denn in den Privatwäldern sind Naturschutz- und Erholungsfunktionen meist schlechter durchzusetzen. Von 2005 bis 2010 wurden ca. 6 441 ha Wald verkauft. Das ist eine Fläche so groß wie die Stadt Lüneburg. Was reitet eine Landesregierung, so etwas durchzuführen und den Wald, den die meisten Menschen sich per se nur in Gemeinschaftseigentum vorstellen können, zu verschleudern?
Der NABU Niedersachsen hat kürzlich einen Brief an Dr. Merker von den Niedersächsischen Landesforsten geschrieben und ihn allen Ministerien und Fraktionen mit der Bitte um Kenntnisnahme zugeleitet. Darin wird gefordert, das Naturschutzgebiet HA 170, „In den Eichen“, nicht zu verkaufen. In dem Brief heißt es - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis -:
„Wir sind generell der Meinung, dass auch in Zeiten knapper Kassen ein Naturschutzgebiet am besten in öffentlicher Hand oder in einer Naturschutzorganisation aufgehoben ist.“
Das Waldgesetz ist so zu ändern, dass der Schutz und der Erhalt der Wälder in Niedersachsen besser gewährleistet sind. Neben einem Privatisie
rungsverbot muss ein absolutes Kahlschlagverbot ebenso hinein wie ein Nutzungsverbot von mindestens 5 % der Waldfläche für eine eigendynamische Urwaldentwicklung. Niedersachsen braucht die Festlegung von Richtlinien für eine schonende Waldbewirtschaftung.
(Clemens Große Macke [CDU]: Das haben wir doch schon lange! - Frank Oesterhelweg [CDU]: Das haben wir alles schon!)
(Beifall bei der LINKEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Ohne jegliches Hirn! - Clemens Große Macke [CDU]: Und das wird immer schlimmer! - Wei- tere Zurufe)
Meine Damen und Herren, haben Sie sich genügend ausgetauscht, sodass wir weitermachen können? - Danke. - Herr Bäumer, Sie wollten eine Kurzintervention machen. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da die Kollegin König von der Linken meine Zwischenfrage nicht zugelassen hat, muss ich es auf diesem Wege probieren.
Frau König, wenn ich Ihre Rede richtig im Kopf habe, dann haben Sie im Grunde gesagt: Privatwald ist schlecht, öffentlicher Wald ist gut. Damit haben Sie nach meiner Wahrnehmung den privaten Waldbauern in Niedersachsen kräftig vors Schienbein getreten.
Ich glaube, sie haben es verdient, dass wir ihnen in den nächsten Tagen erzählen, was die Linke über ihr Tun denkt.
Private Waldbesitzer haben in den vergangenen Jahrzehnten dafür gesorgt, dass Niedersachsen den Wald hat, den es heute hat. Wenn das immer in öffentlicher Hand gewesen wäre, wäre es manchmal garantiert nicht vernünftig gepflegt worden.
Frau König, nach meiner Erinnerung haben Sie vorhin gesagt, dass der Wald Gemeinschaftseigentum sein soll. Ich frage Sie, was Sie damit gemeint haben. Haben Sie damit gemeint, dass damit begonnen werden soll, Wald zu enteignen? Ich frage Sie auch ganz deutlich: Was haben private Waldbauern von der Linken zu erwarten?
Der Wald ist Gemeinschaftseigentum. Wir sind Bürger dieses Staates, und was Staatseigentum ist, gehört den Bürgern. Das müssen Sie sich bei jeder Privatisierung, die Sie vornehmen, ganz einfach bewusst machen.
(Beifall bei der LINKEN - Clemens Große Macke [CDU]: Und der Privat- wald? - Gegenruf von Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie sollen aufhören zu privatisieren!)
Vielen Dank. - Herr Präsident! Auch ich freue mich, dass die Kolleginnen und Kollegen von der Linken das Thema aufgegriffen haben. Herr Minister Lindemann weiß, dass ich regelmäßig Anfragen zum Waldverkauf stelle und informiert bin. Aber dazu komme ich später noch. Erst einmal zu den grundsätzlichen Dingen.
Diese Landesregierung beteuert auf der einen Seite ständig, wie wichtig gerade der Wald für den Klimaschutz, die Erholungssuchenden und die Artenvielfalt ist.
Auf der anderen Seite wird in den Landesforsten gnadenlos die Säge angesetzt, und der Verkauf treibt mittlerweile ganz kuriose Blüten.
Es ist politischer Wille dieser Landesregierung, aus dem niedersächsischen Wald möglichst viel Kapital zu schlagen. Mit der Umwandlung der Landesforsten in eine Anstalt öffentlichen Rechts im Jahre 2005 wurden knallharte kaufmännische Ziele formuliert. Die Vorgabe war, bis 2014 durch den Verkauf von Wald und Liegenschaften einen Betrag von insgesamt 230 Millionen Euro zur Konsolidierung des Landeshaushalts zu erwirtschaften. Das war Fakt.
Dieses Ziel haben Sie nun zwei Jahre früher erreicht. Es verwundert nicht, dass Sie das erreicht haben; denn inzwischen wird auf eine höchst fragwürdige Art und Weise Wald verkauft.
Meine Damen und Herren, wir müssen mittlerweile fragen: Wie weit ist es in Niedersachsen mit der ominösen Verkaufsstrategie gekommen? Inwieweit werden Interessen des Allgemeinwohls von der Landesregierung gegenüber eigenwilligen Privatinteressen überhaupt noch vertreten?
Ich habe die Landesregierung im Januar gefragt, wie viel Staatswald verscherbelt worden ist bzw. wie viel unseres wertvollen Tafelsilbers über den Tisch gegangen ist; denn Tafelsilber ist es, meine Damen und Herren. Ich habe gefragt, ob Schutzgebiete betroffen waren; denn diese haben für uns einen besonderen Wert, und die Fachverwaltung hat bei Kaufanfragen auch ein Wörtchen mitzureden, so meinen wir jedenfalls. Deshalb hat mich auch interessiert, wie das im Einzelfall gelaufen ist.
Im Februar habe ich dann nachgehakt, weil die Antworten auf meine im Januar gestellten Fragen weitere Fragen aufgeworfen haben,
nämlich: Warum wurden im Forstamt in Oldendorf eigentlich über 300 ha Landesforst verkauft? - In Aerzen pfeifen es die Spatzen von den Dächern: 4 Millionen Euro sollen da über den Tisch gegangen sein, so sagt man. Kann es sein, dass dort die Privatinteressen einer reichen, vielleicht leidenschaftlichen Jägerin plump gegen jeden Fachver
Kann das sein, meine Damen und Herren? - Es ist sogar von einem umgeschriebenen Gutachten die Rede. Herr Minister Lindemann, das war vor Ihrer Zeit, das war zu einer anderen Zeit. Klären Sie das auf, aber ehrlich und gründlich. Sie sind Kabinettsmitglied. Ich schätze Sie und Ihre persönliche Art sehr. Aber hier müssen Sie liefern. Hier müssen Sie gegebenenfalls auch ausliefern. In welcher Weise es eine Einflussnahme der Staatskanzlei bei dem Verkaufgeschäft gegeben hat, muss geklärt werden; das wollen wir wissen.