe vornehmen, das heißt:

eine präventive Ausrichtung der Förderprogramme

die Verstärkung der Zusammenarbeit mit Schulen

eine deutliche betriebliche Orientierung und

die Schaffung niedrigschwelliger und aktivierender Hilfeangebote.

Da uns die ESF-Mittel der neuen Förderperiode voraussichtlich erst im Sommer 2007 zur Verfügung stehen werden, haben wir die Förderung eines Überbrückungszeitraumes im ersten Halbjahr 2007 vorgesehen. Den Projektträgern wird damit frühzeitig Planungssicherheit gegeben. Das

Zuwendungsverfahren für das erste Halbjahr 2007 wird bereits jetzt anlaufen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Da bisher noch nicht feststeht, in welchem Umfang und welchem Zeitpunkt die ESF-Mittel der neuen Förderperiode dem Land zur Verfügung stehen werden, kann über die Höhe und die regionale Verteilung des Mitteleinsatzes für die Jugendsozialarbeit mit Beginn der neuen Förderperiode ab 2007 noch keine Auskunft gegeben werden.

Zu 2: Die Landesregierung hat entschieden, einen Übergangszeitraum im ersten Halbjahr 2007 zu fördern, da die ESF-Mittel der neuen Förderperiode voraussichtlich nicht zum Beginn des nächsten Jahres zur Verfügung stehen werden. Die Finanzierung erfolgt aus Restmitteln der laufenden ESFFörderperiode und aus Landesmitteln, um die Kofinanzierung sicherzustellen. Da mit der Förderung einer Übergangsphase gerechnet worden war, sind bereits bei der Aufstellung des Haushaltes 2006 Verpflichtungsermächtigungen (VE) zulasten des Haushaltsjahres 2007 eingestellt worden. Das Bewilligungsverfahren für 2007 kann daher in Kürze eingeleitet werden.

Zu 3: Das ab 2007 geltende Verwaltungsverfahren zur Umsetzung der Strukturfondsförderung sieht eine behördenübergreifende Verwaltungsstelle und Prüfbehörde sowie auf allen Verwaltungsebenen eine Verschärfung der Finanzkontrollbestimmungen vor, wie z. B. die ex-ante-Zertifizierung der Verwaltungsund Kontrollsysteme sowie die Schaffung von Innenrevisionen. Eine effiziente Umsetzung der Strukturfondsförderung erfordert es deshalb, die Förderstrukturen weiter zu straffen und möglichst bei einer Stelle zu konzentrieren. Damit soll gleichermaßen eine effiziente Umsetzung garantiert und der Aufbau des sehr spezifischen Know-hows sichergestellt werden.

Nachdem schon gegenwärtig die Strukturfondsförderung überwiegend bei der NBank konzentriert worden ist, bietet es sich an, die neue Förderperiode ab 2007 ausschließlich mit der NBank als einziger Bewilligungsstelle im Bereich der Strukturfondsförderung umzusetzen. Die Konzentration des Zuwendungsverfahrens der ESF-geförderten Landesprogramme bei der NBank ist bereits im Rahmen der Verwaltungsreform bei der Auflösung der Bezirksregierungen und Verlagerung von Aufgabenbereichen vorgesehen worden.

Zur fachlichen Steuerung ist festzustellen, dass diese Aufgabe im Verantwortungsbereich des Sozialministeriums liegt und von dort auch weiterhin wahrgenommen wird. Es ist beabsichtigt, dass die fachliche Begleitung der ESF-geförderten Programme durch die zukünftige Bewilligungsstelle sichergestellt wird.

Auch wenn die NBank als Bewilligungsstelle eingesetzt wird, bleibt darüber hinaus im Leistungsbereich der Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII die fachliche Zuständigkeit des Landesjugendamtes gemäß § 85 Abs. 2 SGB VIII bestehen.

Anlage 6

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 9 der Abg. Prof. Dr. Dr. Roland Zielke und Gabriela König (FDP)

Droht in Osnabrück eine Überversorgung mit strahlentherapeutischen Einrichtungen?

Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet am 3. Mai 2006, dass das Städtische Klinikum Osnabrück beabsichtige, zusätzlich zu seinem bisherigen Leistungsangebot eine Strahlentherapie zu etablieren. Dazu sollten ein Ärztehaus an das Klinikum angebaut werden und dort die Strahlentherapie von niedergelassenen Fachärzten in vertraglich geregelter Kooperation mit dem Klinikum betrieben werden. Das Grundstück für das Ärztehaus solle vom Klinikum in Erbpacht zur Verfügung gestellt werden.

Zugleich befindet sich seit einem Jahr in Osnabrück an der Paracelsus-Klinik ein kompletter Neubau der seit Jahrzehnten bestehenden Abteilung für Strahlentherapie im Bau. Das Land Niedersachsen fördert diesen Neubau im Rahmen des Krankenhausbedarfsplanes mit über 27 Millionen Euro der Gesamtkosten von etwa 35 Millionen Euro. Unbeschadet der Tatsache, dass laut Meldung der Osnabrücker Zeitung vom 5. Mai 2006 der Aufsichtsrat der Städtischen Kliniken GmbH seine für den 3. Mai vorgesehene Entscheidung über die Strahlentherapie zurückgestellt hat und die ParacelsusKlinik juristische Schritte angekündigt hat,

fragen wir die Landesregierung:

1. Wann, in welchem Umfang und von wem ist die Landesregierung über die Pläne des Städtischen Klinikums Osnabrück, zusätzliche strahlentherapeutische Angebote einzurichten, informiert worden?

2. Teilt die Landesregierung Befürchtungen in der Öffentlichkeit, dass durch die Pläne des

Städtischen Klinikums Osnabrück Überkapazitäten außerhalb des vom Land Niedersachsen beschlossenen Krankenhausbedarfsplans entstehen könnten?

3. Welche Schritte wird die Landesregierung gegebenenfalls unternehmen, um auf die Pläne des Städtischen Klinikums Einfluss zu nehmen?

Bevor ich auf die gestellten Fragen im Einzelnen eingehe, lassen Sie mich Folgendes zur rechtlichen Beurteilung der Situation klarstellen:

Nach den bisher bekannt gewordenen Informationen handelt es sich bei der geplanten „strahlentherapeutischen Einrichtung“ ausschließlich um eine ambulante Praxis, die von niedergelassenen Ärzten am Gelände des Klinikums Osnabrück betrieben werden soll. Das Klinikum Osnabrück tritt in diesem Zusammenhang lediglich als Kooperationspartner bzw. im Zusammenhang mit der Verpachtung eines entsprechenden Grundstücks in Erscheinung.

Über die Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung entscheidet der Zulassungsausschuss, der mit Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und Vertretern der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen besetzt ist. Dabei regeln die Bedarfsplanungsrichtlinien die Niederlassungsmöglichkeiten für Ärzte. Der Gemeinsame Bundesausschuss als zuständiges Selbstverwaltungsgremium erlässt diese Bedarfsplanungsrichtlinien bundeseinheitlich.

Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen hat einvernehmlich mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen sowie im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden nach Maßgabe der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses einen Bedarfsplan auf Landesebene aufzustellen und der Entwicklung anzupassen. Dabei sind die Ziele und Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung sowie der Krankenhausplanung zu beachten.

Zur Sicherstellung der bedarfsgerechten ärztlichen Versorgung bestehen in der Regel arztgruppenbezogene Zulassungsbeschränkungen für Facharztgruppen, in denen bundesweit mehr als 1 000 Ärzte niedergelassen sind. Eine Sondersituation besteht hinsichtlich der Facharztgruppe der Strahlentherapeuten. Diese gehört nicht zur Facharztgruppe der Radiologen und wird somit von den

Zulassungsregelungen der Bedarfsplanungsrichtlinien nicht erfasst, sodass hier keine Zulassungsbeschränkungen greifen.

In Osnabrück ist ausschließlich die ParacelsusKlinik mit 45 stationären Betten für Strahlentherapie in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen und somit für die Abrechnung stationärer Leistungen mit der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. Die Aufnahme zusätzlicher Krankenhauskapazitäten in der Strahlentherapie ist nach der gegenwärtigen Bedarfssituation weder vorgesehen noch beantragt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Planungen des Klinikums Osnabrück bzw. der Investoren sind der Landesregierung bisher ausschließlich aus der Presse (siehe Artikel der Neuen Osnabrücker Zeitung ab 3. Mai 2006) bekannt geworden.