Eines möchte ich gleich zu Beginn klarstellen: Wenn der Landtag am Freitag einer Plenarwoche eine Entscheidung trifft, können wir nicht akzeptieren, dass die Landesregierung zu Beginn der Plenarwoche versucht, Fakten zu schaffen.
Dass Sie ausgerechnet am Mittwoch dieser Woche den Bescheid der Atomaufsicht für das Zwischenlager in Gorleben verschicken, muss man als harten Affront gegenüber diesem Parlament begreifen.
Interessant ist jedoch, dass der Umweltminister offenbar selbst Zweifel an den Berechnungen hegt und eine Rücknahme des Bescheides erwägt. Wie anders, Herr Sander, könnte man Ihre Äußerungen nach dem gestrigen Gespräch mit Greenpeace verstehen?
Verdächtig ist zudem, dass wir noch immer nicht über einen vollständigen Datensatz der unabhängigen Messstelle verfügen. Auch die Messungen zur Strahlenbelastung durch elf weitere Castorbehälter liegen uns bislang nicht vor. Am Mittwoch haben Sie zwei Seiten mit einem Datenauszug verteilt. Diese Daten werfen aber noch mehr Fragen und Widersprüche auf, Herr Sander.
Meine Damen und Herren, im Jahresbericht 2010 zur kerntechnischen Umgebungsüberwachung von Gorleben steht am Ende der Zusammenfassung folgender Satz:
„Der Betrieb der Zwischenlager des Werkes Gorleben hat keine radiologische Auswirkung auf die Umgebung.“
Der Umweltausschuss hat sich mittlerweile in drei Sitzungen und bei einem Ortstermin mit den radiologischen Messwerten am Zwischenlager befasst, nachdem der NDR erstmals über die Tatsache berichtete, dass der NLWKN eine Überschreitung des Eingreifrichtwertes und des Genehmigungswertes für 2011 vorausberechnet hat. Deshalb mussten sie nach der Nebenbestimmung 8 der Genehmigung den Einlagerungsbetrieb unterbrechen. Wir haben den NLWKN zweimal gehört. Wir haben den TÜV und die PTB gehört. Wir haben uns vor Ort die Lage und die Daten der GNS angeguckt. Ich bin heute felsenfest davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass die rechtskräftigen Genehmigungswerte im Jahr 2011 schon ohne neue Castoren überschritten werden.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die Genehmigungswerte auch schon vor 2011 überschritten worden. Das bestätigen eigene Berechnungen, und das bestätigen auch die Berechnungen der Bürgerinitiative, die diese zusammen mit Experten vorgenommen hat.
Meine Damen und Herren, ich zweifele nicht an der Qualität der Messungen der PTB. Aber ich stelle fest, dass man der PTB seitens des Ministeriums einen Auftrag erteilt hat, der das bisherige Messprogramm des NLWKN bewusst ignorierte und Referenzpunkte, die früher festgelegt wurden, nicht berücksichtigte. Der Auftrag an die PTB ignorierte diese Referenzpunkte und erfand neue, die direkt im Strahlungsbereich am Zaun liegen.
Die GNS führte zwar Messungen an Referenzpunkten durch, Herr Thiele, berücksichtigte diese aber nicht bei Ihrer Berechnung. Zusätzlich hat die GNS Castorbehälter im Lager umgestellt. Fakt ist, dass sie vom Messpunkt am Zaun weggestellt wurden.
Meine Damen und Herren, vielleicht sind Sie der Meinung, dass Sie all das ignorieren können, dass Sie nur genug Polizei einsetzen müssen, um den Widerstand zu brechen. Für diesen Fall sage ich Ihnen voraus: Sie kommen in kurzes Gras.
Die Durchführung des Transports ist schlicht und einfach rechtswidrig. Die Manipulation ist offensichtlich.
Am Tag, nachdem die Niedersächsische Landesregierung einst verkündete, dass sie Gorleben als Standort für eine Wiederaufarbeitungsanlage und ein Endlager vorsieht, zitierte die Frankfurter Rundschau den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Dieser habe Ministerpräsident Ernst Albrecht in einem Vieraugengespräch mit aller Deutlichkeit mitgeteilt, dass der Standort Gorleben von der Bundesregierung als ein Scheinangebot gewertet werde. - Das war die damalige Aussage. - Später diente dieses Scheinangebot allerdings
Heute, genau 35 Jahre nach diesem Tag, ist es Zeit zur Korrektur. Heute ist Gelegenheit, diese willkürliche Entscheidung zu korrigieren, meine Damen und Herren. Heute ist Gelegenheit, diese falsche Entscheidung hier im Landtag und in Berlin zu korrigieren.
Das heißt: auch kein sogenannter Weiterbetrieb in Gorleben, kein Weiterbau in Gorleben. Damit muss jetzt endlich Schluss sein, um einen Weg für einen Neubeginn zu finden.
Zu einer Kurzintervention auf den Beitrag von Herrn Wenzel erteile ich Herrn Thiele für die CDUFraktion das Wort. Sie haben 90 Sekunden. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Wenzel hat nicht zum ersten Mal versucht, die Messergebnisse des NLWKN und der PTB gegeneinander auszuspielen, indem er die Messwerte des NLWKN in einer unzulässigen Art und Weise interpretiert. Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Ausschussberatungen ergeben haben, dass der NLWKN bestätigt hat, dass sowohl der Messaufbau und die Durchführung der Messungen der PTB als auch die Ergebnisse aus seiner Sicht nicht nur korrekt sind, sondern er selbst es genauso gemacht hätte. Darum ist es unzulässig, die Ergebnisse des NLWKN und der PTB gegeneinander auszuspielen.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Thiele, die Landesregierung hatte dem NLWKN zunächst untersagt, sich dazu zu äußern.
Und dann hat der NLWKN gesagt, dass es einen entscheidenden Dissens gibt, und zwar bei der Berücksichtigung der Werte der natürlichen Hintergrundstrahlung.
(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Herr Wenzel, Sie wissen, das nicht stimmt, was Sie sagen!)
(Ulf Thiele [CDU]: Ja, das kann ich nachlesen! Ich war bei der Sitzung dabei! Das, was Sie hier gerade be- richten, ist falsch!)
Sie werden sehen, dass das der entscheidende Punkt ist. Man hat die Referenzpunkte, die mehrere Jahre galten, an den Zaun verlegt und plötzlich festgestellt: Gammawert gleich null. - Das ist falsch.
(Ulf Thiele [CDU]: Sie wissen, dass der NLWKN den Studienaufbau bes- tätigt! - Zuruf von der CDU: Einfach bei der Wahrheit bleiben!)
Aber selbst wenn Sie die Zahlen aus den Berechnungen der GNS nehmen, stellen Sie fest, dass die Aussage „Gammawert gleich null“ falsch ist. Wenn Sie die richtigen Werte anlegen, die, die Sie nach Strahlenschutzverordnung anlegen müssen, kommen Sie zu der Grenzwertüberschreitung. Zum selben Ergebnis ist auch Greenpeace gekommen.
(Ulf Thiele [CDU]: Greenpeace hat überhaupt keine Messungen ge- macht! Greenpeace hat überhaupt keine validen Daten!)