Gabriele Andretta

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der bestehenden Situation in Niedersachsen mit rund 1 500 fehlenden Wohnheimplätzen - jedenfalls nach den Wartelisten und nach der Nachfrage - frage ich die Landesregierung: Ist es angemessen, auch in Zukunft darauf zu verzichten, den Bau von Studentenwohnheimplätzen, wie er im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus in anderen Bundesländern längst gang und gäbe ist -
Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Bayern, Hamburg, Hessen und Baden-Württemberg -, in den Förderkatalog des Niedersächsischen Wohnraumfördergesetzes aufzunehmen?
Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Wie hat sich in den letzten fünf Jahren die Zahl der Studierenden entwickelt, und wie hat sich die Zahl der zusätzlichen Wohnheimplätze entwickelt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Flauger, die Linke mag sich in ihrem Populismus gefallen. Eine verantwortungsvolle Hochschulpolitik sieht aber anders aus.
Auch Nordrhein-Westfalen und Hamburg haben Zeit gebraucht, um die Abschaffung der Studiengebühren vernünftig umzusetzen. Das werden wir auch tun, in Verantwortung für die Hochschulen und in Verantwortung für die Studierenden.
Für die Abschaffung von Studiengebühren - das wissen Sie alle - gibt es gute Argumente.
Studiengebühren verschärfen die soziale Auslese, sie verhindern eine höhere Bildungsbeteiligung, und sie schaden der niedersächsischen Wirtschaft. Eine SPD-geführte Landesregierung wird deshalb die Studiengebühren abschaffen, ohne Wenn und Aber.
Auch Sie wissen: Studiengebühren sind längst mausetot. Die politische Einführung von Studiengebühren ist in Deutschland gescheitert. Es sollte der Einstieg in die private Hochschulfinanzierung sein. Dafür gibt es hier keine Mehrheit, und das ist gut so.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP,
Herr Klare, Sie kennen doch die alte Indianerweisheit - Ihr Häuptling zitiert sie hier immer sehr gerne -: Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steige ab. - Befolgen Sie diesen Rat! Es ist höchste Zeit.
Die Abschaffung von Studiengebühren - die Kollegin Heinen-Kljajić hat es gesagt - ist nicht nur sozial geboten. Sie ist auch ökonomisch vernünftig. Bereits vor Jahren schlug das Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung Alarm. Die Wis
senschaftler warnten vor den viel zu geringen Studierendenzahlen, die wir in Niedersachsen haben. Sie warnten vor dem Intelligenzexport. Dafür gab es damals von Ministerpräsident Wulff eins auf den Deckel. Aber das ändert nichts an den Fakten: Aus keinem anderen Bundesland wandern so viele junge Talente in andere Bundesländer zum Studieren ab, 35 000 jedes Jahr. Diesen Trend, Frau Wanka, hätten Sie längst stoppen müssen.
Wir wissen, diese Landesregierung hat nichts, aber auch nichts getan, um Niedersachsen auf den demografischen Wandel vorzubereiten. Deshalb muss sie abgewählt werden.
Schauen wir uns Hessen an, schauen wir uns Bayern an, schauen wir uns Baden-Württemberg an: Allen Bundesländern ist es gelungen, die geburtenstarken Jahrgänge, die wir hatten und die wir immer noch haben, zu nutzen, um die Hochschulen auszubauen, um Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Was hat diese Landesregierung getan? - Ihre erste Tat war es, Tausende von Studienplätzen in Niedersachsen abzubauen, zu vernichten, Studienplätze, die jetzt mühsam mit dem Hochschulpakt wieder aufgebaut werden müssen.
Und dann Frau Wanka! Frau Wanka versucht, uns die steigenden Studierendenanfängerzahlen als einen Erfolg ihrer Studiengebühren zu verkaufen. Zynischer geht es doch nicht mehr! Die steigenden Anfängerzahlen sind alleine der demografischen Entwicklung und den doppelten Abiturjahrgängen geschuldet - alleine das, und das wissen Sie auch.
Nehmen Sie zur Kenntnis: Den einzigen unbestechlichen Indikator hat Frau Heinen-Kljajić genannt, und zwar die Studienanfängerquote. Die Studienanfängerquote sagt uns, in welchem Maße es uns gelingt, junge Menschen für ein Studium zu gewinnen: 31 % in Niedersachsen. Seit Jahren dümpeln wir bei 31 %. Das sind 10 % unter dem Bundesdurchschnitt. Jahr für Jahr wächst dieser Abstand. Wie lange wollen Sie denn noch zusehen, dass Niedersachsen abgehängt wird?
Für uns ist ganz klar: Die Hochschulen brauchen das Geld, das sie bislang über die Studiengebühren eingenommen haben. Deshalb, Frau Flauger, werden wir die Studiengebühren abschaffen, und zwar dann, wenn die Kompensationsmittel im
Haushalt 2014 und dann dauerhaft in den folgenden Haushalten zur Verfügung stehen.
Zum Versprechen - Frau Flauger, das unterscheidet uns von Ihnen - gehört, nicht nur zu sagen, dass man es will, sondern dass man es auch kann. Alles andere ist Populismus. Ich bin mir jedenfalls sicher: Die Bürger und Bürgerinnen in Niedersachsen werden am 20. Januar die Weichen neu stellen: gegen Studiengebühren und für mehr Bildungsgerechtigkeit auch in Niedersachsen.
Danke, Herr Kollege Hillmer. Sie haben ja sehr überraschende Erkenntnisse. Wie erklären Sie sich denn, dass es in NRW, in Hamburg und in allen anderen Bundesländern, die das machen, nicht kapazitätswirksam wirkt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Not, Frau Ministerin, muss groß sein, wenn jetzt schon mein Kollege Oppermann als Kronzeuge angeführt wird. Herr Oppermann hat damals Marx nicht verstanden, und er hat heute Marx nicht verstanden.
Aber Herr Klare, ich hätte zumindest von Frau Ministerin Wanka erwartet, dass es bei ihr zu mehr als für den Griff in die Zitatensammlung reicht und dass sie Marx nicht nur gelesen, sondern vielleicht auch verstanden hat. Aber offenbar war auch das ein Irrtum.
Einen Punkt, Frau Wanka, finde ich wirklich zynisch. Wenn wir wissen, dass diese wunderbaren Kredite, die Sie anbieten, nicht in Anspruch genommen werden, und Sie hier lapidar anmerken, na ja, es sei ja bequemer, das Geld von Papa zu nehmen: Können Sie sich vorstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, dass es Eltern gibt, die das Geld nicht aufbringen können, die das einfach nicht in ihrem Geldbeutel haben? Können Sie sich vorstellen, dass diese Eltern, die keine akademische Tradition haben, nicht wollen, dass sich ihre Kinder für eine ungewisse berufliche Zukunft verschulden, weshalb sich die Kinder dann für eine Berufsausbildung entscheiden? - Wir sagen: Wir wollen allen Talenten ein Studium ermöglichen. Deshalb werden wir die Studiengebühren abschaffen.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen ist neben Bayern das einzige Bundesland, das für ein Studium an seinen Hochschulen Studiengebühren kassiert. Für Familien, die nicht zu den Betuchten dieser Gesellschaft gehören, ist es schwer und manchmal unmöglich, dieses Geld für ihre Kinder aufzubringen. Genau darum geht es in beiden Petitionen.
Die eine Petentin ist eine Mutter von zwei Kindern, die gleichzeitig studieren. Für diese Kinder muss sie den Lebensunterhalt finanzieren und zusätzlich 2 000 Euro Studiengebühren im Jahr aufbringen. Sie weiß nicht, wie sie das schaffen soll.
In der zweiten Petition geht es um einen Vater, der als Fabrikarbeiter mit seinem Einkommen den Unterhalt für seinen studierenden Sohn und Studiengebühren finanzieren muss. Er schafft es nicht und hat seinem Sohn sagen müssen, dass er sein Studium beenden muss.
- Ja, genau, das ist traurig!
Wie bitter, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es für einen jungen Menschen, der als Kind aus einem Arbeiterhaushalt das Abitur geschafft hat - was für diese Menschen schwer genug ist - und dann an der Hürde von Studiengebühren, die Sie aufgestellt haben, scheitern muss?!
Die Antwort der Landesregierung - überraschungsfrei -: Wer in Niedersachsen studieren will und
keine reichen Eltern hat, der kann einen Studienkredit aufnehmen. - Das tun aber nur wenige. Warum? - Es sind gerade die Kinder aus ärmeren Familien, die Angst vor Schulden haben. Es sind die Eltern dieser Kinder, die nicht wollen, dass ihre jungen Kinder mit Schulden in das Berufsleben starten müssen. Wir können das verstehen. Jeder zweite Abiturient,
der aus ärmeren Familien kommt, verzichtet auf ein Studium wegen Finanzierungsproblemen.
Wir können das verstehen und sagen: Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen!
Die Petenten fordern die Abschaffung der Studiengebühren. Auch wir tun das. Deshalb sagt meine Fraktion „Berücksichtigung“.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Sachen Bildung war nie ganz einfach. Ich erinnere an den Streit um den legendären Deutschen Bildungsrat und um den ersten Bildungsgesamtplan für Deutschland, in dem schon damals sehr weitsichtig ein schneller Ausbau der frühkindlichen Bildung und der Ausbau von Ganztagsschulen gefordert wurden.
Nun, Sie kennen das Ergebnis: Der Bildungsgesamtplan scheiterte damals am Widerstand der Länderfinanzminister. Der von der Fachwelt sehr geschätzte Bildungsrat wurde 1975 kurzerhand aufgelöst.
War das Verhältnis zwischen Bund und Ländern in Bildungsfragen also nie einfach, so war es doch ein großer politischer Fehler, im Rahmen der Föderalismusreform von 2006 ein Kooperationsverbot in der Verfassung zu verankern.
Diesen Fehler müssen wir dringend korrigieren, und genau diesem Ziel dient unser heutiger Antrag.
Heute wissen wir, dass sich die damalige Erwartung, dass die Länder mit der Alleinzuständigkeit für die Bildung auch mehr Verantwortung für gleichwertige Bildungschancen wahrnehmen würden, nicht erfüllt hat. Die Schullandschaft ist ein bunter Flickenteppich von unterschiedlichen Schulsystemen geblieben - ein Flickenteppich, meine Damen und Herren, der Eltern schulpflichtiger Kinder beim Umzug in ein anderes Bundesland in die Verzweiflung treibt. Es ist weder gelungen, die Qualität in der Bildung deutlich zu verbessern, noch ist es gelungen, die beschämend große Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft aufzubrechen. Die große Mehrheit der Bevölkerung jedenfalls hat dieses Klein-Klein in der Bildungspolitik gründlich satt. Ginge es nach ihr, stünde im Grundgesetz kein Kooperationsverbot, sondern längst ein Kooperationsgebot.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, der Handlungsbedarf bei der Bildung ist enorm. Es gibt 7,5 Millionen Menschen in der Bundesrepublik, die gar nicht oder nur wenig lesen und schreiben können. Erst gestern haben wir dazu hier im Hause diskutiert. Von den 20- bis 30-Jährigen haben mehr als 1,5 Millionen keinen Berufsabschluss. Es fehlen mehr als 150 000 Kita-Plätze, und es gibt trotz Hochschulpakt immer noch viel zu wenige Studienplätze.
Angesichts dieser Herausforderungen und angesichts der sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungskraft der Länder muss es künftig erlaubt sein, dass der Bund sich stärker an der Bildungsfinanzierung beteiligt.
Jetzt ist es so, dass die Hauptlast der Bildungsausgaben die Länder und Kommunen zu tragen haben. Die Länder bringen 72 % des Bildungsbudgets auf, die Gemeinden gut 21 %. Der Finanzstärkste dagegen, der Bund, bringt nur 5,5 % der öffentlichen Bildungsausgaben auf. Genau deshalb, meine Damen und Herren, muss das Kooperationsverbot fallen.
Wäre diese Landesregierung nicht so ideologisch befangen, hätte sie das längst begriffen.
- Sie haben recht, Herr Klare. Ich sage, es war ein Fehler. Wir, die SPD-Landtagsfraktion, haben übrigens auch damals dagegen gestimmt.
Meine Damen und Herren, wo steht Niedersachsen im Bundesvergleich? - Niedersachsen ist Schlusslicht bei der Krippenversorgung, Schlusslicht bei der Abiturientenquote und trägt die rote Laterne bei der Studienanfängerquote. Und der traurigste Befund: Nirgendwo sind für ein Kind aus einer Arbeiterfamilie die Chancen, das Abitur zu erreichen, so schlecht wie in Niedersachsen. - Damit werden wir uns nicht abfinden.
Meine Damen und Herren, während für den Schulbereich das Kooperationsverbot sehr strikt ist, konnte die SPD gegen den erbitterten Widerstand der CDU damals in letzter Minute durchsetzen, dass in Artikel 91 b Grundgesetz eine begrenzte Zusammenarbeit von Bund und Ländern möglich bleibt. Diese Zusammenarbeit ist höchst erfolgreich.
Ich denke an den Hochschulpakt, mit dessen Hilfe in Niedersachsen mehr als 100 000 Studienplätze zusätzlich finanziert werden, oder an die Exzellenzinitiative, deren drei Förderlinien viele Millionen Euro ins Land gebracht haben. Ich erinnere an den Pakt für Forschung und Innovation oder den Qualitätspakt Lehre und das erfolgreiche Professorinnenprogramm. Oder denken Sie an die zahlreichen Förderprogramme für Fachhochschulen!
Alle diese Programme haben an unseren Hochschulen eine ernorme Schubkraft entfaltet. Auch wenn Ministerin Wanka den Ruhm gern für sich alleine beansprucht - die Wahrheit ist: Ohne die Finanzkraft des Bundes wären diese Programme und Initiativen in unserem Land nicht möglich gewesen.
Meine Damen und Herren, die vielen Pakte und Programme waren allesamt hilfreich. Diese Art von Kooperation hat jedoch einen klaren Nachteil. Die Förderprogramme müssen projektförmig sein und
sind zeitlich befristet. Deshalb ist es notwendig, dass Bund und Länder nicht nur wie bisher bei Vorhaben an Hochschulen zusammenwirken dürfen, sondern eine dauerhafte und verlässliche Mitfinanzierung des Bundes möglich ist. Wir brauchen nicht nur eine Projektförderung, sondern müssen auch eine Beteiligung an der Grundfinanzierung der Hochschulen ermöglichen. Wir brauchen eine Finanzierung, die nicht nur auf Spitzenforschung ausgerichtet ist, sondern Hochschulen in der ganzen Breite ihrer Aufgaben fördert: in der Lehre, in der Forschung und zukünftig übrigens auch stärker in der Weiterbildung.
Wir brauchen eine Finanzierung, die aufgebaute exzellente Bereiche an den Hochschulen nachhaltig sichert und die Abwanderung an die vom Bund gut ausgestatteten außeruniversitären Forschungseinrichtungen verhindert. Mit der Ergänzung des Artikels 91 b GG, nicht nur bei Vorhaben, sondern auch bei Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung der Hochschulen zusammenzuwirken, trägt unser Antrag dieser Forderung Rechnung.
Mittlerweile will auch Bundesbildungsministerin Schavan das Verbot für den Wissenschaftsbereich lockern. Diesen Sinneswandel begrüßen wir. Ebenso freuen wir uns über den plötzlichen Sinneswandel von Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP. Leider ist Ihr Sinneswandel aber nur halbherzig.
Sie wollen den Hochschulen gestatten, zukünftig das Geld vom Bund zu nehmen. Den Schulen aber wollen Sie dies weiterhin verweigern. Sie wollen zulassen, dass der Bund künftig Milliarden für Leuchttürme an Universitäten zahlen darf, aber keinen einzigen Cent für Schulen, damit Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen können, und keinen einzigen Cent für den Ausbau von Ganztagsschulen, damit Kinder besser gefördert werden können. Das ist verantwortungslos, meine Damen und Herren.
Eine solche Verfassungsänderung, die der Spitzenforschung an Hochschulen hilft, aber die Schulen im Regen stehen lässt, werden wir ablehnen.
Wir fordern in unserem Antrag die Aufhebung des Kooperationsverbots für den gesamten Bildungsbereich. Bildungspolitik bedarf einer ganzheitlichen
Strategie von Ländern und Bund. Deshalb appellieren wir an Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP: Geben Sie endlich Ihre Blockadehaltung auf! Geben Sie der Vernunft eine Chance, und stimmen Sie der Aufhebung des Kooperationsverbots für den gesamten Bildungsbereich zu.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Heister-Neumann, was Sie hier gehalten haben, war eine Geisterrede, das war abenteuerlich.
Ich habe deutlich gemacht: Als im Jahr 2006 die Debatte um die Föderalismusreform höchst kontrovers geführt worden ist - und zwar gerade wegen der Frage, ob man es zulassen darf, in der Bildung auf eine gesamtstaatliche Verantwortung zu verzichten -, war es die hiesige SPDLandtagsfraktion, die genau davor dringend gewarnt hat. Daher sind wir in dieser Frage nur konsequent.
Ich verzichte auf Rechthaberei nach dem Motto: Wir haben es damals schon gewusst.
Aber wir haben fünf wertvolle Jahre verschenkt und nicht im Interesse unserer Kinder und Jugendlichen gehandelt.
Frau Heister-Neumann, Sie haben kein einziges Argument genannt, warum Sie den Hochschulen das gestatten, was Sie den Schulen verweigern wollen. Der Handlungsbedarf an unseren Schulen ist doch um vieles höher als der Handlungsbedarf an den Hochschulen.
Das heißt: Wenn es hier zu einer Änderung kommt, muss das vor allem in diesem Bereich der Fall sein.
Meine Damen und Herren, das würde auch nicht das Ende der Kulturhoheit der Länder bedeuten. Die Aufhebung des Kooperationsverbotes ist lediglich ein Schritt, damit der Bund seine Finanzkraft einbringen kann. Gerade wir als Land brauchen das doch, weil die Schuldenbremse bei uns sonst zu einer Bildungsbremse wird. Das mitzumachen, sind wir nicht bereit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 24. Februar 2006 fragten Abgeordnete der SPDLandtagsfraktion die Landesregierung in einer Kleinen Mündlichen Anfrage: „Was hat Ministerpräsident Wulff Herrn Professor Dr. Ipsen aus Osnabrück versprochen?“ Hintergrund der Anfrage war eine von der SPD-Landtagsfraktion beantragte Akteneinsicht zu den Vorgängen um einen Antrag von Professor Dr. Ipsen beim Niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur auf Gewährung einer Landesförderung für ein neu zu gründendes „Institut für Parteienforschung“ an der Universität Osnabrück.
Auf diesem Antrag vom 7. Februar 2005 befinden sich ein Vermerk der Staatssekretärin für den Ministerpräsidenten Wulff, eine solche Zusage sei in Anbetracht der finanziellen Situation des Landes „völlig ausgeschlossen“, und die Bitte an den Ministerpräsidenten, diese Beurteilung Professor Dr. Ipsen telefonisch übermitteln zu dürfen. Ein entsprechendes Handzeichen über die Kenntnis
nahme oder eine konkrete Antwort des Ministerpräsidenten Wulff fehlt aber in der Akte.
Das abschließende Schreiben zum Vorgang datiert dann vom 29. Juli 2005. Darin teilt der Wissenschaftsminister Professor Dr. Ipsen mit, dass das Land nun doch „grundsätzlich bereit“ sei, das neue Institut für Parteienforschung zu fördern.
Die Frage der Abgeordneten, was den Sinneswandel letztlich bewirkte, blieb durch die Landesregierung unbeantwortet. Eindeutig dagegen wurde die Frage der Abgeordneten Andretta nach einem in der Akte fehlenden Vermerk beantwortet, den der rundblick vom 22. Februar 2006 aufgriff und vermeldete, dies sei ein „angeblicher Vermerk, in dem der Ministerpräsident niedergelegt haben soll, dass Ipsen in Osnabrück einen Gegenpol zu den eher linken Göttinger Wissenschaftlern aufbauen soll“. Ministerpräsident Wulff stellte klar: „Die Landesregierung kann ausschließen, dass es einen Vermerk oder eine Verfügung gibt...“. An späterer Stelle behauptet der Ministerpräsident laut Protokoll: „Es hat keine Intervention meinerseits in irgendeiner Art und Weise gegeben.“
Am 24. Februar 2012 erscheint in Stern.de ein Artikel mit der Überschrift „Christian Wulff und sein Richter“, in dem vor dem Hintergrund der Klage der SPD-Landtagsfraktion in der Causa Wulff beim Staatsgerichtshof die Verflechtung von Christian Wulff mit dem Präsidenten des Staatsgerichtshofes, Professor Dr. Ipsen, beleuchtet wird. In dem Artikel wird der Vorgang um die Gründung des Ipsen-Instituts aufgegriffen und von mehrfachen Interventionen des damaligen Ministerpräsidenten zugunsten Ipsens berichtet. Unter anderem wird eine Notiz des Ministerpräsidenten vom 31. März 2005 zitiert, in der es heißt: „Liebe Frau Dr. Wurzel, wenn wir verhindern wollen, dass vor Wahlen und an Wahlabenden stets rot-grüne Professoren in den Redaktionen auflaufen, müssen wir das auf den Weg bringen. Es muss doch möglich sein, dass Minister Stratmann die Absicht erklärt, bei Bewährung eine Dauerfinanzierung fest vorzuhaben. Dann sollte VW-Vorab fünf Jahre fördern.“
Im Bericht wird dann auch eine weitere handschriftliche Notiz für die Staatssekretärin zitiert: „Unsere Landesregierung muss doch auch mal etwas in unserem Sinne hinbekommen.“
Wir fragen die Landesregierung:
1. Handelt es sich bei den in Stern.de zitierten Vermerken des Ministerpräsidenten um die in der Akte fehlenden Vermerke? Wenn ja, warum befanden sich diese nicht in der von der Staatskanzlei zur Akteneinsicht übermittelten Akte?
2. Hat Herr Wulff dem Landtag die Wahrheit gesagt, als er behauptete, es habe keine fehlenden Vermerke und keine Intervention in irgendeiner Art und Weise gegeben?
3. Welche Maßnahmen hat die aktuelle Landesregierung ergriffen, um den Widerspruch zwischen den damaligen Antworten des Ministerpräsidenten Wulff und dem Stern-Bericht aufzuklären?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möllring, es geht nicht um die Frage der Vielzahl von Vermerken und Notizen, die Herr Ministerpräsident Wulff angefertigt hat. Es geht um die Frage: Hat er im Parlament die Unwahrheit gesagt, als er laut Protokoll verneint hat, dass es irgendeine Form der Intervention gegeben hat?
Vor dem Hintergrund, dass jetzt aber im Stern zu lesen ist, dass Herr Wulff zweimal ganz konkret eingegriffen hat, und zwar zum einen - ich erinnere noch einmal daran! - in dem Schreiben an die „liebe Frau Dr. Wurzel“ mit dem Hinweis auf nötige Gegenmaßnahmen in Bezug auf rot-grüne Profes
soren und zum anderen mit dem Hinweis, dass das umzusetzen sei.
Ich frage Sie also: Ist nach Meinung der Landesregierung dieses ständige und massive Insistieren des Ministerpräsidenten in der normalen Umgangssprache als Intervention zu begreifen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Schlussfolgerung der Landesregierung, da es nicht zu diesem Institut gekommen sei, habe es auch keine Intervention gegeben, weise ich ausdrücklich zurück.
Ich frage die Landesregierung, da es offenbar nicht möglich ist, hier Licht ins Dunkel der Vermerke, die beim Stern angekommen sind, zu bringen:
Erklärt die Landesregierung ihr Einverständnis, dass sämtliche Dokumente zum Fall Ipsen im Faksimile veröffentlicht werden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausgehend von der im Stern abgedruckten Anweisung des Ministerpräsidenten, dass rot-grüne Professoren in den Redaktionen verhindert werden sollen - durch Finanzierung des Ipsen-Instituts -, frage ich die Landesregierung: Haben wir es hier wieder mit einem weiteren typischen Fall der Wulff’schen Halbwahrheiten zu tun?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute vor neun Tagen, am 14. Februar, haben Verfassungsrichter entschieden, dass Professoren und Professorinnen ein Gehalt bekommen müssen, das ihrer Qualifikation und Verantwortung entspricht. „Ein angemessener Lebensunterhalt“ - so die Richter - müsse sichergestellt sein.
Von einem „angemessenen Lebensunterhalt“ kann der wissenschaftliche Nachwuchs leider nur träumen. Er kann froh sein, wenn der Lebensunterhalt überhaupt einmal für zwei, drei Jahre gesichert ist.
Immer mehr befristete Arbeitsverträge mit immer kürzerer Dauer - oft in Teilzeit - und höchst unsicheren Karriereperspektiven: So sieht heute die Arbeitswelt junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus. Das wollen wir ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nur einige wenige Zahlen: 83 % der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten heute in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Über die Hälfte davon haben einen Arbeitsvertrag mit der Laufzeit von unter einem Jahr. Hinzu kommt, dass die Stellen dann oft auch noch realiter geteilt werden. Das heißt, auf eine Stelle für wissenschaftliche Mitarbeiter setzt man vier Doktoranden, die dann mit einem Viertel des Gehaltes zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel haben.
Befristung ist auch an niedersächsischen Hochschulen Alltag. So hat sich an der Universität Hannover die Zahl der befristet eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt, während sich die Zahl der unbefristet Beschäftigten deutlich reduziert hat. An der Universität Göttingen stehen 1 600 befristeten Arbeitsverhältnissen nur noch 116 unbefristete gegenüber.
Ich sage hier ausdrücklich: Befristungen wird es in Qualifikationsphasen immer geben. Befristung als solche ist genuiner Bestandteil von Qualifizierungsgängen, vor allen Dingen in der ersten Qualifizierungsphase, der Promotion. Uns geht es hier um die Befristungspraxis; und hier gibt es Änderungsbedarf.
Probleme gibt es vor allen Dingen - das hat eine HIS-Studie vor Kurzem gezeigt - im PostdocBereich, also dann, wenn Familiengründung ansteht und man sich nach einer gewissen Planbarkeit sehnt. Probleme gibt es auch bei der Befristung von dauerhaft anfallenden Aufgaben in Forschung und Lehre und hier insbesondere im nicht wissenschaftlichen Bereich. Kurzum, der Handlungsbedarf ist unbestritten. Darin sind sich Hochschulen, die Allianz der Wissenschaftsorganisationen und -verbände einig. Über 8 000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben inzwischen das Templiner Manifest unterschrieben, in dem die Unterzeichner bessere Karriereperspektiven in der Wissenschaft fordern. Im Bundestag
und in anderen Landtagen gab es dazu umfangreiche Expertenanhörungen.
Auch wir in Niedersachsen, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätten dazu gerne öffentlich im Ausschuss mit Experten diskutiert. Doch dies wurde uns von den Regierungsfraktionen wieder einmal verweigert. Kein Handlungsbedarf, so war die Devise. Alles klasse und bestens in Niedersachsen. Ein größeres Armutszeugnis, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Rechten, hätten Sie sich nicht ausstellen können.
Nein, es ist nicht alles bestens in Niedersachsen. Wie kritisch inzwischen von vielen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihre eigene Berufsperspektive in der Wissenschaft gesehen wird, zeigte die Anhörung meiner Fraktion, aber auch die im November veröffentlichte HIS-Studie, die erstmals empirische Befunde zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses präsentierte. Anteil daran hat - das zeigte die Studie - die derzeitige Handhabung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, das 2007 die Befristungsbestimmungen neu regelte und seitdem der befristeten Beschäftigung im Wissenschaftsbereich weiter Vorschub geleistet hat.
Wir beobachten mit Sorge, dass Fortschritte, die in den letzten Jahren bei der Nachwuchsförderung erreicht wurden - wie die Einführung der Juniorprofessur, der Tenure Track, die größere Selbstständigkeit durch die strukturierte Doktorandenausbildung oder das tolle Emmy-Noether-Programm - allmählich wieder aufgefressen werden. Von einer damals vom Gesetzgeber angestrebten Balance zwischen befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen kann nicht die Rede sein. Befristete Arbeitsverhältnisse unterhalb der Professur sind längst die Regel. Nach wie vor fehlt in Deutschland eine etablierte Postdoc-Kultur. Unterhalb der klassischen Professuren gibt es kaum wissenschaftliche Positionen zu besetzen. Nur wenige erhalten eine Juniorprofessur, ein Forschungsstipendium oder eine Nachwuchsgruppenleitung.
Ursache für die hohe Unsicherheit wissenschaftlicher Karrieren ist jedoch - das wissen wir auch - nicht das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, sondern die Finanzsituation an den Hochschulen. Darauf weist die Hochschulrektorenkonferenz zu Recht hin. Das Verhältnis von Grundfinanzierung zu Drittmittelfinanzierung verschiebt sich seit Jah
ren zuungunsten der Grundfinanzierung. Der Anteil der Grundmittel an der Finanzierung der Hochschulen liegt mittlerweile nur noch bei 50 bis 60 %. Es waren einmal weit über 80 %. Das hat natürlich Konsequenzen. Es muss Konsequenzen haben.
Aufgrund der hohen Drittmittelabhängigkeit wächst die Unsicherheit und sinkt die Bereitschaft der Hochschulen, Personalentwicklung zu betreiben, d. h. langfristig zu planen und unbefristet einzustellen.
Nun, was ist zu tun? - Unser Antrag enthält dazu konkrete Forderungen. Die wichtigsten möchte ich kurz nennen.
Erstens. Die Juniorprofessur als wissenschaftlicher Karriereweg ist zu stärken. Für uns ist die Juniorprofessur ein Erfolgsmodell. Sie wird viel zu zögerlich ausgebaut. In Niedersachsen gab es 2005 gerade einmal 140 Juniorprofessuren, fünf Jahre später nur 148, also faktisch Stagnation. Hier bräuchten wir dringend ein Signal auch aus Berlin. Warum wird nicht ein neues Bundesprogramm aufgelegt - gerne auch als DFG-Programm -, z. B. 2 000 Juniorprofessuren für fünf Jahre? Das würde für unseren wissenschaftlichen Nachwuchs eine echte Perspektive darstellen.
Zweitens. Der Tenure Track wird kaum genutzt. Das muss sich ändern, notfalls auch mit Regelungen im Hochschulgesetz.
Drittens. Wir brauchen dringend eine Reform der Personalstruktur. Dazu nenne ich eine aktuelle Zahl aus den Personaldaten der Hochschulstatistik: Der Professoren- und Professorinnenanteil liegt jetzt bei 8,9 %. In den letzten 15 Jahren ist der Anteil der Professoren und Professorinnen um 3 % gestiegen, der der Studienanfänger allerdings um 67 %. Hier kann etwas nicht stimmen. Um den Anforderungen der Lehre gerecht zu werden, schlagen wir deshalb die Einführung einer neuen Personalkategorie vor, nämlich den Lecturer. Über die genaue Ausgestaltung wäre dann zu diskutieren.
Viertens. Die Tarifsperre im Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist zu streichen.
Fünftens. Wir setzen uns für eine Überarbeitung des Sonderbefristungsrechts ein. Das betrifft sowohl die einzubeziehenden Mitarbeitergruppen als auch die Dauer der Befristung. Wir erleben zurzeit, dass ein Projekt drei Jahre dauert und die Hochschule dafür sechs Halbjahresverträge vergibt.
Damit muss Schluss sein! Generell sollte gelten, dass die Mindestdauer der Drittmittelstellenbefristungen durch die Laufzeit der Drittmittelbewilligung festgelegt sein soll.
Meine Damen und Herren, all dies wird nicht viel helfen, wenn wir nichts an den Ursachen für den Befristungstrend in der Wissenschaft ändern. Uns muss es gelingen, durch eine Erhöhung der Grundfinanzierung die Spielräume für unbefristete Beschäftigung an den Hochschulen wieder zu erhöhen.
Meine Fraktion hat dazu einen Vorschlag unterbreitet. Durch eine Aufhebung des Kooperationsverbots in der Verfassung muss der Weg für direkte Finanzhilfen des Bundes freigemacht werden. Auf dieser Grundlage könnten Bund und Länder gemeinsam eine nachhaltige Verbesserung der Beschäftigungssituation in der Wissenschaft bewirken. Wir jedenfalls sind dazu bereit. Wir sind das auch unserem wissenschaftlichen Nachwuchs schuldig.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im April vergangenen Jahres titelte die Hannoversche Allgemeine Zeitung: „Stell Dir vor, es ist Aufschwung - und die dafür nötigen Leute fehlen“. Dieses Szenario ist leider sehr real. Fachkräftemangel gibt es inzwischen in vielen Branchen und Berufen. Vor
allem Akademiker und Akademikerinnen werden gesucht. Bislang nehmen bundesweit 38 % eines Jahrgangs ein Studium auf, in Niedersachsen sind es sogar nur knapp über 30 %. Das reicht bei Weitem nicht aus.
Vorhandene Bildungsreserven müssen deshalb besser mobilisiert werden. Vor allem muss die Durchlässigkeit im Bildungssystem verbessert werden. Dazu will die Offene Hochschule einen Beitrag leisten. Deshalb haben wir keinen Zweifel: Die Offene Hochschule wird unsere Hochschule der Zukunft sein.
Meine Damen und Herren, es ist deshalb ein gutes Signal, wenn wir heute hier im Landtag den von CDU, FDP, Grünen und SPD gemeinsam getragenen Antrag verabschieden. Dafür möchte ich mich stellvertretend bei meinen Kolleginnen Frau Heinen-Kljajić und Frau Below-Neufeldt und stellvertretend bei Herrn Hillmer und Herrn Siemer herzlich für die gute Zusammenarbeit und für die Bereitschaft bedanken, an dieser für unser Land so wichtigen Frage an einem Strang zu ziehen. In diesen Dank möchte ich auch ausdrücklich das Ministerium einschließen, das dieses Projekt engagiert verfolgt.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen - Herr Siemer hat darauf hingewiesen - hat schon früh begonnen - damals mit der Immaturenprüfung -, die Hochschulen für Nichtabiturienten zu öffnen. Es war damals noch einmal ein Meilenschritt, als die SPD-Vorgängerregierung 2002 mit der Novellierung des Hochschulgesetzes die Hochschulen für Meister, Techniker und Fachwirte öffnete. Diese Berufsgruppe darf hier in Niedersachsen uneingeschränkt studieren.
Diese Pionierrolle Niedersachsens ist dann mit dem KMK-Beschluss vom März 2009 bestätigt und ausgebaut sowie anschließend mit der Novellierung des Hochschulgesetzes 2010 umgesetzt worden. Deshalb ist es heute möglich - Sie wissen es -, auch mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und drei Jahren anschließender Berufspraxis fachgebunden zu studieren.
Mit dieser Öffnung - dessen muss man sich wirklich einmal vergewissern - wurde erreicht, dass heute mindestens 70 % eines Altersjahrgangs eine formale Zugangsberechtigung zu unseren Hochschulen haben. Das ist ein enormes Potenzial. Doch dieses Potenzial liegt weitgehend brach.
Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dieses Potenzial zu aktivieren.
Haben Sie jetzt keine Ängste: Die SPD sagt nicht, dass dann alle studieren sollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Anteil von 5 % bei den Studienanfängern wäre aber schon ein gewaltiger, riesiger Erfolg. Heute sind es gerade einmal 1,5 %. Das waren im letzten Wintersemester 417 Studierende. Das ist definitiv zu wenig.
Wir wissen, es reicht nicht aus, die Hochschulen formal für beruflich Qualifizierte zu öffnen. Ein Hochschulstudium muss auch attraktiv sein. Genau daran hapert es, und genau das wollen wir zusammen ändern. Was ist also zu tun? Wo sind die größten Hürden?
Herr Siemer hat bereits darauf hingewiesen: Wir haben eine zweitägige höchst spannende Expertenanhörung durchgeführt. Bei den Betroffenen, bei den Verbänden, Kammern und Hochschulen herrschte große Unsicherheit hinsichtlich der Frage, welcher Ausbildungsberuf zum Studium welchen Faches berechtigt.
Eine Blackbox scheint nach wie vor die Anrechnungspraxis zu sein. Welche Leistungen und Kompetenzen aus der beruflichen Tätigkeit und bestandenen Fortbildungsprüfungen werden in welchem Umfang auf ein Studium angerechnet? Wer entscheidet nach welchen Kriterien darüber?
Auch die Zulassungskriterien der Hochschulen sind nicht immer transparent. Es gibt Hochschulen - das muss man auch kritisch anmerken -, die ihre Autonomie bei der Hochschulzulassung dazu nutzen, um die im Gesetz geschaffenen erweiterten Zugangsregelungen durch hohe Hürden bei der Zulassung auszuhebeln. Auch da müssen wir gegensteuern.
Auch die Angebote der Hochschulen müssen stimmen. Studienformate orientieren sich heute immer noch fast ausschließlich am Leitbild eines Vollzeitstudierenden: jung, ledig, mit Abitur, Papa zahlt. Angebote, die den speziellen Bedürfnissen der Zielgruppe der im Beruf stehenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gerecht werden, fehlen. Wir brauchen also - da besteht Konsens - echte Teilzeitstudienangebote, berufsbegleitende Studiengänge mit Lehrveranstaltungen am Abend und auch einmal am Wochenende. Denn welches kleine oder mittelständische Unternehmen lässt
schon gerne seine Fachkräfte für zwei, drei Jahre aus der Firma heraus zum Studieren an die Uni, und welcher Arbeitnehmer bzw. welche Arbeitnehmerin kann sich das leisten?
Im Antrag werden weitere konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Ich möchte hier nur kurz auf drei Punkte eingehen, die uns, der SPD-Fraktion, besonders am Herzen liegen:
Erstens. Das Projekt Offene Hochschule wird nur dann ein Erfolg, wenn es gelingt, die wichtigen Akteure aus Politik und Wirtschaft, die Hochschulen, die Einrichtungen der Erwachsenenbildung und die berufsbildenden Schulen - alle gemeinsam - ins Boot zu holen. Einen breiten Konsens braucht man vor allem auch bei der Anerkennung und Anrechnung von im Beruf erworbenen Kompetenzen. Diesen Konsens, meine Damen und Herren, sehen wir durch die Entscheidung der Ministerin gefährdet, die Aufgabe der Koordinierung der gegenseitigen Anerkennung einer einzelnen Einrichtung für Erwachsenenbildung übertragen zu wollen, nämlich dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft. Wir appellieren erneut an Sie, Frau Ministerin, das in Niedersachsen bewährte Prinzip der Pluralität in der Erwachsenenbildung nicht aufzukündigen.
Zweitens. Neben einfachen Zugangsverfahren fehlt es auch an einer besseren finanziellen Förderung der Studenten und Studentinnen ohne Abitur, die häufig älter sind und schon Familie haben. Als erster Schritt muss die Altersgrenze beim BAföG fallen. Ich begrüße sehr, dass sich CDU und FDP hier bewegt und unserer Forderung nach Aufhebung der Altersgrenze beim BAföG zugestimmt haben.
Drittens. Die SPD will auch neue Wege im Bildungssystem gehen. Unser Ziel ist es, eine echte Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung zu erreichen. Dabei sind die Schweiz und Österreich für uns Vorbild, die ein System der dualen Ausbildung kennen, das dem unseren ähnelt. In der Schweiz und in Österreich besteht für junge Menschen in der dualen Ausbildung die Möglichkeit, ausbildungsbegleitend an der Berufsschule ein Berufsabitur zu erwerben, das dann uneingeschränkt zum Hochschulzugang berechtigt. Ich begrüße es sehr, dass die Regierungsfraktionen sich unserem Vorschlag nicht länger verschlossen haben und einer Prüfung dieses Modells für Niedersachsen zugestimmt haben.
Mit der Einführung eines Berufsabiturs würden wir nicht nur die Durchlässigkeit im Bildungssystem erhöhen. Es wäre, liebe Kolleginnen und Kollegen, das entscheidende Signal für die Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung - eine Gleichwertigkeit, die die KMK bei der Einordnung der Abschlüsse in den deutschen Qualifikationsrahmen verweigert hat. Diese Entscheidung war in meinen Augen ein großer Rückschritt. Die KMK steht aber auch nicht immer für Fortschritt in diesem Lande, Herr Althusmann.
Meine Damen und Herren, Bildungswege nicht länger als Sackgassen zu konzipieren, ist wohl die größte Herausforderung unseres Bildungssystems. Die Offene Hochschule kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Ich finde, dafür lohnt es, gemeinsam zu streiten.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bildungs- und Forschungshaushalte sind ein wichtiger Gradmesser für die Zukunftsfähigkeit eines Landes. Kannte der Haushalt bei Ihrem Vorgänger, Frau Wanka, nur eine Richtung, nämlich nach unten, haben Sie einen Hochschulhaushalt mit einem Aufwuchs vorgelegt. Das ist erst einmal positiv, und wir erkennen Ihr Bemühen an.
Wir erkennen es an, auch wenn der Aufwuchs im Wesentlichen aus Bund-Länder-Programmen wie dem Hochschulpakt oder der Exzellenzinitiative resultiert und sozusagen ein Abstaubertor ist. Doch das Land übernimmt die Kofinanzierung, und das begrüßen wir.
Zur Wahrheit, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehört aber auch, dass es der Initiative und der Investitionsbereitschaft des Bundes zu verdanken ist, dass die gemeinsamen Hochschulprogramme auf den Weg gebracht wurden - übrigens maßgeb
lich auch Dank der SPD, die diese Projekte gegen den damaligen Widerstand der CDU-Landesfürsten durchsetzen musste.
Jeder hier weiß: Ohne diese Programme sähe es finster an den Hochschulen aus. Denn was uns ohne die Hilfe des Bundes blühen kann, das mussten die Hochschulen in den ersten Jahren dieser Landesregierung bitter und unvergesslich erfahren. Mit einem radikalen Kürzungsprogramm wurden die Hochschulen gezwungen, dem Finanzminister Hunderte von Wissenschaftlerstellen abzuliefern. Seltene Orchideenfächer verschwanden für immer aus unseren Universitäten. Fachhochschulstandorte wurden dichtgemacht. Tausende von Studienplätzen wurden vernichtet, die jetzt mithilfe des Bundes mühsam wieder aufgebaut werden müssen.
Meine Damen und Herren, keine Regierung in der Geschichte des Landes hat den Hochschulen jemals so geschadet wie diese Landesregierung.
Frau Wanka, deshalb gibt es überhaupt keinen Anlass dafür, mit dem Finger, wie Sie es gerne tun, auf andere Bundesländer zu zeigen, die in den Betreuungsrelationen vielleicht etwas schlechter abschneiden als Niedersachsen. Denn während Niedersachsen jahrelang auf der Bremse stand und mit hohen NCs Studierendenströme abwehrte, haben andere Bundesländer Gas gegeben, ihre Hochschulen ausgebaut und somit auch Tausenden von jungen Niedersachsen ein Studium ermöglicht. Dafür schulden wir diesen Bundesländern erst einmal Dank.
Meine Damen und Herren, gerade der Hochschul- und Forschungsetat zeigt, wie wichtig das Geld aus Berlin ist. Er macht gleichzeitig deutlich, wie wenig tragfähig die gegenwärtige Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern in der Bildungsfinanzierung ist. Deshalb wollen wir, die SPD-Fraktion, das Kooperationsverbot bei der Bildung aufheben.
Wie Sie wissen, hat meine Fraktion bereits einen Antrag dazu eingebracht.
Frau Schavan will das übrigens auch. Allerdings hat sie dafür in der CDU noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Dass sich die FDP mit ihrem Parteitagsbeschluss aus der Diskussion abgemeldet hat, ist zwar schade, aber angesichts der Bedeutungslosigkeit der FDP, Herr Zielke, zu verschmerzen.
Wichtige bildungspolitische Projekte wie der Ausbau der Kinderbetreuung, der Ausbau der Ganztagsschulen, der Ausbau der Hochschulen und bessere Studienbedingungen können nur in Angriff genommen werden, wenn Bund und Länder gemeinsam anpacken. Mit Blick auf die Schuldenbremse gilt das erst recht. Bleibt das Kooperationsverbot, droht die Schuldenbremse für Niedersachsen zur Bildungsbremse zu werden. Das müssen wir gemeinsam verhindern.
Haushalte müssen sich an den zu bewältigenden Herausforderungen messen lassen, Stichwort „Fachkräftemangel“.
Wir haben dieser Tage eine Statistik erhalten, die besagt, dass erstmals in diesem Jahr in Deutschland die Rekordmarke von mehr als 500 000 Erstsemesterstudierenden durchbrochen wurde. Im Vergleich zum Vorjahr 2010 stieg die Zahl der Erstsemesterstudierenden bundesweit um 16 %, in Niedersachsen dank doppeltem Abiturjahrgang um 19 %. Das begrüßen wir. Wir erkennen an, dass die Bereitstellung von zusätzlichen Studienplätzen in den letzten Wochen und Monaten ein Kraftakt für die Hochschulen und Universitäten war. Sie haben Enormes geleistet. Dafür von dieser Stelle unseren herzlichen Dank!
Ein Zuwachs von 19 % in Niedersachsen. Das ist eine beeindruckende Zahl - auf den ersten Blick. Denn wir fragen: Warum hat Bayern, das ebenso wie Niedersachsen einen doppelten Abiturjahrgang hat, ein Plus von 32 %? Warum hat unser Nachbarland NRW ohne doppelten Abiturjahrgang - der kommt erst 2013 - einen Zuwachs von 22,3 %? Warum vermelden die Universitäten Münster und Bielefeld oder die Gesamthochschule Kassel historische Höchststände bei den Studierendenzahlen, während der doppelte Abiturjahrgang an Hildes
heim, Oldenburg, Vechta oder Emden bisher offenbar komplett vorbeigegangen ist?
- Das stimmt nicht? Ich gebe Ihnen gleich die Statistik aus dem Hause. Da können Sie das nachprüfen.
Nun, die Antworten liegen auf der Hand.
- Das macht Sie jetzt nervös, aber das sind die Zahlen. Die kann ich auch nicht ändern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Antworten liegen auf der Hand: Niedersachsen hat trotz Hochschulpakt zu wenig Studienplätze. Bei der Zahl der zulassungsbeschränkten Studienplätze liegt Niedersachsen bundesweit seit Jahren ganz vorn. Sind an Universitäten mittlerweile drei von fünf Studienplätzen zulassungsbeschränkt, sind es an Fachhochschulen inzwischen schon mehr als neun von zehn Studienplätzen. Die NC-Quote liegt bei über 90 %. Das bedeutet: Tausende von Studienbewerbern gehen bei der Suche nach einem Studienplatz in Niedersachsen leer aus, obwohl wir dringend mehr akademischen Nachwuchs brauchen.
Schon jetzt steht fest, der Hochschulpakt II wird nicht reichen. Bis 2015 sollen bundesweit 336 000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Die Hochschulrektorenkonferenz mahnt schon seit Langem, dass mindestens 500 000 Studienplätze benötigt werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dazu einen Antrag eingebracht. Sie fordert, den Hochschulpakt 2020 bundesseitig aufzustocken, um zusätzliche Studienplätze zu finanzieren. Wir unterstützen diesen Antrag ausdrücklich.
Wir tun dies, weil gerade in Niedersachsen der Nachholbedarf an akademischem Nachwuchs groß
ist. Während es anderen Bundesländern in den letzten Jahren gelungen ist, ihre Studierquoten kontinuierlich zu steigern, gehört Niedersachsen inzwischen bundesweit zu den Schlusslichtern und dümpelt seit Jahren bei 30 %. Zwar ist es gelungen, auch in Niedersachsen mehr junge Menschen zum Abitur zu führen. Auch die Studierneigung hat deutlich zugenommen. Doch angekommen an Niedersachsens Hochschulen sind die jungen Menschen nicht. Kein Wunder! Mittlerweile studiert jeder zweite niedersächsische Abiturient in einem anderen Bundesland und bleibt nach dem Studium meist gleich dort. „Klebeeffekt“ nennen das die Arbeitsmarkforscher.
Wir und übrigens auch die niedersächsische Wirtschaft, Herr Bode, nehmen die Abwanderung sehr ernst.
Niedersachsen ist das Land, das bei den Studierenden den mit Abstand höchsten negativen Wanderungssaldo aufweist. Zuletzt haben wir über 33 000 mehr junge kluge Köpfe das Land verlassen sehen, als zu uns gekommen sind. Die Experten nennen das „Braindrain“ oder auf Deutsch „Abfluss von Intelligenz“.
Wir fragen die Landesregierung: Wann wollen Sie endlich anfangen, etwas dagegen zu tun? Wie lange wollen Sie noch an Studiengebühren festhalten, die ein klarer Wettbewerbsnachteil für den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Niedersachsen sind?
Meine Damen und Herren, mit dem Ausstieg von Hessen, dem Saarland, Nordrhein-Westfalen und jetzt auch Baden-Württemberg und Hamburg ist jedem klar: Studiengebühren sind in Deutschland längst ein Auslaufmodell. Wir fragen uns, wie lange Sie der Entwicklung noch hinterherlaufen wollen.
Spätestens, wenn die letzten geburtenstarken Jahrgänge die Hochschulen verlassen haben, werden die Länder um Studierende konkurrieren. Nur die Länder, denen es gelingt, ihre Bildungspotenziale auszuschöpfen und die soziale Öffnung ihrer Hochschulen voranzutreiben, werden im Wettbewerb erfolgreich sein. Bildungsbarrieren müssen abgebaut und dürfen nicht mit Studiengebühren verfestigt oder erhöht werden. Deshalb
werden wir Studiengebühren abschaffen und uns für den Ausbau des BAföG einsetzen.
Das BAföG stellt sicher, dass mehr junge Menschen aus Familien mit geringen und durchschnittlichen Einkommen die Chance bekommen, ein Studium aufzunehmen. Elitestipendien für wenige sind dazu keine Alternative.
Das hätte man übrigens nicht eindrucksvoller belegen können, als Sie, Frau Ministerin, es mit Ihrer Pressekonferenz vergangene Woche getan haben. Dort haben Sie jubelnd verkündet, dass sage und schreibe 552 Studenten nun in den Genuss eines Deutschlandstipendiums kommen.
Meine Damen und Herren, das ist die homöopathische Zahl von 0,36 % der Studierenden in Niedersachsen. Und dann, Frau Ministerin, behaupten Sie allen Ernstes, dass das Deutschlandstipendium eine weitere wichtige Säule der Studienfinanzierung neben dem BAföG sei! Zum Vergleich: Das BAföG erreicht in Niedersachsen über 38 % der Studierenden. Wie peinlich ist diese Aussage, Frau Ministerin!
Da das Deutschlandstipendium unabhängig vom Einkommen der Eltern gezahlt wird, wird kein einziger zusätzlicher junger Mensch für ein Studium gewonnen. Genau darum muss es uns aber gehen.
Lassen Sie mich deshalb am Schluss noch etwas zur Offenen Hochschule sagen. Es besteht ein breiter Konsens in diesem Hause, dass wir unsere Hochschulen für beruflich Qualifizierte öffnen und die Hochschulen dabei unterstützen wollen, passende Studienangebote und Anrechnungsverfahren zu entwickeln.
Nicht nachvollziehen können wir allerdings die Entscheidung des Ministeriums, die Aufgabe der Koordinierung der gegenseitigen Anerkennung nach Gutsherrenart offenbar einer einzelnen Einrichtung für Erwachsenenbildung zuschieben zu wollen, nämlich dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft. Wir brauchen aber eine Lösung, die sicherstellt, dass an der Erarbeitung von Anerkennungskriterien Hochschulen, Wirtschaft, Erwachsenenbildung und Gewerkschaften gleichermaßen beteiligt werden.
Wir werden über dieses Thema hier im Landtag diskutieren und hoffen sehr, dass Sie das gute, bewährte Prinzip des Pluralismus in der Erwachsenenbildung hier nicht aufkündigen werden.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Bei aller Freude über ausbleibende Kürzungen im Hochschuletat - ein Aufbruch in eine Wissensgesellschaft ist mit diesem Haushalt nicht zu organisieren.
Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag einen Pakt für Bildung und Entschuldung beschlossen, der zusätzlich 20 Milliarden Euro für die Bildung mobilisieren wird, davon 10 Milliarden Euro für die Länder. Ja, meine Damen und Herren, auch mit Steuererhöhungen! Wir halten das aber nicht nur für gerechtfertigt, sondern auch für gerecht; denn es geht um die Finanzierung von Zukunftschancen junger Menschen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte schon befürchtet, dass sich die CDU hinter dieser kleinen WZB-Studie versteckt. Ich weiß nicht, ob Sie sie gelesen haben, Herr Hillmer.
Es handelt sich um eine reine Sekundäranalyse mit HIS-Daten, die zu einem anderen Ergebnis kommen.
Herr Hillmer, warum gehen Sie und Ihre Kollegen und Kolleginnen nicht einfach an die Schulen und Hochschulen und reden mit den jungen Menschen? Die werden Ihnen nämlich sagen, was sie von den Studiengebühren halten: Gar nichts!
Dann braucht man hier keine Studien zu zitieren.
Das tue ich auch nicht; keine Sorge. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass ich es als sehr ungewöhnlich empfinde, wie sich ein Gast unseres Hauses hier äußert und benimmt, habe ich die Frage an die Regierung,
wie sie den von der Frau Ministerin hier vorgebrachten Vorwurf, dass die Opposition - - -
Offenbar scheint es hier doch eine große Nervosität zu geben, was ich gar nicht verstehen kann.
Die Frage: Frau Ministerin Wanka hat hier der Opposition unterstellt, dass sie mit Vorverurteilungen, Diskreditierungen und Unterstellungen arbeitet.
Diejenigen, die jetzt applaudieren, werden sich genauso wie wir freuen, wenn Frau Ministerin Wanka diese Behauptungen hier jetzt belegen kann. Die Frage ist also, auf was sie diese Behauptungen stützt. Ich finde sie jedenfalls ungeheuerlich in diesem Hause.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, Herr Kollege Hillmer, dass es hier unsere gemeinsame Aufgabe ist, auf Finanzierungsrisiken aufmerksam zu machen,
weil diese nämlich zulasten von Forschung und Lehre gehen können, und vor dem Hintergrund, dass die Universität ausweislich ihrer Bilanz hohe Mittelvolumina auf Festgeldkonten angelegt hat, frage ich die Landesregierung, ob auf diesen Festgeldkonten auch Gelder aus Studiengebühren angelegt worden sind und, wenn ja, in welcher Höhe und ob mit diesen Festgeldern Finanzierungslücken gedeckt werden sollen.
Herr Präsident! Vor dem Hintergrund - einmal! - dass ich es mehr als peinlich finde, dass der Kultusminister versucht, den Schulpreis der IGS kleinzureden,
weil es ihm offenbar nicht passt, dass es eine Gesamtschule ist, die den Preis gewonnen hat, frage ich die Landesregierung, wie sie die Aussage von Schulleitung und Eltern, auf die sich der Kultusminister eben bezogen hat, bewertet, dass der Schlüssel des Erfolgskonzepts die Zeit für gemeinsames Lernen ist und dass genau diese Zeit nicht bleibt, wenn das Zwangskorsett G8 zum Tragen kommt, weil es natürlich auch die Schuljahrgänge 5 bis 10 betrifft. Wenn man ein Jahr weniger hat, bleibt nun einmal weniger Zeit. Dieser Widerspruch bleibt. Dazu sollte sich die Landesregierung noch einmal erklären.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ad eins: Ich möchte den Angriff von Frau Körtner zurückweisen. Hier im Landtag gibt es einen Konsens, dass Kinder von Abgeordneten nicht für politische Zwecke instrumentalisiert werden.
Ad zwei: Bei mir in der Familie können die Kinder entscheiden, in welche Schule sie gehen. Frau Körtner, ich weiß nicht, wie Sie das handhaben, ob Sie das bei Ihnen mit der ideologischen Keule entscheiden. Bei uns ist das nicht so. Ich muss doch feststellen, dass Sie offenbar mit dem Rücken zur Wand stehen. Ansonsten kann ich mir nicht erklären, dass das Ministerium darüber informiert wird, welche Schule die Kinder von Abgeordneten besuchen. In welchem Land leben wir hier eigentlich!
Danke, Frau Präsidentin. - Ich denke, ich habe meine Meinung deutlich gemacht. Es braucht keine Geschäftsordnungsdebatte zu geben.
Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung. Von Georg Christoph Lichtenberg - über dessen Schule reden wir heute, die IGS Göttingen-Geismar - gibt es einen wunderbaren Aphorismus. Vielleicht sollten wir alle ihn uns merken, die rechte Seite besonders. Er lautet:
„Wenn ein Affe in ein Buch schaut, kann kein Apostel hinausschauen.“
Vielleicht denken Sie einmal darüber nach, was er Ihnen damit sagen wollte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt alle auf das Erhellende des ökonomischen Sachverstandes des Kollegen Dreyer gewartet. Ich muss Ihnen sagen: Ich finde, er ist es schuldig geblieben.
Worum geht es hier, Herr Dreyer? - Es geht nicht darum, die Hochschulen unter Leinenzwang zu setzen. Es geht um den verantwortlichen Umgang mit Steuergeldern. Genau die werden den Hochschulen nämlich zur Verfügung gestellt. Diese Gelder sind nicht zu verspekulieren und zu verzocken.
Sie sagen, wir könnten hier kein Gesetz für eine Einzelfallregelung machen. Sie waren doch bei der Gesetzesberatung dabei. Das ist ein Gesetz, das für alle gilt. Wenn sich die große Mehrheit daran hält und ein oder zwei meinen, sie müssten sich nicht daran halten, dann bedarf es sehr wohl eines Gesetzes, das für alle die gleichen Voraussetzungen herstellt.
Herr Präsident! Frau Kollegin, ich bedauere sehr, dass der Innenminister nicht anwesend ist. Ich hätte ihn nämlich gerne gefragt, was er eigentlich davon hielte, wenn die Kommunen mit liquiden Mitteln so umgingen und spekulierten. Dann gäbe es hier doch große Proteste.
Der entscheidende Punkt ist: Es gibt eine Zweckbindung für diese Mittel, übrigens, Frau von BelowNeufeldt, auch für die Studiengebühren. Dass Sie hier gefragt haben „Was sollen die armen Hochschulen denn mit den 100 Millionen Euro machen? - Die müssen sie doch zur Börse tragen“, zeigt, wes Geistes Kind Sie sind und dass die Studiengebühren abgeschafft gehören.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Landesregierung zwar Minderjährige von der Zahlung von Studiengebühren befreien. Alle anderen sollen aber weiter abkassiert werden. Dabei pfeifen es die Spatzen schon längst überall von den Dächern: Studiengebühren sind ein Auslaufmodell. Ihre Einführung ist in Deutschland gescheitert. Studiengebühren finden keine gesellschaftliche Akzeptanz, sondern sind überall auf dem Rückzug. Wir sagen: Das ist auch gut so.
Hessen, das Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und jetzt auch Baden-Württemberg - überall werden die Studiengebühren wieder abgeschafft. In den neuen Bundesländern wurden sie nie eingeführt; auch von Ihnen nicht, Frau Wanka. Zukünftig wird nur noch in Bayern und Niedersachsen abkassiert. Wir sagen: Statt die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Studiengebühren auch bei uns abzuschaffen, macht es keinen Sinn, Niedersachsen als Gebühreninsel bestehen zu lassen, und zwar zu Lasten der Zukunftsfähigkeit des Landes und zu Lasten der Bildungschancen unserer Landeskinder.
- Wissen Sie, warum das nicht falsch ist? - Während die Landeskinder in unseren benachbarten Bundesländern gebührenfrei studieren können, müssen unsere niedersächsischen Landeskinder im Jahr 1 000 Euro Strafgebühr bezahlen, wenn sie im eigenen Land studieren wollen. 1 000 Euro Strafgebühren, wenn sie in ihrer Heimat bleiben wollen!
Deshalb darf es nicht wundern, meine Damen und Herren, wenn mittlerweile jede zweite niedersächsische Abiturientin bzw. jeder zweite niedersächsische Abiturient das Weite sucht und in ein anderes Bundesland zum Studieren geht. Viele bleiben dann nach dem Studium gleich dort und stehen dort dem Arbeitsmarkt als hoch qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung, Fachkräfte, die auch wir dringend brauchen, Fachkräfte, die uns jetzt schon fehlen.
Aus keinem anderen Bundesland wandern so viele Studierende ab wie aus Niedersachsen. Ich will Ihnen auch zwei Zahlen nennen: Von 2003 bis 2009 hat Niedersachsen 200 000 Studierende mehr an andere Bundesländer abgegeben, als Studierende hierher zugewandert sind.
Allein im Jahr 2009 waren es mehr als 33 000 Studierende - ein neuer Negativrekord. Das ist Ihr Negativrekord. Doch dieser Landesregierung scheint dies egal zu sein.
Meine Damen und Herren, wer so mit der wertvollsten Ressource seines Landes umgeht und weiter auf Abschreckung durch Studiengebühren setzt, der schadet nicht nur dem Hochschulstandort Niedersachsen, sondern auch der Wirtschafts- und Innovationskraft des Landes. Wir bleiben dabei: Studiengebühren sind für Niedersachsen ein Wettbewerbsnachteil.
Das, meine lieben Kollegen, unterscheidet uns übrigens auch von Bayern. Im Unterschied zu Niedersachsen ist Bayern ein Zuwanderungsland und hat mittlerweile eine Studierquote von fast 40 % erreicht.
Und Niedersachsen? - Seit Jahren dümpeln wir bei 30 %, weit entfernt von der 40 %-Marke, die sich diese Landesregierung zum Ziel gesetzt hat. Diesem Ziel sind Sie in acht Jahren kein einzigen Zentimeter nähergekommen. Acht verlorene Jahre für Niedersachsen!
Darüber, Frau Wanka, können auch Ihre Jubelmeldungen über steigende Studierendenzahlen nicht hinwegtäuschen, die wir ja gleich wieder hören werden. Sie wissen genau, dass die Zunahme der Studienanfängerzahlen im Wesentlichen den geburtenstarken Jahrgängen, welche die Schule verlassen, und der Zunahme der Zahl der Studienberechtigten geschuldet ist. Nicht gestiegen - und
darauf kommt es an - ist dagegen der Anteil der jungen Menschen eines Jahrgangs, die studieren.
Wenn wir einen Blick auf den wachsenden Nachwuchsbedarf gerade im akademischen Bereich werfen, kommt es aber genau darauf an. Deshalb muss es uns besser als bisher gelingen, auch diejenigen zum Studium zu motivieren, die trotz Berechtigung darauf verzichten. Zurzeit tut das immerhin jeder Vierte und in Niedersachsen sogar jeder Dritte. Laut HIS nennen 42 % als Grund für ihren Studienverzicht vor allem die zu erwartenden Studienkosten. Wer verzichtet auf ein Studium? - Das sind nicht die Kinder von Akademikereltern. Das sind die Kinder aus Arbeiter- und Facharbeiterfamilien. Genau das wollen und müssen wir ändern.