Protokoll der Sitzung vom 24.07.2014

fordern wir doch die Bundesregierung darin auf, den Optionszwang schnellstmöglich und vorbehalt

los abzuschaffen sowie auf weiterhin bestehende, vermeintliche Integrationsnachweise zu verzichten.

Diese Forderung ist sowohl im Interesse unseres Landes und der Betroffenen als auch aus verwaltungsökonomischer Sicht zwingend erforderlich.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Ferner sollte mit dem Wegfall des Optionszwangs den auch bisher schon von dieser Regelung betroffenen Personen die rechtliche Möglichkeit eingeräumt werden, ihre zweite bzw. weitere Staatsangehörigkeit wiederzulangen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Lassen Sie mich noch einmal klarstellen: Wir sind der festen Überzeugung, dass von der Abschaffung des Optionszwangs alle bisher betroffenen Personen profitieren müssen und sollten.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, als Sprecher meiner Fraktion für Migration und Teilhabe freut es mich außerordentlich, dass sich die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe einstimmig dafür ausgesprochen hat, dem Plenum des Landtages die unveränderte Annahme des Antrages zu empfehlen. Mit den Stimmen der Ausschussmitglieder der Fraktion der SPD, der Grünen und - an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank - auch der FDP folgte der federführende Innenausschuss dieser Empfehlung.

Ich denke - und da spreche ich sicherlich für Sie alle -, dass diese Entscheidung einen wichtigen Beitrag für die Wertschätzung der Arbeit dieser Kommission darstellt. Herzlichen Dank Ihnen allen dafür!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir, abschließend an Sie alle, insbesondere aber an die Fraktion der CDU - merken Sie eigentlich, wie isoliert Sie bei dieser Debatte in diesem Haus sind? -

(Unruhe bei der CDU)

- offenbar interessiert Sie das nicht; diesen Eindruck habe jedenfalls ich -,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Petra Tiemann [SPD]: Ja!)

im Geiste der Vielfalt und Toleranz unseres Landes einen Appell zu richten, es gemeinsam anzupacken und besser zu machen. Lassen Sie uns weiter dafür streiten, auch die letzten jungen Frauen und Männer von dieser Optionspflicht zu befreien und diese unmenschliche Regelung gänzlich abzuschaffen!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Lassen Sie uns nicht länger zwischen „wir“ und „ihr“ unterscheiden. Das wäre vor allem aus integrationspolitischer Sicht ein wichtiges Signal an die jungen Menschen, die es gilt, unvoreingenommen für unser Land zu gewinnen und nicht als „Deutsche auf Probe“ oder „Deutsche zweiter Klasse“ zu stigmatisieren und letztendlich auch zu verlieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn diese hier geborenen Menschen gehören von Anfang an mit allen Rechten und Pflichten zu unserer freiheitlichen demokratischen Gemeinschaft dazu, und zwar ohne Wenn und Aber.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Pantazis. - Zum selben Tagesordnungspunkt hat sich Kollege Ansgar-Bernhard Focke, CDU-Fraktion, gemeldet. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf meinen Vorredner eingehen.

Sehr geehrter Herr Kollege, ich komme später in meiner Rede noch darauf zurück, aber die einzige, die sich hier isoliert, ist die niedersächsische SPD in sich. Denn alle SPD-Abgeordneten aus Niedersachsen haben im Deutschen Bundestag am 3. Juli für das Gesetz gestimmt, und Sie sind jetzt dagegen!

(Beifall bei der CDU)

Sie isolieren sich von Ihrer Partei, oder Sie isolieren Ihre Bundestagsabgeordneten. Auch das muss an dieser Stelle einmal gesagt werden.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Wir begrüßen den ersten Schritt! Aber wir sind zu weiteren Schritten fähig!)

Heute, Herr Kollege Bachmann, beraten wir einen Antrag zu einem besonders hohen Gut, nämlich zur Staatsangehörigkeit. Insbesondere geht es um junge Deutsche, die ihre Staatsangehörigkeit durch ihre Geburt in Deutschland erworben haben und sich in Zukunft nicht mehr zwischen dem Land ihrer Eltern und ihrer eigenen heutigen Heimat entscheiden müssen. Diese wichtige Frage wurde durch die Koalition von CDU, CSU und SPD am 3. Juli geklärt.

(Beifall bei der CDU - Belit Onay [GRÜNE]: Leider nicht! Das ist keine Klärung!)

Es ist ein Meilenstein hin zu einem offenen Deutschland, hin zu einem Land, das für die hier Geborenen und Aufgewachsenen der Lebensmittelpunkt jetzt und in Zukunft sein wird. Es geht nicht mehr darum, ob jemand Johannes, Giovanni, José oder Kemal heißt; sie alle sind Deutsche, und der eine oder andere hat noch eine zusätzliche Herkunft, die sich aus der Geschichte seiner Familie ergibt.

(Belit Onay [GRÜNE]: Warum wollen Sie die denn nun unter Vorbehalt stel- len?)

Mit dem neuen Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes, Herr Kollege, wurde die Optionspflicht faktisch für viele Hunderttausend junge Menschen in Deutschland abgeschafft.

(Belit Onay [GRÜNE]: Dann schaffen Sie die doch ganz ab!)

Doch was macht die SPD im Niedersächsischen Landtag? - Sie hebt sich ab und versucht, sich von ihren Kolleginnen und Kollegen der Bundes-SPD fernzuhalten. So schreiben Sie schon im ersten Satz Ihres Antrags:

„Der zwischen den Bundesverbänden der Parteien CDU, SPD und CSU geschlossene Koalitionsvertrag …“

Ein Signal: der zwischen den Bundesverbänden geschlossene. - Wenn ich mich nicht ganz irre, ist der Koalitionsvertrag aber durch eine Mitgliederentscheidung aller SPD-Mitglieder gebilligt worden, also auch von Ihnen allen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Petra Tiemann [SPD]: Als erster Schritt! Als erster Schritt auf Bundesebene! Wir können uns im Gegensatz zu Ihnen bewegen! Wir bewegen uns in diesem Punkt!)

- Nein, Sie bewegen sich in diesem Punkt nicht.

(Petra Tiemann [SPD]: Selbstredend!)

Es ist offensichtlich, dass Sie in diesem Zusammenhang Ihrem kleinen Koalitionspartner hinterherlaufen. Ich sage Ihnen: Hier in Niedersachsen werden Sie so nicht mehr zur Volkspartei, die alle vertreten sollte, sondern Sie werden höchstens zum Juniorpartner in der nächsten Koalition. In Baden-Württemberg ist das ja schon so.

(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Wovon träumen Sie denn sonst so?)

Im Plenarprotokoll des Deutschen Bundestags über die Debatte zur Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes gab es aus den Reihen der SPD aufgrund des Vorwurfs der Grünen gegenüber der SPD, warum man diesem Gesetzentwurf nun zustimmen könne, den Zwischenruf: Das ist Heuchelei! - Dieser Zwischenruf kam von keinem Geringeren als dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann aus Niedersachsen, was ja auch so einiges über das Verhältnis zwischen der SPD in Niedersachsen bzw. hier im Niedersächsischen Landtag und der SPD auf Bundesebene zeigt.

(Petra Tiemann [SPD]: Reden Sie auch noch zu dem Antrag?)

Das geänderte Staatsbürgerschaftgesetz ebnet nun den Weg zur Mehrstaatlichkeit. Den jungen Deutschen wird nun nicht mehr zugemutet, sich für eine zukünftige Staatsangehörigkeit zu entscheiden und ihre andere Wurzel zu kappen.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Das ist, finde ich, eine tolle Sache. Der Kollege Onay weiß es vielleicht nicht. Sie glauben ja immer, dass ich bei solchen Themen nicht persönlich betroffen bin. Aber auch meine Mutter war Migrantin aus Peru. Von daher weiß ich, wie es ist, wenn jemand mit zwei Pässen aufwächst bzw. sich irgendwann einmal entscheiden muss. Ich begrüße diese Einigung zwischen den Koalitionspartnern in Berlin.

(Beifall bei der CDU)

Wir trauen den jungen Menschen, die in Deutschland in der Regel ihre private und berufliche Zukunft sehen, den loyalen Umgang mit der Bindung an Deutschland und an das Land ihrer Mütter und Väter zu.

Meine Damen und Herren, ich möchte betonen - das ist auch Grundlage des Gesetzes -, dass die Grundlage für den Wegfall der Optionspflicht die Beziehung der jungen Menschen zu unserem gemeinsamen Land ist. Die Staatsangehörigkeit ist eben mehr als Aufenthalts- und Einwanderungsrecht. Sie definiert das besondere Verhältnis zwischen Staat und Bürger, das durch Identifikation und Loyalität beider Seiten geprägt ist.

Darum, meine Damen und Herren, stehen wir als CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag zu dem in Berlin zwischen CDU, CSU und SPD gefundenen Kompromiss. Wir unterstützen die Bundesregierung darin, eine Regelung auf den Weg gebracht zu haben, die vielen Tausend jungen Menschen in Deutschland helfen wird. Das ist gute Politik für die Menschen in unserem Land!