Protokoll der Sitzung vom 27.10.2016

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen und Enthaltungen gibt es nicht. Dann ist der Antrag angenommen.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 26: Abschließende Beratung: Finanzierung des Landesanteils an den Kosten der „Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) “ für das Handwerk, die Bauwirtschaft

und die Landwirtschaft in Niedersachsen dauerhaft sicherstellen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/5829 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/6652

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich zweimal der Kollege Bley.

(Zuruf von Karl-Heinz Bley [CDU])

- Ach so, Sie haben den Zettel für Frau König abgegeben; das gab natürlich Verwirrung.

Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Etwa zwei Drittel aller Erwerbstätigen in Deutschland haben eine Berufsausbildung im dualen System absolviert, d. h. eine Kombination aus praktischer Ausbildung in einem Betrieb und schulischer Ausbildung in einer Berufsschule. Gerade wegen der Verbindung von Theorie und Praxis gilt diese Ausbildungsform als Besonderheit des deutschen Bildungssystems und findet auch international große Anerkennung.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir sind als CDU-Fraktion dankbar für die hohe Ausbildungsleistung in Industrie, Handwerk, Bau und Landwirtschaft. Natürlich loben auch die Vertreter der Landesregierung in Niedersachsen sowie Abgeordnete von Rot-Grün die duale Ausbildung. Doch ich stelle immer wieder fest, dass das nur in Sonntagsreden stattfindet.

(Zustimmung bei der CDU - Thomas Schremmer [GRÜNE]: Das stimmt nicht, Herr Bley!)

Reelle Unterstützung sieht anders aus. Nehmen wir nur die Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen in Niedersachsen: Sie ist auf durchschnittlich 88 % gesunken. Meine Damen und Herren, das ist nicht hinnehmbar; hier muss drastisch nachgebessert werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in unserem Antrag geht es zwar nicht primär um die Unterrichts

versorgung; sie sollte aber hier im Zusammenhang mit der überbetrieblichen Ausbildung angesprochen werden.

In unserem Antrag fordern wir, die Finanzierung der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung für das Handwerk, die Bauwirtschaft und die Landwirtschaft in Niedersachsen dauerhaft sicherzustellen. Die praktischen Anforderungen an die Auszubildenden bei der Gesellenprüfung sind hoch; sie können aber von vielen Ausbildungsbetrieben nicht geleistet werden. Dafür stehen die Bildungseinrichtungen des Handwerks und weitere Einrichtungen zur Verfügung, die den Auszubildenden mit hohem Aufwand die erforderlichen Kenntnisse vermitteln. Aber das ist nicht zum Nulltarif zu haben; das muss auch finanziert werden.

In der vorigen Förderperiode gab es eine meines Erachtens gute Regelung, und zwar die Drittellösung zur Finanzierung: ein Drittel Bund, ein Drittel Land, ein Drittel ausbildende Wirtschaft. - Mit Beginn der neuen Förderperiode von 2014 bis 2020 ist für die ÜLU-Förderung eine neue Richtlinie vom Land Niedersachsen erlassen worden, die zum 1. Juli 2015 in Kraft getreten ist. Für diese Förderprogramme ist eine Fördersumme von insgesamt ca. 6 Millionen Euro vorgesehen: 3 Millionen Euro ESF-Mittel und 3 Millionen Euro Landesmittel als Kofinanzierung.

Im Rahmen der notwendigen ESF-Berichts- und Meldepflichten gibt es zwei Probleme: die vom Land verschärfte KMU-Erklärung und das von Brüssel eingeforderte Monitoring zur Erhebung von Teilnehmerdaten. Die KMU-Erklärung wurde auf Druck durch das Handwerk wieder entbehrlich. Der Fragenkatalog, der allein aus datenschutzrechtlichen Gründen infrage gestellt werden muss, soll vonseiten der Kommission eine 100-prozentige Erfassung der Daten gewährleisten. Wenn die Rücklaufquote, inzwischen auf 90 % abgemildert, nicht erreicht wird, droht eine Rückzahlung der Fördermittel zulasten der Ausbildungseinrichtungen bzw. der ausbildenden Betriebe.

Meine Damen und Herren, im Kammerbezirk Oldenburg gibt es zurzeit eine Rücklaufquote von ca. 60 %. Die Kreishandwerkerschaft Cloppenburg verzeichnet eine Rücklaufquote von 66 %. Der Geschäftsführer, Dr. Michael Hoffschroer, hat uns als Abgeordnete angeschrieben und mitgeteilt, dass durch die bestehende Unsicherheit 116 881 Euro ESF-Fördermittel zurückgezahlt werden müssten. Diese Gefahr ist noch nicht ausgeräumt.

Die Kreishandwerkerschaft Cloppenburg führt 250 ÜLU-Kurse für die Handwerkskammer Oldenburg durch. 2 500 Teilnehmer sind das im Jahr. Gegen den aktuellen Förderbescheid des Landes hat die Handwerkskammer Oldenburg in Abstimmung mit der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg Widerspruch eingelegt.

Meine Damen und Herren, bei den Gesprächen zwischen Handwerk und Staatskanzlei wurde deutlich, dass eine direkte Kopplung mit den vorliegenden Fragebögen, auch wenn diese schon abgespeckt wurden, nicht abgeleitet werden kann. Also: Beerdigen Sie diese Fragebogenaktion! In anderen Ländern gibt es sie auch nicht überall.

(Zustimmung bei der CDU)

In unserem Antrag fordern wir eine Ausgestaltung der Förderung entsprechend der vor dem 1. Juli 2015. Sollte die Einbindung der EU-Mittel nicht möglich sein, soll die Förderung zukünftig nur aus Landesmitteln erfolgen. Bei den Haushaltsberatungen werden wir in unseren Haushaltsvorschlägen die fehlenden 3 Millionen Euro einstellen. Die ÜLU-Förderung soll unbürokratisch und praxisnah abgewickelt werden. Spätestens zum 1. November 2016 wollen wir eine Unterrichtung durch die Landesregierung über die eingeleiteten Schritte.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf einige andere Punkte eingehen. Die SPD im Landkreis Nienburg hat mit ihrem Abgeordneten Grant Hendrik Tonne im Jahr 2014 eine Veranstaltung zum Thema berufliche Bildung durchgeführt. Herr Tonne sagte einleitend: „Die berufliche Bildung hat im Landkreis Nienburg eine existenzielle Bedeutung.“ Ich frage mich: Gilt das nur für Nienburg, für ganz Niedersachsen oder gar nicht? - Im Koalitionsvertrag von Rot-Grün steht auf Seite 52:

„Alle Jugendlichen haben ein Recht auf berufliche Ausbildung.“

Ferner steht dort:

„Die rot-grüne Koalition sieht allgemeine und berufliche Bildung als gleichwertig an. Die rot-grüne Koalition wird die erfolgreiche duale Ausbildung mit den beiden Lernorten Betrieb und Berufsschule stärken.“

Ich sehe in allen drei Punkten diese Vereinbarungen nicht erfüllt. Ich fordere Rot-Grün auf, sich an diesen Koalitionsvertrag zu halten.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, anhand der folgenden Zahlen möchte ich Ihnen unsere Forderung verdeutlichen: Für die berufsbildenden Schulen gibt das Land 685 Millionen Euro jährlich aus. Für die Hochschulen sind es dagegen 2,44 Milliarden Euro. Daran sehen Sie das Ausmaß des Unterschieds.

Hier im Antrag reden wir über 3 Millionen Euro, die für die berufliche Bildung zur Diskussion stehen. Ich finde es bedauerlich, wie Rot-Grün hier agiert. Ich sage: Das ist ein Trauerspiel.

(Beifall bei der CDU)

Im Ausschussprotokoll ist eine Aussage von unserem Abgeordneten Gerd Will zu lesen. Nach verschiedenen Ausführungen heißt es dort - ich zitiere:

„Eine solche Vollfinanzierung habe es übrigens auch in der vergangenen Förderperiode nicht gegeben. Vielmehr müsse die duale Berufsausbildung allen Beteiligten etwas wert sein. Bereits heute trage der Staat über 50 % der Kosten. Wenn die Unternehmen von dieser Ausbildung profitieren wollten, müssten sie auch bereit sein, Ausbildungskosten zu tragen; denn sie benötigten die Fachkräfte und beklagten derzeit oftmals einen Fachkräftemangel. Um diesen abzuwenden, müssten sie sich intensiver bemühen, auch unter Einsatz finanzieller Mittel.“

Meine Damen und Herren, das sagt alles. Für mich ist das eine klare Absage an die ausbildenden Betriebe. So viel zur Unterstützung der dualen Ausbildung durch Rot-Grün! Wortbruch pur, sage ich.

Ich darf Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Ich habe noch elf Sekunden übrig, aber ich schließe.

Danke für das Zuhören!

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Bley. - Jetzt hat sich Maaret Westphely, Bündnis 90/Die Grünen, zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bley, mit dem Antrag und Ihrem Wortbeitrag hier suggerieren Sie, dass die Landesregierung die Förderung der überbetrieblichen Berufsausbildung maßgeblich verändert habe oder

sogar verhindere oder behindere. Ich kann nur sagen: Das ist falsch. Fakt ist: Wie in der letzten Förderperiode auch, stehen 6 Millionen Euro jährlich zur Verfügung, um junge Auszubildende zu unterstützen. 3 Millionen Euro davon sind Landesmittel, 3 Millionen Euro stammen aus EU-Fördermitteln.

(Karl-Heinz Bley [CDU]: So habe ich es ausgeführt!)

Die dauerhafte Finanzierung auf dem gleichen Niveau wie in den Jahren zuvor ist also sichergestellt.

Im Ausschuss waren wir übrigens auch darüber einig, dass dort, wo EU-Mittel eingesetzt werden können, genau das auch getan wird. Denn dann haben wir mehr Landesmittel für Zwecke, die nicht von anderen Ebenen finanziert werden. Logischerweise hat das natürlich auch zur Folge, dass wir uns dann an die Regularien aus Brüssel halten müssen. Diesbezüglich gab es in zwei Punkten Änderungen nach der Umstellung auf die neue Förderperiode. Da gab es auch Probleme, die allerdings gelöst worden sind, und zwar schon vor der Einbringung des CDU-Antrags.

Erstens werden durch eine kluge Änderung des operationellen Förderprogramms die Ausbildungsbetriebe zukünftig keine KMU-Erklärung mehr abgeben müssen. Diese Änderung war dringend nötig, weil die Erklärung, die übrigens auch in der letzten Förderperiode schon abgegeben werden musste, auf europäischer Ebene verschärft worden ist, sodass sie sonst einen erheblichen Aufwand für die Ausbildungsbetriebe verursacht hätte.

Zweitens will die Europäische Kommission den Einsatz ihrer Fördermittel mithilfe von Fragebögen, die durch die Azubis auszufüllen sind, evaluieren. Weil ein bestimmter Anteil der Fördermittel nur dann von der EU ausgezahlt werden wird, wenn die Ergebnisse dieser Befragung positiv sind, ist es auch wichtig, dass die Daten für diese Evaluation zusammengebracht werden.

Aber auch zu diesem Punkt ist im Ministerium eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. Es ist gelungen, den Fragebogen von sieben Seiten auf vier Seiten einzudampfen. Jetzt ist es sogar nur noch eine Seite oder sind es anderthalb Seiten, die händisch für eine bis zu dreijährige Ausbildung ausgefüllt werden müssen. Das ist absolut vertretbar; denn dafür gibt es ja auch etwas.

Außerdem hat das Land auf eigenes Risiko die Toleranzgrenze ein weiteres Mal auf jetzt nur 90 %