Zunächst hat sich für die Bündnis 90/Die Grünen Kollege Ottmar von Holtz gemeldet. Bitte sehr, Herr von Holtz, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! SPD und Grüne haben sich auf den Weg für mehr Demokratie an den niedersächsischen Hochschulen gemacht. Mehr Beteiligung an den Entscheidungsprozessen in den Hochschulen verfolgt auch das Ziel, junge, engagierte Leute bei der Gestaltung ihres Lernumfelds mitzunehmen.
der Hochschulen auch darin liegen, jungen Menschen den Raum zu geben, selbstständige, selbst denkende, kritische Mitglieder unserer Gesellschaft zu werden.
Studentinnen und Studenten an unseren Hochschulen sind die Entscheider von morgen. Ich möchte keine stromlinienförmigen Entscheider haben, die nur darauf trainiert sind, für das System zu funktionieren.
Was wir brauchen, sind Menschen, die das Unerwartete tolerieren, die zukünftig in Betrieben und Verwaltungen für Neues offen sind, die gelernt haben, Verantwortung zu übernehmen, die Erfahrungen gesammelt haben, wie sie aktiv ein Projekt, eine Organisation oder die Gesellschaft mitgestalten können. Demokratie an den Hochschulen leistet hierzu einen wichtigen Beitrag.
Eine erfolgreiche Gesetzesnovelle lebt allerdings auch davon, dass eine breite Akzeptanz sie trägt und dass sie die richtigen Weichen stellt. Niemandem ist gedient, wenn ein Hochschulgesetz nach seiner Einführung zunächst einmal von Verfassungsgerichten überprüft und korrigiert werden muss, wie das in anderen Bundesländern der Fall war.
Wir bringen Änderungen mit Augenmaß auf den Weg, die erfolgreich an den Hochschulen umgesetzt werden können. Studierende, Promovierende, Personalvertretungen und Gleichstellungsbeauftragte erhalten neue Möglichkeiten, sich stärker als bisher an den hochschulinternen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Die Studierendeninitiative - analog zum Bürgerbegehren - und die Interessenvertretung für Promovierende sind zwei Beispiele hierfür.
Hochschulen können eine weitere hauptberufliche Vizepräsidentin oder einen weiteren hauptberuflichen Vizepräsidenten für die Bereiche Studium, Lehre und studentische Belange bestimmen. Bei der Benennung haben Studierende ein entscheidendes Mitbestimmungsrecht.
Studierende, Personalvertretungen und Gleichstellungsbeauftragte erhalten zukünftig das Recht, an den Sitzungen des Hochschulrates beratend teilzunehmen.
Ein Mitglied der Personalvertretung wird in Zukunft dem Senat der Hochschule mit beratender Stimme angehören.
Der Senat als Ort akademischer Selbstbestimmung wird gestärkt, indem er künftig das Letztentscheidungsrecht bei der Abwahl von Präsidiumsmitgliedern hat.
Der Kreis möglicher Mitglieder der Hochschulräte und Stiftungsräte wird auf weitere gesellschaftliche Akteure ausgeweitet.
Wir erweitern den Fürsorgeauftrag der Hochschulen auf die besonderen Bedürfnisse von Studierenden mit pflegebedürftigen Angehörigen oder mit chronischen Erkrankungen.
Wir stärken wissenschaftliche Karrieren, indem wir den Tenure-Track für befristete Professuren der Besoldungsgruppen W 2 öffnen.
Und: Wir öffnen den Masterzugang, indem wir die Grenznote beim Übergang vom Bachelor zum Master streichen.
Meine Damen und Herren, ich kann hier nicht alle Änderungen, die wir im Gesetz vorgenommen haben, vortragen. Dazu reicht die Zeit nicht. Deshalb hier nur exemplarisch dieser Auszug.
SPD und Grüne haben im Zuge der Gesetzesberatungen allerdings noch weitere, für uns wichtige Änderungen am Gesetzentwurf eingebracht.
So haben wir den Aspekt „Gute Arbeit“ durch Festschreibung von guten Beschäftigungsbedingungen konkretisiert.
Wir haben das Thema Anwesenheitspflicht geregelt. Letzteres ist ein gutes Beispiel dafür, was es heißt, Dinge in einem Hochschulgesetz zu regeln. Es ist nämlich das eine, eine solche Regelung, die sich gegen unsinnige Anwesenheitspflichten in Vorlesungen ausspricht, ins Gesetz zu schreiben. Etwas anderes ist, dass solche Regelungen an den Hochschulen nun auch gelebt werden. Im kommenden Jahr werden wir deshalb darauf ein besonderes Augenmerk legen und mit den Studierenden und Lehrenden an den Hochschulen dazu ins Gespräch kommen.
Meine Damen und Herren, das Gesetz zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen ist ein gutes Gesetz. Mein Appell geht jetzt an die Hochschulen, die Neuerungen mit Leben zu füllen. Ich wünsche mir, dass alle Statusgruppen an den Hochschulen gemeinsam daran arbeiten, diese Beteiligungskultur im Sinne einer echten Kultur der Mitsprache zu verwirklichen. Dann werden wir viel erreicht haben.
Vielen Dank, Herr von Holtz. - Die nächste Rede kommt von der CDU-Fraktion, von unserer Kollegin Heidemarie Mundlos. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab möchte ich allen Beteiligten danken, insbesondere den Vertretern der Hochschule für die Geduld bei der zweifachen Anhörung und vor allen Dingen auch für die klaren, deutlichen Worte, die sie gefunden haben.
Ich beginne mit dem letzten Vorhaben der Landesregierung: NTH. In der Anhörung dazu sprach der Präsident der TU Braunschweig von der Beerdigung der NTH. Wenn ich in der Diktion bleiben will, dann kann ich nur sagen: Heute stellen wir formal den Totenschein aus.
(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Dann stimmt aber die Rei- henfolge nicht! Normalerweise wird der Totenschein vor der Beerdigung ausgestellt!)
Hieran ist u. a. Folgendes bemerkenswert: Statt die Mängel der NTH zu analysieren, pragmatisch die Fehler zu beseitigen, wie es nicht nur der Präsident der TU Braunschweig, Jürgen Hesselbach,
eingefordert hat, ist die NTH in einem Top-downVerfahren gerade von denen, die sonst dem Bottom-up das Wort reden, abgeschafft worden. Dabei gab es einen Vorschlag der beteiligten Hochschulen, wie man sich besser aufstellen könne. Dafür wäre es allerdings erforderlich gewesen, dass das Ministerium zugunsten des NTH-Rates auf Befugnisse hätte verzichten müssen. Und? - Fehlanzeige!
Ein neues Konstrukt soll jetzt zumindest Braunschweig und Hannover in die Lage versetzen, vorhandene Kompetenzen effektiver zu benennen und zu nutzen. Bemerkenswert ist, dass die neu gefundene vermeintliche Lösung, genannt Masterplan, optional bereits die Rolle rückwärts vorsieht. Der Vertrag kann in fünf Jahren ganz leicht und schnell wieder aufgelöst werden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Vertrauen in die Leistungsfähigkeit unserer Hochschulen sieht jedenfalls anders aus.
Wenn jetzt im Rahmen der Exzellenzinitiative ein besserer Erfolg bei der Bewerbung erhofft wird, wird dabei vollkommen vergessen, dass die Wettbewerber, z. B. die Technische Hochschule München, offensichtlich über erheblich größere sächliche, personelle und finanzielle Ressourcen verfügen. Davon können Braunschweig und Hannover nur träumen. Eine ähnlich gute, adäquate Grundfinanzierung mahnen die niedersächsischen Hochschulen folglich an. Doch ein Blick in den Haushalt? - Fehlanzeige!
Ein Wort zur ehemals dritten Hochschule im Bunde, der NTH Clausthal: Clausthal bleibt außen vor im Regen stehen. Oder sollte ich besser „im Schnee sitzen“ sagen? Clausthal soll ein tragfähiges eigenes Profil entwickeln, eine eigene Zukunftsplanung. Wo bleiben die Ideen der Landesregierung? Wo bleiben die flankierenden Maßnahmen? - Man darf gespannt sein, wann und wie diese Landesregierung hier eingreift; denn im Abwickeln hat die Ministerin ja nun Erfahrung.
Bottom-up das Wort reden, Top-down regieren. Kurz: Der Umgang mit der NTH ist suboptimal gelaufen. Kollateralschäden wurden billigend in Kauf genommen. Verlässliche Hochschule sieht anders aus!
Neben der NTH-Frage gehört es zu den Selbstverständlichkeiten in diesem Gesetzentwurf, dass ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
Juni 2014 umgesetzt wird. Hier begrüße ich ausdrücklich Professor Bernd Haubitz von der Medizinischen Hochschule Hannover, der diesen Beschluss erstritten hat. - Herr Professor, Sie haben die Sache über viele Jahre konsequent immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt und damit dieses Urteil erstritten. Meine Hochachtung!
Auch wenn wir das Gesetz heute ablehnen, so stelle ich fest, dass dieser höchstrichterliche Beschluss und seine Umsetzung dazu beitragen sollen, die Wissenschaftsfreiheit besser zu schützen. Außerdem sollen die Mittel, die für Forschung und Lehre bestimmt sind, künftig auch an den humanmedizinischen Einrichtungen ausschließlich ihrem Zweck entsprechend eingesetzt werden. Das hätte auch eine CDU-Regierung so umgesetzt.
Allerdings hat der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst während der Beratung immer wieder darauf hingewiesen, dass die Vorgaben des Gerichtsurteils nicht hinreichend genug festgelegt werden. Ministerium und Regierungsfraktionen sehen das anders. Ich befürchte, dass neue Klagen gegen das vorliegende Gesetz nicht ausgeschlossen sind. Das war Thema im Rechtsausschuss. Für Interessierte verweise ich auf die Vorlage Nr. 20 im Beratungsablauf und den schriftlichen Bericht zu dem Gesetz. Ich empfehle, das nachzulesen. Dort wird noch einmal deutlich, dass mit der neuen gesetzlichen Vorlage eben nicht alles verfassungskonform ist. Aber die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sehen das anders.