Der Flächenfaktor im kommunalen Finanzausgleich ist 1992 unter der Regierungsverantwortung von SPD und Grünen abgeschafft worden. Dies war seinerzeit eine Maßnahme, die die städtischen Ballungsgebiete einseitig bevorzugt und die weniger stark besiedelten und großflächigen Landkreise massiv benachteiligt hat.
Weil CDU und FDP das gesamte Land und nicht nur die städtischen Ballungsgebiete im Blick haben, wurde der Flächenfaktor 2007 von der Landesregierung wieder eingeführt - übrigens auch auf der Grundlage entsprechender Gutachten.
Der Staatsgerichtshof hat bereits 2010 klargestellt, dass dieser Flächenfaktor nicht zu beanstanden ist. Zugleich hat der Staatsgerichtshof festgestellt, dass die Einwohnerzahl als einziges Verteilungskriterium für die Schlüsselzuweisungen an die Landkreise nicht der verfassungsrechtlichen Vorgabe eines aufgabengerechten Finanzausgleichs nach Artikel 58 NV entspräche. Eine einseitige Bevorzugung der einwohnerstarken städtischen Ballungsgebiete, wie sie die SPD in ihrem Wahlprogramm offensichtlich anstrebt,
- Den Verlautbarungen des Kandidaten ist das eindeutig zu entnehmen. Aber es ist ja ganz interessant, dass Sie sich schon jetzt dahinter verstecken, dass das, was Ihr Kandidat sagt, nicht das ist, was Sie wollen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Nein, nein! Dazu werden wir gleich etwas sagen!)
Dem kommunalen Finanzausgleich kommt im System der kommunalen Finanzen eine besondere Bedeutung zu. Angesichts dieser Bedeutung für die Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung ist es zunächst erfreulich, dass der kommunale Finanzausgleich seine positive Entwicklung weiter fortsetzt.
So erhalten die Kommunen zusätzlich zu den bisher veranschlagten Mitteln noch im Jahr 2012 weitere 105 Millionen Euro im Rahmen einer vorgezogenen Verbundabrechnung. Insgesamt wird die Verbundmasse 2012 mit fast 3,2 Milliarden Euro den absoluten Spitzenwert von 2011 nochmals übertreffen. Dieser höchste Finanzausgleich aller Zeiten bedeutet eine faire Beteiligung der Kommunen an den Einnahmen des Landes. 2013 wird im Übrigen auch diese Höchstmarke übertroffen werden, wenn der Finanzausgleich bei 3,3 Milliarden Euro liegen wird.
Allein in den zehn Jahren von 2003 bis 2013 wird sich das Gesamtvolumen der Verbundmasse dann um rund 50 % erhöht haben. In den Jahren bis 2016 wird die Zuweisungsmasse nach den prognostizierten Steuereinnahmen kontinuierlich weiter bis auf 3,7 Milliarden Euro wachsen. Um es noch einmal anders darzustellen: 2002 waren es 2,2 Milliarden Euro, und im Jahr 2012/2013 werden es dann 3,3 Milliarden Euro im kommunalen Finanzausgleich sein. Ich glaube, da kann man wirklich sagen: Das ist auf jeden Fall eine Unterstützung der Kommunen.
Aber das ist ein Verdienst einer hervorragenden Wirtschaftspolitik. Denn nur, wenn tatsächlich Arbeitsplätze geschaffen und Gewinne gemacht werden, können anschließend auch die Steuern eingenommen werden. Das ist dann gut für die Kommunen. Und deshalb hat das auch etwas mit dieser Landesregierung zu tun.
Gleichzeitig legt die Landesregierung größten Wert auf eine konstruktive Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs. Zuletzt hat sie dem Landtag Anfang dieses Jahres ein gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden erarbeitetes Gutachten sowie einen darauf basierenden Gesetzentwurf vorgelegt. Mit dem vom Landtag daraufhin im Juli 2012 mit großer Mehrheit verabschiedeten Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Finanzausgleichgesetzes wurden die bewährten Strukturen zur Aufteilung der Finanzausgleichsmittel behutsam aber konsequent fortentwickelt.
Bereits 2007 war - ebenfalls auf Vorschlag der Landesregierung - der sogenannte Flächenfaktor für Landkreise in den kommunalen Finanzausgleich aufgenommen worden. Mithilfe des Flächenfaktors können die den Landkreisen aufgrund der Flächengröße entstehenden besonderen Belastungen aus der Schülerbeförderung und der Erhaltung der Kreisstraßen berücksichtigt werden. Neben den Soziallasten fließen seitdem die hierauf beruhenden stark flächenbezogenen Ausgabenbedarfe einwohnererhöhend in die Berechnung des Bedarfsansatzes ein, sodass die Verteilungsgerechtigkeit der horizontalen Finanzverteilung insgesamt erhöht wird.
Veränderungen der Verteilungsparameter führen zwangsläufig zur Umverteilung zwischen den Kommunen. Dies liegt in der Natur der Sache; denn die für die Verteilung zur Verfügung stehende Finanzausgleichsmasse ist insgesamt begrenzt.
Aus Sicht der Landesregierung hat sich der flächenbezogene Ansatz bewährt. Um es ganz deutlich zu sagen: Der Flächenfaktor ist wichtig für die Erhaltung der kommunalen Selbstständigkeit in allen Teilen des Landes. Das ist nicht nur ausgewogen und gerecht, sondern der Flächenfaktor wird auch benötigt, um den Anforderungen des Staatsgerichtshofes an einen aufgabengerechten Finanzausgleich nach Artikel 58 der Landesverfassung zu genügen. Die Landesregierung erachtet den Flächenfaktor daher nicht nur unverändert als sinnvoll, im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit zwischen Ballungsräumen und dünn besiedelten Landesteilen hält sie ihn darüber hinaus für verfassungsrechtlich geboten.
Zu Frage 1: Nach den bestehenden Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich wird bei der horizontalen Verteilung
der Schlüsselzuweisungen an die Landkreise und die kreisfreien Städte bei der Bedarfsermittlung ein Sonderansatz zur Verteilung nach der jeweiligen Fläche der Kommune berücksichtigt. Dieser Ansatz steht dabei neben den Kriterien „Einwohnerzahl“ und „Sozialhilfelasten“, und beim Flächenansatz erfolgt eine Anrechnung der flächenspezifischen Aufgabenbelastung auf die jeweilige Einwohnerzahl. Dazu werden diese flächenrelevanten Kosten anhand der Fläche der jeweiligen Kommune in zusätzliche Einwohner umgerechnet, die dann in die Ermittlung der Bedarfsmesszahl eingehen.
Entfiele der Flächenansatz bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen, würde - wie bis zur gesetzlichen Verankerung des Flächenansatzes im NFAG im Jahr 2007 - neben der Einwohnerzahl allein der Soziallastenansatz zur Erhöhung des allgemeinen Bedarfsansatzes führen.
Zu Frage 2: Auf der Grundlage des kommunalen Finanzausgleichs 2012 nach aktueller Rechtslage - also ohne die 105 Millionen Euro zusätzlich - würden sich bei einem Wegfall des Flächenfaktors die Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben für die Region Hannover um 21,1 %, für die Stadt Braunschweig um 80,1 % und für die Stadt Osnabrück um 33,7 % erhöhen.
Das augenscheinliche Ziel der SPD, diesen Kommunen höhere Schlüsselzuweisungen zukommen zu lassen, steht jedoch nicht isoliert für sich. Die Pläne der SPD würden dazu führen, dass den genannten Gewinnern viele Verlierer gegenüberstünden. Denn die Kommunen und damit letztlich die Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum hätten mit empfindlichen Rückgängen zu rechnen.
Zu Frage 3: Nach Auffassung der Landesregierung stellt die Forderung der SPD nach einer Abschaffung des Flächenfaktors die aufgabengerechte Finanzausstattung der Landkreise in Frage. Eine Umsetzung der Pläne der SPD würde zu einer deutlichen Schwächung des ländlichen Raums führen. Die Landesregierung hält daher uneingeschränkt am Flächenfaktor fest. Die zusätzliche Berücksichtigung der Fläche als bedarfsbegründenden Faktor bei der horizontalen Verteilung der Finanzausgleichsmittel für Kreisaufgaben ist aus ihrer Sicht sachgerecht, vermeidet einseitige Lastenverschiebungen und stellt einen fairen Ausgleich zwischen den Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum dar. Während vom Soziallastenansatz in hohem Maße dicht besiedelte Kommunen profitieren, berücksichtigt der Flächenfaktor
Der Flächenfaktor ist daher nach der festen Überzeugung der Landesregierung ein verlässlicher und seit 2007 bewährter Indikator für den Finanzbedarf insbesondere der großflächigen dünn besiedelten Landkreise
Durch die zusätzlichen Finanzzuweisungen trägt der Flächenfaktor zur Stärkung des ländlichen Raums bei. Die Stärkung des ländlichen Raums ist seit 2003 erklärtes Ziel der Landesregierung und - das beweisen die statistischen Daten - hat dem Land insgesamt gut getan.
Für die Zukunftsfähigkeit des Landes ist der Erhalt und die Stärkung des ländlichen Raumes von entscheidender Bedeutung. Dieses Potenzial darf nicht durch eine einseitige Ausrichtung an den Ballungsräumen vernachlässigt werden. Vielmehr müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die Leistungsfähigkeit in der Fläche weiterzuentwickeln und auszubauen. Dazu trägt der Flächenfaktor im kommunalen Finanzausgleich maßgeblich bei. Die zusätzlichen Mittel sind erforderlich, um wichtige Infrastruktureinrichtungen in den Flächenlandkreisen aufrechterhalten zu können und Kostensteigerungen aufgrund der geringen Auslastung flächenintensiver Infrastruktur zumindest teilweise abzufedern.
Gerade ein Blick auf die größten Verlierer der geforderten Abschaffung des Flächenfaktors macht deutlich, welche gravierenden finanziellen Auswirkungen für die Kommunen im ländlichen Raum mit dem Wegfall dieses zusätzlichen Verteilungskriteriums verbunden wären. In nenne hier nur einige Beispiele. Landkreis Rotenburg: minus 8,5 Millionen Euro; Heidekreis: minus 7,9 Millionen Euro;
das Emsland: minus 7,8 Millionen Euro; Uelzen: minus 6,9 Millionen Euro; Cuxhaven: minus 6,6 Millionen Euro. Und, meine Damen und Herren, Lüchow-Dannenberg: minus 7,272 Millionen Euro. Das sind 40 % weniger Zuweisungen, und das bedeutet für jeden Einwohner, dass für ihn 145,74 Euro weniger zur Verfügung stehen.
Blieben die flächenbedingten Mehrkosten bei der Bedarfsbestimmung für den kommunalen Finanzausgleich unberücksichtigt, wäre damit eine deutliche Benachteiligung, insbesondere der dünn besiedelten und großflächigen Landkreise, verbunden.
Unbestreitbar ist, dass im Hinblick auf die Mehrheit der Landkreise die Zahl der Einwohner nicht im Verhältnis zu deren Fläche steht und dass die Fläche angesichts der Eigenart mancher Aufgaben ein wesentlicher Kostenfaktor ist. Das gilt z. B. für die Straßenbaulast und für die Schülerbeförderung.
Meine Damen und Herren, diese signifikant hohe Abhängigkeit der Kostenlast von der Fläche zeigt die Notwendigkeit, ein zusätzliches flächenabhängiges Verteilungskriterium bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen für Kreisaufgaben vorzusehen. Daraus ergibt sich für Landkreise mit geringer Einwohnerzahl im Verhältnis zur Kreisfläche eine deutliche Entlastung, die wiederum auch den Gemeinden dieser Kreise und damit vor allem auch Kommunen mit geringer und zurückgehender Einwohnerzahl zugute kommt und maßgeblich zu einer aufgabengerechten kommunalen Finanzausstattung beiträgt.
Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat die Landesregierung in ihrer Auffassung bestätigt. Mit Urteil vom 4. Juni 2010 hat der Staatsgerichtshof die kommunale Verfassungsbeschwerde zweier Kommunen gegen den Flächenansatz im kommunalen Finanzausgleich als unbegründet zurückgewiesen und den seit 2007 wieder eingeführten Flächenfaktor als verfassungskonform bestätigt. In der Entscheidung stellte das Gericht fest, dass die Einwohnerzahl als einziges Verteilungskriterium der Schlüsselzuweisungen an die Landkreise nicht einem aufgabengerechten Finanzausgleich nach Artikel 58 NV entspreche. Daher sei der Flächenfaktor ein zutreffender Indikator für den Finanzbedarf der Landkreise, weil diese mit dem Straßenbau und der Schülerbeförderung Aufgaben mit flächenbezogenen Kostenfaktoren zu erfüllen hät
ten. Die Berücksichtigung der Fläche bei der Verteilung der Schlüsselzuweisungen sei daher nicht zu beanstanden.
Meine Damen und Herren, deshalb ist klar: Der Flächenfaktor ist nicht nur verfassungskonform, sondern er ist auch notwendig. Er wird auf jeden Fall auch nach dem 20. Januar 2013 Bestand haben. Daran gibt es gar keinen Zweifel.