Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Wir wollen qualifiziertes, an einer Hochschule und nach den neusten Erkenntnissen ausgebildetes bzw. fortgebildetes Personal sowie angemessene Arbeitsbedingungen für die Erzieherinnen und Erzieher.

Höhere Qualität in Krippen und Kitas heißt auch: bessere Betreuungsschlüssel und mehr Verfügungszeit für die Erzieherinnen.

Wir wollen Kinder, die eine Kindheit haben und denen Lust am Lernen nicht schon in den frühesten Jahren durch Testeritis, Gruppenzwang und Leistungsdruck ausgetrieben wird

(Beifall bei der LINKEN)

und deren Spielzeug nicht geschlechtsspezifisch ausgewählt wird. So sollte frühkindliche Förderung aussehen - und das Ganze natürlich gebührenfrei; denn DIE LINKE steht für gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Weiterbildung.

(Beifall bei der LINKEN)

In unserem Änderungsantrag zum Haushalt fordern wir zusätzliche 65 Millionen Euro für ein zweites beitragsfreies Kindergartenjahr als ersten Schritt in Richtung dieser Ziele. Weitere erste Schritte entsprechend diesem Leitbild für die Schule: Es muss eine Schule ohne jegliche Art von Schulgeld für alle geben, keine soziale Diskriminierung bei der Bücherausleihe, am Mittagstisch oder bei Klassenfahrten. So lautet unsere Forderung: Die Schülerinnen und Schüler lernen gemeinsam bis zur 10. Klasse und nicht nur bis zum 10. Lebensjahr.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf die individuellen Bedürfnisse wird geachtet und das persönliche Lerntempo berücksichtigt. Hierzu brauchen wir eine intensive pädagogische Begleitung in kleinen Einheiten von bis zu 20 Schülerinnen und Schülern, bei Bedarf mit zwei Lehrkräften.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Der Unterricht entwickelt sich ständig unter Einbeziehung von Eltern, Lehrern und Schülern weiter und nimmt konkrete Entwicklungen aus Praxis und der Lerngruppe auf. Hierzu brauchen wir motivierte Schülerinnen und Schüler genauso wie motivierte Lehrerinnen und Lehrer. Für diese Motivation ist es wichtig, dass die Lehrer eine berufliche Absicherung und angenehme Arbeitsbedingungen haben.

Schülerinnen und Schüler brauchen ebenso eine Perspektive. Dieser Perspektive darf nicht nur

Hartz IV und Fortbildungskurse in Fächern wie „Wie gehe ich mit meinem Arbeitsvermittler um?“ lauten.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade im unteren Leistungssegment brauchen wir mehr Fördermaßnahmen und eine Eröffnung von Qualifikationen, die diesen Namen auch verdienen, also keine Schaffung der x-ten Warteschleife in der beruflichen Bildung und keine Sackgassen für Jugendliche ohne Schulabschluss, wie Sie es jetzt gerade bei der Neuordnung der beruflichen Bildung auf den Weg bringen.

Jetzt vergleiche ich die eben dargestellte Politik mit Ihrem Haushaltsansatz. Das Ergebnis ist für alle offensichtlich: Wir sind meilenweit von einem vernünftigen Bildungsansatz entfernt. In diesem Kultushaushalt gibt es fast kein Kapitel, das uns den von uns skizzierten Zielen näher bringen würde. Um ehrlich zu sein, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich habe nicht viel anderes erwartet. Was ich in diesem ersten Jahr an Bildungsdebatten im Landtag erlebt habe, gibt zu Hoffnung wenig Anlass. Im Mai sahen wir die größte Lehrerdemonstration seit Jahren, im November demonstrierten tausende Schülerinnen und Schüler auch direkt vor dem Landtag für ihr Recht auf bessere Bildung.

(Beifall bei der LINKEN)

Davor und dazwischen lagen Widerstände der Landesregierung gegen die Auflösung der Arbeitszeitkonten der Lehrer. Viel zu wenig neue Lehrerstellen werden geschaffen, um allein den Ausgleich der Arbeitszeitkonten zu kompensieren. Uns erreichen, seit wir in diesen Landtag eingezogen sind, ständig Anfragen zur mangelnden Unterrichtsversorgung in Niedersachsen und Beschwerden über zu hohe Klassenfrequenzen.

Im Übrigen haben Sie gestern von uns gehört, dass die Basis einer Untersuchung sehr genau und kritisch betrachtet werden muss. Wenn die Schulinspektion in ihrem Zwischenbericht nun aber zu viel Frontalunterricht in unseren Schulen moniert, dann sollten Sie erwägen, ob nicht ein Zusammenhang mit den hohen Klassenfrequenzen von teilweise über 30 Schülerinnen und Schüler besteht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Missmanagement in der Unterrichtsversorgung wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen, wenn immer mehr Lehrerinnen und Lehrer in die Ausgleichsphase eintreten. Die ver

sprochenen und in den Etat eingestellten zweimal 250 Lehrer helfen nicht weiter; das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein.

(Beifall bei der LINKEN)

Zwischen den Protesten lag auch das Gesamtschulverhinderungsgesetz. Wir haben heute schon über dessen Auswirkungen sowie darüber diskutiert, wie die Landesregierung versucht, der IGSBewegung Knüppel zwischen die Beine zu werfen. An dieser Stelle weise ich noch einmal darauf hin, dass die Form der gebundenen Ganztagsschule für eine Integrierte Gesamtschule die Regel sein muss und nicht die Ausnahme sein darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Darin sind sich auf Kreisebene alle Parteien einig. Auch Ihre Parteimitglieder sehen das so; fragen Sie einmal Ihre Parteifreunde in den Kommunen.

Nehmen Sie aufseiten von CDU und FDP bitte endlich zur Kenntnis, dass das pädagogische Konzept integrativen Unterrichts in der IGS Ganztagsunterricht und kleinere Lerngruppen zwingend erfordert.

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Warum denn? Erklären Sie das doch mal!)

Das kostet mehr, und Sie wissen das.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Nein, das wissen wir nicht!)

Es geht Ihnen nicht um die gerechte Verteilung der Mittel auf die Schulformen, wenn Sie Gesamtschulen nicht als Ganztagsschulen zulassen, sondern letztendlich geht es Ihnen um die Zerstörung des Konzepts Integrierte Gesamtschule.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir müssen die Schulen in die Lage versetzen, einen rhythmisierten Schulalltag zu organisieren, in dem sich Phasen des Selbstlernens, der Gruppenarbeit, der Arbeit mit einer Lehrkraft und Pausen abwechseln und ergänzen. Es spricht also viel für Ganztagsschulen.

Zu alledem gehört auch die Stärkung der Landesschulbehörde mit ihrem Auftrag zur Unterstützung der Beratung der Schulen. Auch mit dem Änderungsantrag der Regierungsfraktionen werden die Stellenkürzungen in der Landesschulbehörde weitergehen. In unseren Änderungsanträgen finden Sie 3,4 Millionen Euro für die Aussetzung der Stellenkürzungen und weitere Mittel für 50 zusätzliche

Schulpsychologinnen und -psychologen, deren Arbeit heute wichtiger denn je ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Zusätzlich brauchen wir Stellen an den Schulen, um die an die Landesschulbehörde abgeordneten Kollegen zu ersetzen.

Wir wollen 20 Millionen Euro für ein kostenfreies Schulmittagessen für bedürftige Kinder und nicht etwa null Euro, wie es die Landesregierung zunächst vorgeschlagen hatte, oder 1,5 Millionen Euro, die von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, jetzt vorgeschlagen worden sind. Ihre Begründung, diese 1,5 Millionen Euro entsprächen dem tatsächlichen Bedarf, empfinde ich als zynisch. Ihre Förderkriterien sind viel zu eng. Sie verlangen eine Eigenbeteiligung von Hartz-IV-Familien und den Flüchtlingen.

Ein zweiter Punkt sind die Lehrerstellen. Wäre es möglich, Lehrer zu backen, gingen wir mit unserer Forderung nach neuen Lehrkräften sicherlich noch weiter. Doch das ist nicht möglich. Daher fordern wir in einem ersten Schritt 1 500 neue Lehrkräfte, die auf dem Arbeitsmarkt durchaus zur Verfügung stehen. Damit könnten wir die Ablösung der Arbeitszeitkonten vollständig auffangen, damit beginnen, Ganztagsschulen auszubauen, und die Klassenfrequenzen langsam senken.

Ein zweiter und ebenso bedeutsamer Schritt sind Investitionen in den Lehrernachwuchs. Hier ist die entscheidende Stellschraube, an der viel mehr investiert werden muss, als veranschlagt worden ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Angesichts der anstehenden Pensionierungswelle ist es grob fahrlässig, hier nur Symbolpolitik zu betreiben und zu meinen, mit 250 zusätzlichen Plätzen in der Lehrerausbildung sei alles geregelt. Herr Möllring, mit Ihrem Kürzen der Forderungen Ihrer Ministerkollegen haben Sie dem Land hier keinen Gefallen getan.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Die Linke steht für das Menschenrecht auf Bildung und für freien Zugang zu Bildung, unabhängig von Geldbeutel, Herkunft und Wohnort.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke setzt sich für einen massiven Ausbau des staatlichen Bildungssektors und gegen Aus

wahlmechanismen wie Kita-Gebühren, ein gegliedertes Schulsystem, versteckte Schulgelder und Warteschleifen in der beruflichen Ausbildung ein.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine kurze Zusammenfassung unserer Schwerpunkte: Wir fordern zusätzliche 75 Millionen Euro für einen Ausbau der Lehrerstellen, zusätzliche Investitionen in den pädagogischen Nachwuchs in Höhe von 38 Millionen Euro, die vollständige Lernmittelfreiheit und kostenloses Mittagessen für Kinder aus finanziell schwachen Familien.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir lassen uns nicht von Bemerkungen irritieren, die nach der Finanzierbarkeit unserer Haushaltsvorschläge fragen.