Protokoll der Sitzung vom 15.09.2016

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Saipa. - Jetzt hat sich Clemens Große Macke, CDU-Fraktion, gemeldet. Bitte schön, Herr Große Macke, Sie haben das Wort.

Danke. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die die Regierung tragenden Fraktionen stellen diesen Antrag heute zur Abstimmung. Im Februar 2016 haben wir den Antrag erstmalig beraten.

Ja, in den vergangenen zehn Jahren hat sich das Volumen der an den internationalen Rohstoffbörsen gehandelten Terminkontrakte extrem erhöht. Exzessive Spekulationen hat es kaum gegeben - heftige Preisschwankungen genauso wenig.

Aber eines der zentralen Ziele der Finanzmarktrichtlinie MiFID II, nämlich die Transparenz an den Warenterminmärkten zu erhöhen, gleichzeitig aber die Spekulation mit Nahrungsmitteln einzudämmen, ohne den Markt an sich zu stören, halte ich für zielführend.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das zentrale Element dabei sind strenge Positionslimits, die insbesondere für solche Akteure gelten, die überhaupt kein reales Interesse an der Ware haben. Für die Spezifikation dieser Positionslimits ist die europäische Finanzaufsichtsbehörde ESMA zuständig. Das Europäische Parlament hat von der ESMA u. a. Nachbesserungen bei eben dieser Spezifikation gefordert. In der Folge hat die ESMA auch eine Reihe von Nachbesserungsvorschlägen gemacht, die positiv aufgenommen wurden - so der zuständige Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die MiFID II, der CSU-Finanzexperte Markus Ferber.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich hätte mir allerdings gewünscht, dass die Antragsteller in den vergangenen sieben Monaten einen Änderungsantrag vorgelegt hätten, der sich nicht nur mit einer EU-Richtlinie beschäftigt, sondern sich auch mit Agrarrohstoffspekulationen auseinandersetzt. Sich nur der Argumentation von NGOs wie Oxfam zu bedienen, ist falsch.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Insbesondere von einigen Nichtregierungsorganisationen wird ein kausaler Zusammenhang von Agrarrohstoffpreisanstiegen und Nahrungsmittelspekulationen deklariert. Auswertungen über die Preisentwicklung der Agrarrohstoffe Mais, Weizen und Sojabohnen unterstützen diesen Ansatz - das habe ich auch schon im Februar gesagt - eher nicht. Unstrittig ist nur, dass das gestiegene Wohlstandsniveau in Schwellenländern und der Einsatz von Agrarrohstoffen zur Herstellung von Bioethanol und Biogas die Preisentwicklung nachhaltig beeinflussen. Davon ist im Antrag, Herr Kollege Saipa, leider nichts zu finden - gar nichts.

Vielleicht erklärt das auch, warum die die Regierung tragenden Fraktionen im Antrag überwiegend die Position von Oxfam übernommen haben, deren präsentierte Evidenz von wissenschaftlicher Seite aufgrund von erheblichen methodischen Defiziten aber überhaupt nicht anerkannt wird. Kampagnen einiger NGOs haben aber sehr wohl dazu geführt,

dass einige Banken - mein Kollege sprach es an - wie die Deutsche Bank und die Commerzbank aus Finanzgeschäften mit Agrarrohstoffen ausgestiegen sind, und zwar mit der von mir im Februar schon geschilderten Folge für die Liquidität an den Märkten.

Eine wesentliche Forderung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bleibt, nämlich die Forderung nach mehr Transparenz und einer besseren Datenverfügbarkeit. Da sollte man sich nicht allein auf wöchentliche, zumeist amerikanische Datengrundlagen berufen; das ist sicherlich ausbaufähig.

Der vorliegende Antrag von Rot-Grün ist überholt; denn er zielt nur auf die Novellierung der EUFinanzinstrumente-Richtlinie ab. Das hat sich erledigt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der die Regierung tragenden Fraktionen, Sie haben die Chance verpasst, den Rahmen von Positionslimits, der den Länderbehörden von der ESMA ausdrücklich gewährt wird - wir reden von einer Spanne von 2,5 bis - - -

(Unruhe)

Herr Kollege, ich darf Sie ganz kurz unterbrechen. - Ich hatte schon vorhin bei der Rede von Herr Saipa darum gebeten, dass Sie sich bitte auf den Redner konzentrieren. Wenn Sie Gespräche führen möchten, gibt es dazu andere Möglichkeiten. Das gilt auch für die FDP-Fraktion.

(Horst Kortlang [FDP]: Ich bin doch still! - Jens Nacke [CDU] - in den Rei- hen der FDP sitzend -: Ich habe gera- de versucht, denen das zu erklären!)

- Für die Gruppe auf den Plätzen der FDPFraktion. Herr Nacke, alles klar!

Meine Damen und Herren, bitte konzentrieren Sie sich wieder auf den Redner! - Bitte schön!

Sie sind ein guter Präsident, Herr Präsident.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ronald Schminke [SPD]: Eine unzulässige Wertung ist das!)

Ich beziehe meine beiden Beisitzer da natürlich voll mit ein.

Das bleibt Ihnen überlassen.

Die Spanne wird also nicht ausgeschöpft.

Herr Kollege Saipa, noch ein paar Anmerkungen.

Sie haben moniert, dass 40 % des gehandelten Weizens viel zu viel sind und 76 Millionen t viel mehr ist, als weltweit produziert wurde. Dabei haben Sie scheinbar die Umschlagshäufigkeit an den Börsen nicht mit berücksichtigt. Denn der Produzent verkauft an den Händler, der Händler an den Großhändler, der Großhändler an eine Großbäckerei. Ich denke, dass es mit zur Fachlichkeit gehört, das zu berücksichtigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege, Sie haben die Chance verpasst, von den Marktakteuren Kontrakte z. B. für Weizen auf Proteingehaltbasis an der Börse in Paris einzufordern. Warum müssen die Amerikaner das an der Börse in Chicago platzieren? Wo ist dort Ihre Initiative?

Sie haben die Chance verpasst, in Zeiten der Milchkrise rechtzeitig - in einem zugegebenermaßen wenig elastischen Markt - für Kontrakte z. B. im Bereich Butter, Magermilch oder Käse zu werben. Stattdessen setzen Sie nur auf eine hoch riskante Umstellung der Milchbetriebe von konventionell auf Ökoproduktion. Aber ich kann doch eine große Herde nicht in einen kleinen Stall treiben! Sie überhitzen da doch einen kleinen Markt. Und Sie haben auch die Chance verpasst, den Hochfrequenzhandel, der nur von großen Playern betrieben werden kann, in ihren Fokus zu nehmen. Und Sie haben die Chance verpasst, Kassamärkte mit einer körperlichen Belieferung zu verbinden. Warum haben Sie das nicht gemacht?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle möchte ich mich aber auch bei den Ministerien MW und ML für die interessante Beantwortung meiner Fragen aus der ersten Beratung vom Februar ausdrücklich bedanken. Aber insgesamt bleibt: Die CDU wird diesen Antrag der verpassten Chancen ablehnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Große Macke. - Jetzt hat sich Maaret Westphely, Bündnis 90/Die Grünen, gemeldet. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Große Macke, dann frage ich mich, wo Ihre Initiativen gewesen sind. Von denen habe ich nichts gesehen. Von uns hingegen liegt eine Initiative vor, und die zentrale Botschaft dieser Initiative ist: Mit Essen spielt man nicht!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Gerd Ludwig Will [SPD])

Diese zentrale Botschaft richtet sich aber nicht etwa an Kinder, die nicht aufessen möchten, sondern an Finanzspekulanten, durch die es für Erzeugerinnen und Erzeuger und Konsumentinnen und Konsumenten zu unkalkulierbaren Effekten auf Nahrungsmittelpreise kommen kann und die von tatsächlichem Angebot und tatsächlicher Nachfrage an Nahrungsmitteln völlig unabhängig sind. Diese zum Teil drastischen Preissprünge z. B. bei Mais, Weizen, Reis - mein Kollege Saipa hat die Beispiele genannt - sind mit verantwortlich für globale Nahrungsmittelkrisen, die vor allem einkommensschwache Menschen in armen Ländern oder in Ländern, die von Lebensmittelimporten abhängig sind, betreffen.

Die Europäische Union hatte sich dieses Themas mit der Ausgestaltung der FinanzinstrumenteRichtlinie angenommen. Allerdings hatte schon der erste Entwurf von der für die Ausgestaltung der Richtlinie zuständigen Behörde ESMA keine ausreichenden Grenzen gesetzt, um das Ziel - die Eindämmung und wirksame Bekämpfung der Spekulation - wirksam zu verfolgen. Es war gut, dass die Kommission und das Parlament diesen ersten Entwurf zurückgewiesen und um Nachbesserung gebeten haben. Das war nicht nur ein Erfolg grüner Politik, sondern ist auch mit maßgeblicher Unterstützung der Europaabgeordneten Ferber von der CSU oder Gualtieri von der SPD geschehen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Jetzt könnt ihr von der CDU ruhig einmal klatschen!)

Nun liegt ein erneuter Entwurf vor, der aber immer noch nicht diesen von den Parlamentariern - auch in dem Brief von CSU und SPD - formulierten Anforderungen entspricht. Deswegen wundere ich

mich - Herr Große Macke, Sie haben das gesagt, dass der jetzt vorliegende Vorschlag von Ferber begrüßt wird. Ich gehe davon aus, er ist eingeknickt. Denn der maximale Anteil der Positionslimits liegt immer noch bei 35 % und wurde nicht abgelehnt. In unserem Antrag fordern wir nur 15 %. Das wäre wesentlich besser, und Händler und Konsortien würden keinen marktbeherrschenden Einfluss mehr ausüben können.

Vor diesem Hintergrund ist mir unverständlich, dass sich die CDU im Ausschuss nicht gesprächsbereit gezeigt hat. Herr Große Macke, ich habe mich schriftlich an Sie gewendet, ich habe es danach persönlich mit Ihnen besprochen. Sie haben mir nicht gesagt, in welcher Art und Weise wir den Antrag gemeinsam weiterentwickeln können. Das bedauere ich sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Aussitzen nennt man das!)

- Aussitzen nennt man das, genau.

Sie widersprechen dem Anliegen, das auch von Ihrem Abgeordneten auf europäischer Ebene unterstützt wird, und schaden dem Ziel, unverhältnismäßige Preissteigerungen durch Finanzspekulationen einzudämmen. Den Preis zahlen diejenigen, die es sich am wenigsten leisten können und die im schlimmsten Fall an Hunger leiden.

Wir bleiben mit unserem Antrag bei diesem Anliegen und werden uns über den Bundesrat und weitere Möglichkeiten an der Seite der Grünen im Europaparlament dafür einsetzen, dass strengere Regeln zur Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation effektiv umgesetzt werden.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Westphely. - Für die FDPFraktion hat sich jetzt Horst Kortlang gemeldet. Bitte sehr, Herr Kortlang!