Protokoll der Sitzung vom 13.06.2017

Ich will dies beispielhaft anhand der SiebenStädte-Tour versuchen.

Wir sind die Heimat des größten Autobauers der Welt, eines Konzerns, der sich vom Autobauer zum Mobilitätsanbieter wandeln will, eines Konzerns, der sich neu erfinden will, eines Konzerns, der die Entwicklung rund um die E-Mobilität leider lange Zeit verschlafen hat - dies auch deshalb, weil weder der Ministerpräsident noch sein Wirtschaftsminister im Aufsichtsrat dazu beigetragen haben, dass Elektromobilität im VW-Konzern vorankommt.

Stattdessen haben Sie wieder einmal nach dem Bund gerufen - Herr Lies, das tun Sie ja ganz gerne - und die unselige Kaufprämie gefordert. Erinnern Sie sich noch? Das haben Sie hier gemacht, von dieser Stelle. Da waren Sie ganz vorn dabei. Die kam dann ja auch. Auf der Website Ihres Hauses äußern Sie sich heute noch in einer Dokumentation zum Schaufenster Elektromobilität auf Seite 13 wie folgt:

„Ich bin davon überzeugt, dass Kaufanreize helfen, mehr Elektroautos in den Straßenverkehr zu bringen.“

(Minister Olaf Lies: Ja!)

Anschließend kündigen Sie dann eine niedersächsische Bundesratsinitiative zur Einführung einer staatlichen Kaufprämie an. Die Prämie ist dann auch gekommen.

Mit dem traurigen Fortgang beschäftigt sich das Mitteilungsblatt des Deutschen Städte- und Gemeindebundes in seiner Juni-Ausgabe auf Seite 34:

„Handeln wir zunächst die peinliche E-Prämie ab, um das Thema schnell wieder

verlassen zu können: Mindestens 300 000 Autos sollten über die Förderung zusätzlich auf die Straße kommen. Schlappe 15 300 Anträge wurden bis Ende April 2017 eingereicht. Eine Blamage für die Initiatoren, in die sie sehenden Auges gelaufen sind.“

Zu den Initiatoren gehörte dieser Minister.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Statt wirklicher Förderung der E-Mobilität die vergabebelastete Roadshow! Deren Präsentation im Internet verläuft dann wieder in bekannter Weise: wenig Text und Fakten - gerade einmal fünf Zeilen -, dafür viele bunte Bilder mit dem Minister. In dem dürren Textbeitrag erfahren wir u. a.: 100 000 Besucher sind durch die Show für Elektromobilität begeistert worden.

Herr Minister, ich habe mir einmal die Mühe gemacht, anhand der Statistiken des KraftfahrtBundesamtes festzustellen, wie weit es Ihnen gelungen ist, im letzten Jahr die Menschen in unserem Land tatsächlich für Elektromobilität zu begeistern. Das Ergebnis ist ernüchternd. Man könnte angesichts des Aufwandes auch wieder sagen: Es ist peinlich.

Im Jahr 2016, in dem Sie 100 000 Menschen in Niedersachsen mit Ihrer Roadshow für Elektromobilität begeistert haben wollen, stieg die Zahl der zugelassenen E-Autos in unserem Land um sage und schreibe 478 Fahrzeuge. Vergleicht man diese Zahl mit den prozentualen Steigerungsraten anderer Bundesländer, ergibt sich folgendes Ergebnis: Von 16 Bundesländern erreicht Niedersachsen Platz 14. Nur zwei Länder sind schlechter.

Herr Lies, dass das von Ihnen so gescholtene Bayern wieder weit vor uns liegt, das haben wir nicht anders erwartet.

(Anja Piel [GRÜNE]: Ihnen ist das aber auch nicht zu verdanken, oder?)

Aber dass das Heimatland des weltweit größten Automobilherstellers hinter Sachsen, SachsenAnhalt und Mecklenburg-Vorpommern liegt, ist eine einzige - ebenfalls von Ihnen zu vertretende - Blamage.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Da wirkt Ihr Fazit zum Schaufenster Elektromobilität auf Seite 19 der fraglichen Dokumentation leider schon wieder peinlich:

„Das Projekt hat seine Ziele vollumfänglich erreicht und wichtige Grundlagen für eine

weitere positive Entwicklung der Elektromobilität im Gebiet der Metropolregion gelegt.“

So Ihre Worte. „Vollumfänglich erreicht“ mit Platz 14 von 16 - ein Armutszeugnis!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Sind Sie ei- gentlich für oder gegen die E-Mobilität?)

Aber, Herr Minister, so funktioniert es wohl, das System des Ministers Lies: selbst magere Leistungen als Erfolg verkaufen, über Unregelmäßigkeiten schnell und auch immer ein wenig zerknirscht hinwegkommen und die Öffentlichkeit größtmöglich blenden.

Aber mit diesen Leistungsdefiziten gelingt es Ihnen eben nicht, über die aktuellen Probleme in Ihrem Ministerbüro hinwegzutäuschen. Und selbst wenn die Bilanz nicht so ernüchternd wäre: Es wäre auch nicht zulässig, das eine gegen das andere aufzurechnen. Wer glaubt, Rechtsbrüche durch eine flotte Regierungserklärung überspielen zu können,

(Johanne Modder [SPD]: So etwas von albern!)

wer glaubt, so mit Rechtsstaatlichkeit umgehen zu können, der zeigt vor allem eines: Der zeigt, dass er die Ernsthaftigkeit seines eigenen Fehlverhaltens und das Ausmaß seiner eigenen Verantwortung noch immer nicht begriffen hat.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jo- hanne Modder [SPD]: Eine peinliche Rede! Kein Satz zur Wirtschaftspolitik in Niedersachsen! Nicht einer!)

Vielen Dank, Herr Kollege Toepffer. - Es hat sich jetzt gemeldet für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Gerd Ludwig Will. Herr Will, ich erteile Ihnen das Wort. Zur Erinnerung: Bis zu 28 Minuten haben Sie Zeit. - Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das heute war wirklich das unterste Niveau, das ich bisher in der Auseinandersetzung erlebt habe.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Christian Grascha [FDP]: Da sind Sie Experte! Da ken- nen Sie sich aus!)

Herr Toepffer, Sie können mehr. Aber Sie können eben auch schlicht. Damit müssen Sie sich dann auseinandersetzen. Sie haben hier ein Zerrbild von Niedersachsen gezeichnet. Das hat mit der Realität überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie reden unser Bundesland kaputt. Das ist aber nicht die Aufgabe der Opposition. Sie als Opposition dürfen - und das müssen wir auch von Ihnen erwarten - hier Ihren konstruktiven Beitrag leisten.

(Ulf Thiele [CDU]: Das können Sie dann ja demnächst wieder anders machen!)

Aber anscheinend wollen Sie nicht und sehen sich auch nicht in der Lage dazu.

Woran aus unserer Sicht kein Interesse besteht, liebe Opposition, ist rückwärtsgewandter Quengelei. Was wir brauchen, ist inhaltliche Arbeit. Es geht um den Einsatz für Niedersachsen und seine Regionen. Das habe ich in Ihrem ganzen Redebeitrag völlig vermisst. An keiner Stelle haben Sie auch nur einen positiven Vorschlag gebracht.

(Zustimmung bei der SPD - Johanne Modder [SPD]: Kein Satz! Nichts! Ab- gemeldet!)

Meine Damen und Herren, das dürfen, ja, müssen wir auch von Ihnen erwarten. Aber scheinbar können Sie nur quengeln nach dem Motto: Warum sachlich bleiben, wenn’s auch persönlich geht?

Meine Damen und Herren, Sie sind wirklich keine Herausforderung und schon gar keine Inspiration für die erfolgreiche Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, vielen Dank, sehr geehrter Herr Minister Lies, für die wichtigen Eckpunkte einer zukunftsorientierten Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik für Niedersachsen. Gerade in Zeiten guter Beschäftigung wollen wir gemeinsam an dieser Zukunftsaufgabe arbeiten.

Im Jahr 2016 - Sie haben bereits darauf hingewiesen - hatten wir den Höchststand der Erwerbstäti

gen erreicht. Dieser Trend hat sich in diesem Jahr fortgesetzt. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote 2017 liegt inzwischen unter dem Wert von 1980. So lange hat das gedauert, aber so erfolgreich ist die Landespolitik in Niedersachsen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gerade jetzt müssen wir Zukunftsimpulse für einen sich weiter gut entwickelnden Arbeitsmarkt geben. Die Qualifizierung von Arbeitsuchenden bleibt dabei eine Daueraufgabe. Dasselbe gilt übrigens auch für die Integration von Migrantinnen und Migranten in unsere Arbeitsmärkte. Dafür ist das dringend benötigte Zuwanderungsgesetz längst überfällig, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir fördern mit dieser Landesregierung eine schnellere und einfachere Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und eine Nachqualifizierung von Zuwanderern. Und wir fördern die Weiterentwicklung des unverzichtbaren dualen Ausbildungssystems - Olaf Lies hat davon gesprochen. Nicht nur in Niedersachsen, sondern auch auf Bundesebene muss angemahnt werden, dass wir dabei gemeinsame Wege beschreiten, um den Stellenwert insbesondere für die kleinen und mittelständischen Unternehmen zu stärken. Auch dadurch sichern wir die zukünftige Deckung des Fachkräftebedarfs, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Einen weiteren Beitrag zu dieser Sicherung leistet gerade auch die IdeenExpo in Hannover, von der vorhin schon gesprochen worden ist, für junge technisch-naturwissenschaftlich interessierte Schülerinnen und Schüler. Das ist der richtige Weg zur Zukunfts- und Standortsicherung in Niedersachsen. Das ist beispielhaft für das gesamte Bundesgebiet; denn wir sind das einzige Bundesland mit einem solchen Projekt.

(Zustimmung bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir betreiben Standortsicherung für Niedersachsen, die logistische Drehscheibe für Mitteleuropa, auch durch den Ausbau der Infrastruktur. Dabei geht es in einer großen Aufholjagd vor allem um digitale Autobahnen mit einer verbesserten Ausstattung gerade der ländlichen Regionen im Land mit Breitband. Das große Interesse der Regionen, Landkreise und Kommunen daran zeigt, dass das Land mit seinen Förderprogrammen auf dem richtigen Weg ist.