Protocol of the Session on December 6, 2012

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Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 152. Sitzung im 49. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.

Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu einem späteren Zeitpunkt fest.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 11, Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 20.30 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr der Schriftführer mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Ministerpräsident McAllister und der Minister für Inneres und Sport, Herr Schünemann, von der Fraktion der CDU Herr Hogrefe, Herr Krumfuß und Herr Dammann-Tamke bis 13 Uhr, von der Fraktion der SPD Frau Stief-Kreihe, Herr Klein und Herr Aller ab 16 Uhr, von der Fraktion DIE LINKE Frau Weisser-Roelle bis zur Mittagspause und das fraktionslose Mitglied des Hauses, Frau Wegner.

Vielen Dank. - Ich komme zu Tagesordnungspunkt 11:

Dringliche Anfragen

Es liegen vier Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise nochmals besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, dass Sie sich nach wie vor schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich komme zu Tagesordnungspunkt 11 a:

Schwarz-gelbe Autobahnneubaupläne und Sanierungsstau in Milliardenhöhe: Kommt die

PKW-Maut jetzt doch? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/5485

Zur Einbringung erteile ich dem Kollegen Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Laut aktuellen Medienberichten hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland die Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur massiv gestaut. Der Berichtsentwurf „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ der Kommission um KarlHeinz Daehre kommt zu dem Schluss, dass in Zukunft zusätzlich jährlich rund 7,2 Milliarden Euro für Straße, Schiene, Wasserwege und im öffentlichen Nahverkehr benötigt würden, um den Sanierungsstau abzubauen.

Laut Entwurf sollen sich 20 % der Autobahnen und 40 % der Bundesstraßen in einem bedenklichen Zustand befinden. Im Entwurf listet die Kommission Ideen auf, wie für die Infrastruktur mehr Mittel akquiriert werden können. Eine Ausweitung der Lkw-Maut wird dabei genauso angedacht wie die Einführung einer Pkw-Vignette, die laut Bericht bis zu 5 Milliarden Euro einbringen könnte. Außerdem hat die Kommission Ideen entwickelt, ob sich aus ihrer Sicht die Erhaltung der Infrastruktur effizienter gestalten lässt. Ein länderübergreifender Netzzustandsbericht könnte danach die Vorhaben wirksamer priorisieren, und ein Infrastrukturfonds könnte dafür sorgen, „betriebswirtschaftlich“ zu „operieren und Vorhaben“ zu „beschleunigen“, so die Wirtschaftswoche vom 26. November 2012.

Gleichzeitig verkündet Verkehrsminister Jörg Bode - FDP -, neue Autobahnen bauen zu wollen. Für einen Teilabschnitt für den Ausbau der A 7 bei Göttingen und auch beim Bau der Küstenautobahn A 20 strebt er laut Pressebericht eine Public Private Partnership - kurz: PPP - an.

(Astrid Vockert [CDU]: Sehr gut! Das ist auch richtig!)

So heißt es in der NWZ vom 23. November 2012.

Verkehrswissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass die im Bau womöglich schnellere Realisierung im PPP-Verfahren durch die lange Vorlaufzeit mit komplizierten Vertragsverhandlungen diesen Vorteil wieder verspielt gegenüber dem Bau und Ausbau durch die öffentliche Hand. Die Schnelligkeit beim Ausbau der A 1 auf sechs Spuren zwischen Buchholz und Bremen soll zudem auf Kos

ten der Sicherheit gegangen sein, die Unfallzahlen seien in die Höhe geschnellt, und finanziell sollen sich PPP-Projekte für die öffentliche Hand nach vergleichenden Untersuchungen der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Niedersachsen auch nicht rechnen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Positionen lässt Niedersachsen in die Arbeit der Kommission und in den Bericht „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ einfließen?

2. Wie beurteilt die Landesregierung die bisher in Medien bekannt gewordenen Inhalte des bevorstehenden Berichts allgemein und insbesondere den Vorschlag, eine Pkw-Maut einzuführen, um damit die Probleme des Sanierungsstaus zu beheben?

3. In welcher Weise begründet die Landesregierung die Pläne des Verkehrsministers Bode, noch mehr neue Autobahnen bauen zu wollen, vor dem Hintergrund bereits heute fehlender Mittel in Milliardenhöhe für die Instandhaltung der vorhandenen Verkehrsinfrastruktur und der eigenen Anforderung der Landesregierung, den CO2-Ausstoß auch im Verkehrsbereich trotz der voraussichtlich noch wachsenden Güterverkehrsströme in den kommenden Jahren um 80 % reduzieren zu müssen?

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Bode. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verkehrsministerkonferenz hat in ihrer Herbstsitzung im Jahr 2011 die Gründung der Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ beschlossen. Zum Vorsitzenden der Kommission wurden Minister a. D. Karl-Heinz Daehre aus Sachsen-Anhalt sowie Minister Jörg Vogelsänger aus Brandenburg in seiner Funktion als Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz und Staatssekretär Rainer Bomba aus dem Bundesverkehrsministerium zu seinen Stellvertretern gewählt.

Die Kommission hat den Auftrag, Vorschläge für eine zukünftige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur auf der Ebene von Bund, Ländern und

Kommunen in den Bereichen Straße, Schiene und Wasserstraße zu unterbreiten. Ziel der Kommission sollte es sein, einen „Instrumentenkasten“ für die Infrastrukturfinanzierung jedes Verkehrsträgers zu entwickeln. Für diese Instrumente sollen die Vor- und Nachteile dargestellt und auf ihre Machbarkeit überprüft werden. Dabei sind den erzielbaren Einnahmen die jeweiligen Erhebungskosten gegenüberzustellen.

Es ist schon erstaunlich, dass sich die Grünen im Vorspann zu ihrer Anfrage auf mehr oder weniger zutreffende Presseberichte berufen; denn ihr grüner Verkehrsminister Hermann ist Mitglied der Kommission. Er hat also unmittelbar Input in die Kommission gegeben, die Arbeit dort maßgeblich gestaltet und auf sie Einfluss genommen. Sie hätten in Ihrer Partei ruhig einmal nachfragen können, was von den Presseberichten zu halten ist.

(Zurufe von der SPD)

- Herr Will, ich wollte damit nur sagen, dass Herr Hagenah nicht auf eine Plenarsitzung warten muss, sondern seinen Parteifreund auch einmal anrufen kann, ob das, was in der Zeitung steht, stimmt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

Bei uns in der Partei ist es so, dass man auch einmal miteinander spricht. Bei der CDU, glaube ich, ist das auch so. Von daher war das nur ein kollegialer Hinweis an den Kollegen Hagenah.

Niedersachsen ist im Übrigen nicht Mitglied der Kommission und wird genau wie die übrigen norddeutschen Länder durch Hamburg vertreten.

Erste Zwischenergebnisse der Kommission sind der Verkehrsministerkonferenz in ihrer Sitzung Mitte Oktober vorgestellt worden. Der Abschlussbericht wird dem Vorsitzenden am 19. Dezember 2012 vorgelegt. Die weitere Beratung erfolgt durch die Länderverkehrsminister ab Frühjahr des nächsten Jahres.

In diesem Zusammenhang einige Anmerkungen zu der derzeit laufenden Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans 2015:

Die Neuaufstellung des Bedarfsplans bietet für uns die Chance, die Engpassbeseitigung und den Ausbau der Seehafenhinterlandanbindung prioritär weiter zu verfolgen. Die derzeitige Infrastrukturausstattung in den Hauptachsen, insbesondere des Schienenverkehrs mit seinen Knoten, entspricht kaum noch den aktuellen Anforderungen.

Die künftige Verkehrsentwicklung - insbesondere bei der Gütertransportleistung im Seehafenhinterlandverkehr sind weiterhin hohe Zuwachsraten zu erwarten - lässt sich mithin gar nicht mehr abbilden.

Die Verbesserung der Seehafenanbindung, einschließlich der seewärtigen Zufahrten, liegt nicht nur im Interesse der norddeutschen Länder, sondern kommt letztlich auch anderen Bundesländern bei der Sicherstellung ihrer Import- und Exportverkehre zugute.

Der Zeitplan für den neuen Bedarfsplan sieht die Einreichung von Projektvorschlägen für die Netze von Schiene und Wasserstraße für Ende 2012 vor. Für das Straßennetz erfolgen die Projektanmeldungen der Länder bis spätestens Mitte 2013.

Im Hinblick auf den Hafenhinterlandverkehr sind Absprachen zwischen den Ländern bei allen Verkehrsträgern erforderlich. Hierzu laufen bereits länderübergreifende Kooperationen auf Arbeitsebene.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Die Fragen 1 und 2 beantworte ich aufgrund ihres Sachzusammenhangs zusammenhängend. Der Wert der Arbeit der Kommission liegt aus Sicht der Landesregierung insbesondere darin begründet, dass das Thema Verkehrsinfrastruktur einer aktuellen politischen Diskussion zugeführt wird. Gerade ein Land wie Deutschland mit hohem Exportanteil und umfangreichen Transitverkehren ist auf eine gute Infrastruktur aller Verkehrsträger dringend angewiesen. Dies kommt in Form eines eigenen Kapitels im Bericht zum Ausdruck, sofern der Entwurf auch der abschließende Bericht werden wird.

Ebenfalls positiv zu bewerten sind zehn Jahre nach der Pällmann-Kommission, die sich mit dem Thema ebenfalls ausführlich beschäftigt hatte, eine aktuelle Aufbereitung des Datenmaterials unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erfolgten Maßnahmen, namentlich die Einführung der LkwMaut, sowie die Schaffung der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft beim Bund.

Zielsetzung der Landesregierung war und ist es, dass sich die Kommission vordringlich auf Finanzierungsfragen konzentriert. Anzusetzen ist dabei nicht nur an der Einnahmenseite, sondern bereits bei den Kosten. Erster Ansatzpunkt ist die Kostensenkung durch Verringerung der Standards. Ein weiterer Ansatz zur Kostensenkung ist die Steigerung der Effizienz. Die Landesregierung hat ferner

Inputs zu weiteren möglichen Finanzierungsquellen gegeben.

Bei den Grünen denkt man meist nur an die PPPModelle, Beispiel A 1 oder A 7, wie Herr Hagenah es eben auch dargestellt hat. Die Landesregierung steht diesen Modellen, sofern sie unter wirtschaftlichen und zeitlichen Aspekten sinnvoll sind, offen gegenüber. Wir denken aber durchaus weiter. Wir können uns auch über derartige PPP-Modelle hinausgehende Modelle vorstellen. Hier ist z. B. über die Ausweitung von PPP-Modellen durch eine Nutzer- oder Mitnutzer-Finanzierung von Verkehrstrassen für Energie oder Telekommunikation oder eine Nutzerfinanzierung bei Binnenschifffahrtswegen zu diskutieren.

Weil es eben anklang, noch ein Wort zu den PPPModellen, die wir im Autobahnbau gehabt haben: Die A 1 zwischen Hamburg und Bremen ist ein ganz besonders gelungenes Beispiel für die Sinnhaftigkeit und den Nutzen von PPP-Modellen für den Bürger und den Steuerzahler.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der SPD: An- dere sehen das anders, Herr Bode!)