Protokoll der Sitzung vom 14.12.2015

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Heute werden wir mit dem Gesetz zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen eine erforderliche Novellierung des Niedersächsischen Hochschulgesetzes beschließen. Erforderlich - das haben meine Kollegen und Kolleginnen zum Teil schon ausgeführt - ist sie aus mehreren Gründen.

Zum einen hat der rot-grüne Koalitionsvertrag ein zeitgemäßes und modernes Hochschulgesetz gefordert. Wir wollen mehr Demokratie an Hochschulen. Wir wollen aber auch die Stärkung der Hochschulautonomie durch bessere Mitbestimmungsmöglichkeiten aller Statusgruppen, aber auch der Senate.

Zum anderen gibt es das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Humanmedizin, aus dem die Notwendigkeit einer Novellierung bis zum Ende des Jahres 2015 resultiert.

Drittens gibt es das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den Stiftungshochschulen.

Viertens musste mit der Novelle aber auch - das ist auch schon mehrmals angesprochen worden - konsequenterweise die Aufhebung der NTH, der Niedersächsischen Technischen Hochschule, vollzogen werden. Hierzu lässt sich nur sagen: Von Anfang an war dieses Konstrukt hoch umstritten.

Nicht alle Hochschulen haben gleichermaßen mitgezogen. Dass Sie weiterhin dieses tote Pferd reiten, obwohl auch die Evaluation ergeben hat, dass dieses Konstrukt gar keinen Sinn mehr macht, spricht für sich. Ich kann nur sagen: Wir gehen mit den Masterplanungen einen guten Weg; wir stärken die MINT-Fächer in Niedersachsen und auch die Hochschulen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die NTH ist abgeschafft, und das ist gut so.

Für die Begleitung der intensiven Beratung des Gesetzentwurfes möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des MWK, aber auch - wenn ich das noch einmal so sagen darf - beim GBD, insbesondere bei Frau Brüggeshemke, bedanken.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie von Almuth von Be- low-Neufeldt [FDP])

Meine Damen, meine Herren, wie bei der ersten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung bereits vermutet - ich hatte diese Vermutung ja geäußert -, sind im Verfahren noch einige Änderungen vorgenommen worden. Lassen Sie mich hier einige der wesentlichen Änderungen vorstellen.

Das Gesetz enthält Verbesserungen für Studierenden mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. Die Einführung eines bzw. einer Beauftragten für die Belange der Studierenden mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen ist ein richtiger Schritt in Richtung inklusive Hochschule.

Mit der Einführung der Studierendeninitiative verbessern wir die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Studierenden.

Personalvertretung, Gleichstellungsbeauftragte und Studierendenvertretung können künftig an Hochschul- und Stiftungsratssitzungen mit beratender Stimme teilnehmen.

Eine Interessenvertretung für Promovierende wurde eingeführt.

Die Grenznote beim Übergang vom Bachelor zum konsekutiven Master wird abgeschafft; dadurch wird die Öffnung des Masterzugangs verbessert. Wir verzahnen damit die erste und zweite Stufe des Bolognaprozesses besser miteinander, vermeiden unbillige Härten für Studierende beim

Übergang von BA- zu MA-Studiengängen, und wir stellen sicher, dass bei nicht ausgelasteten Studiengängen kein Studienplatz frei bleibt.

Einige wesentliche Änderungen konnten wir noch in der parlamentarischen Beratung herbeiführen. Eine Änderung resultiert beispielsweise aus der Forderung der Personalvertretungen und des DGB nach einer weitergehenden Beteiligung der Personalräte in der Landeshochschulkonferenz. Diese ermöglichen wir mit der Umwandlung der bisherigen Ermessensregelung in eine Sollvorschrift. Nach der Begründung zu dem Änderungsvorschlag soll die Formulierung des dann geltenden Rechts in geeigneter Weise sowohl der Landeshochschulkonferenz als auch den Personalvertretungen einen Spielraum für die konkrete Ausgestaltung der Beteiligung belassen.

Zum Thema Anwesenheitspflichten: Wer heute noch glaubt, dass Lehre und Forschung allein über Anwesenheit funktionieren, der hat eine ganze Menge von dem verpasst, was an den Hochschulen tatsächlich passiert. Durch flexiblere Regelungen schaffen wir mehr Freiräume für Studierende; die generelle Anwesenheitspflicht wird abgeschafft. Studierende sind doch keine Grundschulkinder, sondern mündige Erwachsene, die für sich selber Entscheidungen treffen können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein sehr wichtiger Punkt ist für uns, die Arbeitsbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu verbessern. Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden nun einen gesetzlichen Anspruch auf mehr verlässliche Zeit zur wissenschaftlichen Weiterqualifikation haben, z. B. im Rahmen ihrer Promotion. Weitere Verbesserungen, die bisher nur in untergesetzlichen Regelungen abgebildet waren, erhalten nun Gesetzesrang. Die Laufzeit der Arbeitsverträge soll dabei mit der Dauer der angestrebten Qualifizierung und mit der Dauer der Mittelbewilligung für die Qualifizierung verknüpft werden.

Auch den in der Anhörung von der Landeshochschulkonferenz geäußerten Wünschen kommen wir nach. Wir werden die Flexibilität der Hochschulen bei der Besetzung des Präsidiums steigern. Durch die entsprechende Änderung soll Hochschulen und Stiftungen mit mehr als 200 Planstellen für Professorenämter und mit Bauherreneigenschaft die Möglichkeit eröffnet werden, in der Grundordnung für das Ressort Infrastruktur eine weitere

hauptberufliche Vizepräsidentin bzw. einen weiteren hauptberuflichen Vizepräsidenten vorzusehen.

Darüber hinaus soll die Vorgabe der Festlegung der Geschäftsbereiche in der Grundordnung gestrichen werden. Diese Vorgabe war noch in der Entwurfsfassung vorgesehen. Aber man hat gesehen - die Anhörung hat das ergeben -, dass der Vorschlag, sie zu streichen, Sinn macht, und wir kommen diesem Vorschlag der LHK an dieser Stelle nach.

Noch einmal zu meinen Vorrednerinnen und Vorrednern, zum Thema Diplom und Ingenieure. Das Diplom wird nicht erst mit diesem Gesetzentwurf abgeschafft, sondern das ist schon eine Weile her. Die Möglichkeit, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ weiter zu führen, besteht nach wie vor. Das entsprechende Gesetz befindet sich gerade in der Beratung.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf bekräftigen SPD und Grüne neben vielen anderen Punkten ihre Forderungen nach mehr Hochschuldemokratie, nach guter Arbeit auch an den Hochschulen, nach besserer Lehre und nach der Gleichstellung der Geschlechter.

Mitbestimmung bedeutet Verantwortung und Teilhabe. Diese drei Elemente stärken die Identifikation von Studierenden und Beschäftigten mit ihrer Hochschule.

Im Übrigen lagen weder von der CDU noch von der FDP Änderungsvorschläge vor, obwohl Sie - wie angekündigt - heute gegen den Gesetzentwurf stimmen werden. Ich denke, das ist ganz schön schlapp, liebe Opposition.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen, meine Herren, die Beratung dieses Gesetzentwurfs gelang in unaufgeregter Atmosphäre. Es ist ein Gesetzentwurf mit Augenmaß. Im Übrigen: Der GBD hatte keine gravierenden Anmerkungen zu diesem Gesetzentwurf.

(Björn Thümler [CDU]: Selbst dem GBD ist dazu nichts mehr eingefallen! Das stimmt!)

Das muss man noch einmal ganz klar hervorheben.

Ich bin mir sicher, dieses Gesetz wird für mehr Demokratie und Mitbestimmungsmöglichkeiten an unseren Hochschulen sorgen, für bessere Bedingungen in der Lehre, es wird die Arbeitsbedingun

gen für den wissenschaftlichen Nachwuchs verbessern und für eine Stärkung von Personalvertretungen, Gleichstellungsbeauftragten und Studierendenvertretungen sorgen. Sie werden nämlich besser an den Entscheidungen zum Studium und zur Lehre beteiligt.

Mit diesem Hochschulgesetz schließt Niedersachsen in die Riege anderer rot-grün geführter Landesregierungen auf. Wir legen ein modernes und demokratisches Hochschulgesetz vor. Stimmen Sie zu!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Lesemann. - Auf Ihren Redebeitrag gibt es den Wunsch nach einer Kurzintervention. Für Frau Mundlos gibt es jetzt 90 Sekunden Redezeit. Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Dr. Lesemann, ich will Ihnen das einmal ganz kurz erklären: Was Änderungen zu diesem Gesetzentwurf angeht, verbietet es sich eigentlich von vornherein, hierauf viel Schweiß und Mühe zu verwenden. Denn es ist einfach grundlegender und zielführender, zu gegebener Zeit das Gesetz in unserem Sinne zu ändern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Darüber hinaus möchte ich gern noch einmal darauf eingehen, dass Sie das Diplom so eigenartig darstellen. Dazu verweise ich auf die schriftliche Stellungnahme der Architektenkammer Niedersachsen. Dort steht, dass die vollzogene endgültige Abkehr vom Titel „Diplomingenieur“ als problematisch angesehen wird, dass gerade im Ausland wenig Verständnis dafür herrscht und dass es sinnvoll wäre, die gesetzliche Option zur Verleihung des Titels „Diplomingenieur“ zu erhalten.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Dann hätten Sie Bologna nicht umsetzen dürfen!)

- Option, Herr von Holtz! Aber Sie sind ja noch nicht einmal bereit, hier die Optionen zu ermöglichen. Und das zeigt, wohin Sie wirklich wollen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank. - Frau Dr. Lesemann, Sie können antworten, wenn es sein muss. Ebenfalls 90 Sekunden. Bitte!

Herr Präsident, das muss sein. - Ich hoffe, dass es noch ziemlich lange dauern wird, bis Sie wieder die Chance haben, das Hochschulgesetz in Ihrem Sinne zu ändern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: In ungefähr zwei Jahren!)

Das werden wir zu verhindern wissen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, denken Sie doch bitte daran, was wir von dem Vertreter des Ministeriums gehört haben. Es wurde ganz klar gesagt, dass die Möglichkeit, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu führen, weiterhin besteht. Das entsprechende Gesetz wird zurzeit verändert. Die Umstellung von Diplom auf Magister und Master ist nicht in unserer Wahlperiode erfolgt, sondern eine Weile vorher. Das nur noch einmal zur Ergänzung.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU)

Danke schön. - Meine Damen und Herren, für die Landesregierung hat sich jetzt Frau Dr. HeinenKljajić gemeldet. Frau Ministerin, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die niedersächsischen Hochschulen - das zeigen allein schon die Rekordzahlen der Studierenden zum Wintersemester 2015/2016 mit über 200 000 Studierenden - sind attraktiver und wettbewerbsfähiger denn je. Das ist auch ein Erfolg dieser Landesregierung.