Protokoll der Sitzung vom 20.01.2015

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Die Änderungsanträge zielen auf eine Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung.

Ich eröffne die Beratung. Für die SPD-Fraktion hat sich der Kollege Holger Ansmann gemeldet. Herr Ansmann, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast alltäglich haben die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen Berührungspunkte mit Beschäftigten aus der Gesundheitswirtschaft. Wir treffen sie beim Arzttermin, beim Besuch von Verwandten und Freunden im Krankenhaus oder im Pflegeheim. Wir treffen sie beim Antritt einer Kur, bei gesundheitlichen Präventionsmaßnahmen oder im Wellness-Urlaub. Sie arbeiten als hochqualifizierte Wissenschaftler in Forschungseinrichtungen und in Unternehmen der Medizintechnik und der E-Health-Branche.

Fast 15 % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Niedersachsen, also über 450 000 Beschäftigte, arbeiten in der Gesundheitswirtschaft. Das Engagement aller in der Gesundheitswirtschaft Tätigen verbessert unsere Lebensbedingungen und hilft in schwierigen gesundheitlichen oder altersbedingten Lebenssituationen. Dieses Engagement ist nicht hoch genug zu schätzen, wertzuschätzen und verdient unser aller Anerkennung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Gesundheitsbranche ist und bleibt ein Wachstumsmarkt. Jeder neunte Euro - bzw. 11 % der Bruttowertschöpfung in Niedersachsen - wird mittlerweile in diesem Sektor generiert. Für die kommenden Jahre wird erhebliches Wachstum vor allem durch die demografische Entwicklung prognostiziert. Die Gesundheitswirtschaft bleibt das, was sie ist: ein Jobmotor.

Doch trotz allem: Die Gesundheitswirtschaft, insbesondere die soziale Gesundheitswirtschaft, hat nicht den gesellschaftlichen Stellenwert, der ihr gebührt. Das gilt es zu verändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Zu der sozialen Gesundheitswirtschaft zählen wir insbesondere die Bereiche, die über die Kostenträger der gesetzlichen Sozialversicherung abgedeckt werden, also die Krankenversicherung, die Unfallversicherung, die Rentenversicherung, die Pflegeversicherung, aber auch die Behindertenhilfe. Hier den Stellenwert zu verbessern, die Kräfte und Zuständigkeiten zu bündeln und die Attraktivität der Arbeitsplätze zu erhöhen, ist vorrangiges Ziel unseres Änderungsantrages, für den ich Sie um Unterstützung bitte.

Im Sozialbereich wird nicht nur gut, sondern auch immer unter Hochdruck gearbeitet. Ich hoffe, dass wir den gemeinsamen Änderungsantrag aller vier Fraktionen so kurz vor der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt noch form- und fristgerecht vorgelegt haben. Der Antrag enthält eine Änderung, auf die ich bereits jetzt eingehen möchte. Unter Nr. 7 heißt es, dass der Tarifvertrag Soziales nicht weiterhin, sondern auch zukünftig unterstützt wird.

Wir begrüßen sehr, dass im letzten Jahr unter Federführung des Sozialministeriums eine Auftaktkonferenz über das Thema soziale Gesundheitswirtschaft durchgeführt wurde. Wir wollen nun die Impulse aus dieser Konferenz für die Erarbeitung eines gesundheitswirtschaftlichen Gesamtkonzeptes nutzen.

Kern dieses Konzeptes ist die Erarbeitung eines Masterplans „Soziale Gesundheitswirtschaft Niedersachsen“ gemeinsam mit den Akteuren und den bereits bestehenden Netzwerken der sozialen Gesundheitswirtschaft in den Regionen Niedersachsens unter Einbeziehung von Patienten- und Verbraucherorganisationen. Wir brauchen diesen Masterplan u. a. für Versorgungssicherheit und neue integrative Versorgungsformen, für die Gewährleistung eines wohnortnahen leistungsfähigen Krankenhausangebotes und für Verbesserungen - das ist heute schon angesprochen worden - im Bereich der Pflege.

Der Masterplan setzt mit den in der Entschließung genannten weiteren Maßnahmen ein sichtbares Signal, dass wir die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten und die Bedürfnisse der im sozialen Gesundheitsbereich Beschäftigten in den Mittelpunkt stellen. Das ist vor dem Hintergrund der

aufgezeigten steigenden Nachfrage nach sozialer Gesundheitsarbeit und einem bereits spürbaren und sich weiter verstärkenden Fachkräftemangel in ausgewählten Berufsfeldern dringend erforderlich. Wichtig ist uns dabei die Durchsetzung der Prinzipien guter Arbeit.

Zu Recht haben sich in den vergangenen Monaten Beschäftigte aus dem Gesundheitsbereich mit der Aktion „Pflege am Boden“ in vielen Städten Niedersachsens für faire Löhne, für faire Arbeitsbedingungen, für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit, für die Vermeidung von Lohndumping durch Leiharbeit und für ein Recht und Weiterbildung eingesetzt. Wir unterstützen diese Aktion ausdrücklich und sagen allen Verantwortlichen unsere solidarische Unterstützung zu.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir sind uns der grundsätzlichen Notwendigkeit - ich bin dankbar: Auch da gibt es große Übereinstimmung in allen Fraktionen - einer besseren gesellschaftlichen Wertschätzung der sozialen Gesundheitswirtschaft und ihrer Beschäftigten bewusst. Da haben wir keine unterschiedlichen Auffassungen.

Wir wollen mit dem heutigen - jetzt gemeinsamen - Antrag - ich bitte Sie um Ihre Zustimmung - wichtige Weichen stellen, um Niedersachsen als Gesundheitsland zu profilieren. Wir werben für das Potenzial, das in der Gesundheitswirtschaft steckt: Gesundheitswirtschaft als Motor für Innovation, die der Patientenversorgung zugutekommt, für mehr Lebensqualität und für schöneres Altern; Gesundheitswirtschaft als Motor für neue Geschäftsfelder und neue, gute Arbeitsplätze, für mehr Wirtschaftskraft und Wachstum.

Die Gesundheitswirtschaft ist eine Branche, in der Menschen für Menschen tätig sind, in vielen Berufen, an sieben Tagen in der Woche, 24 Stunden. Die Gesundheitswirtschaft und die Beschäftigten haben es verdient, dass wir sie stärker in den Mittelpunkt unserer politischen Arbeit stellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Ansmann. - Meine Damen und Herren, es folgt jetzt für die Fraktion der CDU unser Kollege Burkhard Jasper. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gesundheitswirtschaft ist nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Beschäftigung in Niedersachsen wichtig. Etwa jeder siebte Erwerbstätige ist diesem Bereich zuzurechnen. Somit ist es sinnvoll, dass sich der Landtag hiermit beschäftigt, um die Gesundheitsberufe zu stärken und den Fachkräftenachwuchs zu sichern.

Schon zu Zeiten der CDU/FDP-Mehrheit hier im Landtag haben wir uns mit dem demografischen Wandel beschäftigt und überlegt, wie wir ihm begegnen können. Durch die Alterung der Gesellschaft haben wir mehr Patienten und andere Krankheitsstrukturen. Hatten wir in Niedersachsen 2005 noch 228 000 Pflegebedürftige, werden es 2020 schon 300 000 sein. Das Risiko, pflegebedürftig zu werden, steigt mit zunehmendem Alter: von 4,8 % im Alter zwischen 70 und 75 Jahren auf 61,6 % im Alter von mehr als 90 Jahren. Die Angebote müssen deshalb erweitert und verändert werden.

Hinzu kommt, dass es immer schwieriger wird, Fachkräfte zu gewinnen. Das Bundesinstitut für Berufsbildung geht für 2025 von 152 000 fehlenden Beschäftigten in den Pflegeberufen aus. Folglich müssen Maßnahmen ergriffen werden und war es sinnvoll, dass hier im Mai 2014 ein Antrag dazu eingebracht wurde.

Inzwischen haben mehrere Ausschüsse darüber beraten. Es gab Unterrichtungen und Diskussionen. Ich war an sich immer davon ausgegangen, dass die neuen Erkenntnisse in einen Änderungsvorschlag münden würden. Ich war völlig erstaunt, als uns im Sozialausschuss erklärt wurde: Nein, wir stellen jetzt unseren Ursprungsantrag zur Abstimmung und empfehlen dem Landtag, so zu verfahren.

Damit das Plenum nun weiß, was das bedeutet: Wir hätten hier einen Antrag gehabt, eine Auftaktveranstaltung durchzuführen, die schon am 14. Juli 2014 stattgefunden hat. Das heißt, die Landesregierung hat diesen Auftrag schon vor sechs Monaten erledigt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Wie klein kann man sich als Fraktion in diesem Haus eigentlich machen?)

Ich finde es seltsam, dass Sie den Antrag trotzdem so lassen. Wenn der Landtag dieser Beschlussempfehlung des Ausschusses - gegen die CDU

und FDP natürlich gestimmt haben - gefolgt wäre, wäre das ja so, als ob CDU und FDP richtigerweise Pfingsten feiern würden, während Sie sich noch in der Adventszeit auf Weihnachten vorbereiten würden - natürlich sehr wohl wissend, dass Weihnachten schon gewesen ist, weil Sie selbst das Fest gefeiert haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Nach dem Fest ist vor dem Fest, Herr Kollege! Gerade für Weihnachten gilt das! Glauben Sie mir!)

Um dieser Peinlichkeit zu entgehen, haben wir mit Unterstützung der FDP einen Änderungsantrag gestellt.

Ich bin froh, dass heute Morgen auch SPD und Grüne einen Änderungsantrag eingereicht haben, der dazu dient, eine gemeinsame Entschließung zu ermöglichen.

Ich gehe jetzt kurz auf die einzelnen Punkte ein, und weil das alles so schnell ging, nehme ich die Nummerierung des Änderungsantrages von CDU und FDP.

Bei Nr. 4 geht es darum, die Impulse aus der Auftaktveranstaltung aufzunehmen. - Das ist sicherlich sinnvoll; dem folgen Sie.

Auch bei Nr. 5 hat die Landesregierung schon gearbeitet: Es gibt eine Arbeitsgruppe der Landesregierung zur Weiterentwicklung der Studien- sowie Fort- und Weiterbildungsangebote. Die Landesregierung ist also offensichtlich besser, als Sie selbst teilweise glauben.

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Sie antizipieren, was wir wollen!)

Wir haben vorgeschlagen, im Ausschuss für Wissenschaft und Kultur die Ergebnisse vorzustellen und dann entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Selbst der Abgeordnete Ottmar von Holtz hat am 16. Juni im Ausschuss gesagt, gerade diese Forderung müsse man konkretisieren. Ich habe jetzt versucht, sie zu konkretisieren: Leider sind Sie meinem Versuch nicht gefolgt; das taucht leider in Ihrem Änderungsantrag nicht auf.

Einig sind wir uns auch beim Tarifvertrag Soziales - Nr. 9 -; das unterstützen Sie.

Unsere Ergänzung in Nr. 6 - Initiativen zu ergreifen, damit Ärztinnen und Ärzte ihren Beruf in Niedersachsen ausüben - haben Sie übernommen.

Nicht übernommen haben Sie natürlich Punkt Nr. 10, der die Pflegekammer betrifft. Das ist klar; darüber haben wir eben schon diskutiert.

Sie haben Nr. 11 - zur generalistischen Grundausbildung in den Pflegeberufen mit darauf aufbauender Spezialisierung - übernommen.

Nr. 12 - zu den Betreuungseinrichtungen - haben Sie leider nicht übernommen, obwohl solche Einrichtungen wegen der Arbeitszeiten gerade im Pflegebereich sehr wichtig wären.

Die Forderung nach interkultureller Öffnung - Nr. 14 - haben wir aus dem Ursprungsantrag übernommen.

Ich habe allerdings Nr. 13 vorangestellt, weil zur Vielfalt der Kultur auch die Männer gehören. Da am 10. Oktober 2014 im Kultusausschuss gesagt wurde, die Pflegeberufe seien „frauendominiert“, habe ich gedacht: Es wäre ganz gut, Maßnahmen zu ergreifen, um mehr Männer für diese Berufe zu interessieren.

(Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Bei den Kurorten und Heilbädern - Nr. 15 - gibt es keine Meinungsverschiedenheiten.

Unsere Forderung nach mehr Geldern für Investitionen in die Krankenhäuser - Nr. 16 - haben Sie nicht übernommen. Das war für mich nicht verwunderlich. Denn schon bei den Haushaltsberatungen haben Sie es abgelehnt, in diesem Jahr und in den kommenden vier Jahren jeweils 20 Millionen Euro mehr für Investitionen zur Verfügung zu stellen.

(Christian Grascha [FDP]: Was? - Christian Dürr [FDP]: Unglaublich! Gegen die Krankenhäuser!)

Die CDU wird sich weiterhin dafür einsetzen.

Beim gesundheitswirtschaftlichen Gesamtkonzept oder - wie Sie es nennen - Masterplan - Nr. 17 - haben Sie unsere Forderung nach Stärkung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum und nach Gewährleistung eines wohnortnahen Krankenhausangebotes übernommen.