Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Zum Erreichen der Millenniumsentwicklungsziele 2015 auch in Niedersachsen beitragen!“ lautet der Titel des Antrags von Bündnis 90/Die Grünen. Millenniumsziele, was ist das? - Es ist gut, dass Herr Rickert das eben vorgetragen hat. Insofern brauche ich es nicht zu wiederholen. Denn ich glaube nicht, dass sich jeder hier im Hause unbedingt damit beschäftigt hat.
Vielleicht sollten wir uns einfach noch einmal das Ziel ins Gedächtnis rufen, das über allem steht, nämlich bis 2015 die Armut zu halbieren. Wer sich über die Millenniumsziele schlau machen möchte, der kann im Internet nachschauen. Wenn man dort eine Seite öffnet, stößt man auf diese Überschrift: „Tick, tack, tot.“ - Alle drei Sekunden stirbt auf dieser Welt ein Kind, weil es keinen Zugang zu sauberem Wasser, zu guter ärztlicher Versorgung oder zu ausreichender Nahrung hat. Um dieses zu ändern, sind diese Millenniumsziele gefasst worden.
Meine Damen und Herren, es ist wirklich wichtig, dass man sich immer wieder bewusst macht, dass unsere Verantwortung eben nicht an der eigenen Haustür und auch nicht an den Grenzen Niedersachsens halt macht, sondern dass sie darüber hinausgeht. Von daher begrüßen wir den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ist sehr umfassend, macht viele Vorschläge und benennt auch zahlreiche potenzielle Akteure in dem Geschehen. Bevor man sich aber auf neue Projekte einlässt, über Finanzmittel berät und Ähnliches, ist es vernünftig zu prüfen, was bisher unternommen worden ist, auch mit welchem Erfolg.
Dies ist heute die erste Beratung, und der Zeitpunkt ist relativ spät. Und das Interesse? - Ach, das hätte noch schlimmer sein können. Insofern vielen Dank an diejenigen, die sich das anhören.
Ich werde zuerst kurz zur Rolle des BMZ, der Bundesregierung Stellung nehmen, dann ein wenig auf die Entwicklungszusammenarbeit im Land Niedersachsen eingehen und dabei zwei Bereiche beleuchten, nämlich zum einen die Inlands- und zum anderen die Auslandsarbeit.
Zur Bundesregierung: Dazu haben wir schon einiges von Frau Polat und Herrn Rickert gehört. Ich kann es daher kurz machen. Die Bundesregierung hat sich mit 188 weiteren Staaten verpflichtet, extreme Armut und Hunger zu bekämpfen. Wenn
man sich dann das BMZ anschaut und dort einen Minister erlebt, der vor seinem Amtsantritt das ganze Ministerium abschaffen wollte, dann fragt man sich schon, was dabei herauskommen soll. Inzwischen scheint er aber Gefallen an der Aufgabe gefunden zu haben. Er redet jetzt von der Effektivitätssteigerung der Entwicklungszusammenarbeit. Was das ist, wird er sicherlich noch erklären müssen. Bis jetzt gibt es da nur sehr viel Nebel.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum zweiten Punkt, zu Niedersachsen und seinem Anteil an der Erreichung der Entwicklungsziele. Da ist zunächst die Inlandsbildungsarbeit zu nennen. Hierzu hat die Landesregierung das Ziel formuliert - man kann es auf der Homepage nachlesen -, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger an der Entwicklungszusammenarbeit beteiligt werden sollen, dass ehrenamtliches Engagement unterstützt werden soll und dass man sich zur Erreichung dieses Zieles des Verbandes Entwicklungspolitik Niedersachsen bedient. Ich denke, das ist ein Komplex, der funktioniert und der auch weiter unterstützt werden soll. Es gibt in Niedersachsen ausgesprochen viel ehrenamtliches Engagement in vielen verschiedenen Gruppen, z. B. den fairen Handel und Aktionen in Schulen. Das alles ist ein Potenzial, das weiter gefördert werden muss. In diesem Punkt werden wir auch den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sehr intensiv weiterbehandeln und uns dafür einsetzen, dass diese Entwicklung weitergeht.
Ich möchte nun aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf die Auslandsarbeit zu sprechen kommen. Aus dem Internet und von einigen Berichten wissen wir, dass Niedersachsen in Eastern Cape engagiert ist, und zwar in den Bereichen Bildung und Verwaltung. Man findet dann eine Internetseite mit der Überschrift „Aktuelle Projekte“. Das jüngste dieser Projekte ist von 2006. „Aktuelle Projekte“? Ich weiß nicht, irgendjemand scheint da im Schneckenrennen Letzter geworden zu sein - oder werden zu wollen.
Vielleicht hat aber auch niemand Lust, diese Seiten zu pflegen. Vielleicht ist das Thema Entwicklungszusammenarbeit ein sehr ungeliebtes in der
Meine Damen und Herren, die mangelnde Aktualität verwundert letztlich aber doch; denn ein Lehrer aus Niedersachsen arbeitet in Eastern Cape. Er betreut dort Projekte oder hat sie betreut. Was genau der letzte Stand ist, ist mir nicht bekannt. Aber ich nehme doch an, dass er die Erfolgsmeldungen zu der Arbeit vor Ort der Landesregierung übermittelt hat. Es wäre schon schön gewesen, wenn man diese Ergebnisse auch auf den Webseiten finden könnte, einfach um zu wissen, was dort passiert. Letztendlich investieren wir dort Finanzmittel.
Inzwischen arbeitet dieser Beamte, soweit ich weiß, für Herrn Schünemann. Das hat mich etwas irritiert. Unter der Bildungsarbeit konnte ich mir etwas vorstellen. Aber was ein Beamter des Innenministeriums dort macht und wie das funktioniert, ist mir nicht klar. So gesehen: Nebel auch am Eastern Cape.
Ich weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt Schulen, die intensive Partnerschaften pflegen. Das ist gut so. Das sind z. B. die BBS in Neustadt und das Bau-ABC aus Rostrup.
Dort gibt es sicherlich gute Kooperationen. Allerdings helfen solche einzelnen Punkte auch nicht grundlegend weiter. Dazu teile ich jetzt wieder die Auffassung von Bündnis 90/Die Grünen. Ich meine schon, dass alle diese wunderbaren Einzelaktivitäten in ein Konzept eingebettet werden sollten, das alles umschließt und die Aktivitäten wirklich optimiert, damit nicht alles wie kleine Glasperlen nebeneinander steht. Das ist mit Sicherheit kein Erfolgsrezept. Das muss anders werden.
Ich möchte aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht noch umfangreich auf das zweite Projekt, das mir noch nebulöser erscheint, nämlich Tansania, eingehen. Wir werden im Ausschuss intensiv nachfragen, was sich dort entwickelt hat - oder auch nicht. Es ist noch nicht wirklich deutlich geworden, wie dort die Arbeit läuft,
Ein letzter zusammenfassender Satz: Die Entwicklungszusammenarbeit in Niedersachsen hat noch viel Optimierungspotenzial. Der Antrag der Grünen bietet entsprechenden Diskussionsstoff. Wir freuen uns auf die Ausschussarbeit.
Ich erteile jetzt dem Kollegen Mindermann das Wort. - Herr Kollege Schminke, Sie klopfen so kräftig auf den Tisch, dass ich schon fast den Verdacht habe, dass Sie den Abbruch hier einleiten wollen.
(Heiterkeit - Ronald Schminke [SPD]: Dann würde ich aber vorne bei Ihnen anfangen! - Gegenruf: Der Mann vom Bau!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt die Behauptung in den Raum, dass Niedersachsen seinen Anteil an der Erfüllung der Millenniumsentwicklungsziele nicht erfülle. Dies ist mehr als unzutreffend, wie ich Ihnen nachfolgend schildern möchte.
Die Millenniumsentwicklungsziele wurden vereinbart, um die Armut in den Entwicklungsländern zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, unter ihnen auch die Bundesrepublik Deutschland, haben sich bereit erklärt, bis zum Jahre 2015 einen Beitrag in Höhe von 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfemaßnahmen bereitzustellen. Obwohl sich der Bund, nicht etwa die Länder, zu dem genannten Mitteleinsatz bekannt hat, ist es natürlich angemessen, dass auch die Bundesländer ihren Beitrag zur Erreichung der Ziele leisten. Die Ministerpräsidenten der Länder haben im Oktober 2008 beschlossen, ihre Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit als Ergänzung zu nationalen und internationalen Akteuren einzusetzen, ohne dabei als deren Konkurrenten aufzutreten.
Viel wichtiger, als eine bestimmte finanzielle Zielvorgabe zu erreichen, ist der effektive Mitteleinsatz. So wird eine wirkungsvollere Entwicklungshilfe erreicht. Projektarbeit ist dabei einer rein finanziellen Förderung vorzuziehen. Diesen Weg geht im Übrigen auch das Land Niedersachsen, indem förderungswürdige Projekte vorab sorgfältig geprüft werden.
Meine Damen und Herren, seit dem Jahr 2003 hat Niedersachsen die ODA-Leistungen, also die Mittel, die ein Land oder eine Organisation in die Entwicklungshilfemaßnahmen investiert, kontinuierlich erhöht. Das, liebe Frau Polat, können Sie ebenfalls dem aktuellen Bericht von Germanwatch entnehmen, ziehen es aber vor, uns dies zu verschweigen. Natürlich können Sie darauf verweisen, welch scheinbar großartigen Leistungen die frühere rotgrüne Landesregierung auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit vollbracht hat. Doch haben Sie gleichfalls eine haushaltspolitische Katastrophe für die nächste Regierung hinterlassen, die harte Einschnitte notwendig machte. Dies entspricht nicht gerade nachhaltiger Politik, welche Sie in der Begründung Ihres Antrages ausdrücklich befürworten.
Festzuhalten ist: Im Jahr 2003 betrugen die ODALeistungen Niedersachsens ausweislich des Haushaltsplanes ca. 400 000 Euro. Bis zum Jahr 2009 hat Niedersachsen diese Leistungen auf einen Betrag von 1,2 Millionen Euro verdreifacht. Ferner hat sich Niedersachsen z. B. an Studienplatzkosten für Studierende aus Entwicklungsländern beteiligt. Insgesamt haben sich die Leistungen Niedersachsens von 14 Millionen Euro im Jahr 1994 auf 74 Millionen Euro im Jahr 2009 erhöht.
Zur Zusammenarbeit mit Tansania stellen die Grünen in ihrem Antrag falsche Behauptungen auf. Niedersachsen hat sich stets zur Zusammenarbeit auf Projektebene, nicht aber zu einer Partnerschaft bekannt. Ziel ist es, in Kooperationen vor Ort auf vorhandene Strukturen aufzubauen. Die Mittel sind im Haushalt 2011 auch nicht, wie behauptet, auf null gesetzt worden. Das Land Niedersachsen fördert im Jahr 2011 wie auch im Jahr 2010 Projekte aus verschiedenen Bereichen in Tansania.