Niedersachsen hat große Aufgaben in Fragen der Infrastrukturentwicklung. Wir sind ein Logistikland. Wir hängen davon ab, dass wir eine wirklich ver
nünftige Verkehrsinfrastruktur haben. Es geht also darum, dass wir eine Stimme erheben - gerade auch in Berlin, wo die wichtigen Infrastrukturentscheidungen getroffen werden -: die Stimme für die Straße, die Stimme für die Schiene, die Stimme für die Wasserwege, die Stimme für ein Verkehrskonzept der Zukunft! Und wo ist Niedersachsens Stimme? - Niedersachsens Stimme ist weg; denn wir haben nur noch einen virtuellen Verkehrsminister. Wir haben einen Verkehrsminister, dem die Grünen den Spaten weggenommen haben.
Dazu lautet das treffendste Zitat: In dieser Legislaturperiode wird es keinen neuen ersten Spatenstich geben. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist Rückschritt! Sie riskieren die Zukunft Niedersachsens, wenn Sie nicht heute planen und Konzepte im Verkehrsbereich entwickeln!
Aber wo ist das nächste wichtige Thema, die Demografie? - Herr Weil, Sie haben es völlig richtig auf den Punkt gebracht. Die demografische Entwicklung ist gerade auch in Niedersachsen ein großes Problem. Aber außer Ihren Ankündigungen und der Bertelsmann-App ist von Ihnen bisher nichts gekommen.
Die große Idee, mit einem Südniedersachsenplan benachteiligte Gebiete besonders herauszufinden und zu fördern, ist ein leeres Konzept. Herr Ministerpräsident, die Landesregierung weiß noch nicht einmal, wo überhaupt Südniedersachsen liegt, wenn man der Unterrichtung durch Frau Honé im Ausschuss folgt. Das ist doch der eigentliche Skandal!
Sie waren nicht einmal in der Lage, das Ammerland als Teil Südniedersachsens auszuschließen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn das alles Südniedersachsen sein soll, dann sind wir alle Südniedersachsen!
An dieser Stelle also ein wenig Butter bei die Fische! Fragen Sie einmal beim NLWKN nach. Er hat vor ein paar Tagen eine Unwetterwarnung für Südniedersachsen herausgegeben und scheint also zu wissen, wo Südniedersachsen liegt. Man kann auch von nachgelagerten Behörden etwas lernen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für mich ist Minister Jürgen „Klingelbeutel“ Schneider der heimliche Star der Landesregierung. Bei ihm bekommt das Wort „Vetternwirtschaft“ eine vollkommen neue Bedeutung. Die eigenen Aufgaben in der Finanzpolitik werden nämlich - und zwar, weil man eine Finanzplanung nicht machen kann, solange man den Eisenerzpreis in China und seine Veränderungen nicht wirklich kennt und einschätzen kann - liegen gelassen. Das ist die Arbeitseinstellung des Finanzministers.
Was macht man stattdessen? Stattdessen werden verdiente Fachleute und Experten aus Aufsichtsräten abberufen, um eigene Kumpels und sich selbst zu installieren. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schon ein Skandal, was in der NORD/LB - in einer Zeit, die für jede Bank schwierig war - passiert ist. Da hat man Experten, die Erfahrung haben, abberufen. Wenn das Gerücht stimmt, dass Sie das nur gemacht haben, weil die Nordwest-Zeitung über Frau Viertelhaus-Koschig berichtet hat, und wenn das der einzige Abberufungsgrund ist, dann ist das ein Skandal, zu dem Sie sich hier erklären müssen, Herr Schneider.
Stattdessen werden Genossen installiert, und man installiert sich auch selbst. Nachdem man zuerst bei Salzgitter das große Desaster an Arbeitsplatzverlusten und Arbeitsplatzabbau mitgeplant hat, will man selber in den Aufsichtsrat ziehen, obwohl im Corporate Governance Kodex eine zweijährige Karenzzeit für ehemalige Vorstandsmitglieder vorgesehen ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Schneider, ich weiß, dass Sie jetzt sagen, es gebe eine Ausnahme und das sei alles legal. Aber nicht alles, was legal ist, ist richtig. Deshalb möchte ich Ihnen sagen, was Garrelt Duin von solch einem Vorgehen tatsächlich hält. Der SPD-Politiker Garrelt Duin hat - ich zitiere - Josef Ackermann, der auch diese Ausnahmeregelung haben wollte, aufgefordert, darauf zu verzichten. Es habe einen tieferen Sinn, wenn das Aktiengesetz vor einem Wechsel in den Aufsichtsrat eine zweijährige Karenzzeit vorsehe. Man könne die innere Unabhängigkeit verlieren.
Was forderten - Zitat - unsere Freunde von den Grünen in Berlin? Ein Wechsel in den Aufsichtsrat solle ohne Ausnahme erst nach einigen Jahren Abkühlphase möglich sein. Es bestehe sonst die
Gefahr von Interessenskollisionen, und das untergrabe die Kontrollfunktion des Aufsichtsrats. Es widerspreche den Regeln guter Unternehmensführung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist richtig, was die Grünen hier gesagt haben.
Nicht richtig ist aber, dass wir hier in Niedersachsen rot-grüne Moralapostel haben, die das bei Dritten immer einfordern, es aber selber anders leben, um Freunde aus der Partei zu versorgen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben ein Politikziel: Sie machen sich den Staat zur Beute - und das ziemlich gut.
Danke schön, Herr Abgeordneter Bode. - Für die CDU spricht jetzt - es geht immer noch um den Tagesordnungspunkt 2 b - der Abgeordnete Thiele.
Herr Präsident! Verehrtes Hohes Haus! Das Prinzip „Liegen lassen. Später machen.“ gilt bei dieser Landesregierung - da kann ich unserem Fraktionsvorsitzenden Björn Thümler nur beipflichten - für alle Themenfelder. Sie machen nur eine Ausnahme - und das mit bemerkenswertem Elan. Die Ausnahme ist Ihre Personalpolitik. Der Umbau der Landesverwaltung war erkennbar das einzige echte große Projekt von Rot-Grün in den ersten 100 Tagen.
Eigentlich konnte es Ihnen nicht schnell genug gehen, eigentlich sollte um Ostern herum alles stehen: die gesamte Neuorganisation aller Ministerien, das Umsetzen von Abteilungsleitern und Referatsleitern, egal mit welcher Kompetenz, Hauptsache das Parteibuch stimmt. Alles sollte um Ostern herum fertig sein. Es gab den einen oder anderen Juristen, der Sie, Herr Ministerpräsident, darauf hingewiesen hat, dass es da noch ein paar rechtliche Hürden gibt. Ob das alles immer eingehalten wurde, wird dieses Haus noch zu prüfen haben.
Der Steuerzahlerbund hat an verschiedener Stelle darauf hingewiesen. Ich will die Liste, die hier von Christian Dürr vorgetragen wurde, nicht wiederholen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Dabei geht es
um die Vorgänge in der Landesvertretung in Berlin, um die Vorgänge bei der NORD/LB, die Vorgänge im Aufsichtsrat von Salzgitter-Stahl, die Besetzung von Abteilungs- und Referatsleiterstellen, die Entlassung verdienter Polizeipräsidenten in einer Adhoc-Aktion - übrigens alle parteilos -, die Entlassung eines parteilosen verdienten Verfassungsschutzpräsidenten etc. Wir haben das alles hier diskutiert. Das geht, mit Verlaub, auf keine Kuhhaut.
Die nächste spannende Frage, wie das eigentlich alles finanziert wird, hat der Steuerzahlerbund schon aufgeworfen. Wir hören hier von den Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen, dass für vieles eigentlich gar kein Geld da sei und alles ganz schwierig sei. Für Personalpolitik nach Parteibuch - für neue Abteilungsleiter-, Referatsleiter- und Staatssekretärsstellen - ist offensichtlich reichlich Geld da.
Nein, das ist Parteibuchwirtschaft, meine Damen und Herren. Es geht darum - da kann ich Jörg Bode nur beipflichten -, sich das Land zur Beute zu machen.
Wir sind gespannt darauf, wie das mit den Landesbeauftragten weitergeht, die demnächst installiert werden sollen. Es gibt noch reihenweise angekündigte Personalentscheidungen dieser Landesregierung, wo wir sehr genau darauf achten werden, ob am Ende des Tages möglicherweise Qualifikation in der zweiten Reihe steht, weil das Parteibuch bei Ihnen, in Ihrer Landesregierung, in der ersten Reihe steht.
Ich sage Ihnen ganz offen: Dem Fass den Boden ausgeschlagen hat die Besetzung der Büroleiterstelle der Beauftragten der Landesregierung für Migration und Teilhabe. Meine Damen, meine Herren, das ist, was die Konstruktion dieser Stelle angeht, eine hoch sensible Aufgabe. Es geht um die Vernetzung zwischen der Staatskanzlei, die sich dafür zuständig erklärt, und dem Landtag. Es geht um die Vernetzung mit allen Migrantengruppen sowie mit den Vertriebenenorganisationen. Es geht auch um die Vernetzung dieser Stelle mit der Härtefallkommission. Da muss man sich schon
fragen, wie es möglich ist, dass dafür nicht nur eine neue Stelle geschaffen wird, sondern dass diese ohne Ausschreibung besetzt wird.
Mit wem wird diese Stelle besetzt? - Mit dem Parteivorsitzenden der SPD in Hannover. Meine Damen, meine Herren, die Landesregierung begründet das mit dem besonderen Vertrauensverhältnis, das für die Besetzung dieser Stelle notwendig sei. Dass da ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht, glauben wir gerne; denn es ist dieser SPDParteivorsitzende gewesen, der im Vorfeld der Vorbereitung der Landtagswahl mit spitzen Ellenbogen dafür gesorgt hat, dass die jetzt zuständige Landesbeauftragte überhaupt auf dem Stuhl sitzen kann, auf dem sie sitzt. Er hat nämlich dem Votum der Ortsvereine der SPD zuwidergehandelt und damals die Nominierung der SPD-Kandidatin Doris Schröder-Köpf durchgesetzt.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Jetzt wird es aber abenteuerlich hier!)
Ich will nur am Rande - auch das wird an anderer Stelle zu diskutieren sein - darauf hinweisen, dass es dieses Amt beschädigt, wenn derselbe zukünftige Büroleiter jetzt aktiv im Oberbürgermeisterwahlkampf durch eine Bespitzelungsaffäre auffällt, meine Damen und Herren.
Herr Ministerpräsident, nach 100 Tagen Rot-Grün ist die Personalpolitik nach Parteibuch offensichtlich das zentrale Thema dieser Landesregierung. Wir wissen, dass Ihnen - Herr Weil und Herr Wenzel - nicht gefällt, das hören zu müssen. Es mag sein, dass Sie aus dem Rathaus von Hannover solche Vorgänge kennen und dass das für Sie normal ist. Wir sagen Ihnen: Nein, Parteibuchwirtschaft in der Landesregierung ist nicht normal und darf nicht normal werden. Darum kritisieren wir Sie für diese Art und Weise der Personalpolitik auf das Schärfste.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Thiele, ich bin schon verwundert, dass Sie über Parteibuchpolitik sprechen. Anscheinend haben Sie die Vorgänge in Wolfsburg und das, was Ihre Partei da angestellt hat, völlig vergessen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben mit unserer Arbeit gerade erst begonnen und schon mehr erreicht als CDU und FDP in ihrer letzten Regierungszeit.