Wir treten in die Beratungen ein. Ich erteile Herrn Kollegen Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Justiz in unserem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat besteht ganz überwiegend aus hauptamtlich Tätigen, aus Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, natürlich aus Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, aus Menschen der Justizverwaltung, Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern, Amtsanwältinnen und Amtsanwälten und weiteren mehr. Sie besteht aber auch ganz wesentlich aus Ehrenamtlichen. Eine Gruppe dieser Ehrenamtlichen sind die Schöffinnen und Schöffen und sind auch in der Strafjustiz und in anderen Gerichtszweigen ehrenamtlich in der Rechtsprechung Tätige.
Diese beiden Säulen - die Hauptamtlichen, aber eben auch die Ehrenamtlichen - zusammen sind aus der Sicht von Bündnis 90/Die Grünen und - ich freue mich, dass das in den Ausschussberatungen klar geworden ist - auch aus Sicht der anderen Fraktionen eine wichtige Stärke der Justiz im demokratischen Rechtsstaat, weil sozusagen nicht eine abgehobene, rein abgeschlossene Kaste entstehen kann, sondern weil sichergestellt ist, dass die breite Bevölkerung über dieses Amt der Schöffinnen und Schöffen an der Rechtsprechung mitwirkt. Deswegen ist es gut, dass wir sie haben, und sie alle, die diese ehrenamtliche Tätigkeit leisten, verdienen den Dank von uns allen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
So weit herrscht - das habe ich bereits gesagt - offensichtlich Einigkeit in diesem Haus und auch im Rechtsausschuss des Landtags.
Vor dem Hintergrund, dass sie Dank verdienen, aber dass sie eben auch Unterstützung verdienen, hat meine Fraktion einen Entschließungsantrag eingebracht und mehrere Forderungen an die Landesregierung gerichtet. Darüber haben wir dann im Rechtsausschuss beraten. Wir sind übereingekommen, eine Anhörung zu machen. Wir haben den Schöffenverband angehört. Er hat eine sehr umfangreiche Stellungnahme abgegeben und vieles begrüßt und weitere Anregungen unterbreitet. Wir haben aber auch weitere Verbände angehört. Auch dafür möchte ich mich herzlich bedanken.
Man darf ja nicht vergessen - das gilt auch für andere Ausschüsse -, wir beschließen schnell solch eine Anhörung - das ist ja auch wichtig -, aber die meisten zumindest, die wir anhören, geben diese Stellungnahmen wiederum ehrenamtlich ab, machen das in ihrer Freizeit. Auch dafür noch einmal ganz herzlichen Dank.
Dann, nach der Anhörung, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat im Rechtsausschuss die Große Koalition angekündigt: Na ja, da doch in vielen Punkten auch Einigkeit besteht, könnten wir doch einmal darüber nachdenken, ob es zu einem gemeinsamen Antrag kommen könnte. - Das fanden wir, meine Fraktion, gut. Auch die FDP hat gesagt: Ja, das begrüßen wir. - Dann haben wir von Ihnen lange nichts gehört. Sie hatten sich Beratungszeit ausbedungen. Alles in Ordnung.
Dann hat uns am Abend vor der Rechtsausschusssitzung, auf der das auf der Tagesordnung stand, ein Änderungsvorschlag von SPD und CDU erreicht. Darin haben Sie aus unserem Forderungskatalog das meiste weggestrichen und einige Punkte - genau waren es drei - übernommen, nämlich Unterstützung des Fortbildungsangebots, Schaffung einer zentralen Ansprechperson und weitere Werbung für das Schöffenamt. Alles gut und richtig. Das finden wir alles gut.
Andere Punkte, wie z. B. die Frage der Supervision für Schöffinnen und Schöffen, also eine Begleitung derjenigen, die in Strafprozessen wirklich mit traumatisierenden Dingen umgehen müssen, haben Sie gestrichen. Eine Regelung, wie man den Verdienstausfall für Schöffinnen und Schöffen, insbesondere für Selbstständige, die das Schöffenamt ausüben, erleichtern kann, damit sie eine leichtere Nachweispflicht haben, damit es auch ihnen möglich ist, das Schöffenamt gut auszuüben, haben Sie einfach gestrichen.
Auch die Frage, wie man Schöffinnen und Schöffen bei der Vereinbarkeit von Schöffenamt und Familie oder Pflege z. B. durch Aufnahme in bereits bestehende Notfallbetreuungseinrichtungen - das war so eine Idee - unterstützen kann, haben Sie auch gestrichen.
Und mit welcher Begründung haben Sie alle diese Punkte gestrichen? - Da gab es leider Fehlanzeige. Sie haben es ohne Begründung gestrichen. Sie haben einfach gesagt, das sei eben eine Priorisierung, die sei wichtig, Sie hätten die wichtigsten Punkte übernommen.
Dann haben wir, die Grünen, mit Unterstützung der FDP, beantragt: Ja gut, dann lassen Sie uns doch noch länger darüber beraten. Wenn wir uns über die drei Punkte schon einig sind, können wir vielleicht auch bei den anderen Punkten noch zusammenkommen, dass man irgendeine Formulierung findet, dass man sich einigt. Darauf haben Sie gesagt, nein, dafür sähen Sie keinen Bedarf, es müsse jetzt abgestimmt werden; das müsse vom Tisch. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht Wertschätzung eben nicht aus.
Sie haben es am Ende mit Ihrer Mehrheit von SPD und CDU wieder in diesem Duktus der Arroganz, den wir im Rechtsausschuss bislang so nicht kannten, den wir in vielen anderen Bereichen jedoch leider kennen, einfach vom Tisch gewischt und haben gesagt: Nein, wir haben uns intern geeinigt. - Das war offenkundig schwer genug, obwohl ich das nur mutmaßen kann. Denn im Ausschuss sagen Sie ja nichts dazu. Aber offenkundig war das intern schwer genug, sodass Sie das einfach so ohne Begründung durchziehen wollten.
So leicht kommen Sie aber nicht davon. Wir von den Grünen und der FDP haben Ihnen einen gemeinsamen Änderungsantrag vorgelegt. Wir übernehmen darin alles, was Sie vorgeschlagen haben. Das ist alles in Ordnung. Das betrifft sowohl den Wertschätzungsteil als auch die Forderungen. Aber darüber hinaus bitten wir doch die Landesregierung, noch drei weitere Punkte mindestens zu prüfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich kann mir schwer vorstellen, mit welcher Begründung Sie sich gegen eine bessere Vereinbarkeit von Selbstständigen und Schöffenamt oder auch von Familie und Pflege sowie Schöffenamt aussprechen.
Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Jetzt erteile ich dem Abgeordneten Ulf Prange, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ob wir das Angebot ausschlagen können oder nicht, ob es vielleicht auch ein unmoralisches Angebot ist,
Duktus der Arroganz - das habe ich eben von Ihnen aufgenommen, Herr Kollege Limburg -: Bis jetzt haben Sie über Ihren Änderungsantrag mit mir nicht gesprochen.
Ich hätte mich schon gefreut, wenn Sie an der Stelle noch einmal auf die SPD-Fraktion zugekommen wären. Aber gut. Das muss jeder selber wissen.
Ich will auch noch mal nach vorne stellen, dass wir das Gemeinsame betonen sollten. Das ist die Bedeutung des Schöffenamtes für unseren Rechtsstaat. Die Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter, die Mitwirkung der Bevölkerung an der Rechtsprechung, ist eine wichtige Errungenschaft. Ich glaube, da haben wir wirklich einen breiten Konsens. Sie stellt eine demokratische Kontrolle der Justiz sicher und sorgt für mehr Transparenz und letztlich auch für eine höhere Akzeptanz von Entscheidungen unserer Gerichte.
Das Schöffenamt als wichtiges Ehrenamt mit hoher Verantwortung gilt es zu stärken. Wir sehen dieses Erfordernis und wollen den Schöffinnen und Schöffen, den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern, die bestmögliche Unterstützung zukommen lassen.
Wir waren im letzten Jahr auch schon tätig. Wir haben in den Haushaltsberatungen zwischen CDU und SPD erreicht, dass über die sogenannte politische Liste 20 000 Euro für die Fortbildungsveran
staltungen des Schöffenverbandes in Niedersachsen und Bremen zur Verfügung gestellt werden. Das ist mehr, als wir in der Vergangenheit getan haben.
Es ist ja der erste Punkt unseres Entschließungsantrages, dass wir sagen, diese wichtige und unverzichtbare Ergänzung des staatlichen Angebots, das ja schon viele Unterstützungsangebote beinhaltet, wollen wir weiter stärken, und wir wollen dem Schöffenverband die Möglichkeit geben, seine Angebote weiterhin anbieten und weiterentwickeln zu können. Die Tatsache, dass die Angebote von den ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern gut wahrgenommen werden, spricht, so glaube ich, für sich.
Zusätzlich haben wir auch den Punkt aufgenommen, dass wir uns für eine Unterstützung der Schöffinnen und Schöffen einsetzen. Dazu gehört zum einen ein zentraler Ansprechpartner, den wir beim MJ, beim Justizministerium, ansiedeln wollen.
Aber das ist ja nicht das Einzige. Sie haben eben das Thema Supervision angesprochen, Herr Limburg. Auch das gehört zu dem Unterstützungskatalog. Ich erinnere mich dazu an die Unterrichtung im Ausschuss, in der ausdrücklich gesagt worden ist, dass das Ministerium zurzeit prüft und dass ein Supervisionsangebot für Verfahren, die die Schöffinnen und Schöffen belasten, auf den Weg gebracht werden soll. Von daher ist das ja Bestandteil unseres Unterstützungspakets.
Das, was wir nicht gemacht haben, ist das, was Sie gemacht haben, indem Sie - das sage ich auch noch einmal - den innenpolitischen Bezug, den kommunalrechtlichen Bezug in Ihrem Antrag nach vorne gestellt haben. Ich denke, die Kommunen haben, wenn es um die Schöffenwahl und um andere Fragestellungen geht, mit dem Innenministerium gute und verlässliche Ansprechpartner.
Wir haben uns - das hatte ich im Ausschuss gesagt, wenn ich mich richtig erinnere - auf den landespolitischen Handlungsspielraum beschränkt, den wir haben. Die Fragen, die Sie eben zur Vergütung und auch zur Vereinbarkeit angesprochen haben, sind eben bundespolitische Themen. Das haben wir ja im Ausschuss auch durchaus besprochen.
Ja, man kann ja nicht immer Bundesratsinitiativen starten, und zwar insbesondere dann nicht, wenn wir vom Justizministerium darüber unterrichtet werden, dass es zurzeit bei diesem Thema in Berlin keine Bewegung gibt.
Was uns an dieser Stelle ganz wichtig ist, ist der Freistellungsanspruch, den Schöffinnen und Schöffen gegenüber dem Arbeitgeber haben. Das ist ein Punkt, den wir in unseren Änderungsantrag aufgenommen haben und der jedenfalls nicht in dieser Deutlichkeit im Ursprungsantrag der Grünen enthalten war.
Das ist etwas, was zunehmend auf uns zukommt, worauf wir angesprochen werden, nämlich die Tatsache, dass Arbeitgeber - im Übrigen auch der öffentliche Dienst - diesen Freistellungsanspruch nicht in dem Maße gewähren, wie man sich das vorzustellen hat. Um den Schöffinnen und Schöffen die wichtige Arbeit, die sie für unsere Gemeinschaft leisten, zu ermöglichen, geht es darum, genau da noch mal zu sensibilisieren und darauf hinzuweisen, dass gerade diese Aufgabe eine wichtige ist und es seine Selbstverständlichkeit sein muss, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber diesem Freistellungsanspruch entsprechen und den Schöffinnen und Schöffen die Möglichkeit geben, ihre Tätigkeit wahrzunehmen.
Deswegen meinen wir, dass es nicht reicht, für das Schöffenamt zu werben, wie das ja in guter Form passiert, sondern dass die Landesregierung eben auch gehalten ist, auf die Einhaltung des gesetzlichen Freistellungsanspruchs und im Übrigen auch auf das Benachteiligungsverbot hinzuweisen und zu sensibilisieren.
Der Ursprungsantrag der Grünen, wie gesagt, hatte den kommunalpolitischen Aspekt, der unserer Auffassung nach in den Innenausschuss gehört. Wir sehen da aus den Gesprächen, die wir geführt haben, auch keinen Handlungsbedarf.
Sie haben den Schöffenverband und seine Stellungnahme angesprochen. Die haben wir uns gründlich angesehen. Sie ist ja auch Gegenstand für unseren Änderungsantrag.