Protokoll der Sitzung vom 05.04.2017

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Bis jetzt liegt nur die Wortmeldung von Dr. Gero Hocker vor. Sie haben das Wort, Herr Dr. Hocker. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin einigermaßen erstaunt, dass ich jetzt als Erster hier vorne stehe, weil dieser Antrag nun wirklich nicht von uns stammt. Wenn also jemand noch vor mir reden möchte, können wir das gerne korrigieren. Ich beginne aber erst einmal mit meinen Ausführungen.

Sie möchten also eine Datenbank einführen, zu der jeder, der in der Lage ist, ein Smartphone zu bedienen und sich eine App herunterzuladen, automatisch Meldungen über die Sichtung bestimmter Arten in bestimmten Regionen Niedersachsens abgeben kann, die dann automatisch eingepflegt werden.

Ich habe wirklich große Sympathie dafür, das Ehrenamt wertzuschätzen, das Ehrenamt mit einzubinden und das ehrenamtliche Engagement zu nutzen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber ein System, bei dem quasi jeder in der Lage ist, ohne irgendeine Prüfung vorher absolviert haben zu müssen oder irgendeine Sachkunde oder Ähnliches nachgewiesen haben zu müssen - vielleicht auch aus ganz anderen Motivationen als dem Artenschutz heraus -, Arten zu „sichten“ und ungeprüft zu melden, die sich an diesen Orten vielleicht noch nie aufgehalten haben, empfinde ich als höchst fragwürdig.

Zugegeben: Es ist am aussichtsreichsten, wenn man bestimmte irrsinnige zusätzliche Windkraftanlagen verhindern möchte, z. B. in Landkreisen wie Aurich, Wittmund, Cuxhaven, Stade oder anderswo, dass man mit dem Argument des Artenschutzes kommt und diesen hervorhebt. Dann ist es gar nicht mal von Nachteil, wenn man vielleicht auch Rotmilane „nachweisen“ und in Datenbanken einpflegen kann, wodurch dann Windkraftstandorte nicht mehr realisiert werden können.

Meine Damen und Herren, ich kann mir auf der anderen Seite geradezu bildlich vorstellen, wie sich künftig sogenannte Naturschützer oder Aktivisten an Orten auf die Lauer legen, wo es sinnvolle Infrastrukturmaßnahmen geben soll, wo vielleicht ein Seniorenheim, eine Umgehungsstraße, ein Krankenhaus oder Ähnliches gebaut werden soll. Ich glaube, dass dem Missbrauch Vorschub geleistet

wird, wenn man eine solche App auf den Weg bringt und quasi jeder solche Sichtungen melden und automatisch in eine Datenbank einpflegen kann.

Das könnte aber auch dazu führen - vielleicht ein bisschen politischer gedacht, meine sehr verehrten Damen und Herren -, dass z. B. landwirtschaftliche Flächen unter einen besonderen Schutz gestellt werden, nur weil irgendjemand ungeprüft eine bestimmte Art in einer bestimmten Region vermeintlich gesehen und in diese Datenbank eingepflegt hat.

Es ist gut und richtig, dass in Deutschland bei Infrastrukturmaßnahmen die Beteiligung von Betroffenen so weit geht wie in fast keinem anderen Land auf dieser Welt. Aber ein Instrument zu schaffen, mit dem man dem Missbrauch Vorschub leistet, wäre falsch. Ein Instrument wie Ihr Fachinformationssystem Naturschutz - um auch den Präsidenten aufzuklären, was das Kürzel „FIS-N“ genau heißt -, das dem Missbrauch und der unnötigen Verzögerung von sinnvollen Projekten Tür und Tor öffnet, unterstützen wir aber nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Hocker, auch für diese Information. Wir haben das hier gebraucht, muss ich Ihnen ehrlich sagen.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Ich weiß! Das war für den Präsidenten!)

Nächster Redner ist Hans-Joachim Janßen für Bündnis 90/Die Grünen. Herr Janßen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundlage angemessenen Handelns im Naturschutz ist die Kenntnis über das Vorkommen von Arten und Biotopen, die Populationsgröße und die Entwicklung der Bestände. Nur das, was man kennt, kann man auch schützen.

Zahlreiche ehrenamtliche Kartierer unterstützen den NLWKN bei der Datenerfassung. Dazu zählen die Tierarten-, Vogel- und Pflanzenerfassungsprogramme. Diese Erfassungsprogramme bilden die Grundlage von Artenverbreitungskarten, Flächenbewertungen und Roten Listen.

Parallel werden insbesondere die Natura-2000Gebiete professionell durch Planungsbüros erfasst. In den Naturschutzbehörden der Landkreise liegen durch kommunale Planungen und durch eigene Erfassungen weitere zusätzliche Daten vor.

Diese Daten müssen möglichst effizient zusammengeführt werden, damit sie wiederum den verschiedenen Planungsträgern zeitnah zur Verfügung gestellt werden können und auch für interessierte Bürger abrufbar sind. Schließlich dienen die Daten natürlich der Weiterentwicklung der naturschutzfachlichen Programmatik, z. B. der Neufassung des Landschaftsprogramms.

Unter Schwarz-Gelb ist die IT-Verarbeitung schmerzlich vernachlässigt worden. Bislang haben ehrenamtliche Erfasser das Ganze immer noch in Papierform übermittelt. Im NLWKN wird es dann mühsam händisch eingegeben.

Herr Dr. Hocker, der einzige Unterschied ist, dass es jetzt noch mit der Hand eingegeben werden muss und die Eingabe zukünftig elektronisch erfolgt. Keine Untere Naturschutzbehörde, kein Landkreis wird die Daten ungeprüft übernehmen und auf dieser Basis ein Schutzgebiet ausweisen. Das können Sie sich doch selbst auch nicht vorstellen. So weit sind Sie doch auch kommunalpolitisch verankert.

(Ulf Thiele [CDU]: Ich kann mir das vorstellen!)

Meine Damen und Herren, um eine effiziente Datenverarbeitung zu ermöglichen, haben wir im letzten Haushalt für die Jahre 2017 und 2018 zusätzliche Mittel von jeweils 250 000 Euro pro Jahr bereitgestellt. Damit wollen wir die technische Umsetzung absichern.

Mit dem heute zu beschließenden Antrag wollen wir das bereits begonnene Handeln der Landesregierung unterstützen und deutlich machen, dass dieser Koalition ein effizientes Datenmanagement im Naturschutz wichtig ist als Grundlage für einen Naturschutz, der diesen Namen auch verdient.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Vorgängerregierung aus CDU und FDP hat alles getan, um den Naturschutz zu schwächen. Wir dagegen wollen den Naturschutz als wichtige Säule der Umweltpolitik und der Sicherung unserer natürlichen Ressourcen stärken, damit wir auch zukünftig in Niedersachsen unsere Vielfalt an Lebensräumen vom Harz bis zum Wattenmeer erhal

ten und unseren heimischen Arten Lebensraum bieten können.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Nächste Wortmeldung: Herr Axel Brammer. Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag verfolgt das Ziel, das Datenmanagement im Bereich der Naturschutzverwaltungen zu optimieren. Dazu gehört, dass ein Datenaustausch zwischen allen Beteiligten in dem erforderlichen Rahmen stattfinden kann. Da gibt es z. B. die ehrenamtlichen Erfassungen, die für ein umfassendes Datensystem unerlässlich sind. An dieser Stelle sage ich noch einmal ein Dankeschön an alle unsere Naturschutzverbände mit ihren vielen ehrenamtlichen Helfern, die dazu beitragen, dass diese Menge an Daten zur Verfügung steht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Naturschutzverbände machen das übrigens schon seit Jahren, Herr Dr. Hocker. Ich meine da ausdrücklich nicht PETA, sondern solche Verbände wie NABU und BUND.

(Zuruf von der CDU - Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Zu denen haben Sie - das wissen wir ja; ich merke es auch an Ihrem Lachen - ein sehr merkwürdiges Verhältnis.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Ich habe über die Kollegin gelacht!)

Diese Erfassungen führen sie übrigens nicht nur über Wasser durch, sondern auch unter Wasser. Hier ist ja auch schon einmal angeklungen, dass nur Angler unter Wasser Bescheid wissen.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Zum Bei- spiel?)

- Zum Beispiel Fadenmolch, Teichmolch usw. Gucken Sie einmal im Internet nach! Der Naturschutzbund hat viel dazu geschrieben.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Ich habe doch gar nicht vom NABU gespro- chen! Was wollen Sie überhaupt? - Gegenruf von Miriam Staudte [GRÜ- NE]: Aber letztes Mal!)

- Alles gut!

Jedenfalls danken wir diesen Verbänden für die Mitarbeit in den vergangenen Jahren. Sie haben die Arbeit immer gut gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für eine unkomplizierte Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten brauchen wir zukünftig allerdings Systeme, die kompatibel sind. Derzeit ist das Datenmanagement bei den Fachbehörden sehr personalintensiv und aufwendig. Herr Janßen hat es gerade gesagt. Die Daten, die hereinkommen, müssen überprüft werden, noch einmal neu geschrieben werden usw. Einige Vorgänge müssen doppelt erledigt werden. Mit der Optimierung von FIS-N erreichen wir die Anforderungen an eine moderne Datenverarbeitung sowohl qualitativ als auch quantitativ.

Im Bereich der Datenerfassungssysteme ist einiges viele Jahre lang liegen geblieben. Wenn das der vorherigen Landesregierung etwas mehr am Herzen gelegen hätte, wären wir an dieser Stelle erheblich weiter.

Mit FIS-N besteht die Chance, den Ehrenamtlichen die notwendige Akzeptanz bezüglich ihrer nicht selbstverständlichen Leistungen entgegenzubringen. Bei der Zusammenarbeit mit den Unteren Naturschutzbehörden wird es zu erheblichen Entlastungen kommen, obwohl die Effizienz dann auch noch gesteigert wird.

In Sachen Umsetzung der Schutzgebietsverordnungen für FFH- und Natura-2000-Gebiete wird einiges sehr viel einfacher. An dieser Stelle hätten wir auch schon vor zehn Jahren sein können. Da ist aber über zwei Wahlperioden nichts getan worden. Mit FIS-N sind wir beispielsweise endlich in der Lage, ein neues Landschaftsprogramm umzusetzen. Das bisherige Programm wird am 18. April dieses Jahres 28 Jahre alt. FIS-N erleichtert über die Vernetzung auch den Behörden vor Ort die Erstellung ihrer Landschafts- und Landschaftsrahmenpläne.

Natur unterliegt dem Wandel, ob natürlich bedingt oder durch den Menschen verursacht. Allerdings kommunizieren Pflanzen und Tiere nicht mit uns.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Was? Bei je- der Gelegenheit! - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Lass‘ dich nicht irritieren! Rede einfach weiter!)

- Herr Dr. Hocker, Sie können sich zu Wort melden! Ich verstehe das nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)