Protokoll der Sitzung vom 17.12.2019

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat nun Frau Kollegin Pieper das Wort.

(Beifall bei der CDU und von Dr. The- la Wernstedt [SPD])

Frau Kollegin, Sie haben noch eine Restredezeit von 5:53 Minuten. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin nach der Rede von Herrn Bothe jetzt wieder ein bisschen heruntergekommen; denn unmittelbar danach wäre es wirklich schwer gewesen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Jetzt will ich die Worte meines Kollegen Volker Meyer noch um drei Punkte ergänzen.

Sie alle wissen, dass viel zu viele Frauen leider immer wieder Gewalt erleben. Jede vierte Frau in Deutschland - wir könnten ja auch hier einmal abzählen - erlebt Gewalt in der Partnerschaft. Aber die Dunkelziffer liegt natürlich noch weitaus höher.

Ich sage Ihnen: Das ist nicht hinnehmbar, und die Debatte um das Leid der Frauen muss auch in der Öffentlichkeit geführt werden.

Es war richtig, dass wir hier im Plenarsaal die Debatte geführt haben. Denn es geht um die Frauen, es geht um ihre Familienangehörigen. Da müssen wir handeln, und wir brauchen für diese Menschen schnelle Hilfen, brauchen Einrichtungen, die

schnell und unbürokratisch Hilfe anbieten, wie z. B. auch Frauenhäuser.

Diese Frauen brauchen Schutz und Verständnis, damit sie diese Erfahrungen verarbeiten können. Dabei müssen wir alle Frauen im Blick haben, die, die in Niedersachsen leben, die, die in Deutschland leben - ganz gleich, woher sie kommen, ganz gleich, aus welcher Kultur, egal, woher ihre Familie kommt, egal, was ihre Familie bisher gemacht hat. Sie alle haben Gewalt erfahren - ebenso ihre Kinder. Hier setzen wir mit dem Haushaltsentwurf und mit unserem erweiterten Antrag an.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Unsere Schwerpunkte liegen besonders darin, bundeseinheitliche Regelungen zu treffen. Unsere Schwerpunkte liegen darin, mit einer Website sofort anzuzeigen, wo noch freie Plätze zur Verfügung stehen, oder aber auch Konzepte zu entwickeln, die Schnittstellen zwischen den Bereichen

psychischer Erkrankungen, Sucht, Wohnungslosigkeit und Gewaltbetroffenheit besser berücksichtigen, und sie liegen darin, dass für die Schaffung von weiteren Frauenhausplätzen 400 000 Euro zur Verfügung gestellt werden, und darin, dass die Bundesmittel - das haben wir letzte Woche aus dem Bundeshaushalt schon gehört - in den Jahren 2020 bis 2030 - rund 3 Millionen Euro - für Niedersachsen abfließen können.

Es war auch gut, dass wir ein wenig länger gewartet haben, gut, dass wir als Land Niedersachsen an dem Bundesmodellprojekt zur Bedarfsanalyse teilgenommen haben. Genau aus dieser Erkenntnis heraus können wir jetzt gesicherter handeln und konnten auch im Antrag berücksichtigen, was die nächsten Maßnahmen sein werden.

Ebenso werden wir für Investitionen und Sanierungen finanzielle Hilfen leisten, die es ermöglichen, dass beispielsweise weitere Frauenhäuser in Holzminden und Unterweser/Ammerland geschaffen werden konnten.

Unsere Bestrebungen müssen auch sein, dass die Frauen mit ihren Familienangehörigen und vor allen Dingen auch mit ihren Jungen, die schon das zwölfte Lebensjahr vollendet haben, nicht nur Hilfe im Frauenhaus erhalten, sondern auch im Anschluss die Möglichkeit haben, preisgünstigen Wohnraum zu erhalten. Denn oftmals, meine Damen und Herren, fällt es den Frauen schwer, nach einem Aufenthalt im Frauenhaus eine eigene Bleibe zu finden. Wir haben in der Anhörung gute Beispiele erfahren können, u. a. mit der Lawaetz Wohn- und Leben GmbH aus Hamburg. Insofern ist es gut, dass es die Initiative seitens der Landesregierung gibt, mit 400 Millionen Euro den sozialen Wohnungsbau nach vorne zu treiben, und unser Bauminister Olaf Lies wird dies auch tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Gewalt wird fast täglich in den Medien gezeigt. Wir stehen dem manches Mal ratlos und sprachlos gegenüber. Ich glaube aber, dass am sprachlosesten uns in diesem Jahr der Fall Lügde gemacht hat. Je mehr Details im Fall des massenhaften Kindesmissbrauchs in Lügde bekannt wurden, desto unfassbarer wurde, wie lange die Täter hier agieren konnten.

Das Versagen staatlicher Organe ist für uns nach wie vor unerklärlich. Diverse Ermittlungspannen und die Nichtverfolgung von Hinweisen sind nicht hinzunehmen. Deswegen wollen wir als Regierungsfraktionen handeln und haben dementsprechend Mittel in den Haushalt eingestellt, z. B. mit

der Schaffung eines zusätzlichen Kinderschutzzentrums - vielleicht schaffen wir sogar zwei - und einer Stelle eines Kinderschutzbeauftragten. Denn nie wieder darf ein solches Verbrechen passieren. Die Leidtragenden, die Kinder, werden dieses Erlebnis ein Leben lang in sich tragen, und wir als Staat müssen alles dafür tun, damit sich so ein Fall nicht wiederholt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Letztes lassen Sie mich noch erwähnen, dass wir mit der Übergangsregelung zum Bundesteilhabegesetz und damit, mehr Mittel für die Kommunen in den Haushalt zu stellen, den Paradigmenwechsel zur Teilhabe jetzt vollziehen.

Wir wissen, dass es noch nicht zufriedenstellend ist. Wir wissen, dass wir noch nicht die Erfahrungen haben. Es ist richtig, dass wir in zwei Jahren dementsprechend evaluieren wollen, um gegebenenfalls nachzusteuern, sehr zum Wohle unserer behinderten Menschen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Glocke der Präsidentin)

Ich sage Ihnen aber ganz klar und deutlich: Das, was die AfD mit ihrem Antrag zum Haushalt niedergeschrieben hat, ist menschenunwürdig. Das ist mit uns nicht zu machen. Und wir werden in diesem Haus alles dafür tun, dass nicht irgendwelche Mittel für unsere behinderten Menschen gestrichen werden.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

Ich wünsche Ihnen jetzt alles Gute für die Weihnachtszeit, ein frohes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Ich bedanke mich beim Ministerium und den Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit, Frau Ministerin, Herr Staatssekretär. Ich bin mir sicher, ab nächstem Jahr geht es tatkräftig weiter.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper. - Für die SPDFraktion hat nun Frau Dr. Wernstedt das Wort. Sie haben noch eine Restredezeit von 2:36 Minuten.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon vielfach gesagt worden: Im Haushalt 2020 legen wir frauenpolitisch einen Schwerpunkt auf Schutzmaßnahmen vor Gewalt. Wir unterstützen die Kommunen in Niedersachsen, die in den letzten Monaten neue Frauenhausplätze geschaffen haben, um dem regionalen Mangel an Plätzen zu begegnen, mit 400 000 Euro. Und wir fördern Maßnahmen für von Menschenhandel betroffene Frauen, sodass die Vereine SOLWODI und KOBRA mit Schutzwohnungen ihre wertvolle und notwendige Arbeit für diese Frauen weiterführen können.

Uns ist auch eine gestärkte Präventionsarbeit wichtig. Wenn Gewalt geschieht, ist das Problem bereits in massiver Form vorhanden und durch Einstellungen und Verhaltensweisen der Täter verfestigt. Arbeit gegen die Ideologie von natur- oder gottgegebenen Geschlechterhierarchien und dem damit verbundenen Machtgefälle ist von großer Bedeutung. Das muss überall dort unterrichtet und gesagt werden, wo junge Menschen zusammenkommen: in der Schule, beim Sport, in den Religionsgemeinschaften, in vielen anderen Vereinen. Es gibt auf diesen Feldern schon Programme und Schulungen, die aber noch verstärkt werden müssen. Das sind Ziele unseres Entschließungsantrages, den wir heute beraten.

Prävention muss auch dort greifen, wo Gewalt schon stattgefunden hat, um Wiederholungen zu minimieren. Daher haben wir auch die Zuschüsse für die Einrichtungen erhöht, die mit Tätern arbeiten. Sie sind deswegen erfolgreich, weil die Männer, die zu Tätern geworden sind, lernen, mit Konflikten anders umzugehen.

Kollegin Pieper hat schon auf einige weitere Aspekte unseres Entschließungsantrages und auch der Förderungen hingewiesen. Wir müssen Second-Stage-Angebote schaffen, damit wir einen lückenlosen Schutz für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Familien gewährleisten können.

Die Istanbul-Konvention, der Deutschland vor zwei Jahren beigetreten ist, ist eine sehr gute Richtschnur für Maßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen. Das Ziel ist ein Leben ohne Gewalt in freier Selbstbestimmung.

Bei den Streichungen, die die AfD in ihrem Haushaltsansatz vorgenommen hat, kann man trefflich ihre Weltordnung erkennen; denn Sie trennen Ihre Welt in einen binären Code: männlich und weiblich. Damit ist eine Hierarchie verbunden, in der Männer mehr wert sind als Frauen. Die sollen die Kinder bekommen und auf sie aufpassen. Etwas anderes fällt Ihnen nicht ein. Gleichstellung scheint Ihnen schon verwirklicht, und Sie berücksichtigen dabei nicht den Verfassungsauftrag, dass der Staat darauf hinzuwirken hat, dass die Gleichstellung auch tatsächlich zu erfolgen hat. Insofern ist, wenn man es etwas scharf formuliert, Ihr Haushaltsantrag verfassungswidrig.

Wir werden im nächsten Jahr frauenpolitisch weitergehen. Wir werden hier mit einem Parité-Gesetz ins Plenum kommen, damit die Gleichstellung auch endlich in den Parlamenten ankommt.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nun hat das Wort für die Landesregierung Frau Sozialministerin Dr. Reimann. Bitte, Frau Ministerin!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung steht für soziale Sicherheit und für Zusammenhalt. Wir investieren in Pflege, in Gesundheit, in Teilhabe und in Integration. Unsere politischen Schwerpunkte und Hauptpunkte für den Haushalt 2020 sind: der weitere Ausbau der Schulgeldfreiheit in den Gesundheitsberufen - darüber haben wir gestern schon diskutiert -, die Verstärkung eines sicheren Maßregelvollzugs - das war heute noch einmal Thema - und die Verbesserung der Bedingungen in der Pflege.

Wir arbeiten intensiv an einer guten medizinischpflegerischen Versorgung auf dem Land, aber auch in den Städten im ambulanten wie auch im stationären Bereich. Wir haben in 2019 die Schulgeldfreiheit für die Gesundheitsfachberufe mit einem gemeinsamen Kraftakt auf den Weg gebracht und bauen sie in den kommenden Jahren weiter aus.

Die Gesundheitsberufe - ich habe das gestern schon gesagt - sind für eine gute, umfassende medizinische Versorgung von großer Bedeutung. Schulgeld darf einer Entscheidung für diese gesellschaftlich so wichtigen Berufe nicht im Wege stehen. Darum haben wir es abgeschafft.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen den niedersächsischen Maßregelvollzug sicherer machen. Die Aufstockung des Personals ist ein erster Teil unseres Konzepts für die Weiterentwicklung des Maßregelvollzugs. Mit dem Haushalt können wir die Personalausstattung in den Kliniken um 1,7 Millionen Euro für zusätzliche Pflegekräfte aufstocken. Für die Erhöhung der Vollzugszulage im Maßregelvollzug werden über die technische Liste weitere 600 000 Euro bereitgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Ziel ist es, für alle hilfe- und pflegebedürftigen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land auch in Zukunft eine gute Versorgung mit Pflegeleistungen sicherzustellen. Der überfällige Wandel in der Pflege kann nur gemeinsam erfolgreich gestaltet werden. Daher hat die Landesregierung mit Pflegekassen, Pflegeanbietern, Gewerkschaften und Vertretungen der Pflegenden die Konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen ins Leben gerufen. In diesem Rahmen machen wir uns gemeinsam in konstruktiver Art und Weise auf den Weg. Es geht um mehr Unterstützung, mehr Entlastung und auch mehr finanzielle Ressourcen für die Pflege, um Pflege attraktiver zu machen und Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.

Die Förderung der Investitionskosten nach unserem neuen Pflegegesetz soll künftig an eine tarifgerechte Bezahlung der Pflegedienste und Pflegeeinrichtungen gebunden werden.

Die Regierungsfraktionen haben die Beitragsfreiheit für die Pflegekammer möglich gemacht. Das ist eine gute Botschaft für die Pflegekräfte.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, in der Pflege braucht es auch Prävention. Wir wollen Seniorinnen und Senioren dabei unterstützen, so lange wie möglich so eigenständig wie möglich zu leben. Die präventiven Hausbesuche sollen dazu einen Beitrag leisten. Im Zentrum steht dabei die individuelle Information und Beratung in der häuslichen Umgebung mit - das ist dann neu - Hinweisen auf lokale Angebote zu den Themen der selbstständigen Lebensführung und der Gesund

erhaltung. Ab 2020 planen wir dafür zunächst jeweils eine halbe Million Euro jährlich ein.