Das sage ich deswegen so ausdrücklich, weil ich sehr genau weiß, dass das sowohl bei der Union als auch bei uns nahestehenden Verbänden, z. B. der Landesjägerschaft oder auch bei anderen,
nicht so ganz unumstritten ist, sondern die sich darum sorgen, dass sie, wenn der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen wird, gegebenenfalls mit Haftungsansprüchen konfrontiert werden könnten, die an sie herangetragen werden. Deswegen haben wir es ganz ausdrücklich in unseren Antrag hineinformuliert. Wir geben so viel Geld im Umwelthaushalt teilweise für blödsinnige Dinge aus. Da wird es doch möglich sein, dass die Landesjägerschaft, die tatsächlich als einzige Institution da draußen die Expertise besitzt, die Wolfspopulation waidgerecht managt, sodass wir diese Männer und Frauen von etwaigen Haftungsansprüchen freistellen können, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist ein ganz zentrales Element unserer Forderungen.
Aber es wird eben ausdrücklich nicht ausreichen, dass wir den Wolf ins Jagdrecht überführen. Das ist nur ein Instrument, um die Gesamtzahl der Tiere zu kontrollieren. Meine Damen und Herren, all das, was die Landesregierung gegenwärtig diesem Problem entgegensetzt, Herr Minister Wenzel, ist, dass Sie vor einigen Wochen in einer Presseinformation - einige Tage zuvor oder danach, das weiß ich nicht mehr genau - angekündigt haben, mit dem NABU-Landesverband „ehrenamtliche Nachtwachen“ einsetzen zu wollen - ich habe mir das extra notiert -
- Frau Kollegin Klopp, auch mich hat das sehr erheitert. -, die unsere Weidetierhalter beim Schutz ihrer Tiere unterstützen sollen.
Sorry, Herr Minister Wenzel, aber die zeitliche Nähe dieser Presseinformation zum 1. April hat mich zunächst veranlasst zu glauben, dass es sich um einen Aprilscherz handelt.
Als ich dann gesehen habe, dass es nicht der 1. April war, habe ich an eine Meldung aus dem Postillon gedacht, aber auch das war nicht richtig. Es ist komplett absurd. Ausgerechnet diejenigen, die gestern noch mit einer Spendenbüchse durch die Innenstädte gelaufen sind und Wolfspatenschaften verkauft haben, um die Spendenkassen des NABU zu füllen, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Diese Leute stünden mit einem oder sogar mit anderthalb Beinen im Gefängnis; denn gegenwärtig ist die Rechtslage so, dass man einen Wolf selbst dann, wenn er im Straßenverkehr verletzt würde, nicht von seinen Qualen erlösen könnte. Eventuell würde eine Gefängnis- oder eine Geldstrafe auf den Menschen warten. Welche Handhabe sollen denn diese ehrenamtlichen Nachtwachen da draußen haben? Sollen die sich vielleicht mit Pfefferspray und Schlagstöcken bewaffnet neben die Schafe stellen, um den Wolf abzuwehren, damit er die Schafe nicht reißt? Ich habe selten eine politische Forderung in diesem Hause gehört, die so hanebüchen ist.
Wir brauchen eine umfassende Unterstützung der Menschen da draußen, denen das Wasser mittlerweile bis zum Halse steht. Ich nenne Ihnen drei Beispiele: Kay Krogmann, Deichschäfer oben an der Küste, an der Elbmündung, bewirtschaftet alle paar Wochen einen anderen Deichabschnitt. Die Hufe der Tiere festigen und verdichten den Untergrund, und die Schafe pflegen die Grasnarbe.
Er trägt sich aber mit dem Gedanken, seinen Job an den Nagel zu hängen, weil Sie, Herr Minister Wenzel, diesen Mann im Regen stehen lassen.
Herr Kollege Dr. Hocker, Herr Winkelmann würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie die zu?
Lieber Kollege Hocker, gerade für Kay Krogmann und seine Berufskollegen halte ich es für unerlässlich, dass wir in Niedersachsen, dort, wo die Weidetierhaltung dominiert, wolfsfreie Gebiete ausweisen. Was halten Sie von diesem Gedanken?
Vielen Dank, Herr Kollege Winkelmann. - Ich denke, dass ich gleich noch genug Gelegenheit haben werde, die Forderungen unseres Antrages vorzustellen. Ich habe bei Ihrer Formulierung das Problem, dass es, wenn es wolfsfreie Zonen gibt, in jedem unserer Landkreise gute Gründe gäbe, ihn ebenfalls wolfsfrei zu machen, weil es überall Seniorenheime, Waldkindergärten oder andere Institutionen gibt. Deswegen halte ich diese Forderung für nicht angemessen. Ich werde aber gleich unsere Vorstellungen formulieren, wie man tatsächlich der Wolfspopulation Herr werden und diese Bedrohung managen kann.
Meine Damen und Herren, ich habe Herrn Krogmann erwähnt. Die Tiere von Herrn Olschewski im Raum Goldenstedt sind mehrfach Opfer einer Wölfin geworden, die sich darauf spezialisiert hat, wolfssichere Zäune zu überwinden, die bis zu 1,60 m hoch sind, die einen Untergrabschutz haben und teilweise stromführend sind. Er hatte wirklich alle Voraussetzungen erfüllt, dass seine Zäune wolfssicher sind. Dieser Herr Olschewski geht jeden Morgen mit weichen Knien und schweren Herzens zu seiner Herde, weil er nicht weiß, wie viele seiner Tiere in der letzten Nacht wiederum Opfer dieser einen Goldenstedter Wölfin geworden sind. Er weiß nicht, ob es 9, 11 oder 13 Tiere sind, die er wiederum mit heraushängenden Gedärmen, mit gebrochenen Knochen, mit verdrehten Gliedmaßen in irgendeinem Entwässerungsgraben finden muss. Auch Herr Olschewski hat große Probleme, weil Sie, Herr Kollege Wenzel, ihn im Stich lassen.
Ein drittes Beispiel, meine Damen und Herren. Es geht um das Ehepaar Bode, nicht verwandt oder verschwägert mit unserem Jörg Bode, aus Schwanewede. Dieses Ehepaar betreibt den dortigen Arche-Hof. Auf diesem Arche-Hof leben Wollschweine, Lippegänse, Moorschnucken und viele andere vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen.
Nur ein einziger Wolfsriss würde ausreichen, um die Reproduktionsmöglichkeiten dieser Spezies gegebenenfalls zu beenden, weil der Genpool nicht mehr groß genug ist, wenn aus den noch vorhandenen 20 Tieren 12, 10 oder 8 werden. Dann wäre unweigerlich, Herr Minister Wenzel, diese seltene Nutztierrasse dem Aussterben geweiht. Dem Wolf rollen Sie den roten Teppich aus, aber all diese Spezies scheinen Sie vergessen zu haben. Auch da lassen Sie die Menschen im Stich.
Ich komme jetzt zu den Forderungen, die wir erheben und die wir in unserem Antrag formuliert haben. Für genau diese Betroffenen möchten wir erreichen, Herr Minister Wenzel, dass die Maximalgrenze für Billigkeitsleistungen und Präventionsleistungen, die gegenwärtig bei 15 000 Euro innerhalb von drei Jahren gedeckelt ist, aufgehoben wird. Wir möchten gerne, dass die Beweislast für Nutztierrisse umgekehrt wird. Außerdem möchten wir, dass die Genanalyse nicht ausschließlich und exklusiv beim Senckenberg-Forschungsinstitut erfolgen muss, weil gerade dieses Institut durch extrem lange Prüfzeiten ein hohes Maß seiner Glaubwürdigkeit komplett verloren hat.
Der wichtigste Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir möchten, dass es endlich objektive Kriterien dafür gibt, wann ein Wolf verhaltensauffällig ist. Es war doch ein Trauerspiel, Herr Minister Wenzel, wie Sie sich wie ein Aal gewunden haben, bis Sie endlich angeordnet haben, dass MT6 entnommen wird. So geht das nicht weiter. Wir brauchen objektive Kriterien, damit Sie sich nicht immer vor Ihrer Verantwortung drücken können.
Unsere Vorstellung ist, dass Verhaltensauffälligkeit dann gegeben ist, wenn sich ein Wolf, ohne jede Scheu zu besitzen, mehr als 300 m menschlichen Ansiedlungen nähert oder wenn er es mehr als zweimal geschafft hat, wolfssichere Zäune zu überwinden und Schafe zu reißen.
Die Hoffnung ist, dass mit diesem Maßnahmenkatalog der Wolf tatsächlich die Scheu vor dem Menschen irgendwann wieder entdeckt, die er jetzt gar nicht haben kann, weil er weiß, dass von dem Menschen keine Gefahr ausgeht. Deswegen muss hier endlich gehandelt werden.
Die Union hat es heute vorgemacht und springt über ihren Schatten. Ich finde das wirklich aller Ehren wert. Sie stimmt mit einem eigenen Antrag, den wir im Ausschuss beraten werden, der Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht zu.
Deswegen appelliere ich schon lange nicht mehr an die Grünen in diesem Hohen Haus; denn da erwarte ich wenig Erkenntnisgewinn, auch nicht durch die Debatten, die wir hier führen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, ich appelliere an Sie. Ich habe gerade in den ländlichen Regionen in den diversen Vier-Augen-Gesprächen, die ich mit geschätzten Kolleginnen und Kollegen von Ihnen führe, erfahren, dass es sehr wohl Frust darüber gibt, dass sich hier ganz offensichtlich Ihre Fraktion am Nasenring durch die Manege führen lässt, und zwar von nur zwei oder drei grünen Abgeordneten, die sich mit blanker Ideologie diesem Thema nähern.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Welche grünen Abgeordneten sollen es denn sein? - Unruhe - Glocke der Präsiden- tin)
- Das sage ich Ihnen gerne. Das ist der Kollege Janßen, das ist die Frau Staudte. Ich kann so etwas mit Protokollauszügen belegen.