Protokoll der Sitzung vom 07.06.2016

(Jörg Bode [FDP]: Das macht ihr doch sonst auch!)

Ich glaube, wir sind gut beraten, wenn wir das sein lassen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch, wenn die Notwendigkeit nicht wirklich klar ist und außerdem ein nicht geringes verfassungsrechtliches Risiko besteht, auf dieses Gesetz verzichten

und stattdessen die notwendigen Regelungen mit dem vorgelegten Entschließungsantrag - vielleicht sogar einvernehmlich - an die neuen Zeiten und die Praxis nach Lissabon anpassen!

(Zustimmung bei der SPD)

Die jetzt schon geübte Praxis zeigt: Es klappt gut. Wir werden frühzeitig und intensiv informiert und können bei Bedarf rechtzeitig eigene Positionen und Stellungnahmen entwickeln. Das ist überhaupt kein Problem. Ein Gesetz brauchen wir dazu nicht.

Es wäre schön, wenn Sie von FDP und CDU - ich glaube, das habe ich vorhin schon einmal gesagt - sich dafür entscheiden könnten, sich unserer Entschließung anzuschließen. Ich glaube, das wäre der richtige Weg. Es wäre ein gutes Zeichen, wie wir mit europäischen Belangen bei uns im Parlament gemeinschaftlich umgehen.

Ich glaube, nach genauer Überlegung wissen auch Sie: Wenn Sie nicht die Opposition wären, würden Sie jetzt nicht mehr an diesem Gesetzentwurf festhalten, sondern die Bedenken des GBD ernst nehmen.

Wir können heute Europa stärken, indem wir hier einvernehmlich die Entschließung verabschieden. Den Gesetzentwurf müssen wir leider ablehnen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Haase. - Es folgte jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Regina Asendorf. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Wir Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sind zu unserem Glück vereint.“

So beginnt die Erklärung anlässlich des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge.

Dieses Glück fällt uns aber nicht zu. Wir müssen es uns erarbeiten. Europa ist ein gigantisches Projekt. Es befindet sich immer noch im Prozess. Wir müssen verstehen, dass Europa nicht nur in Brüssel stattfindet, sondern auch hier bei uns. Aller

dings findet es nur so viel hier statt, wie wir bereit sind, Energie dafür aufzuwenden.

Einer der wichtigsten Entwicklungsschritte Europas ist die Demokratisierung. Dazu gehört auch: Die Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen sollen die Gewissheit haben, dass wir Landtagsabgeordnete sie auch in Europa vertreten.

In der Gesellschaft herrscht oftmals das Gefühl, dass Niedersachsen und Europa entkoppelt sind und eine Einflussnahme eher eingeschränkt möglich ist. Auch dies ist ein Grund für Politikverdrossenheit.

Europa hat sich seit den 90er-Jahren rapide weiterentwickelt. In den Medien stehen zunehmend europäische Themen im Mittelpunkt: die Schuldenkrise, die Herausforderung einer solidarischen Politik für Geflüchtete, TTIP. Häufigkeit und Ausmaß der EU-Gesetzgebung mit Wirkung auf Niedersachsen haben kontinuierlich zugenommen.

Um diesen Entwicklungen gerecht zu werden, muss sich der Landtag vermehrt mit EU-Themen beschäftigen und sie intensiver behandeln. Die bis heute gültige Entschließung des Niedersächsischen Landtages aus dem Jahre 1995 - zwar ergänzt durch verschiedene Schreiben - reicht einfach nicht mehr aus. Wir brauchen für die Ausschüsse ein transparentes und handhabbares Instrument, damit wir uns in Europa noch besser beteiligen können.

Der Entschließungsantrag, den wir vorgelegt haben, ist konform mit der Niedersächsischen Verfassung. Ich betone diese Selbstverständlichkeit deshalb, weil der Gesetzentwurf der CDU es leider nicht ist. Der Entwurf ist eine Kopie des Gesetzes, das in Baden-Württemberg erlassen wurde. Der GBD beim Landtag hat den Entwurf geprüft und Bedenken hinsichtlich der Verfassungskompatibilität geäußert. Daraufhin haben wir einen Entschließungsantrag formuliert, der verfassungskonform ist.

Der Entwurf wurde dem Ausschuss zur Diskussion vorgelegt. Ich für meinen Teil habe mich wirklich sehr auf eine konstruktive Auseinandersetzung, auf eine echte demokratische Diskussion gefreut. Das überraschende Ergebnis war: Keine Diskussion, keine Kritik, keine Äußerung zu diesem Entwurf!

Warum? - Wohl wissend, dass Ihr Gesetzentwurf aufgrund der verfassungsrechtlichen Bedenken abgelehnt werden muss, beteiligen Sie sich nicht

an der Diskussion über einen ernsthaften Vorschlag zur Beteiligung des Landtages in Europa.

Warum nutzen Sie nicht die Chance eines gemeinsamen Plädoyers für Europa? Wer auf die Karte Europas schaut, kommt doch nicht umhin, zu sehen, dass Niedersachsen in seiner Mitte liegt. Unser Interesse an Europa kann gar nicht groß genug sein. Bürgerinnen und Bürger, Abgeordnete und nicht zuletzt die Demokratie werden gewinnen, wenn wir uns in Niedersachsen vermehrt sehr ernsthaft mit der europäischen Politik beschäftigen.

Meine Damen und Herren, ich werde manchmal von Besuchergruppen gefragt, ob es im Parlament auch Gewissensentscheidungen gibt. - Eher selten. Die finden fast immer im Bundestag statt.

Aber heute, sehr geehrte Abgeordnete, sehe ich eine Gewissensentscheidung. Sich eindeutig zu Europa zu bekennen, ist eine Gewissensentscheidung. Im Angesicht der vielen Krisen und des Erstarkens europafeindlicher Gruppen ist unser Antrag vielleicht nur ein kleines Zeichen. Aber es sollte ein gemeinsames Zeichen des Landtages sein.

Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen, und schließe mit dem Satz der Berliner Erklärung von 2007:

„Denn wir wissen: Europa ist unsere gemeinsame Zukunft.“

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es folgt jetzt für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Kortlang. Herr Kortlang, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Hohes Präsidium! Werte Kolleginnen und Kollegen! In knapp drei Wochen ist es zwei Jahre her, dass ich in diesem Hohen Hause - das letzte Mal im alten Plenarsaal - in erster Lesung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung sprach. Damals schloss ich meine Rede mit den hoffnungsvollen Sätzen:

„Ich hoffe auf sachliche Diskussionen. Vielleicht kommt ja ein Weg dabei heraus, der für uns alle gangbar ist.“

Heute, nach - das wurde eben schon mehrfach erwähnt - fast zwei Jahren, bin ich eigentlich enttäuscht. Das hatte ich mir etwas anders vorgestellt.

Dieser gesamte Vorgang war zäh. Man kann sogar sagen: Er war verdammt zäh. Man muss sich die Frage stellen, ob überhaupt das Grundbedürfnis nach einem gemeinsamen Beschluss dahintergestanden hat. Wir alle sollten dem alten Sprichwort „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“ mehr Beachtung schenken.

Was geschah? - Immer wieder kamen die Vertreter der Regierungsfraktionen mit dem Antrag, die Beratungen zu verschieben, weil man noch Klärungsbedarf habe. Im Oktober wurde dann klar, dass man nach einer anderen Lösung als einer Verfassungsänderung, wie sie die CDU-Fraktion beantragt hatte, suchen müsse. Warum dafür anderthalb Jahre nötig waren, kann ich auch heute noch nicht verstehen.

(Heiner Schönecke [CDU]: Die sind ein bisschen langsam!)

- Ja, das ist so!

Ganz so sah es auch die Landtagsverwaltung, die am 16. April letzten Jahres nachfragte.

Ende September hatten die Regierungsfraktionen immer noch Abstimmungsbedarf: für mindestens zwei Monate. Am 3. Dezember sollte es weitergehen. Aber weit gefehlt! Es gab nur die Ankündigung einer parlamentarischen Initiative.

In der Ausschusssitzung am 7. Januar lag dann endlich ein Entwurf vor. Nach Durchsicht durch unsere Fraktion und auch durch die CDU-Fraktion mussten wir feststellen, dass man uns etwas nicht Zustimmungsfähiges vorgesetzt hatte. Das, was Sie als Regierungsfraktionen mit Ihrer Einstimmenmehrheit beschließen wollen, kann uns nicht gefallen. Denn das bedeutet keine Stärkung des Parlaments - das klang schon an -, sondern eher die Festigung der Entscheidungsgewalt der Landesregierung.

(Zustimmung bei der FDP)

Dafür - das sage ich Ihnen ganz ehrlich - sind wir Abgeordnete aber nicht von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden. Sie wollten, dass wir mehr bewegen. Es geht schlicht darum, dass wir Abgeordnete vom Volk als dem Souverän als Stellvertreter gewählt sind, um dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte gewahrt werden.

Eine Landesregierung abzuwählen, nachdem sie im Bundesrat entgegen der Stellungnahme gestimmt hat, hilft in der Sache, wenn die Dinge denn gelaufen sind, nicht mehr.

(Beifall bei der FDP)

Das wäre so ähnlich, als würde ein Deckel auf einen Brunnen gelegt, nachdem das Kind schon hineingefallen ist. War Ihnen von der Mehrheitsgruppe der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion ein zu schwerer Deckel, den Sie nicht mittragen konnten, dann - das sage ich Ihnen ganz ehrlich - ist der Entschließungsantrag, über den Sie hier heute abstimmen wollten, eine dünne Folie, die zwar den Brunnen abdeckt, aber Fehlinformationen nicht verhindern kann.

Aus diesem Grunde sage ich Ihnen: Wir von der FDP-Fraktion werden Ihrem Entschließungsantrag nicht zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)