Protokoll der Sitzung vom 17.08.2016

Nichtsdestotrotz bin ich mit meinen Vorrednerinnen und Vorrednern einer Meinung, dass Niederdeutsch und Saterfriesisch wichtige Elemente unserer regionalen Kultur und regionalen Identität sind.

Frau Ministerin, ich erlaube mir eine Bemerkung: Die Protokollanten schreiben ohnehin nicht mit. Insofern können Sie hier alles sagen.

(Heiterkeit)

Ich glaube, die können nicht mitschreiben. Oder schreiben sie mit? - Oh, Anerkennung!

Bitte schön!

Sie zu erhalten, ist jedenfalls ein zentrales kulturpolitisches Anliegen in Niedersachsen.

Der Gesetzentwurf der FDP zur Verfassungsänderung weckt, finde ich, große Erwartungen, die er am Ende aber nicht halten kann; denn er suggeriert, dass durch den Status des Verfassungsranges für das Niederdeutsche ein Mehrwert geschaffen wird. Praktisch ergibt sich daraus meiner Meinung nach aber kein konkreter Nutzen. Platt als Staatsziel in der Verfassung zu verankern, hätte allenfalls symbolische Wirkung. Über Symbolik sind wir im Bereich des Plattdeutschen aber schon lange hinaus. Seit vielen Jahren passiert nämlich schon sehr Konkretes zum Schutz und zur Förderung des Niederdeutschen und des Saterfriesischen in Niedersachsen.

Frau Ministerin, ich möchte Sie unterbrechen. Herr Kollege Oetjen würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Gern, wenn er sie in Hochdeutsch stellt.

Bitte schön!

(Zuruf von der SPD: Oder auf Franzö- sisch!)

Das könnte ich parieren.

Vielen Dank. - Frau Ministerin, natürlich mache ich das auf Hochdeutsch; denn ich möchte, dass Sie mir antworten, aber auch nicht auf Französisch.

Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, die Verankerung des Niederdeutschen in der Verfassung hätte keinen Mehrwert, sondern hätte nur symbolische Wirkung. - Man könnte das ja auch als Selbstverpflichtung verstehen. Frage: Wenn Sie das so sehen und daraus ableiten, dass das deswegen nicht notwendig ist - warum haben Sie sich als Grüne z. B. für die Aufnahme des Tierschutzes in die Verfassung eingesetzt, obwohl es doch nur ein Symbol ist, aus dem keine konkreten Forderungen abzuleiten sind?

(Zustimmung bei der FDP)

Bitte schön!

Diese Frage kann ich Ihnen gern beantworten: Weil sich aus diesem Verfassungsartikel gesetzliche Maßnahmen in diversen anderen Gesetzen ableiten.

(Christian Grascha [FDP]: Das kann hier doch auch so sein!)

Wir haben keine Gesetze, die in irgendeiner Form noch einmal das Saterfriesisch oder das Plattdeutsche betreffen.

Ich war gerade dabei, aufzuzählen, was in den letzten Jahren zum Schutz und zur Förderung des Niederdeutschen und des Saterfriesischen hier in Niedersachsen passiert ist.

Wir haben die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen im Jahr 1999 unterzeichnet. 17 Jahre nach Schließung dieses völkerrechtlichen Vertrages wird Plattdeutsch in unserem Land wieder in nahezu allen Bereichen diskutiert und gesprochen: in Bildung und Ausbildung, in Kultur und Gesellschaft. Das Niederdeutsche wird heute allein in Niedersachsen von ca. 2 Millionen Menschen gesprochen. Sie irren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wenn Sie formulieren, dass die Zahl drastisch sinkt. Aktuelle Studien widerlegen das. Darüber können wir aber gerne auch noch einmal im Ausschuss unterrichten.

Dass dies in Niedersachsen gelingt, hängt auch damit zusammen, dass das Land, Landschaften und Landschaftsverbände sowie der Niedersächsische Heimatbund gut zusammenarbeiten und gemeinsam zeitgemäße und generationenübergreifende Formate zur Vermittlung des Plattdeutschen ins Leben gerufen haben. Plattsounds und PLATTart sind nur zwei Beispiele dafür.

Frau Ministerin, ich muss Sie noch einmal unterbrechen. Herr Kollege Thiele würde Ihnen ebenfalls eine Zwischenfrage stellen wollen.

Selbstverständlich.

Bitte schön!

Frau Ministerin, es tut mir leid, ich muss jetzt noch einmal zu einem Punkt zurückkommen, der schon eine Minute zurückliegt. Das Präsidium aber war mit Sprechen beschäftigt und konnte meine Wortmeldung nicht sehen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Sie haben vorhin gesagt, ein Verfassungsrang hätte nur dann Sinn, wenn er mit Gesetzen unterlegt ist. Ich möchte Sie fragen, ob es an dieser Stelle nicht doch eine Wirkung hat, dass das Plattdeutsche z. B. im Schulgesetz verankert ist, und ob ein solcher Verfassungsrang gerade mit Blick

auf den schulischen Unterricht und die Kerncurricula, die vorhin schon angesprochen wurden, Wirkung haben könnte und ob auch bei anderen Gesetzen eine Verankerung des Plattdeutschen denkbar wäre.

Frau Ministerin, eine Sekunde! - Herr Kollege Thiele, wenn das Präsidium hier spricht, dann ist das immer wichtig und hat es vor allem immer Vorrang vor dem, was ein Abgeordneter fragen will.

(Heiterkeit und Beifall)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Ich finde, die Tatsache, dass Plattdeutsch schon jetzt im Schulgesetz verankert ist, ist eher ein Argument dafür, dass es überflüssig ist, hierzu auch noch einen Verfassungsartikel zu formulieren.

(Ulf Thiele [CDU]: Sehr schade!)

Ich war bei der Aufzählung der Dinge, die wir bereits tun.

Unter anderem ist bei der Oldenburgischen Landschaft im Jahr 2010 eine Netzwerkstelle für Niederdeutsch und Saterfriesisch eingerichtet worden. Das Land hat einen dauerhaft finanzierten, sehr erfolgreichen Lehrstuhl an der Universität Oldenburg eingerichtet. Hier haben im Sommersemester 2016 238 Studierende an entsprechenden Seminarangeboten zu Niederdeutsch und Saterfriesisch innerhalb des Germanistikstudiums teilgenommen. Außerdem hat das Land für die Schulen mit dem von Ihnen gerade schon zitierten Erlass „Die Region und ihre Sprachen im Unterricht“ wichtige Voraussetzungen für den niederdeutschen Spracherwerb im Unterricht geschaffen.

Auch wenn die Förderung des Instituts für niederdeutsche Sprache e. V. (INS) mit Wirkung zum Ende des Jahres 2017 von den Geberländern eingestellt wird - es wird auch darüber hinaus eine gemeinsame länderübergreifende Strategie geben. Kein Cent weniger wird in die Förderung und den Schutz des Plattdeutschen fließen.

An Herrn Thiele an dieser Stelle der Hinweis - soweit ich mir das habe übersetzen lassen -: Der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur ist ausführlich darüber unterrichtet worden, und zwar am 30. Mai. Davon abgesehen, wird diese Causa, wie

sich die Länder zu diesem Institut verhalten, seit 2012 beraten und hin und her gewogen.

Das Entscheidende ist doch, dass wir uns zum einen weiterhin länderübergreifend darauf verständigen, dass diese Angelegenheit auch weiterhin länderübergreifend behandelt wird. Zum anderen ist es wichtig, dass wir die Mittel weiterhin im Haushalt belassen. Wir werden selbstverständlich - das ist auch schon veranlasst - mit dem Heimatbund und anderen Akteuren darüber diskutieren - auch wenn Sie den Kopf schütteln, ist es trotzdem so -, wie wir die jetzt frei gewordenen Mittel in Zukunft sinnvoll und im Interesse all derer, die in irgendeiner Form mit Niederdeutsch befasst sind, einsetzen können. Das alles schaffen wir auch ohne Verfassungsrang.

Niederdeutsch und Saterfriesisch gehören zu Niedersachsen. Deshalb müssen wir diese Sprachen im privaten wie auch im öffentlichen Raum lebendig halten. Lassen Sie uns die Charta bitte umsetzen! Davon hat das Plattdeutsche mehr als von verkopften Verfassungsdebatten.

In diesem Sinne - jetzt kommt mein Nachweis für eine gelungene Integration -: Denn man tau!

(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜ- NEN und bei der SPD)

Frau Ministerin, ich würde sagen: ausbaufähig! - Die CDU-Fraktion beantragt zusätzliche Redezeit. Herr Kollege Thiele, eine Minute! Bitte schön!

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich spreche erst einmal auf Hochdeutsch, damit Sie mich verstehen. - Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen, aber damit Sie wissen, was ich meine.

Das, was ich kritisiert habe, ist die Tatsache, dass die beteiligten Länder diesen Vertrag gekündigt haben und erst jetzt nach der Kündigung ein Konzept dafür erarbeitet werden soll, wie es weitergehen soll. Mit den Beteiligten wurde nicht darüber gesprochen, dass der Vertrag gekündigt wird.

Es gibt eine ganze Reihe von Instituten und Einrichtungen, die mit dem Institut für niederdeutsche Sprache bisher gut und eng zusammengearbeitet haben. Ich habe gehört, dass das Ministerium selbst dies anders sieht. Ich habe heute verstanden, dass auch Sie persönlich das anders sehen. Es gibt in diesem Land aber auch Institutionen, die sich mit dem Plattdeutschen beschäftigen und die

Arbeit dieses Institutes in hohem Maße wertschätzen.

Konflikte auf der persönlichen Ebene - sollte es das gewesen sein - dürfen am Ende nicht dazu führen, dass hier eine Struktur vollständig zerschlagen wird und das Ministerium keine Antwort darauf geben kann - auch die anderen Länder können das nicht -, wie es weitergehen soll.

(Glocke des Präsidenten)

Wissen Sie, was meine, was unsere Befürchtung ist? - Dass andere Bundesländer - das Land Schleswig-Holstein z. B. hat bereits den Standort Flensburg für eine Nachfolgeregelung ins Gespräch gebracht - jetzt voranmarschieren, während wir hier mit unserer Zurückhaltung, die wir mit Blick auf das Plattdeutsche hier in Hannover leider immer wieder zu spüren bekommen und immer wieder festzustellen haben, am Ende den Zug verpassen, -