(Jens Nacke [CDU]: Wir könnten 30 Minuten sparen, wenn Frau Helm- hold keine Kurzinterventionen ma- chen würde! - Zustimmung bei der CDU)
Zu Tagesordnungspunkt 7: Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen. Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE zielt auf eine Änderung des Artikels 1 des Gesetzentwurfes ab.
Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen, sodass wir gleich zur Beratung kommen können. Von der CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Lorberg zu Wort gemeldet.
- Ich bitte um ein bisschen Ruhe, damit ich nicht gleich wieder unterbrechen muss. - Danke schön. - Frau Kollegin Lorberg, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf der Niedersächsischen Landesregierung sollen in Artikel 1 das Niedersächsische Hochschulgesetz und in Artikel 2
Zu Artikel 1 des Gesetzentwurfes: Hier soll geregelt werden, dass künftig noch nicht volljährige Studierende von Studienbeiträgen befreit werden. Studienbeiträge haben u. a. den Ansatz, dass jeder Studierende eigenverantwortlich und individuell für seine Zukunft vorsorgt. Dafür werden den Studierenden Darlehen gewährt. Diesen Ansatz verknüpfen wir allerdings mit der Volljährigkeit der Studierenden.
Darüber hinaus ist die Inanspruchnahme eines Studiendarlehens für Minderjährige nur mit der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters - meist also der Eltern - und mit der Genehmigung des Familiengerichts nach § 1643 Abs. 1 und § 1822 Nr. 8 des BGB möglich.
Den sich daraus ergebenden Verwaltungsaufwand möchten wir vermeiden - für Studierende und für Eltern. Vielmehr wollen wir sicherstellen, dass sich minderjährige Studierende und deren Eltern durch diese Regelung ermutigt fühlen, ein Studium aufzunehmen. Niemand soll an den hohen bürokratischen Vorgaben, die sich zwangsläufig für Minderjährige und deren Eltern ergeben würden, scheitern bzw. auf einen frühzeitigen Studienbeginn verzichten müssen. Daher halten wir diese Regelung für zwingend erforderlich.
In der Vergangenheit waren minderjährige Studierende eine verschwindende Minderheit. Mit dem Abitur nach zwölf Jahren und nach Aussetzung der Wehrpflicht wird sich die Zahl zwar erhöhen; doch die Mindereinnahmen der Hochschulen sind an dieser Stelle nach unserer Auffassung zumutbar.
Studienbeiträge sind eine Investition der Studierenden in die eigene Zukunft und sollten nicht durch die Eltern, sondern über ein Darlehen finanziert werden. Da dieses für Minderjährige nicht ohne Weiteres möglich ist, wie ich schon ausgeführt habe, ist die Befreiung von den Beiträgen nur konsequent.
Lassen Sie mich nun zu Artikel 2 des Gesetzentwurfs kommen. Vorab möchte ich anmerken, dass der Hochschulpakt 2020 insgesamt ein ausgesprochen erfolgreiches und zielführendes Projekt ist. Der Hochschulpakt 2020 ist die zukunftweisende Antwort auf die steigenden Studiennachfragen in unserem Lande. Nachdem die erste und die zweite Säule des Hochschulpaktes mit überaus
großer Zustimmung umgesetzt wurden, steht nun die Erweiterung des Paktes um die dritte Säule an. Hier geht es darum, dass Bund und Länder ein gemeinsames Förderprogramm zur Verbesserung der Studienbedingungen an unseren Hochschulen beschlossen haben.
Für Niedersachsen bedeutet das konkret, dass 65 Millionen Euro, also 11 % des Gesamtfördervolumens des Bundes, in der ersten Stufe an 15 niedersächsische Hochschulen fließen werden. Der Bund hat hier eine qualitätsgesteuerte Regionalisierung der Mittel vorgegeben. Die Mittel sollen zur Personalqualifizierung und zur Personalgewinnung sowie zur Weiterentwicklung der Lehrqualität eingesetzt werden.
Die CDU-Fraktion unterstützt die Verwendung der zusätzlichen Mittel zur Qualitätssteigerung an unseren Hochschulen ausdrücklich. Ohne die heutige Gesetzesänderung wären die Mittel kapazitätswirksam einzusetzen. Dieses wollen wir an dieser Stelle aber ausdrücklich nicht. Die verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Mittelverwendung - vorzugsweise kapazitätswirksam - sehen wir nicht eindeutig bestätigt. Für die Umsetzung sind die Länder verantwortlich.
Daher begrüßen wir es sehr, dass wir nach den zügigen Beratungen im Ausschuss heute über den Gesetzentwurf der Landesregierung abstimmen können, sodass unsere Studierenden in Niedersachsen bereits zu Beginn des Wintersemesters im September von den Änderungen profitieren können.
Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen um Zustimmung zum gesamten Gesetzentwurf. Nur so können wir signalisieren, dass es uns auch weiterhin um eine Verbesserung der Hochschullandschaft in Niedersachsen geht und wir damit im internationalen Wettbewerb bestehen können.
Ich danke den Mitarbeitern des MWK und dem GBD für die hervorragende Zusammenarbeit bei den Beratungen des Gesetzentwurfs.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Landesregierung zwar Minderjährige von der Zahlung von Studiengebühren befreien. Alle anderen sollen aber weiter abkassiert werden. Dabei pfeifen es die Spatzen schon längst überall von den Dächern: Studiengebühren sind ein Auslaufmodell. Ihre Einführung ist in Deutschland gescheitert. Studiengebühren finden keine gesellschaftliche Akzeptanz, sondern sind überall auf dem Rückzug. Wir sagen: Das ist auch gut so.
Hessen, das Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und jetzt auch Baden-Württemberg - überall werden die Studiengebühren wieder abgeschafft. In den neuen Bundesländern wurden sie nie eingeführt; auch von Ihnen nicht, Frau Wanka. Zukünftig wird nur noch in Bayern und Niedersachsen abkassiert. Wir sagen: Statt die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Studiengebühren auch bei uns abzuschaffen, macht es keinen Sinn, Niedersachsen als Gebühreninsel bestehen zu lassen, und zwar zu Lasten der Zukunftsfähigkeit des Landes und zu Lasten der Bildungschancen unserer Landeskinder.
- Wissen Sie, warum das nicht falsch ist? - Während die Landeskinder in unseren benachbarten Bundesländern gebührenfrei studieren können, müssen unsere niedersächsischen Landeskinder im Jahr 1 000 Euro Strafgebühr bezahlen, wenn sie im eigenen Land studieren wollen. 1 000 Euro Strafgebühren, wenn sie in ihrer Heimat bleiben wollen!
(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Haben Sie eigentlich verstan- den, warum? Das betrifft auch die Menschen, die nach Niedersachsen kommen, um hier zu studieren!)
Deshalb darf es nicht wundern, meine Damen und Herren, wenn mittlerweile jede zweite niedersächsische Abiturientin bzw. jeder zweite niedersächsische Abiturient das Weite sucht und in ein anderes Bundesland zum Studieren geht. Viele bleiben dann nach dem Studium gleich dort und stehen dort dem Arbeitsmarkt als hoch qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung, Fachkräfte, die auch wir dringend brauchen, Fachkräfte, die uns jetzt schon fehlen.
Aus keinem anderen Bundesland wandern so viele Studierende ab wie aus Niedersachsen. Ich will Ihnen auch zwei Zahlen nennen: Von 2003 bis 2009 hat Niedersachsen 200 000 Studierende mehr an andere Bundesländer abgegeben, als Studierende hierher zugewandert sind.
(Christian Dürr [FDP]: Das war doch vorher genauso! Das war bei Herrn Oppermann sogar noch schlimmer!)
Allein im Jahr 2009 waren es mehr als 33 000 Studierende - ein neuer Negativrekord. Das ist Ihr Negativrekord. Doch dieser Landesregierung scheint dies egal zu sein.
Meine Damen und Herren, wer so mit der wertvollsten Ressource seines Landes umgeht und weiter auf Abschreckung durch Studiengebühren setzt, der schadet nicht nur dem Hochschulstandort Niedersachsen, sondern auch der Wirtschafts- und Innovationskraft des Landes. Wir bleiben dabei: Studiengebühren sind für Niedersachsen ein Wettbewerbsnachteil.
Das, meine lieben Kollegen, unterscheidet uns übrigens auch von Bayern. Im Unterschied zu Niedersachsen ist Bayern ein Zuwanderungsland und hat mittlerweile eine Studierquote von fast 40 % erreicht.
Und Niedersachsen? - Seit Jahren dümpeln wir bei 30 %, weit entfernt von der 40 %-Marke, die sich diese Landesregierung zum Ziel gesetzt hat. Diesem Ziel sind Sie in acht Jahren kein einzigen Zentimeter nähergekommen. Acht verlorene Jahre für Niedersachsen!
Darüber, Frau Wanka, können auch Ihre Jubelmeldungen über steigende Studierendenzahlen nicht hinwegtäuschen, die wir ja gleich wieder hören werden. Sie wissen genau, dass die Zunahme der Studienanfängerzahlen im Wesentlichen den geburtenstarken Jahrgängen, welche die Schule verlassen, und der Zunahme der Zahl der Studienberechtigten geschuldet ist. Nicht gestiegen - und
Wenn wir einen Blick auf den wachsenden Nachwuchsbedarf gerade im akademischen Bereich werfen, kommt es aber genau darauf an. Deshalb muss es uns besser als bisher gelingen, auch diejenigen zum Studium zu motivieren, die trotz Berechtigung darauf verzichten. Zurzeit tut das immerhin jeder Vierte und in Niedersachsen sogar jeder Dritte. Laut HIS nennen 42 % als Grund für ihren Studienverzicht vor allem die zu erwartenden Studienkosten. Wer verzichtet auf ein Studium? - Das sind nicht die Kinder von Akademikereltern. Das sind die Kinder aus Arbeiter- und Facharbeiterfamilien. Genau das wollen und müssen wir ändern.
Natürlich wissen wir: Es sind nicht die Studiengebühren allein, die vom Studium abhalten. Doch klar ist auch: Studiengebühren verteuern das Studium. Sie belasten die Studierenden und ihre unterhaltspflichtigen Eltern zusätzlich; denn es sind die Eltern, die die Hauptlast der Studienfinanzierung tragen und auch für die Studiengebühren aufkommen müssen. Für fast 60 % der Studierenden, die die Gebühren bisher bezahlen müssen, zahlten sie die Eltern. Ihre wunderschönen Kredite - Frau Lorberg, nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis - will niemand; denn die jungen Menschen wollen nicht mit Schuldenbergen in ihre Zukunft starten.