Protokoll der Sitzung vom 28.02.2018

Sie lassen uns Niedersachsen gut schlafen; denn wir alle wissen: Wenn es ernst wird, sind sie für uns da.

In meinen Dank schließe ich aber auch die Arbeitgeber mit ein, die bereit sind, ihre Mitarbeiter für diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe immer wieder freizustellen.

Ich appelliere aber auch gleichzeitig an die Arbeitgeber, die dies noch nicht machen. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Ausübung ihres Ehrenamtes, und stellen Sie sie bitte bei Bedarf frei!

Meine Damen und Herren, wir beraten heute nicht den Gesetzentwurf - er wird direkt in den Innenausschuss überwiesen -, sondern den vorliegenden Entschließungsantrag „Einsatzort Zukunft - Niedersachsen stellt sich den Herausforderungen der Zukunft zur Sicherstellung des Brandschutzes“. Dieser Antrag soll das Gesetz nicht verhindern oder die Beratung verzögern, nein, ganz im Gegenteil. Hierdurch wird es möglich, dass wir uns schon jetzt der Fragestellungen für die nächste Novellierung bewusst werden und sie aufrufen und dann in die nächste Beratung so früh wie möglich einbringen. Die Feuerwehrkameradinnen und -kameraden warten nämlich darauf, dass die jetzige

Novelle schnell verabschiedet wird; denn die haben Fragen, z. B: Was ist mit der Altersgrenze?

Worum geht es in diesem Antrag? - Unsere Gesellschaft, die Arbeitswelt und die technische Entwicklung sind im stetigen Wandel. Dieser Wandel macht natürlich auch vor dem Brandschutz nicht halt. Ich möchte hier einmal exemplarisch einige Herausforderungen benennen:

Wie organisiere ich den Brandschutz in der Fläche? Sind wir tagsüber als Wehr überhaupt einsatzbereit? Haben wir genügend Einsatzkräfte vor Ort? Wie können wir Nachwuchskräfte gewinnen bzw. halten? Wie sieht es mit der Bereitschaft der Arbeitgeber in Niedersachsen aus, ihre Arbeitnehmer für dieses Ehrenamt freizustellen? Wie stellen wir als Land Niedersachsen die Ausbildung der Feuerwehrkameradinnen und -kameraden überhaupt sicher? Welche Rolle und Funktion sollen die Feuerwehren zukünftig im Katastrophenschutz wahrnehmen? Welche Wertschätzung bringen wir als Gesellschaft und Politik dem Ehrenamt entgegen, und wie können wir dieses Ehrenamt stärken?

All diesen Herausforderungen müssen wir strukturiert entgegentreten. Wir müssen sie benennen und analysieren und daraus Maßnahmen ableiten.

Diese Themen und Handlungsfelder soll eine Strukturkommission unter Vorsitz des Innenministers in Angriff nehmen und bearbeiten und bis zum Jahresende 2018, also bis Ende dieses Jahres, ein Zukunftskonzept entwickeln. Spätestens im nächsten Frühjahr soll dem Landtag über die Ergebnisse der Strukturkommission berichtet werden. Auf Basis des dann vorgelegten Veränderungsbedarfs soll bis Frühjahr 2020 eine weitere Novellierung des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes erfolgen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, wir stellen uns den Herausforderungen und wollen auch durch die zeitlichen Vorgaben den Brandschutz in Niedersachsen mit all seinen gesellschaftlichen Auswirkungen schnell - ich betone: schnell - zukunfts- und handlungsfähig machen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Dieser Prozess wäre in einer laufenden Beratung der jetzigen Novelle gar nicht umsetzbar; denn dann würde diese erst 2020 in Kraft treten. Das kann nicht in unserem und auch nicht im Interesse der Feuerwehrkameradinnen und -kameraden in Niedersachsen sein.

Der Strukturkommission sollen unserer Vorstellung nach angehören: die kommunalen Spitzenverbände, der Landesfeuerwehrverband, die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren, die Jugendfeuerwehr, die Gewerkschaften und die Arbeitgeber. - Anhand dieser vorgesehenen Mitglieder können Sie sehen, das Thema „Brandschutz“ reicht in alle Bereiche unserer Gesellschaft hinein.

Meine Damen und Herren, wir brauchen diese Strukturkommission, damit wir auch in Zukunft ausreichend und motivierte Einsatzkräfte im Brandschutz haben. Ich freue mich nicht nur auf die Beratung im Ausschuss, sondern auf viele gute Vorschläge auch aus den Reihen der Feuerwehrkameradinnen und -kameraden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Fredermann. - Es folgt für die SPD der Abgeordnete Rüdiger Kauroff. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Einsatzort Zukunft“ heißt es gerade. Dieser Entschließungsantrag steht eindeutig im Zusammenhang mit dem am 21. Februar von der Landesregierung beschlossenen Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes. Der Gesetzentwurf zum Brandschutzgesetz wird vom Kabinett direkt an den Innenausschuss weitergeleitet, damit die parlamentarische Beratung unverzüglich beginnen kann. Er beinhaltet neben der Anhebung der Altersgrenze von 63 Jahre auf 67 Jahre noch weitere wichtige und notwendige Änderungen.

Lassen Sie mich auf eine Änderung genauer blicken. Der Gesetzentwurf enthält eine Neuerung, durch die Niedersachen zu den ersten Ländern gehören wird, die die Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner zusätzlich gegen Gesundheitsschäden im Feuerwehrdienst absichern.

(Zustimmung bei der SPD)

Es geht um Gesundheitsschäden, die eigentlich aus medizinischen Gründen nicht als Arbeitsunfälle anerkannt werden dürften. Daran können Sie erkennen, wie wichtig uns unsere Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner sind, ganz besonders aber

auch die 125 000 ehrenamtlichen Kameradinnen und Kameraden, die an 365 Tagen im Jahr Tag und Nacht bereit sind, um in Not geratenen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen.

Ich möchte Ihnen gern anhand eines Beispiels mal erläutern, was das eigentlich heißt, 365 Tage im Jahr 24 Stunden in Alarmbereitschaft zu sein. Ich selbst war bis vor kurzer Zeit insgesamt 18 Jahre lang Ortsbrandmeister einer Schwerpunktfeuerwehr. Ich hatte ein Erlebnis, über das ich ganz kurz berichten will. Ich glaube, Sie verstehen dann, was ich meine.

Es war der 24. Dezember 2013. Unschwer zu erkennen war das der Heilige Abend. Es war 17.50 Uhr, und ich war auf dem Weg zum Gottesdienst. Dann klingelte mein Handy. Am anderen Ende war unsere Einsatzleitstelle. Der Disponent erklärte mir, dass er einen Einsatz für unsere Feuerwehr habe. Ich fragte ihn dann: Warum alarmierst du denn nicht? - Dann hat er zu mir gesagt: Schau mal auf die Uhr. Es ist zehn vor sechs und Heilig Abend. Soll ich jetzt deine ganzen Feuerwehrkameraden rausklingeln? - Dann habe ich ihn gefragt: Was liegt denn eigentlich an? - Er hat zu mir gesagt: Wir haben eine technische Hilfeleistung. Ein Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes hat sich in einer Schneewehe, unter der eine Eisplatte verdeckt war, festgefahren. Das Paradoxe an der Geschichte ist, dass der Rettungswagen einen Patienten aufgenommen hatte. - Ich habe dann überlegt und gesagt: Dafür müssen wir wirklich nicht 50 Feuerwehrkameraden rausklingeln. Ich kümmere mich darum.

Ich habe überlegt und mir fielen postwendend zwei Feuerwehrkameraden ein, die sich mit unseren Bergungsgeräten gut auskennen und die auch mit der Seilwinde gut umgehen können. Ich habe dann um 17.55 Uhr diese beiden Feuerwehrkameraden angerufen. Um 18.05 Uhr habe ich die Leitstelle darüber informiert, dass diese beiden Feuerwehrkameraden zugesagt haben, den Einsatz zu übernehmen. Um 18.15 Uhr bekam ich eine SMS während des Gottesdienstes, in der mir mitgeteilt wurde: Der Rettungswagen ist frei und befindet sich mit dem Patienten auf dem Weg zum Krankenhaus.

Ich glaube, hieran kann man ganz klar und ganz deutlich sehen, was es heißt, 365 Tage im Jahr 24 Stunden lang dienstbereit zu sein, selbst an solchen christlichen Feiertagen.

Deshalb ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir die größtmögliche Unterstützung und Versorgung

für unsere Feuerwehrmitglieder gewährleisten. In Niedersachsen sind nur in Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern Berufsfeuerwehren eingerichtet. Im ganzen Land wird der Brandschutz daher durch Freiwillige Feuerwehren im Ehrenamt sichergestellt. Das ist ein Grund mehr, die Novellierung des Brandschutzgesetzes so schnell wie möglich umzusetzen.

Wie schon die Überschrift dieses Entschließungsantrages zeigt, ist mit der Novellierung des Brandschutzgesetzes aber nicht Schluss. Wir wollen den Brandschutz auch in Zukunft sicherstellen und dafür sorgen, dass die Feuerwehren die Herausforderungen der Zukunft bewältigen können. Wir wollen an der Flächenorganisation des Brandschutzes festhalten. Wir wollen die Ausbildungsstelle der Feuerwehren, nämlich die Niedersächsische Akademie für Brand- und Katastrophenschutz, ständig weiter verbessern. Wir wollen das Ehrenamt bei den Feuerwehren demografiefest aufstellen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Deshalb begrüßen wir die Einführung einer Strukturkommission, die unter dem Vorsitz des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport bis Ende 2018 - der Kollege Fredermann hat es gesagt - die vorhandenen Strukturen und Potenziale prüfen, Herausforderungen beschreiben und ein Zukunftskonzept entwickeln soll. Die Strukturkommission soll die in der Vorlage einzeln aufgezählten Themen und Handlungsfelder bearbeiten. Das Ergebnis dieser Kommission soll im Frühjahr 2019 in Abstimmung mit den Verbänden und Beteiligten dem Landtag vorgestellt werden.

Der durch die Kommission erörterte Veränderungsbedarf soll in einer weiteren Novelle des Niedersächsischen Brandschutzgesetzes aufgegriffen und bis zum Frühjahr 2020 vom Landtag verabschiedet werden, selbstverständlich - Kollege Fredermann hat es gesagt - in Abstimmung mit den Spitzenverbänden, mit dem Landesfeuerwehrverband und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren.

So, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden unsere Feuerwehren ihre vielfältigen Aufgaben mit genügend gut ausgebildetem Personal auch in den nächsten 10 bis 20 Jahren zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger erledigen können.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kauroff. - Es folgt jetzt für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Jens Ahrends. Herr Ahrends, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die AfD-Fraktion begrüßt den Entschließungsantrag der Regierungsparteien, hat sich das bestehende System des Brandschutzes doch bewährt. So ist es wichtig, in Zukunft sicherzustellen, dass die Freiwilligen Feuerwehren, aber auch die Berufsfeuerwehren - das heißt haupt- und ehrenamtliche Brandbekämpfer - ihre wichtige Aufgabe für unsere Gesellschaft weiterhin erfüllen können.

Gerade der Erhalt und die Stärkung der Flächenorganisation der Brand- und Katastrophenbekämpfung in Niedersachsen sind dafür eine wichtige Voraussetzung wie auch die Mitgliedergewinnung schon bei Kinder- und Jugendfeuerwehren, denen damit u. a. auch eine sozial wichtige Rolle zukommt. Die Tagesverfügbarkeit von Einsatzkräften sowie die Modernisierung von Ausstattung und Infrastruktur und die Einführung digitaler Technik sind unabdingbar mit einer zukunftsorientierten Aufgabenstellung verbunden.

Die Strukturkommission sollte sich verstärkt für eine bessere Würdigung des Ehrenamtes z. B. durch Rentenanwartschaften einsetzen. In der Aus- und Weiterbildung sollte gerade im Bereich „Brandbekämpfung und Gefahrgut“ der Fokus auf Praxisnähe gelegt werden. Im Katastrophenschutz bedarf es einer gesetzlichen Regelung, in welchen Abständen praxisnahe Übungen durchzuführen sind.

Eine intensive Bearbeitung all dieser wichtigen Themen scheint durch die Einrichtung einer Strukturkommission besser gewährleistet zu sein. Deshalb unterstützen wir diesen Antrag.

Auch wir bedanken uns ebenso bei allen haupt- und ehrenamtlichen Feuerwehrkräften.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Ahrends. - Das Wort geht für die FDP-Fraktion an Jan-Christoph Oetjen. Herr Abgeordneter, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns im Niedersächsischen Landtag selten beim Thema Feuerwehren gestritten. Das soll auch in Zukunft so bleiben, zumindest würde ich mir das wünschen. Für die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren ist es ein gutes Signal, wenn im Landtag nicht zu sehr gestritten, sondern gemeinsam das Signal ausgesandt wird: Wir unterstützen die Feuerwehrleute vor Ort bei ihrer Tätigkeit in ihrem Ehrenamt. - Diese Tradition sollten wir auch in Zukunft beibehalten, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Weil das gerade etwas zu kurz gekommen ist, möchte ich mich bei dem Kollegen Kauroff sehr herzlich für diese Schilderung bedanken. Sie zeigt, wie wertvoll das Ehrenamt ist. Stellvertretend für alle Feuerwehrkameradinnen und -kameraden können wir uns bei Ihnen und bei den beiden Kameraden, die geholfen haben, für Ihren Einsatz bedanken. Es hat vorhin keinen Applaus gegeben. Ich finde, das sollten wir jetzt einmal nachholen.

(Beifall)

Politisch gestritten haben wir uns eigentlich immer nur über die Altersgrenze. Sie soll auf 67 Jahre hochgesetzt werden. Das kann man so machen. In den Feuerwehren Niedersachsens gibt es immer noch sehr unterschiedliche Ansatzpunkte. Der niedersächsische Landesfeuerwehrverband - Sie haben recht, Herr Kollege Lynack - hat dazu eine Position gefunden. Ich sage: Solange der Landesfeuerwehrverband Niedersachsen diese Position vertritt, die Altersgrenze auf 67 Jahre anzuheben, werden wir als Freie Demokraten das mittragen, auch wenn es an der einen oder anderen Stelle Bauchschmerzen bereitet.

Ich habe den Gesetzentwurf auf der Tagesordnung vermisst. Wahrscheinlich waren die Abstimmungsarbeiten zu diesem wichtigen Entschließungsantrag so aufwendig, dass der Gesetzentwurf nicht mehr rechtzeitig kommen konnte.

(Belit Onay [GRÜNE]: Schön formuliert!)