Protokoll der Sitzung vom 04.05.2016

Ich bezweifle aber, dass ein Untersuchungsausschuss das geeignete Mittel ist, um zu prüfen, wie die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden verbessert werden kann. Herr Kollege Nacke, in der Tat wäre ein Sonderausschuss besser geeignet gewesen, in die Zukunft gerichtete Vorschläge zu entwickeln. Wir haben nur deshalb keinen entsprechenden Antrag vorgelegt, weil Sie bereits deutlich gemacht hatten, dass Sie um jeden Preis an diesem Untersuchungsausschuss festhalten würden. Dann macht es doch keinen Sinn, parallel noch einen Sonderausschuss einzurichten.

Meine Damen und Herren, Sie haben die parlamentarischen Möglichkeiten wie Akteneinsichten, Anfragen und Unterrichtungen nicht ausgeschöpft. Ich hatte es bereits erwähnt: Die Sitzung des Verfassungsschutzausschusses am Tag vor Ihrer Verkündung, dass der Untersuchungsausschuss kommen wird, dauerte gerade einmal eine Stunde. Die Verfassungsschutzpräsidentin war persönlich da. Sie hatten aber kaum Fragen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Die beant- wortet sie ja nie! Und wenn sie sie beantwortet, werden sie falsch beant- wortet!)

Denn das wollten Sie nicht. Sie wollten den Untersuchungsausschuss um jeden Preis.

(Angelika Jahns [CDU]: Das ist unser gutes Recht!)

Diese Einsetzung eines Untersuchungsausschuss - genau, Frau Kollegin Jahns - ist Ihr Recht. Mit seinen Rechten muss man aber auch verantwortungsvoll umgehen.

(Zuruf von der CDU: Sie treten unsere Rechte mit Füßen!)

Es war und ist viel über den erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwand zu lesen. Ja, Demokratie kostet Geld. Das ist auch richtig so. Das muss auch so sein. Gleichwohl sind wir alle gehalten, meine Damen und Herren, bei der Ausübung unserer Rechte stets das Landeswohl als Ganzes nicht aus dem Blick zu verlieren und immer zu prüfen, ob das gewählte Mittel der Kontrolle verhältnismäßig ist.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wie bei der Asse!)

Dieser Untersuchungsausschuss wird - das hat die Gewerkschaft der Polizei ja eindeutig erklärt - unabhängig davon, für welchen konkreten Zeitraum wir ihn beschließen, erhebliche Kräfte innerhalb der Polizei und des Verfassungsschutzes binden. Diese Arbeit ist dann Mehrarbeit, oder sie fällt an anderer Stelle weg.

Meine lieben Kollegen der Opposition, für diesen Arbeitsaufwand und diese Belastung tragen dann auch Sie Verantwortung mit Ihrem Einsetzungsantrag.

Herr Kollege Götz, Herr Schiesgeries, Herr Kollege Krumfuß, Herr Kollege Adasch und Herr Kollege Ahlers, ich kann kaum glauben, dass Sie fünf mit Ihren Erfahrungen aus dem Polizeidienst, die Sie

mir in der Tat auch voraushaben, tatsächlich hinter diesem Untersuchungsausschuss stehen und dem heute hier zustimmen. Ich kann nur an Sie appellieren: Gehen Sie in sich, und erwägen Sie, welche Mittel angemessener sind.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist doch peinlich!)

Sie wollen die politische Ebene treffen - - -

Herr Kollege Limburg, Herr Kollege Bode würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Ja, selbstverständlich. Gerne.

Bitte schön, Herr Bode!

Herr Kollege Limburg, vielen Dank für die Möglichkeit der Zwischenfrage.

Auch ich habe heute - in der HAZ war es, glaube ich - erstmals davon gelesen, dass durch die Einsetzung dieses Parlamentarischen Untersuchungsausschusses Gefährdungen für die innere Sicherheit durch die Überlastung der Sicherheitsbehörden ausgehen könnten. Sie und Herr Tonne haben das ebenfalls eingeführt. Von der Landesregierung ist das bisher in den Beratungen und auch im Ältestenrat niemals thematisiert worden.

Deshalb meine Frage: Liegen Ihnen konkrete Hinweise vor, dass durch die Einsetzung dieses Parlamentarischen Untersuchungsausschusses die innere Sicherheit, die Arbeit der Sicherheitsbehörden, gefährdet wäre? Und, wenn ja: Von wem haben Sie diese Erkenntnisse, und wie konkret sind sie?

(Beifall bei der FDP)

Bitte schön, Herr Kollege Limburg!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Und der Minister schweigt!)

Herr Kollege Bode, Ihre Frage überrascht mich doppelt. Zum Ersten überrascht sie mich, weil es in der Tat Pressemitteilungen von sowohl Deutscher Polizeigewerkschaft als auch Gewerkschaft der

Polizei gab - und das sind die Leute, die doch wissen müssen, was unten an der Basis ankommt, was die Auswirkungen sind, Herr Bode. Das können Sie doch nicht ernsthaft bestreiten.

(Christian Grascha [FDP]: Der Minis- ter müsste sich mal äußern!)

Zum Zweiten: Herr Bode, wenn ich mich recht erinnere, waren Sie selber eine Zeitlang Minister in diesem Land. Sie haben selbst Verantwortung getragen und wissen ganz genau, dass bei jedem Versuch, über Aktenvorlagen und Untersuchungsausschüsse die politische Ebene und den Minister zu treffen, natürlich ganz erhebliche Arbeit an den unter- und nachgeordneten Behörden hängen bleibt. Das können Sie doch nicht alles schon wieder vergessen haben, Herr Bode.

(Christian Dürr [FDP]: Haben wir Ihnen dieses Recht jemals verwehrt?)

Meine Damen und Herren, SPD und Grüne werden im Rahmen des Untersuchungsausschusses jedenfalls - - -

(Jörg Bode [FDP]: Also habt ihr das Instrument erfunden? - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

Eine Sekunde! - Meine Damen und Herren, Zwischenrufe sind erlaubt - das sage ich immer -, aber wir müssen dem Redner die Möglichkeit geben, dass er gehört wird. Und ich habe aus Ihren Reihen gehört, dass er nicht mehr gehört wird. Dann funktioniert das hier nicht.

Jetzt hat alleine der Kollege Limburg das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! SPD und Grüne werden jedenfalls alles in unserer Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass Sie diesen Ausschuss missbrauchen, um einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes in die Öffentlichkeit zu zerren und mit Kritik zu überschütten.

Herr Kollege Nacke, Sie haben gerade behauptet, SPD und Grüne hätten bereits eingeräumt, dass es Verfehlungen von Mitarbeitern gegeben hat. Ich kann mich an so etwas nicht erinnern. An diesem Punkt sind wir nicht. Ich weise das im Namen unserer Fraktion zurück, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Präsident! Wir streiten uns über den zu untersuchenden Zeitraum. Wir sind der Auffassung, dass eine Ausweitung notwendig ist.

(Angelika Jahns [CDU]: Das verur- sacht mehr Arbeit, Ihre Ausweitung!)

Wir sind der Auffassung, dass man weiter zurückschauen muss als nur bis zum Regierungswechsel. In diesem Punkt ist Ihr Antrag lebensfremd. Glauben Sie denn allen Ernstes, dass sich die Arbeit der Polizei und des Verfassungsschutzes schlagartig ab dem 19. Februar 2013 fundamental geändert hat,

(Volker Meyer [CDU]: Ja!)

dass sich die zu untersuchenden Sachverhalte schlagartig mit einem Regierungswechsel verändert haben? - Das ist mehr als unwahrscheinlich, und das haben Sie selbst im Jahr 2003 erlebt. Aber Ihnen geht es offensichtlich nicht um Sachaufklärung.

(Christian Dürr [FDP]: Sie sprechen doch immer vom Politikwechsel!)

Herr Kollege Dürr, würden Sie mit dem Untersuchungsauftrag allein auf die Arbeit der Landesregierung abzielen, dann wäre das sogar nachvollziehbar. Aber Ihnen geht es ausdrücklich darum, auch die Arbeit der nachgeordneten Sicherheitsbehörden zu hinterfragen.

(Zurufe von der SPD: Ah!)

Dann aber ist das von Ihnen gewählte Datum völlig willkürlich. Wegen der Vollständigkeit der Zusammenhänge ist eine Ausweitung nach vorne geboten.

Ich möchte das an einem konkreten Beispiel festmachen. Sie wollen untersuchen, inwieweit - das formulieren Sie ausdrücklich in Ihrem Änderungsantrag - ehemalige Studierende der 2012 verbotenen Islamschule Braunschweig heute im Umfeld von deutschsprachigen Islamkreisen aktiv sind. Sobald ein Beamter aus der Zeit vor dem Verbot berichten wollen würde, müssten wir sofort sagen: Halt! Das ist nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt! Das darfst du uns nicht erzählen!

(Petra Tiemann [SPD]: Das ist über- haupt nicht durchdacht! - Volker Mey- er [CDU]: Das ist doch lächerlich!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein weiteres Beispiel: Bei Safia und dem Berufsschüler aus Hannover gehen sogar Sie selbst ausdrücklich unbegrenzt in der Zeit zurück - bis 2008 oder auch weiter. Das heißt, wenn wir Beamte zu Safia befragen, dürfen sie ab 2008 berichten. Wenn sie aber im nächsten Atemzug über islamistische Ausreisen berichten wollten, dann müssten wir sagen: Nein, jetzt bitte nur noch ab Februar 2013! - Das ist doch mehr als lebensfremd. Sie können nicht ernsthaft erwarten, dass wir so etwas zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)