Protocol of the Session on November 11, 2010

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- Das kommentiere ich nicht. - Jetzt hat Herr Adler das Wort. Bitte schön, Herr Adler!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorgelegte Gesetzentwurf verändert das Gesetz nur mit wenigen Worten. Das Ziel ist, das Zielabweichungsverfahren nach dem Raumordnungsgesetz zu verändern. Wir möchten es so verändern, dass die demokratisch gewählten Instanzen den maßgeblichen Einfluss auf das Raumordnungsverfahren haben.

§ 11 des Bundes-Raumordnungsgesetzes gibt vor, dass im Einzelfall von den Zielen, die durch die Raumordnung vorgegeben werden, in einem speziellen Verfahren abgewichen werden kann. Wie dieses spezielle Verfahren durchgeführt wird, regeln die Landesgesetze.

In dem bisherigen Gesetz in Niedersachsen steht, dass die „fachlich berührten Stellen“ - so heißt es im Gesetz - im Zielabweichungsverfahren eine Schlüsselrolle haben. Was eine fachlich berührte Stelle ist, ist wiederum in einer Verwaltungsvorschrift definiert. Dort sind öffentliche Stellen, Fachbehörden und Kammern aufgeführt.

Diese Schlüsselrolle nehmen z. B. die Industrie- und Handelskammern deshalb wahr, weil im Gesetz „Einvernehmen“ und nicht „Benehmen“ steht. „Einvernehmen“ bedeutet, dass die entsprechende Instanz zustimmen muss. „Benehmen“ bedeutet, dass sie lediglich angehört werden muss. Praktisch läuft dies auf ein Vetorecht hinaus, das die beteiligten Kammern im Zielabweichungsverfahren haben. Wohin das führt, konnte man in Oldenburg sehen, als die Industrie- und Handelskammer ihre rechtliche Stellung ausnutzen konnte, um erpresserisch auf Schlüsselfragen der Stadtpolitik einzuwirken.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Was!)

Dabei ging es um die IKEA-Ansiedlung, die von allen Fraktionen im Rat der Stadt Oldenburg befürwortet worden war, von den Grünen zwar noch nicht gleich am Anfang, aber später dann doch. Die IHK hatte ihr Einvernehmen nur unter der Bedingung geben wollen, dass die ECE Shopping Mall - jetzt heißt das „Schlosshöfe“ - in der Innenstadt genehmigt wird. Die IHK vertritt aber die Interessen ihrer Mitglieder und nicht die Interessen der Allgemeinheit. Für die Interessen der Allgemeinheit sind die gewählten Räte zuständig, in diesem Falle

der Stadtrat. Die Schlüsselrolle, das Einvernehmen herzustellen, soll beim Stadtrat liegen und nicht bei der IHK, die gar nicht für die Allgemeinheit sprechen kann. Das ist der Sinn unseres Antrages.

Nun ist uns nicht entgangen, dass der CDULandesparteitag im August 2010 einen ähnlichen Antrag beschlossen hat.

(Björn Thümler [CDU]: Nein, der war ganz anders!)

Im Gegensatz zu unserem Antrag wird dort aber nur der Begriff „Einvernehmen“ im Zusammenhang mit den fachlich berührten Stellen durch „Benehmen“ ersetzt. Wir wollen aber, dass das Einvernehmen mit den kommunalen Räten hergestellt werden muss. Aber immerhin geht der Antrag der CDU in die gleiche Richtung wie unser Antrag.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Hört, hört! - Gegenruf von Dr. Manfred Sohn [LIN- KE]: Das macht euch fertig!)

Das ist erst einmal positiv.

Auch der Antrag der CDU will den Industrie- und Handelskammern ihre Schlüsselrolle - d. h. ihr Vetorecht - im Zielabweichungsverfahren nehmen.

Es ist ja häufiger so, dass Anträge der Linken dabei helfen, dass die SPD in ihren eigenen Beschlussfassungen etwas konsequenter wird. Diese Rolle wollen wir auch gern gegenüber solchen Anträgen der CDU einnehmen. Wenn wir helfen können, konsequent zu sein und Ihre Parteitagsbeschlüsse umzusetzen, dann tun wir das.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Wir kommen allein klar!)

Das Entscheidende ist, dass wir keine Berührungsängste haben, wenn wir parallele Anträge einbringen.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist Be- liebigkeit!)

Wir hoffen, dass Sie sich mit unserem Antrag genauso intensiv auseinandersetzen, wie Sie vielleicht Ihren eigenen Parteitagsbeschluss in den Gesetzesberatungen durchsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Es geht ja um die Sache!)

Danke schön, Herr Adler. - Nun hat sich Frau Ministerin Grotelüschen für die Landesregierung zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus Sicht der Landesregierung hat der vorgelegte Gesetzentwurf der Fraktion der Linken einen Haken: Er verkennt die Funktion der Raumordnung und des raumordnungsrechtlichen Zielabweichungsverfahrens.

Raumordnung hat überörtlichen und fachübergreifenden Charakter. Durch die im Landes-Raumordnungsprogramm sowie in den Regionalen Raumordnungsprogrammen festgelegten Ziele werden diese raumbedeutsamen Nutzungsansprüche koordiniert und vor allen Dingen auch die räumlichen Entwicklungen gesteuert, die überregionale und regionale Bedeutung haben und gerade nicht als Sache der örtlichen Gemeinden anzusehen sind.

Wenn nach Aufstellung eines Raumordnungsziels neue Umstände eintreten - das wurde eben bereits erwähnt -, kann im Einzelfall über eine Zielabweichung entschieden werden. Dabei kommt es vor allen Dingen darauf an, ob eine Abweichung zugunsten eines einzelnen Vorhabens raumordnerisch vertretbar und mit den Grundzügen der Raumordnungsplanung vereinbar ist.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Diese Voraussetzungen sind inzwischen im Raumordnungsgesetz des Bundes festgeschrieben und nicht mehr im Niedersächsischen Gesetz über Raumordnung und Landesplanung zu verankern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Stellungnahmen betroffener Gemeinden auch nach der jetzigen Gesetzeslage in die raumordnerische Beurteilung einfließen können. Aus unserer Sicht ist es aber nicht vertretbar, dass die Entscheidung über ein landesweites oder regionales Raumordnungsziel bzw. die Abweichung davon letztendlich allein durch örtliche Belange einer einzelnen Gemeinde bestimmt werden. Denn so würde eine gemeinschaftliche Mitwirkung in Form einer Einvernehmenserteilung den Kompetenzbereich der Gemeinden unzulässig auf Angelegenheiten aus

dehnen, die über die Aufgaben dieser örtlichen Gemeinschaft hinausgehen.

(Beifall bei der CDU)

Raumordnerische Entscheidungen vom Einvernehmen der betroffenen Gemeinden abhängig zu machen, würde den überörtlichen Abstimmungs- und auch den Steuerungsauftrag der Raumordnung, denke ich, ad absurdum führen. Eine Umwandlung der bisherigen Benehmensregelung für betroffene Gemeinden in eine Einvernehmensregelung ist deshalb aus meiner Sicht abzulehnen.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Den fachlich berührten Stellen - Herr Adler hat es gerade angesprochen - wird bisher eine ihrem überörtlichen Aufgabenbereich entsprechende Mitwirkung im Zielabweichungsverfahren eingeräumt. Deshalb ist hier ihr Einvernehmen vorausgesetzt. Es mag legitim sein, auch bei fachlich berührten Stellen über eine bloße Benehmensherstellung nachzudenken.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Aha!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die bestehende Regelung hat sich jedenfalls aus unserer Sicht in der Praxis bewährt. Deshalb sehen wir keine Notwendigkeit für die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Änderung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin Grotelüschen. - Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Hausmann. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mit der Drs. 16/2980 liegt uns ein Entwurf für eine Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Raumordnung und Landesplanung vor. Hierbei geht es um die Möglichkeit zur Abweichung von einem Ziel der Raumordnung, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Hier wird also ein Ausnahmefall beschrieben. Entgegen der bisherigen Gesetzesfassung soll nach den Vorstellungen des Antragstellers in diesem Falle das Einvernehmen mit den Gemeinden herzustellen sein und mit den fachlich berührten Stellen nur das Benehmen. Die Ministerin hat gerade ihre Rechtsauffassung bzw.

die Rechtsauffassung des Ministeriums dargestellt. Ich bin sicher, dass wir zu dieser Sache auch noch andere Rechtsauffassungen hören werden. Deshalb möchte ich dazu nicht weiter ausführen.

Das Ziel dieses Gesetzentwurfes ist - das kann ich durchaus verstehen - eine Umkehr der Gewichtung bei den Entscheidungen über solche Maßnahmen. Hier soll in erster Linie die betroffene Gemeinde im Einvernehmen gehört werden, und dann erst die fachlich berührte Stelle im Benehmen. Wir können das nachvollziehen, weil wir der Meinung sind, dass eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung im Gesetz durchaus sinnvoll ist.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Christian Meyer [GRÜNE])

Wir sind aber auch der Meinung, dass wir heute noch keine letzte Entscheidung darüber fällen können. Sicherlich muss die öffentliche Beteiligung noch abgeschlossen werden. Ich bin sicher, dass wir in den Beratungen auch noch den GBD hören werden, der uns die Gesetzeslage aus seiner Sicht darlegen wird. Nach dieser Vorlage werden wir beraten und unsere Entscheidung formulieren.

Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ganz herzlichen Dank, Herr Hausmann. - Nun hat Herr Kollege Deppmeyer für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Der Antrag der Linken hat das Ziel, Abweichungen von den Zielen der Raumordnung und Landesplanung neu zu ordnen. Zurzeit ist es so, dass das Einvernehmen mit den fachlich berührten Stellen hergestellt werden muss, mit den Kommunen jedoch nur das Benehmen. Das Benehmen greift weniger weit. „Einvernehmen“ bedeutet, es muss eine gleiche Meinung hergestellt werden.

Hierzu ist unsererseits festzustellen, dass Raumordnung und Landesplanung überregionale und regionale Bedeutung haben, nicht nur örtliche.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb kann es nicht sein, dass das Einvernehmen mit sämtlichen Kommunen hergestellt werden muss. Wenn man - das ist oft der Fall - mehrere