Meine Damen und Herren, Finanzpolitik ist niemals eindimensional, sondern immer aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten; es sind immer mehrere Bälle im Spiel. Ich möchte Ihnen einige wesentliche Aspekte nennen, die Einflussgrößen unseres Haushalts und unserer Mipla beleuchten. Ich sagte
es bereits: Wir setzen die Schuldenbremse um und wenden sie aktiv an. In den vergangenen Jahrzehnten waren Kreditfinanzierungsquoten von 8 % bis 12 % durchaus üblich bzw. selbstverständlich. Es liegt auf der Hand, dass das nicht ewig so funktionieren konnte.
2020 ist nun der erste Haushalt mit der vollen Wirkung der Schuldenbremse. Wir haben uns konsequent und intensiv darauf vorbereitet. Wir sind in die Schuldentilgung eingestiegen. Das will ich an dieser Stelle noch einmal deutlich hervorheben. Mit dem Jahresabschluss 2017 waren das 100 Millionen Euro, mit dem Jahresabschluss 2018 686 Millionen Euro. Damit haben wir in diesen beiden Jahren insgesamt bereits eine Dreiviertelmilliarde Altschulden getilgt. Darüber hinaus werden noch 100 Millionen Euro bei der HanBG getilgt. Ich finde, das ist eine großartige Leistung, die hier vollbracht worden ist.
Wir haben 2019 das strukturelle Defizit bereits vollständig abgebaut. Im 2020er-Haushalt werden wir das ebenfalls realisieren und den Haushaltsausgleich ohne jegliche Einmaleffekte bewerkstelligen.
Reguläre Einnahmen müssen reguläre Ausgaben decken, sonst läuft man irgendwann wieder in die Finanzierungsfalle. Deswegen machen wir das.
Das alles sind deutliche Schritte, die auch allgemein anerkannt werden, die viel Zustimmung in unserem Land hervorrufen.
Mit dem Haushaltsplanentwurf 2020 und der Mipla setzen wir das Erreichte fort. Trotzdem werden wir massiv in unser Land investieren und weitere Politikbereiche ausbauen. Aber dazu später mehr!
Zunächst einmal will ich Ihnen sagen, dass die Schuldenbremse und die schwarze Null auch in Zeiten rückläufigen Wachstums und sich abschwächender Wachstumsprognosen nicht aufgegeben werden sollen und dürfen. Das ist kein Fetisch, wie vereinzelt dargestellt wird, sondern ein ganz wichtiger Punkt, wenn es darum geht, unser Land nachhaltig aufzustellen.
Auch gegen deutliche Herausforderungen kann man die Nachhaltigkeit der Finanzwirtschaft nicht aufwiegen. Denn dann wäre es heute der Klimaschutz, morgen vielleicht die rückläufige Konjunk
tur, übermorgen wären abgehängte Regionen, einen Tag später vielleicht die Herausforderungen in der Bildung oder in anderen Bereichen. Das alles sind zweifelsohne wichtige Aufgaben. Sie müssen aber aus den laufenden Einnahmen finanziert werden. Sonst lösen wir die Probleme an einer Ecke, indem wir eine neue Baustelle an einer anderen Ecke aufmachen.
Wir lassen nicht zu, dass Nachhaltigkeit in Politikbereichen wie beispielsweise dem Klimaschutz gegen die Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft ausgespielt wird. Nachhaltigkeit muss insgesamt betrachtet werden. Finanzielle Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeit in anderen Politikbereichen müssen miteinander im Einklang stehen.
Denn sonst müssten wir uns die Frage stellen, was wir lieber hinterlassen wollen: zerrüttete Finanzen oder Defizite in der Umweltpolitik? Oder lieber Herausforderungen in der Umweltpolitik und dafür geordnete Finanzen? - Es muss beides miteinander in Einklang gebracht werden.
Meine Damen und Herren, es stellt sich die Frage, wie wir auf konjunkturelle Schwankungen reagieren. Auch da ist die schwarze Null, der ausgeglichene Haushalt die richtige Antwort - und nicht etwa keynesianische Ansätze in der Ausgabenpolitik, die dann mit Krediten finanziert werden, die anschließend wieder Probleme bereiten, was die finanzielle Stabilität angeht.
Solide Finanzen in unserem Land und auch in den Kommunen, Schuldenbegrenzung und Investitionen - das ist bei uns kein Widerspruch. Das beweisen wir mit unserem Haushalt. Ich freue mich, dass wir bei der Umsetzung der Schuldenbremse in Niedersachsen schon weit vorangekommen sind und dass wir uns gleichzeitig bei den Investitionen auf den Weg machen.
Den Haushalt an den aktuellen Steuereinnahmen auszurichten, das war die große Herausforderung, vor der wir bei der Aufstellung des Haushalts für 2020 standen.
Seit zehn Jahren befinden wir uns in einer Phase wirtschaftlichen Wachstums. Es handelt sich um die längste Wachstumsperiode seit 1966 und die zweitlängste Wachstumsperiode überhaupt. Aber Eintrübungen sind erkennbar. Wir planen für das laufende Jahr 2019 mit 0,5 % Wachstum. Die Wachstumsdelle zeichnet sich ab. In den Planungen sind für das kommende Jahr 1,5 % hinterlegt. Wir werden sehen, wie weit diese Wachstumsprognose durchträgt. Zu Beginn des Jahres 2019
hatte unsere Schätzung noch auf 2,1 % Wachstum gelautet. Auch bei uns kommen diese Entwicklungen an. Auf diese Risiken will ich hier in aller Deutlichkeit hinweisen. Auf diese Risiken müssen wir uns mit Sicherheit einstellen, auf sie müssen wir vorbereitet sein.
In unseren Planungen haben wir die Absenkung der erwarteten BIP-Wachstumsraten berücksichtigt. Es entspricht dem Prinzip des vorsichtigen Kaufmanns, so etwas nicht außer Acht zu lassen.
Das Wachstum der Steuereinnahmen lässt also etwas nach. Die Kurve flacht ab. Wir gehen aber immer noch davon aus, dass das Steueraufkommen 2020 gegenüber dem Betrag, den wir im Jahre 2019 glauben einnehmen zu können, deutlich wächst, und zwar um ungefähr 1 Milliarde Euro.
Wachstum ist elementar wichtig für unsere Politik. Deswegen setzen wir auf eine wachstumsorientierte Politik. Wir hatten aber die Aufgabe, in der mittelfristigen Finanzplanung prognostizierte Steuermindereinnahmen in Höhe von 844 Millionen Euro zu verarbeiten. Entsprechende Risiken sind durchaus erkennbar: der Brexit, der Handelskrieg zwischen den USA und China.
Uns ist es gelungen, neben der Verarbeitung dieser Mindereinnahmen in Höhe von 844 Millionen Euro auch noch zusätzliche politische Schwerpunkte in der Größenordnung von 200 Millionen Euro zu setzen, überwiegend durch Umschichtungen. Ich finde, die Aufstellung eines so zukunftsorientierten Haushalts 2020 ist eine beachtliche Leistung.
Wir haben alles im Blick. Wir sind auf die wirtschaftliche Entwicklung vorbereitet. Wir sollten aber vermeiden, eine Rezession herbeizureden. Denn wir befinden uns nach wie vor nicht in einer Rezession, sondern immer noch in einem Wachstumsszenario.
Im Moment wachsen die Steuereinnahmen noch. Die Steuern fließen planmäßig. Aber ich will, wie gesagt, deutlich auf die Eintrübungen hinweisen, die möglicherweise vor uns liegen und an die wir unsere Finanzplanungen antizipiert haben.
Als die gute konjunkturelle Entwicklung durchtrug, haben wir rechtzeitig dafür gesorgt, die wichtigen Bereiche unseres Landes gut auszustatten. Wir haben das Landesvermögen gestärkt. Wir haben in Bildung, Zusammenhalt, Gemeinwohl und Wachstum investiert.
Auch der Haushalt 2020 ist ein Investitionshaushalt. Wir setzten Prioritäten bei der öffentlichen Infrastruktur und beim Substanzerhalt. Das ist Grundvoraussetzung für eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Die Investitionen und die Investitionsquote werden erhöht. Der Kernhaushalt 2020 investiert 1,8 Milliarden Euro; seine Investitionsquote liegt bei 5,3 %.
Ich will deutlich sagen: In der alten Mipla 2017 - 2021 lag die Investitionsquote bei 4,1 bis 4,6 %, in der Mipla 2018 - 2022 zwischen 4,6 und 5,0 %. Wir haben sie noch einmal gesteigert. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass solide Finanzpolitik und Investitionen einander nicht ausschließen. Nein, wir haben die Investitionsquote gesteigert - trotz Schuldentilgung und obwohl wir das strukturelle Defizit auf null gebracht haben.
Außerdem zeigt sich, dass wir bei den Investitionen nicht schlecht dastehen, auch im Vergleich unter den Ländern.
Hinzu kommt, dass wir viel für Substanzerhalt ausgeben. Erwähnen will ich hier nur die zusätzlichen Bauunterhaltungsmittel in Höhe von jeweils 20 Millionen Euro in den Jahren 2020 und 2021 sowie die erhöhten Mittel für die Straßenbauunterhaltung - in einer Größenordnung, wie wir sie noch nie im Landeshaushalt hatten.
Darüber hinaus tätigen wir große Investitionen im Rahmen der Sondervermögen für Digitalisierung, Universitätsmedizin, Wohnraumförderung und Krankenhausausstattung. In den Sondervermögen befinden sich große Milliardenbeträge. Wir haben es geschafft, das Sondervermögen „Digitalisierung“ innerhalb der ersten 15 Monate bereits mit 1 Milliarde Euro auszustatten - dieses frische Geld stammt ausschließlich aus Landesmitteln -, um diese große Aufgabe unseres Landes anzugehen. Weitere Sondervermögen sind mit entsprechenden Geldmitteln ausgestattet worden.
Zu den Investitionen aus dem Kernhaushalt in Höhe von 1,8 Milliarden Euro kommen insgesamt 3,3 Milliarden Euro für Investitionen in wichtige Bereiche aus diesen Sondervermögen hinzu.
Neben diesen zusätzlichen Investitionsmitteln unterstützen wir das Wachstum auch, indem wir ein wachstums- und investitionsfreundliches Klima in unserem Lande erzeugen. Wir schaffen Entlastungen und Vereinfachungen, und wir verzichten auf Verbote, damit in unserem Land investiert wird. Ein
wachstumsfreundliches Klima ist übrigens wirkungsvoller als jedes Konjunkturprogramm. Man kann Investitionen auch anfachen, indem man einfach an bestimmten Stellen für Entlastung sorgt.
Wir werden es auch schaffen müssen, zur Bewältigung der wesentlichen Herausforderungen unserer Zeit - da spreche ich insbesondere den Klimawandel an - privates Kapital zu mobilisieren und dessen Möglichkeiten zu nutzen. Der Staat wird nicht alles regeln können. Aber er kann steuern und den ordnungspolitischen Rahmen dafür setzen und optimale Bedingungen dafür schaffen, dass privates Kapital in diese Bereiche gelenkt wird. Darum wollen wir uns in unserem Land intensiv kümmern.
Wir kümmern uns um gute Beschäftigungsmöglichkeiten für unsere Beamtinnen und Beamten, für die Angestellten des Landes und für die Nachwachskräfte. Neben Tarifabschlüssen und Besoldungserhöhungen wird dabei ein Programm zur Nachwuchsgewinnung eine Rolle spielen.
Wir steigern die Attraktivität des öffentlichen Dienstes. Wir übernehmen den für die Angestellten ausgehandelten Tarifabschluss wirkungsgleich in den Beamtenbereich. Dafür müssen wir in der Finanzplanung und im Haushalt 2020 Mehrausgaben in Höhe von insgesamt 1 Milliarde Euro etatisieren.
Wir haben ein Programm zur Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Dienstes aufgelegt und mit 60 Millionen Euro ausgestattet, das vollständig durch Einsparungen gegenfinanziert ist.
Wir führen die jährliche Sonderzahlung für die aktive Beamtinnen und Beamten wieder ein. Wir verbessern die Besoldungsmöglichkeiten für die Lehrkräfte an Grund-, Haupt- und Realschulen und vieles mehr.
Alle Ressorts finanzieren wichtige Schwerpunkte, die über die allgemeinen Verbesserungen im Personalbereich, die ich gerade genannt habe, hinausgehen und die sich im Wesentlichen in Investitionen wiederfinden.
Im Bereich der Wirtschaft geht es dabei z. B. um ein Förderprogramm zur Elektromobilität und zu alternativen Antrieben in Höhe von 5,7 Millionen Euro. Wir richten einen Mittelstandsfonds ein und stärken das Luft- und Raumfahrtprogramm insgesamt mit 17 Millionen Euro zusätzlich.
Wir steigern aber auch das Fachkräftepotenzial. Wir gehen die Fachkräftefrage intensiv an. Hier sind z. B. die Schulgeldfreiheit in den Gesundheitsberufen und die zusätzlichen Studienplätze für Hebammen zu nennen.
Wir verbessern die Bedingungen für Forschung und Entwicklung. Wir finanzieren alle Forschungspakte entsprechend gegen. Die Kofinanzierung ist sichergestellt. Wir erhöhen die Zuschüsse für regionale Forschungseinrichtungen, schaffen zusätzliche Stellen, 1 425 Planstellen an Gymnasien und Gesamtschulen und 260 an den berufsbildenden Schulen in unserem Land.
Meine Damen und Herren, wir kümmern uns um die innere Sicherheit. Die Ausstattung der Polizei wird verbessert, und die Stärkung der IT-Sicherheit spielt hierbei eine wichtige Rolle. Wir engagieren uns weiter stark in der Integrations- und Flüchtlingsarbeit, obwohl sich der Bund langsam aber sicher aus den Zahlungen an die Länder zurückzieht.
Das sind wichtige Punkte. Ich könnte die Aufzählung noch ausdehnen. Alle diese Punkte werden wir in den Ausschüssen weiter beraten. Dieser Landeshaushalt packt die Themen, die unsere Menschen in Niedersachsen bewegen, aktiv an. Wir machen Zukunftsperspektiven auf, damit Niedersachsen ganz nach vorn kommt.
Meine Damen und Herren, wir sind das Land der starken Kommunen. Wir sind zuverlässiger Partner der Kommunen in unserem Land. Der Kommunale Finanzausgleich hat im Jahr 2017 die 4-MilliardenEuro-Grenze überschritten. Laut Planung wird er im Jahr 2022 die 5-Milliarden-Euro-Grenze überschreiten. Noch nie war so viel Geld im Kommunalen Finanzausgleich, wie dies jetzt der Fall ist. Zusammen mit den zahlreichen Förderprogrammen, die wir aufgelegt haben, gehen im Landeshaushalt 2020 11,2 Milliarden Euro an die Kommunen. Damit geht jeder dritte Euro des Landeshaushalts an die Kommunen. Eine kommunalfreundlichere Politik hat es in diesem Land wohl lange nicht mehr gegeben.
(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Das sehen die kommunalen Spitzenverbände aber anders! - Ge- genruf von Johanne Modder [SPD]: Trotzdem ist es richtig!)
Die Kassenkredite und die Finanzierungssalden sind wichtige Indikatoren für die Lage der Kommunen. Die stabile Lage der Kommunen kann man an diesen Zahlen ablesen. Starke Kommunen sind wichtig für den Zusammenhalt in unserem Land. In den Kommunen nehmen die Menschen wahr, ob die Politik funktioniert und ob ihre Probleme gelöst werden. Wenn es dort nicht funktioniert, werden Regionen abgehängt, und die Menschen fühlen sich von der Politik vernachlässigt.