Protocol of the Session on July 20, 2012

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Auch da verweigert sich diese Landesregierung. Wir brauchen endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Niedersachsen ebenso wie in anderen Bundesländern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Bremer Mindestlohngesetz ist für uns wegweisend. Wir brauchen auch Bundesratsinitiativen für mehr Mitbestimmung und Teilhabe der Betriebsräte bei Leiharbeit und prekärer Beschäftigung.

Nun zur Wirtschaftsförderung selbst. Vor dem Hintergrund knapper Mittel macht es Sinn, die Scoringtabellen der einzelbetrieblichen Förderung zu ergänzen und neue Schwerpunkte zu setzen, wie es heute auch schon bei der Schaffung zusätzlicher und der Sicherung vorhandener Arbeitsplätze geschieht. Das kann sich sicherlich auch auf Ausbildungsquoten und gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit erstrecken. Zumindest kann auch hier die starke Diskriminierung von Frauen im niedersächsischen Arbeitsmarkt und bei der geschlechtsspezifischen Bezahlung endlich wirksam reduziert werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, sicherlich ist es auch sinnvoll, erprobte neue Förderstrukturen anderer Bundesländer zu prüfen. Aber abschließend und engmaschig alle denkbaren Förderkriterien festzuschreiben, ist wenig praktikabel.

Meine Damen und Herren, neue Förderung - alte Fehler. Auch darüber muss man hier sprechen. Die Goslarsche Zeitung titelte in ihrer Onlineausgabe vom 16. Juli: „50 Millionen übrig: Restmittel aus dem großen Fördertopf“. Die dortige Wirtschaftsförderung appelliert an Unternehmen und Kommunen, kurzfristig Förderanträge zu stellen, da die NBank noch über 50 Millionen Euro an Restmitteln

aus dem GRW-Topf verfüge. Die Restsumme gelte als hoch, was Fachleute auf die hohen Hürden für die Antragstellung zurückführten. Bemerkenswert ist folgender Hinweis in dem Artikel - mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich zitieren -:

„Der Aufruf, Anträge auf Fördergeld bei der NBank zu stellen, hat im Harz in der Vergangenheit auch schon mal Missstimmung verursacht. Vor drei Jahren bewarben sich viele Unternehmen aus dem Landkreis Goslar nach einem entsprechenden Hinweis aus Hannover. Sie gingen bei der Verteilung indes leer aus.“

Richtig, da war doch mal was, meine Damen und Herren, vor drei Jahren. Herr Bode, anscheinend haben Sie aus den Fehlern und der Rosstäuscherei von Herrn Rösler nichts gelernt:

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vor den Wahlen den Vergabeboom anheizen, pure Anscheinserweckung. Weite Teile der niedersächsischen Wirtschaft haben das Vertrauen und den Glauben in Ihre Art der Wirtschaftsförderung längst verloren; denn nach der Bundestagswahl waren damals die Töpfe leer.

Noch einmal zusammenfassend zum Antrag: Es bedarf direkter gesetzlicher Regelungen über Höchstdauer und Anteile der Leiharbeit, equal pay, Mindestlohn, Vergaberecht, Tariftreue und mehr Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb. Insofern ist der Antrag der Linken zu kurz gesprungen und so nicht zustimmungsfähig.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nächste Rednerin ist Frau König für die FDP-Fraktion.

(Ronald Schminke [SPD]: Jetzt wird’s lustig!)

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht schon mit dem ersten Satz los. Da heißt es wie immer:

„Niedriglöhne und prekäre Beschäftigung nehmen bundesweit wie auch in Niedersachsen immer mehr zu.“

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das stimmt ja auch!)

Das ist Unsinn.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Nein!)

Fakt ist - jetzt hören Sie mir bitte genau zu -: Mitte des letzten Jahres hatten in Niedersachsen 218 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Fach- oder Hochschulabschluss. Da kann man nicht von prekär sprechen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Was ha- ben Sie denn für eine Definition von prekär?)

Damit sind in acht Jahren in Niedersachsen 54 000 neue hochqualifizierte sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden. Das ist immerhin ein Plus von 33 %. Während die Zahl der marginal Beschäftigten - so heißt das in der amtlichen Statistik - von 2011 gegenüber 2010 um 1,2 % zurückgegangen ist, stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im selben Zeitraum in Niedersachsen um 3,1 %. Was erzählen Sie denn hier? Woher haben Sie denn Ihre merkwürdigen Zahlen?

(Beifall bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist die Wahr- heit!)

- Nein, eben nicht. Sie müssen sich eben genauer informieren!

Im zweiten Satz geht es gleich lustig weiter.

„Diese Entwicklungen“

- so schreiben Sie -

„belasten nicht nur die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern nicht zuletzt die öffentlichen Kassen.“

Das ist eine so dreiste Falschaussage, dass es einem die Schamesröte ins Gesicht treiben könnte.

(Beifall bei der FDP)

Die öffentlichen und die Sozialkassen weisen derzeit Rekordüberschüsse und -einnahmen aufgrund der hervorragenden Arbeitsmarktlage auf. Für 2011 beispielsweise weisen die Sozialkassen einen Rekordüberschuss von voraussichtlich ca. 15 Milliarden Euro auf - so viel, wie nie zuvor! -: Für die Pflegeversicherung 200 Millionen Euro, für die Rentenkasse, 5,1 Milliarden Euro, für die Krankenkasse und den Gesundheitsfonds 6,8 Milliarden, für die Bundesagentur für Arbeit 2,9 Milliarden Euro. Also, was ist das denn hier? Darüber reden wir doch heute.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Der zweite Absatz ist ebenso haltlos:

„Es gibt vor diesem Hintergrund ein zunehmendes öffentliches Interesse an einem geordneten Arbeitsmarkt und an sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätzen.“

Wenn ich beispielsweise die Zeitung aufschlage, dann steht da jeden Tag in großen Lettern, wie sehr die Wirtschaft den Fachkräftemangel beklagt. Wenn es an etwas derzeit ein großes öffentliches Interesse gibt, dann doch daran, wie Deutschland und Niedersachsen den enormen Bedarf an Fachkräften decken kann. Von mangelnder Sicherheit und schlechter Bezahlung hingegen liest man weit und breit nichts, ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dann führen Sie noch aus, der DGB und die Gewerkschaften hätten „wiederholt auf das Problem nicht vorhandener sozialer Kriterien in der Wirtschaftsförderung hingewiesen“. Der DGB fordert manches, was sich negativ auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Ein Beispiel dafür ist die steuerliche Manipulation von Konzernen und Großunternehmen zulasten anderer, auch wenn sowohl im Management als auch im marktwirtschaftlichen Wettbewerb gravierende Fehler gemacht werden wie bei Holzmann und Schlecker. Aber das können wir ja mit Steuergeldern alles wieder glattbügeln.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Nein, durch anständige Bezahlung!)

Die EZB soll alle europäischen Staatsschulden einfach durch Anwerfen der Notenpresse bezahlen,

(Glocke der Präsidentin)

und mit 10 Euro Mindestlohn sollen wir den so wichtigen Niedriglohnsektor quasi mit einem Schlag stilllegen.

(Zuruf von Kreszentia Flauger [LINKE])

Was mir dazu einfällt, ist, wenn einer weiß, wie es im Wettbewerb gerade nicht funktioniert, dann sind das Sie und auch der DGB.

Einen letzten Satz gestatte ich Ihnen, Frau Kollegin.

Daran erkennt man Ihre Intention. Sie haben noch nie Arbeitsplätze geschaffen, kaum ein Bruttosozialprodukt geschaffen, kaum Menschen ausgebildet.

(Zuruf von Kreszentia Flauger [LINKE])