Protokoll der Sitzung vom 08.06.2016

Erstens: die Forderung der Abschaffung des Verfassungsschutzes, den Frau Piel 2012 in Stade als „Scheißhaufen“ bezeichnete.

(Zurufe von der CDU: Unglaublich!)

Zweitens: die Beschwerdestelle beim Staatssekretär des Innenministeriums, die für uns eine Misstrauensstelle ist. Zuletzt berichtete die NordwestZeitung am 14. Mai 2016, dass sich die Polizisten hierdurch an den Pranger gestellt fühlen und massenhaft falsche Anschuldigungen erhoben werden.

(Thomas Adasch [CDU]: Genau so!)

Drittens: die Kennzeichnungspflicht. Während das Vermummungsverbot bei Demonstrationen von den Grünen politisch immer bekämpft wurde, sollen Polizisten besser identifizierbar werden, wenn sie dem autonomen Block gegenüberstehen. Fürsorge, meine Damen und Herren, sieht anders aus.

(Beifall bei der CDU)

Viertens: die vielen weiteren Einschränkungen im Polizeirecht, die im Koalitionsvertrag festgehalten sind, aber zum Glück noch nicht umgesetzt worden sind. Hoffentlich bleibt es dabei.

Fünftens: die Verweigerung zusätzlichen Personals für den Verfassungsschutz, dem man mehr Bürokratie aufhalst, aber das notwendige Personal dafür verweigert - und das in der gegenwärtigen Bedrohungslage!

(Björn Thümler [CDU]: Pfui!)

Sechstens: das nun auf dem Landesparteitag der Grünen geforderte Verbot des Einsatzes von Diensthunden und Dienstpferden.

(Zuruf von der CDU: Lächerlich!)

Sie misstrauen nicht nur den Polizistinnen und Polizisten, sondern auch den Pferden und Hunden der Polizei - wie absurd!

(Beifall bei der CDU - Thomas Adasch [CDU]: Unerhört!)

Siebtens: die ebenfalls neue Forderung nach einer unabhängigen Treuhandstelle für Protokolle von Polizeieinsätzen und Polizeivideos.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, in Zeiten völlig überlasteter Polizeibeamtinnen und -beamter, einer steigenden Gewalt gegen diese, einer stärker werdenden terroristischen Bedrohung und fehlenden Respekts bestimmter Gruppen mit Migrationshintergrund - ich erinnere an das Buch von Frau Kambouri - sieht der Landesparteitag der niedersächsischen Grünen als einziges Problem der inneren Sicherheit das Problem von Polizeigewalt und das Problem, dass Pferde und Hunde Demonstranten einschüchtern könnten. So ist man in der Debatte nicht mehr ernst zu nehmen.

Liebe Mitglieder der grünen Landtagsfraktion, wir hören ständig, dass Ihnen der Kampf gegen Stigmatisierung und Ausgrenzung von gesellschaftlichen Gruppen wichtig sei. Ich bin der Ansicht, dass Sie beständig, von Anfang an, eine Politik und Rhetorik der Ausgrenzung und Stigmatisierung gegen die Polizei führen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ihre Anträge auf Parteitagen und Ihre Wahlprogramme sprechen eine klare Sprache. Ich möchte dazu ein weiteres aktuelles Beispiel nennen: Die Grüne Jugend Göttingen hat im April eine Broschüre über die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der Bereitschaftspolizei in Göttingen vorgestellt mit dem Titel „How to BFE - Die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit. Zwischen Männlichkeitsritualen, Korpsgeist und Anonymität“. Titel des ersten Kapitels: „Am Anfang war der Schlagstock“.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Es ging sogar um Tierschutz bei dem Thema, Frau Kollegin! Das hätten Sie sich mal angucken sollen!)

Meine Damen und Herren, liebe Mitglieder der grünen Landtagsfraktion, gehen Sie bitte in sich! Überlegen Sie bitte selbstkritisch, ob Sie nicht in überholten ideologischen Vorstellungen und Traditionen verhaftet sind! Grenzen Sie sich klar von unsachlicher Ablehnung unserer Polizei ab! Bedienen Sie nicht mehr den Linksradikalismus mit diesen Initiativen! Und kommen Sie nach bald 40 Jahren auf die Sachebene zurück!

Ich gehe davon aus, dass Sie sich für die Vorhaben, die Sie bei den letzten Parteitagen angekünigt haben, bei unseren Polizistinnen und Polizisten entschuldigen und diese zurücknehmen werden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Jahns. - Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Ulrich Watermann, SPD-Fraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde ist ja wirklich gut zusammengestellt. Es gibt Themen, die man doch heißer diskutieren kann, und es gibt Themen, die ganz in Ruhe diskutiert werden.

Bei der Diskussion zum Thema Datenschutz kamen sehr ausgewogene Reden aus allen Fraktionen. Das sollte vielleicht für das Thema innere Sicherheit und Polizei sowie Umgang und Einstellung der Parteien und Fraktionen damit bzw. dazu auch gelten.

Die Kollegin Ross-Luttmann hat eben sehr ausgewogen über das Thema Videoüberwachung gesprochen. Ich kann mich noch an die vergangene Innenausschusssitzung erinnern, in der die CDUFraktion dieses Thema sehr hochstilisiert hat und die Gefährdung der inneren Sicherheit damit in Verbindung gebracht hat.

Ich glaube, wir wären gut beraten, wenn wir den Themenbereich innere Sicherheit, Verfassungsschutz, Polizei und Umgang damit immer ausgewogen diskutieren würden. Denn dabei bedarf es einer sehr großen Abwägung. Der Kollege Oetjen, der mir eine Zwischenfrage dazu nicht gestattet hat, hat gesagt, dass man aufpassen muss, dass es nicht bei jedem Ereignis zu einer Verschärfung kommt.

Bei den Beratungen zum Verfassungsschutzgesetz haben wir beim Thema Beobachtung von Minderjährigen über das Alter 16 bzw. 14 gesprochen. Wir haben dazu jetzt einen ausgewogenen Vorschlag vorgelegt, aber Ihr Kollege Landesvorsitzender hat gesagt, das wäre überhaupt nicht ausreichend.

Ich würde Ihnen empfehlen, gelegentlich auch in die eigenen Reihen zu schauen und zu schauen, ob fehlende Ausgewogenheit immer nur anderen vorgehalten werden kann.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen mit Blick auf ganz viele Situationen bei der Polizei darüber beraten, wie wir sie stärken können. In der Koalition sind wir uns dabei völlig einig - auch bei vielen Punkten, die auch Sie fordern.

Ich denke, wir alle sollten uns ganz gründlich an die eigene Nase fassen und uns fragen, ob wir nicht gerade im Moment die Polizei durch das Hochstilisieren von Ereignissen und die Nutzung von parlamentarischen Instrumenten in einem erheblichen Maße belasten. Wir müssen aber auch wissen, dass das eine erhebliche Belastung bedeutet. Vielleicht müssen wir auch da das Ausgewogene nach vorne stellen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man das Thema so wichtig nimmt und als Stream durch den Landtag treibt, dann muss man sich gelegentlich auch fragen, warum Sie - worüber ich gestern völlig erschüttert war -, wenn wir über so etwas wie die Bestandsdatenabfrage reden, bei der Abstimmung einfach sitzen bleiben. Sie machen nicht mit, sagen aber auf der anderen Seite, die innere Sicherheit sei Ihnen sehr wichtig. Ich sage Ihnen: Sie sind zulasten der Polizei sitzen geblieben. Deshalb sollten Sie, bevor Sie anderen Fraktionen und Parteien vorschreiben, bestimmte Dinge zu überdenken, erst einmal Ihre eigene Rolle überdenken. Ich glaube, damit hätten Sie genug zu tun.

Sie können sicher sein: Ein Parteitag kann prüfen und beschließen und tun, was er will. Das ergeht uns auf Parteitagen immer wieder so. Aber wir werden hier in dieser Koalition nur das machen, was wir miteinander vereinbaren. Ich sage klipp und klar: Dabei kann jeder alles prüfen, wir werden aber ganz bestimmt nicht mitmachen, wenn bei den Hunden und bei den Pferdestaffeln etwas verändert werden soll.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Wir werden darüber reden - das sage ich in aller Deutlichkeit -, ob die Einsätze und das, was man

tut, immer ausgewogen ist. Das werden wir, genauso wie beim Datenschutz, immer von Fall zu Fall, von Situation zu Situation tun, und wir werden - auch das sage ich Ihnen - mit den bestehenden Gefahrenpotenzialen am besten umgehen, wenn wir nicht jedes hochstilisieren und wenn wir sagen: Wir sind stolz darauf, dass wir in Niedersachsen eine gute Polizei, einen guten Verfassungsschutz haben. Wir sagen ganz deutlich: Wir sind in Niedersachsen sicher.

Sie können ganz sicher sein, dass dieses Thema bei dieser Koalition gut aufgehoben ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Thomas Adasch [CDU]: Das war ja dünn!)

Danke, Herr Watermann. - Jan-Christoph Oetjen, FDP-Fraktion, bitte! Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als Freie Demokraten wenden wir uns gegen die Stigmatisierung von Polizisten, genauso wie wir uns gegen die Stigmatisierung von Muslimen oder anderen richten. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: De- monstranten oder Fußballfans!)

- Oder Fußballfans oder Demonstranten. Das ist für mich gar keine Frage.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

Insofern ist natürlich schon zu fragen, ob man, wenn man Politik gestaltet, eine Kultur des Vertrauens oder eine Kultur des Misstrauens hat.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie sind an der Stelle natürlich nicht frei von Misstrauen. Sie misstrauen Landwirten, Sie misstrauen Polizisten.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht! Wie kommen Sie denn auf diese Idee? - Miriam Staudte [GRÜNE]: Anscheinend miss- trauen Sie uns! Das ist wohl auch eine allgemeine Zuschreibung, oder?)

Das machen Sie durch solche Beschlüsse deutlich. Ich will Sie eigentlich nur ermuntern, wenn Sie über solche Dinge parteiintern diskutieren oder