Protocol of the Session on December 8, 2011

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Haushalte müssen sich an den zu bewältigenden Herausforderungen messen lassen, Stichwort „Fachkräftemangel“.

Wir haben dieser Tage eine Statistik erhalten, die besagt, dass erstmals in diesem Jahr in Deutschland die Rekordmarke von mehr als 500 000 Erstsemesterstudierenden durchbrochen wurde. Im Vergleich zum Vorjahr 2010 stieg die Zahl der Erstsemesterstudierenden bundesweit um 16 %, in Niedersachsen dank doppeltem Abiturjahrgang um 19 %. Das begrüßen wir. Wir erkennen an, dass die Bereitstellung von zusätzlichen Studienplätzen in den letzten Wochen und Monaten ein Kraftakt für die Hochschulen und Universitäten war. Sie haben Enormes geleistet. Dafür von dieser Stelle unseren herzlichen Dank!

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Ein Zuwachs von 19 % in Niedersachsen. Das ist eine beeindruckende Zahl - auf den ersten Blick. Denn wir fragen: Warum hat Bayern, das ebenso wie Niedersachsen einen doppelten Abiturjahrgang hat, ein Plus von 32 %? Warum hat unser Nachbarland NRW ohne doppelten Abiturjahrgang - der kommt erst 2013 - einen Zuwachs von 22,3 %? Warum vermelden die Universitäten Münster und Bielefeld oder die Gesamthochschule Kassel historische Höchststände bei den Studierendenzahlen, während der doppelte Abiturjahrgang an Hildes

heim, Oldenburg, Vechta oder Emden bisher offenbar komplett vorbeigegangen ist?

(Minister Hartmut Möllring [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

- Das stimmt nicht? Ich gebe Ihnen gleich die Statistik aus dem Hause. Da können Sie das nachprüfen.

(Zuruf von Minister Hartmut Möllring [CDU])

Herr Minister, Sie haben nachher noch die Möglichkeit sich zu Wort zu melden.

Nun, die Antworten liegen auf der Hand.

(Zurufe von der CDU)

- Das macht Sie jetzt nervös, aber das sind die Zahlen. Die kann ich auch nicht ändern.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Antworten liegen auf der Hand: Niedersachsen hat trotz Hochschulpakt zu wenig Studienplätze. Bei der Zahl der zulassungsbeschränkten Studienplätze liegt Niedersachsen bundesweit seit Jahren ganz vorn. Sind an Universitäten mittlerweile drei von fünf Studienplätzen zulassungsbeschränkt, sind es an Fachhochschulen inzwischen schon mehr als neun von zehn Studienplätzen. Die NC-Quote liegt bei über 90 %. Das bedeutet: Tausende von Studienbewerbern gehen bei der Suche nach einem Studienplatz in Niedersachsen leer aus, obwohl wir dringend mehr akademischen Nachwuchs brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Schon jetzt steht fest, der Hochschulpakt II wird nicht reichen. Bis 2015 sollen bundesweit 336 000 zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Die Hochschulrektorenkonferenz mahnt schon seit Langem, dass mindestens 500 000 Studienplätze benötigt werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dazu einen Antrag eingebracht. Sie fordert, den Hochschulpakt 2020 bundesseitig aufzustocken, um zusätzliche Studienplätze zu finanzieren. Wir unterstützen diesen Antrag ausdrücklich.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir tun dies, weil gerade in Niedersachsen der Nachholbedarf an akademischem Nachwuchs groß

ist. Während es anderen Bundesländern in den letzten Jahren gelungen ist, ihre Studierquoten kontinuierlich zu steigern, gehört Niedersachsen inzwischen bundesweit zu den Schlusslichtern und dümpelt seit Jahren bei 30 %. Zwar ist es gelungen, auch in Niedersachsen mehr junge Menschen zum Abitur zu führen. Auch die Studierneigung hat deutlich zugenommen. Doch angekommen an Niedersachsens Hochschulen sind die jungen Menschen nicht. Kein Wunder! Mittlerweile studiert jeder zweite niedersächsische Abiturient in einem anderen Bundesland und bleibt nach dem Studium meist gleich dort. „Klebeeffekt“ nennen das die Arbeitsmarkforscher.

Wir und übrigens auch die niedersächsische Wirtschaft, Herr Bode, nehmen die Abwanderung sehr ernst.

(Ronald Schminke [SPD]: Der ist gar nicht da! - Ulrich Watermann [SPD]: Er muss sich erholen!)

Niedersachsen ist das Land, das bei den Studierenden den mit Abstand höchsten negativen Wanderungssaldo aufweist. Zuletzt haben wir über 33 000 mehr junge kluge Köpfe das Land verlassen sehen, als zu uns gekommen sind. Die Experten nennen das „Braindrain“ oder auf Deutsch „Abfluss von Intelligenz“.

Wir fragen die Landesregierung: Wann wollen Sie endlich anfangen, etwas dagegen zu tun? Wie lange wollen Sie noch an Studiengebühren festhalten, die ein klarer Wettbewerbsnachteil für den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Niedersachsen sind?

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, mit dem Ausstieg von Hessen, dem Saarland, Nordrhein-Westfalen und jetzt auch Baden-Württemberg und Hamburg ist jedem klar: Studiengebühren sind in Deutschland längst ein Auslaufmodell. Wir fragen uns, wie lange Sie der Entwicklung noch hinterherlaufen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Spätestens, wenn die letzten geburtenstarken Jahrgänge die Hochschulen verlassen haben, werden die Länder um Studierende konkurrieren. Nur die Länder, denen es gelingt, ihre Bildungspotenziale auszuschöpfen und die soziale Öffnung ihrer Hochschulen voranzutreiben, werden im Wettbewerb erfolgreich sein. Bildungsbarrieren müssen abgebaut und dürfen nicht mit Studiengebühren verfestigt oder erhöht werden. Deshalb

werden wir Studiengebühren abschaffen und uns für den Ausbau des BAföG einsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Das BAföG stellt sicher, dass mehr junge Menschen aus Familien mit geringen und durchschnittlichen Einkommen die Chance bekommen, ein Studium aufzunehmen. Elitestipendien für wenige sind dazu keine Alternative.

Das hätte man übrigens nicht eindrucksvoller belegen können, als Sie, Frau Ministerin, es mit Ihrer Pressekonferenz vergangene Woche getan haben. Dort haben Sie jubelnd verkündet, dass sage und schreibe 552 Studenten nun in den Genuss eines Deutschlandstipendiums kommen.

(Daniela Behrens [SPD]: Doch so viele!)

Meine Damen und Herren, das ist die homöopathische Zahl von 0,36 % der Studierenden in Niedersachsen. Und dann, Frau Ministerin, behaupten Sie allen Ernstes, dass das Deutschlandstipendium eine weitere wichtige Säule der Studienfinanzierung neben dem BAföG sei! Zum Vergleich: Das BAföG erreicht in Niedersachsen über 38 % der Studierenden. Wie peinlich ist diese Aussage, Frau Ministerin!

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Da das Deutschlandstipendium unabhängig vom Einkommen der Eltern gezahlt wird, wird kein einziger zusätzlicher junger Mensch für ein Studium gewonnen. Genau darum muss es uns aber gehen.

Lassen Sie mich deshalb am Schluss noch etwas zur Offenen Hochschule sagen. Es besteht ein breiter Konsens in diesem Hause, dass wir unsere Hochschulen für beruflich Qualifizierte öffnen und die Hochschulen dabei unterstützen wollen, passende Studienangebote und Anrechnungsverfahren zu entwickeln.

Nicht nachvollziehen können wir allerdings die Entscheidung des Ministeriums, die Aufgabe der Koordinierung der gegenseitigen Anerkennung nach Gutsherrenart offenbar einer einzelnen Einrichtung für Erwachsenenbildung zuschieben zu wollen, nämlich dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft. Wir brauchen aber eine Lösung, die sicherstellt, dass an der Erarbeitung von Anerkennungskriterien Hochschulen, Wirtschaft, Erwachsenenbildung und Gewerkschaften gleichermaßen beteiligt werden.

Wir werden über dieses Thema hier im Landtag diskutieren und hoffen sehr, dass Sie das gute, bewährte Prinzip des Pluralismus in der Erwachsenenbildung hier nicht aufkündigen werden.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Bei aller Freude über ausbleibende Kürzungen im Hochschuletat - ein Aufbruch in eine Wissensgesellschaft ist mit diesem Haushalt nicht zu organisieren.

Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag einen Pakt für Bildung und Entschuldung beschlossen, der zusätzlich 20 Milliarden Euro für die Bildung mobilisieren wird, davon 10 Milliarden Euro für die Länder. Ja, meine Damen und Herren, auch mit Steuererhöhungen! Wir halten das aber nicht nur für gerechtfertigt, sondern auch für gerecht; denn es geht um die Finanzierung von Zukunftschancen junger Menschen.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Dr. Andretta. - Für die CDUFraktion hat jetzt Herr Kollege Hillmer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal der Ministerin, Frau Dr. Wanka, und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums herzlich für die gute Zusammenarbeit danken.

(Beifall bei der CDU)

Das Wissenschaftsministerium hat allen Unkenrufen zum Trotz und allen Schreckensszenarien der Opposition zum Trotz gemeinsam mit den Hochschulen in Niedersachsen in diesem Jahr die Herausforderungen, die sich aus dem doppelten Abiturjahrgang und der Aussetzung der Wehrpflicht ergeben, hervorragend gemeistert. 37 000 Studienanfänger in 2011 - das erfüllt voll die Erwartungen und Planungen des Ministeriums und ist sozusagen eine Punktlandung.

(Beifall bei der CDU)

Insgesamt stellt das Land Niedersachsen bis 2015 38 800 zusätzliche Studienplätze zur Verfügung und kalkuliert dafür immerhin 750 Millionen Euro ein. In 2012 sind das 177 Millionen Euro und in

2013 ebenfalls. Damit schaffen wir für jeden Studierwilligen in Niedersachsen einen Studienplatz.

Niedersachsen macht keine Kompromisse bei der Qualität der Ausbildung. Die guten Abschlusszahlen - immerhin 83 % machen einen erfolgreichen Abschluss - wollen wir halten. Das ist bundesweit der beste Wert unter den Flächenländern. Ebenso haben wir bundesweit Spitzenwerte bei den Betreuungsrelationen von 20,2 Studierenden pro Lehrendem an Fachhochschulen und 15,5 Studierenden pro Lehrendem an Universitäten.