Für eine angemessene Versorgung hochaltriger und demenzkranker Menschen ist der Einsatz besonders geschulten Pflegepersonals unverzichtbar. Um den Kenntnisstand der Helferinnen und Helfer auf ein landesweit etwa einheitliches Niveau zu bringen und um grundsätzlich auch zur Qualitätssicherung niedrigschwelliger Angebote beizu
tragen, müsste das Land die Entwicklung von Eckpunkten eines Curriculums zur Qualifizierung unterstützen - eine Maßnahme, die in NordrheinWestfalen bereits durchgeführt wird.
Zu Nr. 4: Die Demenzforschung muss in Zusammenarbeit mit entsprechenden Institutionen unterstützt werden, um über Fakten als wichtige Entscheidungshilfen für die weitere Verbesserung der Situation von Hilfe- und Pflegebedürftigen zu verfügen.
Bitte einen Augenblick, bevor Sie zu Nr. 5 kommen! - Meine Damen und Herren, können wir uns darauf einigen, dass nur eine oder einer das Wort hat? - Danke schön. Fahren Sie fort!
Zu Nr. 5: Hier möchte die SPD-Fraktion Sie an Ihre Versprechen erinnern, die Bundesmittel unverzüglich weiterzuleiten.
Zu Nr. 6: Der Begriff der Pflegebedürftigkeit, der auf die Verrichtungen des täglichen Lebens abstellt, um Hilfebedarfe, die Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz haben, festzustellen und insbesondere Demenzkranken Leistungen der Pflegeversicherung für ihren allgemeinen Betreuungsbedarf zu gewährleisten, ist unbedingt zu erweitern. Der Gesamthilfebedarf altersverwirrter Menschen geht über den Hilfebedarf in den Bereichen Körperpflege, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftliche Versorgung oftmals weit hinaus. Dieser weitergehende Hilfebedarf liegt außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Systematik der Pflegeversicherung. Er hat somit für die Leistungen der Pflegeversicherung keine Bedeutung, obwohl er einen erheblichen Teil des Versorgungs- und Betreuungsaufwands ausmachen kann. Deshalb will die SPD-Fraktion die Notwendigkeit einer Verbesserung der Pflegesituation demenzkranker Menschen bewusst machen. Die Landesregierung muss im Bundesrat eine Initiative mit dem Ziel ergreifen, dass die Pflegeversicherung den allgemeinen Betreuungsaufwand von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz besser berücksichtigt.
Die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Pflegenden hängt wesentlich von der Haltung unserer Gesellschaft ab. Wir müssen Demenz und ihre Folgen aus der Tabuzone herausholen und Ängste abbauen. Dazu bedarf es wirksamer Aufklärungsund Öffentlichkeitsarbeit. Niemand kann einen Menschen mit Demenz auf Dauer allein unterstützen. Ein würdiges und erträgliches Leben für die von der Krankheit Betroffenen und die sie pflegenden Personen ist nur dann möglich, wenn Angehörige und professionelle Dienste vor Ort eng zusammenarbeiten und so dazu beitragen, dass das Lebensumfeld den Bedürfnissen der betroffenen Familien einigermaßen entspricht.
Danke schön, Herr Präsident. - In NordrheinWestfalen gibt es die Landesinitiative Demenzservice, die vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stiftung Wohlfahrtspflege und den Landesverbänden der Pflegekassen finanziell unterstützt wird. Ein Schwerpunkt der Landesinitiative liegt im Aufbau von regionalen Demenzservicezentren. Mein Vorschlag ist, dass sich unser Ministerium die Strukturen dort einmal anschaut, sie sich erklären lässt und sie eventuell in Niedersachsen ebenfalls einrichtet.
Wichtige Impulse zur Weiterentwicklung der Versorgungslandschaft gehen auch von Modellprojekten aus, die von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen im Verbund mit den Landesverbänden der Pflegekassen aufgelegt werden. Wir haben nicht nur die Verantwortung für die demenzkranken Menschen, sondern auch für die sie Pflegenden, für die pflegenden Angehörigen ebenso wie für die professionell Pflegenden. Wir sind in jeder Hinsicht aufgefordert, uns diesem Thema zu stellen - und das mit aller Heftigkeit, weil es sonst zu spät ist. Warten Sie nicht so lange, bis es zu spät ist! Beraten Sie kurz und erfolgreich und stimmen Sie unserem Antrag zu!
Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt komme ich zu Ihrem Antrag „Optimierung vorhandener Pflegestrukturen“. Ich habe ihn interessiert gelesen in der Hoffnung, wenigstens Lösungsansätze für eine Optimierung von Pflegestrukturen zu finden. Ich habe sie aber nicht gefunden. Eine Optimierung der Strukturen allein ist nun wirklich nicht die Lösung der Probleme. Hohes Alter darf gesellschaftlich nicht nur unter den Aspekten von Krankenversorgung und Hilfebedürftigkeit gesehen werden, das als mit möglichst minimalem Aufwand zu lösendes Problem diskutiert wird. Gerade die Jüngeren, denen in zunehmendem Maße ein hohes Alter als Lebensperspektive bevorsteht, sollten danach fragen, wie Älterwerden erlebt wird und gestaltet werden kann.
Zu Ihrem Antrag ist nicht allzu viel zu sagen, da er eigentlich überflüssig ist. Die Bitten, die Sie darin äußern, sind entweder schon erfüllt - nicht von Ihrer, sondern von der vorherigen Landesregierung - oder unstrittig und warten auf die Ausführungen, die von der derzeitigen Landesregierung kommen müssen. Die Daten, die Sie erfragen, stehen schon im Landespflegebericht. Sie müssten ihn eben nur einmal lesen. Die SPD-Fraktion kann ihn aber auch gerne vorlesen.
Außerdem wurden wir gerade am 15. März und am 24. Mai 2006 ausführlich und umfassend vom Ministerium im Zusammenhang mit dem Landespflegebericht unterrichtet.
In Bezug auf Entbürokratisierung haben Sie zwar schon wortreich versprochen, dass das unbedingt und sofort passieren muss. Bisher aber ist nichts passiert. Leider mussten wir diese Erfahrung schon häufiger mit Ihnen machen.
Ich befürchte, dass Sie bei Ihren Anträgen mindestens eines nicht ganz richtig machen: Sie stellen immer solche Bittanträge. Die gehen der Landesregierung doch am Herzen vorbei.
Sie müssen unmissverständlich mit deutlichen Worten fordern und dürfen nicht auf Gutmenschlichkeit setzen. Liebe Kolleginnen und Kolleginnen der CDU und der FDP, ich mache mir Sorgen um Sie.
Ihre soziale Grundlage geht Ihnen verloren bzw. wird Ihnen weggenommen. Ihre Wirtschafts- und Juristenkollegen versuchen, Sozialpolitik zu machen. Das kann nur schief gehen.
Sie Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker haben die Kompetenz. Lassen Sie sich doch nicht beirren! Gehen Sie Ihren sozialpolitischen Weg! Die Demenzkranken können nicht länger auf Barmherzigkeit warten. Sie brauchen Hilfe, und zwar jetzt. Sie dürfen nicht ins Bitten und Betteln abgeschoben werden.
Sie haben einen Anspruch auf Hilfe, den sie selbst nicht formulieren können. Deshalb müssen wir es tun.
Zu Ihren einzelnen Bitten an die Landesregierung komme ich nur kurz. Ihre Bitten können nicht kurzfristig erfüllt werden; das wissen Sie genau. Bei der ausführlichen Unterrichtung und Diskussion zum Landespflegebericht wurde vom sehr kompetenten Vertreter des Ministeriums auf unsere Frage, warum die letzten Erhebungen aus dem Jahre 2003 stammen, deutlich erklärt, es sei nicht möglich, Auswertungen in kürzeren Zeiträumen zu erstellen.
Das heißt, wenn Sie heute den Antrag stellen, können die Daten erst 2009 zur Verfügung stehen, und auf der Grundlage der dann gewonnenen Erkenntnisse kann gearbeitet werden. Das ist zum einen nicht besonders zielführend, und zum anderen brauchen Sie sich dann sowieso nicht mehr darum zu kümmern, da ab 2008 die SPD die Sozialpolitik wieder in ihre bewährten Hände nehmen wird.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich habe Ihnen hoffentlich deutlich gemacht, dass Ihr Antrag schon erledigt ist und Sie sich die Arbeit sparen können. Stimmen Sie unserem Antrag zu, und alles wird gut bearbeitet. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Demenz wird schon seit längerer Zeit auf den verschiedensten Ebenen diskutiert. Wissenschaftlich verstehen wir unter Demenz eine Vielzahl von Erkrankungen. Allen Unterformen der Demenz ist gemeinsam, dass sie zu einem Verlust besonderer geistiger Fähigkeiten führt. Typisch ist eine Verschlechterung der Gedächtnisleistungen, des Denkvermögens, der Sprache und des praktischen Geschicks, jedoch keine Trübung des Bewusstseins. Diese Veränderungen haben zur Folge, dass Menschen mit Demenz ihre alltäglichen Aufgaben nicht mehr ausführen können.
Demenz ist aber keineswegs eine normale Alterserscheinung, die jeden mehr oder minder treffen kann, sondern eine Erkrankung, die typischerweise im Alter auftritt. Das heißt, Demenzerkrankungen treten überwiegend in der zweiten Lebenshälfte auf, in den meisten Fällen nach dem 65. Lebensjahr. Die Wahrscheinlich wächst, alt zu werden und mit zunehmendem Alter an Demenz zu erkranken. Etwa einer von zehn der über 65-Jährigen und etwa zwei von zehn der über 80-Jährigen und bereits drei von zehn der über 90-Jährigen leiden an der Alzheimer Krankheit. Manche Fachleute meinen, dies sei der gesellschaftliche Preis für unsere höhere Lebenserwartung, und so ruft der Begriff „Demenz“ ähnliche Ängste und Verdrängungsmechanismen wie Krebs oder Aids hervor. Aber genau das ist falsch. Wir müssen uns bewusst mit diesem sensiblen Thema befassen. Die Ursachen der Demenzerkrankung sind vielfältig. Rund 1,2 Millionen Menschen leiden allein in Deutschland an einer Demenzerkrankung. Davon ist der allergrößte Teil an Alzheimer Demenz erkrankt. In Niedersachsen sind rund 100 000 Menschen an Demenz erkrankt.
Wir brauchen also eine Versorgungsstruktur für die Betroffenen, gerade auch im Hinblick auf den demografischen Wandel. Bereits im November 2004 hat sich die CDU-Landtagsfraktion in einem erfolgreichen landesweiten Forum mit diesem wichtigen Thema auseinander gesetzt. Ergebnis dieser Tagung war, dass sich die Verbesserung der Versorgung der Betroffenen mit Beratung und Hilfe sowie
der Versorgungsstruktur keinesfalls auf die Fragen der pflegerischen Versorgung beschränken darf. Erforderlich ist der Einbezug aller relevanten Aspekte und Akteure aus dem Bereich der gesundheitlichen und sozialen Versorgung, der Aus- und Fortbildung, des Wohnungswesens, der Betroffenenvertretungen, der Verwaltung und der Kostenträger. Das kann nur auf örtlicher Ebene geschehen. Dort, in seinem heimischen Umfeld und in seinem gewohnten Zuhause, können für den Erkrankten verbindliche Absprachen leichter getroffen werden. Durch Nutzung persönlicher Kontakte sind bei den Betroffenen mehr Offenheit für Ansprache zu erwarten und eine Berücksichtigung der ortsspezifischen, nicht selten historisch gewachsenen Bedingungen möglich.
Auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion wurde 2004 der Aufbau des überregionalen ambulanten gerontopsychiatrischen Zentrums begonnen. Das Caritas-Forum in Hannover und das Kompetenzzentrum ambet e. V. in Braunschweig wurden eingerichtet. Diese Zentren bieten überregional Informationen, um Beratungs- und Entlastungsangebote wohnortnah zu ermöglichen. Sie unterstützen bei Auf- und Ausbau sowie bei der Vernetzung gerontopsychiatrischer Versorgungsstrukturen vor Ort. Außerdem werden Schulungen, Fortbildungen und Fachtagungen für professionell Pflegende sowie für Laienhelfer angeboten.
Der Landesfachbeirat Psychiatrie erarbeitet im Moment ein zukunftsfähiges Konzept für ein abgestuftes flächendeckendes System der Versorgung und Unterstützung von Menschen mit demenziellen Erkrankungen in Niedersachsen. Ebenfalls sind die verbesserte Früherkennung und Frühtherapie von Altersdemenz durch die Hausärzte wichtig. Die Abteilung Versorgungsforschung der MHH hat in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Hausärzteverband und der Ärztekammer Niedersachsen ein entsprechendes Fortbildungsprojekt in Vorbereitung, das die Erarbeitung eines landeseinheitlichen praxistauglichen Informations- und Schulungskonzepts und dessen flächendeckende kleinräumige Umsetzung im Land zum Ziel hat.
Meine Damen und Herren, Sie können aus meinen Ausführungen erkennen, wie intensiv sich diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen mit diesem Thema beschäftigt haben
und natürlich noch weiter beschäftigen werden. Auch unser Antrag „Optimierung vorhandener Pflegestrukturen“ geht in diese Richtung. Wir werden in den Ausschussberatungen sicherlich zu guten Ergebnissen kommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute wieder einmal über die Pflege, und das ist sehr gut, weil es ein wichtiges Thema ist. Wir müssen darüber reden; denn Niedersachsen ist auf die zukünftigen Herausforderungen durch eine wachsende Zahl von älteren und pflegebedürftigen Menschen nicht wirklich ausreichend vorbereitet.
- Lesen Sie den Landespflegebericht einmal aufmerksam durch. Da steht alles drin, was Sie noch zu tun haben, Herr Böhlke.
Der soziale und demografische Wandel der Gesellschaft wird uns in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vor Herausforderungen stellen, die insbesondere Anforderungen an die Organisation und die Struktur von Hilfsangeboten für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen richten. Grundsätzliches Ziel aller Bemühungen muss es dabei sein, durch ein einem modernen Pflegeverständnis entsprechendes Konzept den Hilfebedürftigen ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben in autonomer Lebensgestaltung zu ermöglichen.