Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

Federführend ist der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien und Regionalentwicklung vorgesehen, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 14: Abschließende Beratung: Keine faulen Kompromisse zulasten von Tiergesundheit und Seuchenprävention im Agrarland Niedersachsen - bewährte Strukturen im LAVES beibehalten - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/3830 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 17/4432

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Helmut Dammann-Tamke, CDU

Fraktion. Sie haben das Wort, Herr DammannTamke.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Die CDU-Fraktion hat unmittelbar vor der Sommerpause in der Drucksache 17/3830 einen Entschließungsantrag eingebracht, der verhindern sollte, dass über die Sommerpause Fakten geschaffen werden.

Hintergrund war ein Brandbrief, der vom Niedersächsischen Landkreistag, vom Städtetag, von der Tierärztekammer, vom Landvolk und von der Niedersächsischen Tierseuchenkasse verfasst wurde - zugegeben eine interessante Zusammensetzung.

Wenn sich ein solches heterogenes Bündnis zusammenfindet und den Minister anschreibt, was mit Datum vom 25. Juni geschehen ist, dann sollten sich auch die Vertreter der Legislative ernsthaft mit der Thematik auseinandersetzen. Ich zitiere aus diesem Brandbrief:

„Mit den nach Auflösung der Bezirksregierungen und des Landesamtes für Ökologie hinzugekommenen Dezernaten Tierseuchenbekämpfung, Beseitigung tierischer Nebenprodukte sowie Binnenfischerei konnte eine effiziente und gut organisierte Abteilung Tiergesundheit geschaffen werden, die gemeinsam mit den kommunalen Gebietskörperschaften und den Verbänden inhaltlich Maßstäbe für die gesamte Bundesrepublik Deutschland gesetzt hat.“

Ich zitiere weiter:

„Durch die geplante Umstrukturierung steht zu befürchten, dass die für das Land Niedersachsen elementare Tierseuchenbekämpfung weiter geschwächt wird. Zudem ist zu erwarten, dass sich die Zusammenarbeit innerhalb und nach außen nachhaltig verschlechtern wird, weil eine eigene Interessenwahrnehmung für die Tiergesundheit auf Abteilungsebene dann nicht mehr gegeben ist, zum anderen aber auch deshalb, weil die Kommunikationskultur der Abteilung mit der kommunalen Ebene und den anderen beteiligten Verbänden stets vorbildlich und aus unserer Sicht für andere Abteilungen beispielgebend ist.

Für Niedersachsen als viehstärkstem Bundesland wäre es ein falsches Signal, wenn angesichts der Bedeutung, die die Tiergesundheit mit ihren Bereichen Tierseu

chenbekämpfung und Tierseuchenprophylaxe, Tierschutz und Fischgesundheit für dieses Bundesland hat, eine funktionierende Abteilung mit ca. 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zerschlagen wird.

Ein Landesamt ohne eine eigene Tiergesundheitsabteilung erscheint gerade in Niedersachsen nicht akzeptabel.“

„Nicht akzeptabel“, meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

In der im Ausschuss erfolgten Unterrichtung hebt der Vertreter der Landesregierung ausdrücklich die große Bedeutung der Viehhaltung in Niedersachsen hervor und erkennt diese Notwendigkeit an. Ich zitiere ihn:

„Die Leistungen der für diese Aufgabe zuständigen kommunalen Behörden und der Abteilung 3 im LAVES - dort insbesondere die Taskforce Veterinärwesen, welche sich zu einer festen Größe in der Zusammenarbeit mit den Landkreisen entwickelt hat - werden durch die Landesregierung uneingeschränkt anerkannt.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen - hier appelliere ich ausdrücklich an die Vertreter der SPDFraktion -, schauen wir uns doch einmal diese hoch gelobte, weil wohl wichtige Taskforce an!

Die Stelle des Abteilungsleiters der Taskforce Veterinärwesen, zugeordnet dem Tierseuchenwesen, ist seit dem 1. Juli 2015 nicht besetzt und auch nicht ausgeschrieben. Zudem ist seit dem 1. September 2015 eine weitere Tierarztstelle in der Taskforce nicht besetzt, sodass sich derzeit drei Vollzeitkräfte um das Tierseuchenkrisenmanagement in Niedersachsen kümmern - drei von fünf vorgesehenen Stellen!

Deshalb sage ich den Rednern von SPD und Grünen, die sicherlich gleich mit viel angereicherter Lyrik Beschwichtigungsreden halten werden: Hier werden Fakten geschaffen. Hier wird nicht nur ein organisatorischer Umbau vollzogen, sondern hier wird schon Personal verlagert. Hier werden der Tierseuchenprävention und möglicher Bekämpfung schon heute über Personalengpässe klare Grenzen aufgezeigt, und hier wird eine im Agrarland Niedersachsen existenzielle Aufgabe, die der Tiergesundheit, in den Nachrang gestellt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, parallel dazu ist im ML im Sommer der Referatsleiter 203 in dieser

Abteilung, just für diesen Bereich Tierseuchen zuständig, in den Ruhestand versetzt worden.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ja, und?)

Vor diesem Hintergrund haben Zitate von Veterinären auch von kommunaler Ebene ein besonderes Gewicht. Ich zitiere einen Kreistierarzt:

„Was wir hier gegenwärtig beim Thema Tierseuchenbekämpfung/-prävention in Niedersachsen machen, das ist ein großer Feldversuch; das ist irre.“

Meine Damen und Herren, dieser „Feldversuch“ läuft schon über mehrere Monate.

Ein weiteres Zitat:

„Wenn das hier knallen sollte, dann stehen wir alle auf dem Schlauch.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die angedachte Umstrukturierung des LAVES wird vom Landesrechnungshof angemahnt, und es ist richtig, dass es einen entsprechenden Landtagsbeschluss gibt.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Aha!)

In seinem Jahresbericht 2014 benennt der Landesrechnungshof die verschiedenen Abteilungen beim LAVES, aber eine wird im ganzen Bericht explizit nicht erwähnt, und auch die Aufgaben Tiergesundheit und Tierseuchen werden nicht konkret angesprochen - im Gegensatz zu anderen Aufgaben. Sollte es den Prüfern des Landesrechnungshofs klar sein, dass Tiergesundheit und ganz besonders Tierseuchenprävention und -bekämpfung nur schwer unter rein wirtschaftlichen Kriterien auszurichten sind, weil Risiko und Verlauf einer solchen nicht zu kalkulieren sind? - Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine politische Betrachtung, die die Abteilung 3 im LAVES zum Gegenstand von Umstrukturierungsprozessen gemacht hat.

Machen wir uns nichts vor: Die Rückzugsstrategie unseres Ministers, falls dieser offene Feldversuch schiefgeht, steht doch schon! Im Zweifel sind es die Landwirte, die auf viel zu wenig Fläche viel zu viele Tiere halten. Für den Fall, dass wir es mit der Maul- und Klauenseuche zu tun bekommen, die bekanntlich vordringlich die Weidetiere betrifft, kenne ich die Rückzugsstrategie auch schon. Dann sind es die kommunalen Veterinärbehörden, die viel zu wenig Personal eingestellt haben und die sich nicht in der Lage sehen, dieses Seuchengeschehens Herr zu werden.

Mir ist klar, dass aufgrund eingeschliffener parlamentarischer Regeln unser Entschließungsantrag

heute mit Regierungsmehrheit abgelehnt wird. Aber Sie - ich appelliere nochmals an die Pragmatiker in der SPD-Fraktion - haben es in der Hand, dieser grün gefärbten Betrachtungsweise auf die landwirtschaftliche Tierhaltung in Niedersachsen beim Thema Seuchenprävention und -bekämpfung in den nächsten Wochen geräuschlos einen Riegel vorzuschieben. Sollten Sie sich dazu nicht in der Lage sehen oder die Bereitschaft dafür nicht erkennen lassen, dann prophezeie ich Ihnen, dass wir nicht nur den Minister zur Verantwortung ziehen, sollte sich ein epidemisches Seuchengeschehen in Niedersachsen abzeichnen.

(Miriam Staudte [GRÜNE] lacht)

Niemand hier im Hause sollte dem nach VW zweitwichtigsten Wirtschaftszweig, der Land- und Ernährungswirtschaft, zusätzliche Risiken aufbürden. Stärken Sie diesen Bereich, indem Sie in einem Schritt dafür sorgen, dass in der Taskforce schnellstens Stellen besetzt werden und indem Sie die Zerschlagung von erfolgreichen Strukturen verhindern.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dammann-Tamke. - Jetzt hat sich Ulf Prange, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um das LAVES und um die Forderung der CDUFraktion, bewährte Strukturen im LAVES zu erhalten. Es wird von faulen Kompromissen gesprochen. - Seien Sie versichert, liebe Kollegen von der CDU, diese faulen Kompromisse wird es beim LAVES nicht geben!

Die Landesregierung hat das LAVES seit dem Regierungswechsel gestärkt. Ich als örtlicher Abgeordneter aus Oldenburger kann das auch recht gut nachvollziehen. Wir wissen: Das Personal wurde aufgestockt, der Aufgabenbereich wurde erweitert. Ich spreche die gesetzlichen Aufgaben zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes, die Schaffung der Taskforce Verbraucherschutz und vieles mehr an. In Oldenburg gibt es aktuell ein großes Bauvorhaben: Für das LAVES entsteht ein Laborgebäude mit einem Kostenvolumen von 40 Millionen Euro. Im April war im Beisein der Minister Schneider und Meyer Richtfest. Dieses Gebäude wird u. a. der Veterinärdiagnostik, also Un

tersuchungen zur Tiergesundheit und zum Tierschutz, dienen. Dort wird u. a. eine große Sektionshalle einziehen.

Sie sehen also: Es wird in den Standort Oldenburg investiert, wo die Tiergesundheit angesiedelt ist. Ich denke, dieser Neubau ist ein klares Bekenntnis der Landesregierung dazu, die Abteilung Tiergesundheit, die Abteilung 3 im LAVES zu stärken. Erhebliche Mittel werden dafür in die Hand genommen.

Sie haben sich in Ihrem Antrag auf einen Artikel in der Land & Forst bezogen, wo genau das, was Sie, Herr Dammann-Tamke, eben noch einmal ausgeführt haben, als Befürchtung in den Raum gestellt wird, nämlich dass die Abteilung 3 zerschlagen werden soll. Sie befürchten zum einen, dass Tierseuchenbekämpfung dann nicht mehr so umgesetzt werden kann, wie es derzeit der Fall ist, und Sie befürchten insbesondere auch Probleme in der Zusammenarbeit zwischen kommunaler Ebene und LAVES.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Das befürchtet nicht Land & Forst, sondern das befürchten die Absender dieses Briefes!)

Sie haben auch die Taskforce angesprochen. Es ist natürlich schwierig, wenn man nur vom Hörensagen, auf der Grundlage eines Artikels in einer Zeitschrift, darauf Bezug nimmt. Wir haben das ja auch aufgegriffen und uns im Ausschuss unterrichten lassen. Sie haben es selbst ausgeführt.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Wie bitte? Das war ein Brief vom 25. Juni!)

- In Ihrem Antrag beziehen Sie sich ausdrücklich auf diesen Artikel. Das haben Sie jetzt noch erweitert und ergänzt.

Aber Sie haben selbst auf die Unterrichtung Bezug genommen, die die Landesregierung im Ausschuss gegeben hat. Dort ist ein klares Bekenntnis abgegeben worden. Die große Bedeutung der Tierseuchenbekämpfung in Niedersachsen als Agrarland Nummer eins und als viehreichstes Bundesland ist ausdrücklich anerkannt und hervorgehoben worden, und die gute Zusammenarbeit insbesondere der Taskforce mit der kommunalen Ebene, den Landkreisen, ist ebenfalls anerkannt worden.