Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Angermann, Sie waren etwas schnell. Es gab den Wunsch von Frau Schröder-Ehlers, eine Zwischenfrage stellen zu dürfen.

Bitte, Frau Schröder-Ehlers!

Herr Kollege, wie erklären Sie sich, dass die Jägerinnen und Jäger in der letzten Zeit mehr geschossen haben als jemals zuvor? Jedenfalls ist das bei uns in den Streckenberichten sehr deutlich geworden.

Bitte!

Ja, Sie haben vollkommen recht. Auch das kann ich in unserem Landkreis bestätigen. Das liegt aber daran, dass die Wildbestände in der Tat gewachsen sind.

(Zurufe von der SPD: Trotz Wolf!)

- Nein, die Bestände sind da mehr gewachsen, wo der Wolf weniger ist.

(Zuruf: Weil der die Weidetiere frisst, Frau Schröder-Ehlers!)

- Ja, genau, das ist die Erklärung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir treten hier jetzt nicht in eine Fragestunde ein!

Vielen Dank, Herr Angermann, dass Sie die Frage beantwortet haben.

(Unruhe)

- Wir fahren jetzt fort, wenn Ruhe eingekehrt ist, Herr Dr. Hocker.

Bitte, Herr Kollege Janßen, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland stellt alle Beteiligten bekanntlich vor große Herausforderungen. Die Politik ist gefordert, ein möglichst konfliktarmes Miteinander von Mensch und Wolf zu ermöglichen.

Diese Landesregierung handelt entsprechend: Der Zaunbau wird bekanntlich mit 80 % bezuschusst, und Risse werden ausgeglichen. Durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wolfsbüros erfolgt eine intensive Beratung geschädigter Weidetierhalter. Wölfe, die verhaltensauffällig sind und sich beispielsweise Menschen mehrfach auf kurze Distanz genähert haben, können abgeschossen werden, wie es Niedersachsen bereits bei dem Wolf MT6 praktiziert hat. Ein Wolf kann auch dann abgeschossen werden, wenn er mehrfach wolfsabweisende Zäune überwunden hat, die keine Defekte aufweisen, und wo Vergrämung nicht wirkt.

Niedersachsen handelt dabei im Übrigen im Einklang mit den Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz, das als Fachinstitution u. a. für die Anwendung des Artenschutzrechts in Deutschland zuständig ist.

Das sind die sogenannten objektiven Kriterien. Diese werden nicht hier in Niedersachsen, sondern bundesweit festgelegt. An diesen Kriterien orientieren wir uns.

(Dr. Gero Hocker [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Zwischenfragen lasse ich nicht zu.

Das Wolfsmanagement in Niedersachsen wird kontinuierlich weiterentwickelt, ein Herdenschutzteam ist im Aufbau, und bei Wolfsrissen besteht zukünftig auch die Möglichkeit, in Begleitung eines Schäfers Herdenschutzhunde in einer vom Wolf befallenen Herde einzusetzen.

Herr Hocker, das ist deutlich mehr als das, was Sie vorhin vorgetragen haben. Das wussten Sie auch schon aus dem Ausschuss. Es ist schade, dass Sie es dort nicht mitgenommen haben. Darum habe ich es jetzt wiederholt.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Ich habe die Möglichkeit einer Zwischenfrage, wenn Sie in einen Dialog eintreten wollen!)

Auch wenn Sie von uns eigentlich keine Sachaufklärung erwarten, versuche ich immer wieder, es Ihnen nahezubringen.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Lassen Sie doch einen Dialog zu!)

Ihr Antrag hingegen, meine Damen und Herren von der FDP, ist völlig losgelöst von rechtlichen und faktischen Gegebenheiten. Es lohnt sich eigentlich nicht, sich im Ausschuss mit diesem Antrag näher zu befassen, und zwar schon aus rechtlichen Gründen.

Der Wolf - das ist eben ausgeführt worden - ist eine in Deutschland streng geschützte Tierart. Das ist aus meiner Sicht angesichts des sehr überschaubaren Bestandes an Wölfen auch richtig so. Ausnahmen vom Tötungsverbot sind nur in Einzelfällen zur Abwehr erheblicher landwirtschaftlicher Schäden oder zur Sicherheit des Menschen möglich.

Die Rechtswidrigkeit und Unsinnigkeit Ihrer Forderung will ich an zwei Beispielen deutlich machen:

Zu Ihrer ersten Forderung unter der Nr. 2, jeden Wolf abzuschießen, der mehr als zwei Nutztierrisse begangen hat unabhängig von der Einzäunung - denn das soll ja nur nach Machbarkeit gelten, was immer das ist -:

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Einen Deich können Sie nicht einzäunen!)

Das ist rechtlich nicht möglich. Zunächst sind mildere Mittel zu wählen, d. h. Vergrämung, z. B. durch den Einsatz von Hunden oder durch die Erhöhung des Zauns. Denn guter Herdenschutz ist immer noch die beste Vergrämungsmaßnahme. Dafür gibt es auch gute Beispiele.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Gerd Ludwig Will [SPD] - Helge Limburg [GRÜNE]: Und finan- zielle Unterstützung!)

Erst dann, wenn das nicht funktioniert, ist ein Abschuss zulässig.

Zweitens fordern Sie - ebenfalls unter der Nr. 2 -, jeden Wolf abzuknallen, der sich auf weniger als 300 m einer menschlichen Siedlung nähert. - Das ist keine Verhaltensauffälligkeit. Denn in diesen Abständen nimmt ein Wolf menschliche Strukturen wohl kaum als solche wahr, und eine Gefahr für den Menschen ist er in einer Entfernung von 300 m auch nicht. Vor allem stellt sich mir auch die Frage: Wie kommen Sie auf 300 m? Warum sind es nicht 200 m oder 500 m? Welche rechtliche Grundlage, welche inhaltliche Grundlage legen Sie überhaupt zugrunde?

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Es gibt keine!)

Rechtlich ist diese Form des Abschusses überhaupt nicht möglich, und sie geht auch völlig an der Realität vorbei. Wenn Sie das fordern, dann fordern Sie im Übrigen die völlige Freigabe des Wolfsabschusses und in der Konsequenz auch die Wiederausrottung des Wolfes.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Bei ganzjäh- riger Schonzeit!)

Letztendlich können Sie ihn auch in 400 m Entfernung abschießen; denn Sie wissen ja nicht, ob er fünf Minuten vorher 300 m entfernt war. Was soll das?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie unterstellen mit solchen Forderungen, dass diese reißende Bestie Wolf so gefährlich ist, dass man sie 300 m von jedweder Ansiedlung fernhalten muss.

(Zustimmung bei der CDU)

Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. In ganz Europa sind in den letzten 60 Jahren insgesamt neun Wolfsübergriffe auf Menschen bekannt geworden. Davon waren fünf durch Tollwut geprägt, die in Deutschland bei Wölfen nicht vorkommt. Bei den vier übrigen wird von Habituierung ausgegangen. Ihre Forderungen sind völlig unverhältnismäßig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch sonst, meine Damen und Herren, strotzt Ihr Antrag vor einer Ruck-zuck- und Kurzer-Prozess

Mentalität. So fordern Sie z. B., die Deckelung von 15 000 Euro je Halter bei Ausgleichszahlungen ersatzlos zu streichen. - Ja, machen Sie das ruhig einmal! Dann streicht die EU nämlich die Zahlungen aus den Agrarmitteln für eben diese Halter. Das wird für die Weidehalter richtig bitter. Unser Umweltminister geht richtig vor, indem er die Richtlinie notifizieren lässt, damit die EU genau das nicht tut.

Letzter Satz: Meine Damen und Herren von der FDP, Sie geben einfache Lösungen an, wo es differenzierte Ansätze braucht. Sie gehen damit einen gefährlichen und populistischen Pfad, weil Sie Lösungen suggerieren, die es so in absehbarer Zeit nicht geben wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Richtig!)