Protocol of the Session on December 6, 2012

Login to download PDF

Auf jeden Fall - das ist mein Petitum, deswegen bin ich noch einmal an das Mikrofon gekommen - verträgt es sich nicht, Missstände in irgendeiner Form durch zusätzliche Gesetze und Regelungen in den Griff zu bekommen, sondern man sollte die bestehenden Gesetze und Regelungen erst einmal vernünftig anwenden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

(Olaf Lies [SPD]: Will der Minister nichts dazu sagen? - Minister Jörg Bode begibt sich zum Redepult)

- Herr Minister, ich wüsste nicht, dass ich Ihnen das Wort erteilt habe. Das möchte ich gerne tun,

wenn Sie sich zu Wort melden. Das habe ich gerade übersehen bzw. es ist nicht angekommen.

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt haben Sie sich aber zu Wort gemeldet, und deswegen erteile ich es Ihnen. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hatte gedacht, dass die Position der Landesregierung nach dem Beitrag des Kollegen Lindemann und auch nach den Ausführungen von CDU- und FDPAbgeordneten hinreichend deutlich ist, und wollte Ihnen den Gefallen tun, die bezüglich des Zeitablaufs auseinander geratene Tagesordnung ein wenig mehr in den Griff zu bekommen. Aber ich kann Ihnen gerne die Position der Landesregierung in dieser Debatte noch einmal deutlich machen.

Der Kollege Rickert hat hier richtig dargestellt, dass es überall, wo es gesetzliche Regeln gibt, bedauerlicherweise immer auch schwarze Schafe gibt, die Wege finden, die Gesetze zu umgehen. Wir haben mit dem Werkvertrag ein für unsere Wirtschaft sehr wichtiges Instrumentarium.

Das heißt, niemand kann ein Interesse daran haben, das Instrument des Werkvertrages per se in Misskredit zu bringen oder gar zu verbieten, unmöglich zu machen oder auch zu verteufeln.

(Zuruf von Olaf Lies [SPD])

- Ich habe auch nicht gesagt, dass Sie das wollen, Herr Lies.

Wir müssen einen Weg finden, Missbrauch von Werkverträgen in den Griff zu kriegen. Wir alle kennen ja Fälle, von denen wir gelesen haben, die auch alle Seiten dieses Hauses verurteilen, in denen es Missbrauch gibt und - da schließe ich mich gerne den Worten des Kollegen Rickert an - bei denen der Begriff „soziale Marktwirtschaft“ nicht mehr zutrifft und die ihn auch nicht verdienen.

Es gibt Missbrauch beispielsweise von Scheinwerkverträgen für Scheinselbstständige. Es gibt Missbrauch von Werkverträgen als Scheinwerkverträge, die eigentlich eine Arbeitnehmerüberlassung bedeuten. Es mag auch noch einen Bereich geben, in dem es Werkverträge mit schlechten Bedingungen gibt.

Aber bleiben wir doch erst einmal bei den Dingen, die Sie auch immer zu Recht anprangern, wo es heißt: Das ist Missbrauch, das ist ein Umgehungstatbestand. - Dazu kann ich Ihnen eindeutig sagen: Ja, das sind aus unserer Sicht keine Werkverträge.

Aber damit kommen wir zu dem Problem, das Herr Rickert dargestellt hat: Jeder kann ja so etwas melden und zur Anzeige bringen. Allerdings muss man in einem Rechtsstaat natürlich die erforderlichen Beweise in einem rechtsstaatlichen Verfahren führen, um diesen Missbrauch entsprechend zur Strafe, zur Anzeige und zur Abschaffung zu bringen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Lies?

Gerne.

Bitte sehr, Herr Lies!

Herr Präsident! Herr Minister! Wenn ich Ihren Gedankengängen folge, dann heißt das doch, dass diejenigen, die von Missbrauch betroffen sind, auch eine Chance haben müssen, sich zu informieren und sich beraten zu lassen. Also meine ganz konkrete Frage: Warum sind Sie nicht bereit gewesen, dem Berliner Modell und dem Wunsch des DGB folgend, eine Beratungsstelle einzurichten, bei der sich diejenigen, die auf der Basis von Werkverträgen tätig sind - wir reden auch von denen, die aus Osteuropa kommen -, informieren können? Die Grundlage Ihres Gedankenganges ist doch, dass man sich wehren kann. Warum haben Sie sich dieser Lösung verweigert?

Sehr geehrter Herr Lies: Ja, es ist richtig, dass es diesen Vorschlag des DGB gegeben hat. Wir haben ihn sehr lange mit dem DGB beraten und geprüft und uns auch das Berliner Modell angeschaut, sind dann allerdings, nachdem wir die Erkenntnisse aus Berlin gehabt haben, was die Inanspruchnahme der Beratungsstelle und Ergebnisse betrifft, zu der Überzeugung gekommen, dass das nicht das Modell ist, das zu einem weiteren positiven Schritt nach vorne, zu einer Verbesserung

führt. Das war am Ende eine Bewertungsfrage aufgrund der Erfahrungen in Berlin. Es gibt diese Stelle auch „nur“ in Berlin. Das heißt, bis jetzt sind auch andere Länder zu der Überzeugung gekommen, dass die Ergebnisse aus Berlin nicht so sind, dass man diesen Weg weiter beschreiten will.

Ich möchte Ihnen zwei Wege aufzeigen, die prioritär sind. Das eine ist, dass man bei Missständen Betriebsräte, einzelne Menschen, Mitarbeiter oder Nachbarn dazu animieren muss, eine Anzeige zu tätigen, damit da, wo wir es nicht wissen, auch tatsächlich kontrolliert werden kann. Wir müssen meines Erachtens den Kontrolldruck massiv erhöhen. Wir brauchen geeignete Möglichkeiten, damit Kontrolle erfolgreich sein kann. Nehmen Sie das Beispiel der Schlachthöfe. Darüber haben wir gestern diskutiert. Eine Möglichkeit wäre, die Kontrolleure von den Hygieneprüfungen freizustellen. Ob das auch für die Verbraucher sinnvoll ist, sei dahingestellt.

Die andere Frage ist, ob wir ausreichend Personal haben, um solche Maßnahmen erfolgreich durchzuführen? - Das ist der Punkt, in dem wir beim Bund durchaus aktiv sind und fordern, mit mehr Leuten zu kontrollieren, damit die Kontrollen tatsächlich erfolgreich sein können, da ein solcher Betrieb z. B. auch einmal „hermetisch abgeriegelt“ werden muss, damit die Leute nicht hinten herausgehen, während vorne noch die Hygieneprüfung stattfindet.

Im Einzelhandel z. B. hilft uns am Ende auch nicht die Umkehr der Gesetzeslage weiter. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich kann mir nicht vorstellen, dass, wenn die Arbeiten an der Kasse über einen Werkvertrag ausgelagert werden, es sich um einen echten Werkvertrag handelt. Das sehe ich nicht. Im Einzelhandel würde ich das Kassieren des Geldes als Kerngeschäft ansehen.

Aber auch wenn Sie die Gesetzeslage umkehren, haben Sie immer wieder das Problem, dass Sie damit die Handlung nicht verändern. Sie haben vielmehr sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite im Gerichtsverfahren das Problem, im Einzelfall nachzuweisen, dass es sich hierbei um die Ausgestaltung einer Tätigkeit handelt, die nicht werkvertragskonform ist. Das heißt, wir müssen bei einigen Punkten vielleicht auch zu Definitionen kommen, die vor Gericht dann auch tatsächlich erfolgreich sein können.

Wir müssen dazu kommen, dass schlicht und ergreifend die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz weiter diskutiert wird. Nur wenn wir kontrollie

ren, wenn wir anzeigen und wenn wir dem Verbraucher aufzeigen, was dort tatsächlich passiert, und der Verbraucher am Ende in der Tat reagiert, kann sich etwas ändern. Es gab ja beispielsweise einen Aufruf der Gewerkschaften im Zusammenhang mit Missständen bei Schlecker: Verbraucher, guckt euch das an. Das sind keine zumutbaren Zustände, kauft da nicht weiter ein! - Das kann man im Einzelhandel machen, das kann man bei der Fleischverarbeitung machen, und das kann man auch in anderen Bereichen machen.

Die Lösungen in diesem Fall sind keinesfalls einfach und trivial, weil wir Gesetze haben, die für jedermann gelten, es aber auch schwarze Schafe gibt, die in vielen Bereichen, wie auch im Bereich der Werkverträge, Wege gefunden haben, diese Gesetze zu umgehen. Das heißt, wir müssen Kontrollen erhöhen, wir müssen teilweise auch Regeln finden, die es den Gerichten einfacher machen. Wir müssen auch die Gesellschaft darauf aufmerksam machen, was teilweise passiert. Wir dürfen aber nicht pauschal Branchen diskreditieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie blei- ben doch bei Appellen stehen!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt liegen in der Tat keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratungen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/5322 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit.

(Ronald Schminke [SPD]: Das glaube ich nicht! - Unruhe bei der CDU!)

- Herr Kollege Schminke, wir sind uns im Präsidium einig. Sie haben zwar immer einen guten Überblick, aber von hier ist es leichter. Das Präsidium ist sich einig, dass die Mehrheitsverhältnisse so waren, wie ich es gerade gesagt habe.

Insofern ist so beschlossen worden, und die Abstimmung wird auch nicht wiederholt. Das heißt also, die Beratung zu Tagesordnungspunkt 21 ist abgeschlossen.

Aber es liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Bley zu einer Persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung vor. Herr Kollege

Bley, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie nur Angriffe zurückweisen dürfen, die in der Aussprache gegen Sie getätigt worden sind, und dass Sie nicht länger als fünf Minuten sprechen dürfen.

Ich erteile Ihnen jetzt das Wort, Herr Kollege. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Danke für die fünf Minuten. Die werde ich aber nicht brauchen. Ich möchte nur kurz etwas klarstellen.

Ich glaube, ich habe zu Herrn Lies und Herrn Hagenah ein sehr gutes Arbeitsverhältnis. Die Opposition sagt heute, dass das, was ich im letzten Plenum zum Ausdruck gebracht habe, nicht mit dem identisch ist, was ich heute gesagt habe. Ich sehe das anders. Ich sehe keinen Widerspruch, weil ich heute wie damals gesagt habe, dass bei einer marktwirtschaftlichen Lohnuntergrenze eine Acht vor dem Komma stehen sollte.

Heute habe ich die Aussagen von Herrn Hillmer gelobt. Ich habe gesagt, dass wir den Missbrauch, der regional vorkommt, prüfen müssen und ihn verhindern wollen und dass wir uns dafür einsetzen werden, dass wir eine marktwirtschaftliche Lohnuntergrenze bekommen. Das habe ich beim letzten Mal zum Ausdruck gebracht, und heute habe ich nichts davon Abweichendes gesagt.

Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben meine Botschaft verstanden.

(Beifall bei der CDU - Ronald Schmin- ke [SPD]: Was wolltest du uns denn jetzt sagen? - Gegenruf von Heinz Rolfes [CDU]: Kann das einmal je- mand dem Schminke erklären?)

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 22 auf:

Abschließende Beratung: Stärkung landwirtschaftlicher Betriebe durch regionale Agrarstrukturplanung - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4843 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 16/5430

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass über diesen Punkt ohne Besprechung abgestimmt wird. - Ich höre und sehe keinen Widerspruch und lasse dementsprechend sofort abstimmen.