Protokoll der Sitzung vom 23.01.2014

gen beschränkt und sich eben nicht auf Ihren konkreten Text bezogen. Ich werde darauf gleich eingehen.

Aber zunächst möchte ich einige Fakten zu dem Feldversuch nennen, den Sie in Ihrem Antrag ansprechen.

Wie Sie in Ihrer Rede angedeutet haben, haben einige Bundesländer bereits Versuche in Eigenregie unternommen, so z. B. Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Thüringen.

2007 haben sich die Verkehrsminister des Bundes und der Länder von diesen Versuchen aber wieder abgewandt und wollten sie nicht fortführen.

2009 gab es zu diesem Thema dann eine Neuorientierung auf Bundesebene, wahrscheinlich aufgrund des Einstiegs der FDP als straßenorientierter Partei in die neue schwarz-gelbe Bundesregierung. Das Thema sollte nun wieder aufgegriffen werden, und als Ausfluss davon wurde schon im Koalitionsvertrag die Absicht geäußert, Lang-Lkw wieder in den Fokus zu nehmen.

Dann gab es den Aktionsplan „Güterverkehr und Logistik“, in den die konkrete Maßnahme „Feldversuch“ auch aufgenommen wurde.

Nun ist dieser Feldversuch gegen große Widerstände diverser Bundesländer beschlossen worden. An dem Feldversuch nehmen ja nur sieben Bundesländer teil.

(Zuruf von der CDU)

- Das ist, glaube ich, Fakt. Sieben Bundesländer nehmen daran teil. Einige Bundesländer haben Durchfahrten zugelassen. Es gibt einen großen Streit darüber, ob diese Ausnahmeverordnung überhaupt am Bundesrat vorbei hätte beschlossen werden können. Es gibt ein noch laufendes Verfahren, auf das ich noch eingehen werde.

Zur konkreten Beteiligung: An diesem Feldversuch haben sich vor gut einem Jahr 13 Speditionen mit 25 Fahrzeugen beteiligt. Aktuell sind es, glaube ich, 26 Speditionen mit 52 Fahrzeugen. Verkehrsminister a. D. Ramsauer hatte immer von 400 Fahrzeugen bzw. Zugkombinationen gesprochen. Auf diesem Feld ist noch ein bisschen Luft nach oben, will ich mal sagen.

(Zuruf von Gabriela König [FDP])

- Ja, Sie nennen die Rahmenbedingungen. Dazu muss man aber auch sagen, dass sich die Unternehmen auf diese Rahmenbedingungen eingelas

sen haben und er diese Zahl genannt hat, als der Versuch schon lief. Von daher greift das Argument, glaube ich, zu kurz. 400 Fahrzeuge - zumindest eine große Anzahl - braucht man, um wissenschaftlich evaluieren zu können.

Nun können Sie dem Plenarprotokoll entnehmen, dass wir vor dem Feldversuch aus guten Gründen große Skepsis bis hin zur Ablehnung gegenüber Lang-Lkw deutlich gemacht haben. Wir sind nicht allein mit dieser Meinung; denn andere Verbände und Organisationen unterstützen uns dabei: der ACE, der ADAC, die Polizeigewerkschaft, das Umweltbundesamt und diverse andere. Es gibt zumindest kritische Stimmen. Dabei spielen Aspekte der Verkehrssicherheit, der Verkehrsinfrastruktur, der Umwelt- und Lärmbelastung und der eventuellen Modalverschiebung von der Schiene auf die Straße eine große Rolle.

Nichtsdestotrotz, Frau König, geißeln Sie in Ihrem Antrag auch unseren Koalitionsvertrag als zu kritisch. Das kann ich überhaupt nicht teilen; denn sowohl der Vertrag als auch die Landesregierung und die Regierungsfraktionen behandeln dieses Thema außerordentlich pragmatisch. Wir werden uns aus diesem Feldversuch nicht verabschieden, sondern wir werden ihn fortführen; auch mit Unterstützung Niedersachsens. Hinterher werden wir die Ergebnisse zu bewerten haben und prüfen, welche Beschlüsse zu treffen sind.

Eine Ausweitung des Streckennetzes ist für uns - das konnten Sie der Antwort auf die Anfrage an die Landesregierung und auch dem Koalitionsvertrag entnehmen - nicht geboten. Wir haben bereits ein durchaus sehr umfangreiches Streckennetz im Verfahren. Niedersachsen hat in den letzten zwei Jahren im Rahmen des Feldversuchs die meisten Kilometer nachgemeldet. Also sehen wir hier keinen Bedarf.

Es gibt mehrere Punkte abseits der inhaltlichen Diskussion, die ebenfalls eine große Rolle spielen. Ich habe es vorhin bereits angedeutet. Es gibt ein laufendes Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, einen abstrakten Normenkontrollantrag der Bundesländer Baden-Württemberg, SchleswigHolstein und Bremen, die sich dagegen wenden, dass der Bundesrat im Rahmen dieses Feldversuchs an der Ausnahmeverordnung nicht beteiligt worden ist, obwohl Lang-Lkw auch auf ihrem Gebiet fahren dürfen. Es gibt diverse Gutachten dazu - u. a. von Herrn Professor Battis und auch vom Difu -, die es außerordentlich kritisch sehen, dass der Bundesrat nicht beteiligt worden ist. Es wird

eine Entscheidung geben. Sie wird erwartet, steht aber noch aus.

Darüber hinaus gibt es aus dem Feldversuch noch keine belastbaren Erkenntnisse. Ich vermute einmal, Sie beziehen sich auf die Zwischenbilanz - so heißt sie, glaube ich. Diese Zwischenbilanz ist für mich eher eine Zusammenstellung der Erfahrungen der beteiligten Unternehmen; denn wissenschaftlich evaluiert worden ist das Ganze mit Sicherheit noch nicht. Sie wissen auch, wer dieses Papier erstellt hat. Es ist die Initiative für Innovative Nutzfahrzeuge, die aus Wirtschaftsverbänden und einzelnen Unternehmen der deutschen Transportwirtschaft besteht. Mitglied ist dort z. B. der Deutsche Speditions- und Logistikverband, ein Verfechter des Lang-Lkw-Projekts. Also kann man davon ausgehen, dass die Richtung klar ist.

Es gibt auch ein Faktenpapier dieser Initiative aus dem Jahr 2011, das man nahezu spiegeln kann, weil dort fast das Gleiche darin steht. Nur die Berichte der Unternehmen fehlen, weil es ja aus der Zeit vor dem Feldversuch stammt. Das kann man, glaube ich, aber nicht als Basis für die Bewertung nehmen.

Wir orientieren uns an der begleitenden Behörde, nämlich der Bundesanstalt für Straßenwesen, der BaSt. Die ist dafür zuständig. Die BaSt hat veröffentlicht, dass ein erster Zwischenbericht zur wissenschaftlichen Evaluierung und Begleitung für Anfang 2014 geplant ist. Sie hat lediglich erste statistische Erkenntnisse veröffentlicht, mit dem abschließenden Fazit - ich zitiere -, dass:

„…die vorliegenden ersten Erkenntnisse derzeit noch keine wissenschaftlich gestützten Schlussfolgerungen zulassen. Weitere Erhebungen, Versuche und Analysen sind abzuwarten.“

Genau richtig. So sehen auch wir das. Wir haben die Ergebnisse abzuwarten. Dann können wir beraten und darüber entscheiden, wie wir fortfahren.

Nicht vergessen werden darf die europäische Ebene. Es gibt - das führen Sie in Ihrem Antrag ja auch ansatzweise an - eine Empfehlung der EUKommission. Es gibt aber keinen Beschluss des EU-Parlaments. Der wird wohl im Laufe dieses Frühjahrs getroffen - im April 2014, so wird spekuliert, soll die Entscheidung getroffen werden. Es gibt sie aber noch nicht.

Vielleicht hätten Sie zunächst auf das Urteil des Verfassungsgerichts, auf die Entscheidung des EU-Parlaments und auch darauf, dass seitens der

BaSt erste Erkenntnisse vorliegen, warten sollen. Dann hätten wir hier anders diskutieren können, nämlich wissenschaftlich begleitet und vor einem anderen Hintergrund. Das haben Sie aber nicht gemacht. Stattdessen haben Sie Ihren Antrag aufgrund Ihrer Überzeugung aktionistisch eingebracht.

Wir sehen das anders. Wir warten den Versuch ab. Ich zitiere Herrn Finanzminister a. D. Möllring aus der Debatte, die vor einigen Jahren geführt worden ist:

„Ich meine, dass wir diesen Versuch zu Ende führen sollten; denn dafür sind Versuche da. Danach sollten wir ihn gemeinsam bewerten.“

Dem ist ausnahmsweise nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden den Antrag heute aufgrund der eben genannten Argumente und auch im Duktus ablehnen. Wir werden gucken, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert.

Abschließend darf ich noch anfügen, dass sich Ihr Antrag auch inhaltlich außerordentlich stark widerspricht; denn Sie fordern im ersten Halbsatz unter Nr. 2, den noch laufenden Feldversuch ergebnisoffen abzuwarten. Diese Forderung können wir teilen. Danach führen Sie mehrere Punkte auf, die jetzt umgesetzt werden müssen, wie z. B. die eingeforderte Beschränkung des Einsatzes von LangLkw auf Bundesautobahnen zu verwerfen und mittelfristig auch die Bundes- und Landesstraßen für den Einsatz von Lang-Lkw vorzusehen. Das widerspricht Ihrer Nr. 2. Dem ersten Halbsatz in Nr. 2 hätten wir noch zustimmen können. Leider hätte das aber nicht für einen Antrag ausgereicht.

In diesem Sinne ist klar: Wir können diesem Punkt nicht zustimmen, weil wir uns inhaltlich anders positionieren. Von daher werden wir das Thema später wieder aufgreifen und dann gucken, wie wir entscheiden.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Klein. - Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Karsten Heineking, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle hier wissen, wie wichtig der straßenbezogene Güterverkehr neben der Schiene, dem Wasser und der Luft für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen ist. Wir stehen vor der Herausforderung, möglichst effiziente und gleichzeitig umweltfreundliche Lösungen anzubieten, um Niedersachsens Innovationsfähigkeit auch in Zukunft sichern zu können.

(Vizepräsident Klaus-Peter Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Derzeit sind in Deutschland Lkw mit einer Gesamtlänge von maximal 18,75 m zugelassen. Um den Transport von Gütern auf der Straße noch effizienter zu gestalten, wurden bekanntermaßen sogenannte Lang-Lkw mit einer Gesamtlänge von bis zu 25,25 m entwickelt.

Die sich aus dem Einsatz von Lang-Lkw ergebenden Vorteile sollten eigentlich auf der Hand liegen. Der wichtigste ist sicherlich, dass mehr Güter bei weniger Umweltbelastung transportiert werden können.

(Zustimmung bei der CDU)

Deswegen wird der Lang-Lkw von der Wirtschaft unterstützt. Der Kraftstoffverbrauch und die CO2Emissionen pro Transporteinheit sinken. Zwei Lang-Lkw bewältigen das Transportvolumen, das sonst von drei Lastern bewältigt werden muss. Zudem kommt die Studie der RWTH Aachen zu dem Schluss, dass es mit Lang-Lkw weniger Staus und einen besseren Verkehrsfluss gebe als ohne ihren Einsatz.

Der Antrag der FDP-Fraktion, der hier heute abschließend beraten wird - „Die Einführung von Öko-Linern (Lang-Lkw) ermöglichen und nicht verhindern!“ -, erkennt die Chancen, die in der flächendeckenden Einsetzung solcher Lang-Lkw liegen. Wann erkennen die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen in Niedersachsen endlich die Möglichkeiten, die sich uns hier bieten?

Vor dem Landtagswahlkampf haben Sie sich mit Händen und Füßen gegen den laufenden Feldversuch gewehrt. Noch im September 2012 bezeichnete der Kollege Will Lang-Lkw als Belastung und forderte den Abbruch des Feldversuchs in Niedersachsen.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE] - Jörg Bode [FDP]: Schlimm!)

Stephan Weil gab nur zwei Monate später bei einem Wahlkampfauftritt bekannt, er wolle das Experiment ergebnisoffen weiterführen. Nichtsdestotrotz wurde stets die kritische und ablehnende Haltung gegenüber dem Testlauf betont. Wie passt das zusammen?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Nur einige Tage später konnte man in der EmsZeitung das Eingeständnis unseres jetzigen Wirtschaftsministers Olaf Lies lesen, dass es Bedarf im Markt für diese Art des Transports gebe.

(Jörg Bode [FDP]: Aha!)

Das war eine treffende, wenn auch gleichzeitig seinerzeit späte Einsicht, Herr Lies.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)