Protokoll der Sitzung vom 18.04.2013

Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr.

Tagesordnungspunkt 12: Mitteilungen des Präsidenten

Auch wenn der eine oder andere Platz noch unbesetzt ist, darf ich im Einvernehmen mit den Schriftführern und Ihnen allen die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Heute haben zwei Kollegen Geburtstag: zum einen der Abgeordnete Christian Dürr und zum anderen der Abgeordnete Gerald Heere.

(Beifall)

Liebe Kollegen, herzliche Glückwünsche, getragen vom Applaus des ganzen Hauses! Wir wünschen Ihnen das Allerbeste, vor allem Gesundheit und Wohlergehen mindestens für das vor Ihnen liegende neue Lebensjahr.

Meine Damen und Herren, ich darf meinen Hinweis vom Beginn des gestrigen Sitzungstages aufgreifen, mit dem ich - Sie werden sich erinnern - eine gewisse Debattenkultur bzw. parlamentarische Kultur angemahnt habe. Ich möchte das heute wiederholen. Wir sind gehalten, in der Sache zu streiten, aber Verunglimpfungen, Verletzungen, überzogene Attacken und all dies sollten nicht unser Ding sein. Es steht auch nicht im Abgeordnetengesetz, dass wir das zu tun hätten.

Wenn wir die Morgenpresse verfolgen und sehen, dass wir unsere Botschaften dort platzieren konnten - egal, wer welche Position vertreten hat -, so ist das schön. Wenn wir dort mit unseren Kraftausdrücken platziert sind, ist das weniger schön.

(Zustimmung bei der SPD)

Das ist das eine.

Dann will ich gern bestätigen - das war die gestrige Meinungs- und Beschlusslage -, dass wir einige Abläufe - so will ich es einmal nennen - des gestrigen Tages im Ältestenrat behandeln.

Ich will einen Punkt hinzufügen und sage das auch im Hinblick auf die heutige Sitzung: Hier im Hause gilt ein Kodex. Bei aller Leidenschaft in der Debat

te mit Frage, Antwort und allem, was dazugehört, ist es guter Brauch - um nicht zu sagen: Selbstverpflichtung -, dass Namen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern z. B. der Landesverwaltung, meinetwegen auch der Landtagsverwaltung im Grunde genommen nicht genannt werden sollen. Hier tauschen wir uns parlamentarisch aus. Wir halten den Kopf für das eine oder andere hin - oder auch nicht. Aber unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten hier nicht namentlich genannt werden. Das kann vielleicht im vertraulichen Rahmen anderer Sitzungen besprochen werden, aber nicht coram publico.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, nach diesen Hinweisen beginnen wir die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 13, den Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. So wie es aussieht, werden wir die heutige Sitzung gegen 18.40 Uhr beenden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nun Frau Twesten als Schriftführerin mit.

Guten Morgen! Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Finanzminister Schneider bis 16 Uhr und von der Fraktion der CDU Herr Dr. Matthiesen bis 11 Uhr.

Damit kommen wir zum

Tagesordnungspunkt 13: Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich mittlerweile als allgemein bekannt voraus. Ich weise, wie üblich, besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir beginnen mit der Dringlichen Anfrage gemäß Punkt

a) Wie sieht die Agrarförderung ab 2014 aus? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/98

Wer trägt vor? - Der Kollege Janßen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen ihrer Konferenz vom 10. bis 12. April 2013 in Berchtesgaden haben sich die Agrarminister von Bund und Ländern mit der Ausgestaltung der Agrarpolitik in der kommenden Förderperiode ab 2014 befasst. Auch wenn das Europäische Parlament den von den Staats- und Regierungschefs Anfang Februar beschlossenen Finanzrahmen abgelehnt hat, steht eine Kürzung der Agrarförderung in der ersten und insbesondere auch in der zweiten Säule zu erwarten. Weitere Klarheit wird der in diesen Tagen auf EU-Ebene begonnene sogenannte Trilogprozess ergeben, in dem die bestehenden Differenzen zwischen der EU-Kommission, dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament über die Ausgestaltung der EU-Agrarpolitik in den kommenden sieben Jahren ausgeräumt werden sollen.

Die Mittel der ersten Säule, die sogenannten Direktzahlungen, wurden in der laufenden Förderperiode schrittweise von den alten Tierprämien und je nach Nutzung unterschiedlich hohen Flächenprämien in eine einheitliche Flächenprämie überführt. 2013 wird diese Entkoppelung mit in Deutschland regional deutlich unterschiedlichen Flächenprämien erstmals vollständig umgesetzt sein. Aufgrund im Bundesvergleich historisch hoher Tierprämien wird in Niedersachsen nach dem sogenannten Regionalmodell derzeit die bundesweit höchste Flächenprämie ausgezahlt - rund 20 % mehr als im Bundesdurchschnitt. Zur vollständigen Umsetzung der Entkoppelung drängen die Bundesländer mit bisher unterdurchschnittlichen Flächenprämien auf bundesweit einheitliche Sätze.

Dem Ziel, mehr öffentliche Gelder an öffentliche Leistungen zu koppeln, dienen zum einen das Greening, das von der Bundesregierung nach Ansicht von Beobachtern gegenüber den Vorschlägen der EU-Kommission massiv aufgeweicht wurde, und zum anderen die Möglichkeit, bis zu 15 %

der Mittel von der ersten in die zweite Säule umzuschichten.

Welche Maßnahmen u. a. im Bereich der Agrarumweltprogramme daraus künftig entwickelt werden können, hängt stark davon ab, ob und in welchem Maße sich die EU-Kommission mit ihren Vorschlägen zum sogenannten Greening und zur Stärkung bäuerlicher Betriebe durchsetzen kann. Die Bundesregierung wie Konservative und Liberale im Europäischen Parlament sperren sich bisher massiv gegen den Vorschlag des EU-Agrarkommissars, mit dem Greening öffentliche Gelder an die Bereitstellung öffentlicher Güter zu binden.

Um bäuerliche Betriebe zu stärken, soll es nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments auch eine Obergrenze bei der Förderung und eine höhere Flächenprämie für die ersten Hektare geben.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Position vertritt die Landesregierung gegenüber dem Bund zur Frage der möglichen Umschichtung von 15 % der Mittel der ersten Säule in die zweite Säule und zur Stärkung bäuerlicher Familienbetriebe?

2. Welche Beschlüsse und Absprachen hat die Agrarministerkonferenz zum Greening sowie zur nationalen Verteilung der Fördermittel der ersten wie der zweiten Säule gefasst?

3. Wie sieht der Fahrplan der Landesregierung zur Entwicklung von Förderprogrammen aus der zweiten Säule aus, und welche grundsätzliche inhaltliche Neuausrichtung plant sie hierbei vorzunehmen?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Ich darf die Landesregierung um Beantwortung bitten. Herr Minister Meyer, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Agrarministerkonferenz auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden war auch EU-Kommissar Ciolos persönlich anwesend. Mich hat sehr gefreut, dass nach zähen Verhandlungen die Agrarminister der Länder einstimmig der EU-Kommission in ihrem Bemühen, die europäische Agrarpolitik grüner und

gerechter zu gestalten, deutlich den Rücken gestärkt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist ein guter Verhandlungserfolg im Sinne Niedersachsens. Der Kommissar Ciolos hat der Agrarministerkonferenz ausdrücklich dafür gedankt, dass diese den Kommissionsvorschlag zum Greening mit den drei Elementen - Erhalt des Dauergrünlands, vielfältige Fruchtfolgen und ökologische Vorrangflächen - stets unterstützt hat. Wörtlich heißt es im AMK-Beschluss von Berchtesgaden:

„Die Vorschläge der Kommission zur Ökologisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik sind wichtige und unterstützenswerte Schritte in die richtige Richtung. Das Greening muss obligatorisch und auf einzelbetrieblicher Ebene zur Anwendung kommen, um eine positive ökologische Wirkung in der Agrarlandschaft zu entfalten.“

Darüber hinaus haben die Agrarminister mit starker Unterstützung von niedersächsischer Seite erste Weichenstellung für faire Milchpreise - auch die Milchbauern aus Niedersachsen haben dort demonstriert - und für eine gerechtere Verteilung der EU-Mittel in Richtung des ländlichen Raumes und bäuerlicher Betriebe vorgenommen. Ich danke insbesondere dem Kollegen Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern für eine klare und ziemlich durchsetzungsstarke Position der rot-grünen Bundesländer.

Zu Frage 1: Niedersachsen hat sich auf der Agrarministerkonferenz, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, klar für die Möglichkeit ausgesprochen, 15 % der Mittel der ersten Säule in die zweite Säule zur Stärkung nachhaltiger Entwicklungsprozesse im ländlichen Raum unter besserer Honorierung gesellschaftlicher und ökologischer Leistungen bäuerlicher Familienbetriebe umzuschichten.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Zusätzlich haben wir auch erreicht, dass die zulasten Niedersachsens gehende nationale Verteilung der ELER-Mittel, von denen Niedersachsen pro Hektar unterdurchschnittlich viele Mittel zugeteilt bekommt, in Zukunft auf eine gerechtere Verteilung hin überprüft wird. Dazu gab es natürlich Widerstand aus verschiedenen Ländern, und deshalb ist als Kompromiss ein entsprechender Prüfauftrag an die Bund-Länder-Arbeitsgruppe sowohl zur

Umverteilung von der ersten in die zweite Säule als auch zur gerechteren Verteilung der Mittel für den ländlichen Raum innerhalb Deutschlands formuliert worden. Dies bedeutet, dass sich nun alle Bundesländer und der Bund mit dieser Forderung auseinandersetzen müssen.

Was wir bereits einmütig beschlossen haben, ist die Stärkung mittelständischer bäuerlicher Betriebe bei den Direktzahlungen zulasten großer Betriebseinheiten, was auch in den Beschlüssen des EU-Parlaments und der EU-Kommission zum Vorschein kommt. Nach dem Wunsch aller Agrarminister soll es einen bundeseinheitlichen Zuschlag für die ersten Hektare geben. Das hätte zur Folge, dass kleine und mittlere Betriebe in Zukunft pro Hektar besser gestellt werden als Großbetriebe. Dass dies auch von den schwarz-gelben Ländern mitgetragen wird, freut mich sehr, weil es unserer rot-grünen Position im Koalitionsvertrag entspricht, die da lautet:

„Statt einer Politik des Wachsens oder Weichens wird die rot-grüne Koalition gezielt die rund 40 000 bäuerlichen Familienbetriebe in Niedersachsen in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen.“

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Wenn die Bundesregierung diesen Beschluss der Agrarministerkonferenz umsetzt, werden unsere bäuerlichen Strukturen eher gestärkt und nicht, wie befürchtet, der große Verlierer bei den von der Bundesregierung mitbeschlossenen Kürzungen der EU-Mittel sein.