Protokoll der Sitzung vom 21.06.2023

Ich freue mich, dass auch die CDU unserer Argumentation gefolgt ist und bereits im Ausschuss für diesen Antrag gestimmt hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Zur Sache: Im Jahr 2022 haben rund 10 % der schweinehaltenden Betriebe nicht mehr aufgestallt. Auch die prekäre Lage der Sauenhalterinnen und -halter ist schon lange ein großes Problem. Stark vereinfacht gesagt, sind vor allem große Preisschwankungen die Ursache, die durch zahlreiche Krisen wie ASP und Corona verursacht wurden.

Aktuell stellt sich die Marktlage für die Betriebe durchaus positiv dar. Das freut mich persönlich, und ich halte es trotzdem für wichtig und richtig, dass wir uns als Landwirtschaft auf breite Füße stellen.

Einen kleinen Moment, Herr Willeke! - Ich bitte auf der Regierungsbank links vom Präsidium um ein bisschen mehr Ruhe. Es stört den Redner und im Übrigen auch die Kolleginnen und Kollegen. Herzlichen Dank. - Bitte schön, Herr Kollege!

Danke.

Wir machen uns mit dem Diversifizierungsprogramm auf den Weg, unseren Landwirtinnen und Landwirten Chancen zu eröffnen und eben nicht mehr allein vom volatilen Markt „Schwein“ abhängig zu sein. Wir wollen, wie es im Programm steht, diversifizieren.

Ich habe keinen Moment Zweifel daran, dass unsere Landwirtinnen und Landwirte hervorragende Unternehmerinnen und Unternehmer sind. Die Innovationskraft und die technische Kapazität der Landwirtschaft wird im Allgemeinen unterschätzt.

Eine Anschubförderung für Innovationen, die dem gleichzeitig bestehenden Leerstand gerade von Schweineställen entgegenwirken soll, ist ein guter Schritt. Die Forderungen der Zukunftskommission auf Bundesebene sind bekannt. Vereinfacht gesagt,

geht es in den Vorschlägen der Zukunftskommission um den tierwohlgerechten Stallum- und -neubau. Wir halten die Pläne der Zukunftskommission nach wie vor für ganz zentral, was den Umbau der Tierhaltung angeht, und ergänzen den Bund mit diesem Antrag von Landesseite um die Umnutzung.

Klar ist auch: Bei einer Förderung, die bis zu 80 % beträgt, wollen und müssen wir nachhaltiger werden. Es ist doch wohl selbstverständlich, dass wir nachhaltige Investitionen fördern und nicht ein „Höher, Schneller, Weiter“ mitgehen.

In einigen Regionen Niedersachsens ist die hohe Schweinedichte nicht nur ein anerkanntes ökologisches Problem, auch die Pachtpreise für erforderliche Flächen zur Ausbringung von Gülle stellen die Landwirtinnen und Landwirte vor große Herausforderungen. Die Verfügbarkeit von Flächen ist immer häufiger begrenzender Faktor, und ein Preiskrieg um Pachtland ist schon lange Normalität.

Mit diesem Programm bieten wir endlich starke Alternativen und unterstützen die Landwirte, sich nicht gegenseitig zu überbieten und sich eben nicht gegenseitig die Butter vom Brot zu nehmen. Das Motto „Wachse oder weiche“ ist einfach nicht zeitgemäß.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Na klar, nicht alle Nutzungen kommen in einem umgebauten Schweinestall infrage. Schon jetzt gibt es allerdings diverse Umnutzungsmöglichkeiten. In Bremervörde wachsen Kräuterseitlinge im ehemaligen Schweinestall. Im Landkreis Gifhorn wurde ein Schweinestall zum Café umgebaut, und auch Ferienwohnungen wurden geschaffen. Ob Aquaponics, Vertical Farming oder eine Weiterverarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten, ob Düngerlager oder Ferienwohnungen - die Entwicklungsmöglichkeiten sind ganz offensichtlich vielfältig.

Ich freue mich für jeden Betrieb, der die Möglichkeit am Schopfe packt und in sich investiert. Das unterstützen wir natürlich herzlich gerne. Die SPD-Fraktion sendet herzliche Grüße und wünscht gutes Investieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Die nächste Wortmeldung kommt aus der AfD-Fraktion, und zwar vom Kollegen Dannenberg. Bitte schön!

(Beifall bei der AfD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Zukunftsprogramm Diversifizierung“. Welches sind denn nun konkret die alternativen Betriebszweige, die die Schweinehaltung ersetzen sollen? Im Ursprungsantrag wurde Putenhaltung genannt. Wegen der Geflügelpest ist das aber auch ganz schön riskant.

Zwischenzeitlich schlug die grüne Agrarministerin noch vor, man könne in den ehemaligen Ställen doch Hanfpflanzen gedeihen lassen. Ich lasse das jetzt einfach mal wirken auf Sie.

(Zurufe bei den GRÜNEN: Ja, genau!)

Wer auch nur halbwegs vom Fach ist, der weiß, was er davon zu halten hat. Jedenfalls: In der jetzt zur Abstimmung vorliegenden Endfassung des Antrages sind keine konkreten Alternativen genannt. Nun, der Moment der Wahrheit ist die Expertenanhörung im Ausschuss, also dann, wenn der Gegenstand eines Antrages dem Urteil von Praktikern unterzogen wird. Aus der Anhörung habe ich besonders die Worte des Experten der Landwirtschaftskammer mitgenommen: Hofladen, Vermietung von Lagerräumen, Eventscheune, Wohnungen, Kita, Büros, Musikschule, betreutes Wohnen, medizinische Praxis, Sägewerk oder gar Abenteuerspielplatz. Das meiste ist aktuell nicht umsetzen. Es gibt Hürden im Baurecht und im Emissionsrecht. Meist sind in diesen Sparten die Karten auch längst gemischt und verteilt. Und überhaupt, wo sollen die ganzen Arbeitskräfte denn herkommen?

Vereinzelt mag es Bespiele geben für solche Realisierungen, aber es bleiben Nischenlösungen. Viele, die diversifizieren konnten, haben es längst gemacht. Daher bin ich sehr gespannt auf die konkrete inhaltliche Ausgestaltung dieses Programmes. Es mag wenigen Betrieben ein wenig bringen. Daher stimmen wir nicht dagegen, sondern werden uns enthalten.

Allerdings eine andere Expertin, Sauenhalterin, machte in der Anhörung klar: Landwirtsfamilien erleiden durch die Schweinehaltung zum Teil jährliche Verluste im Hunderttausender Bereich. Das wäre die Messlatte für das Volumen für die Wirkmächtigkeit eines Zukunftsprogrammes Diversifizierung für diese Familien.

Insofern kann der vorliegende Antrag wohl nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. An dem großen Übel mit billigen Agrarimporten zu niedrigen Standards oder daran, dass wir in der ASP-Sache auch

noch nicht weiterkommen - es gibt viele Hemmnisse -, ändert das alles nichts. Wann kommt das echte Zukunftsprogramm für unsere heimische Landwirtschaft, werte Landesregierung?

(Beifall bei der AfD)

Die nächste Wortmeldung kommt aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom Kollegen Christian Schroeder. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren diskutieren wir in der Politik - ich bin zwar noch nicht so lange dabei - auch über die Frage, wie es in der Schweinehaltung in Niedersachsen weitergehen soll. Die Krisen dieser Zeit, der furchtbare Schlachtstau, rückläufige Fleischverkäufe und veränderte Ansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher haben in der letzten Zeit auch in der Branche selber zu einem Umdenken geführt.

Der Begriff „Diversifizierung“ ist aus meiner Sicht längst kein Kampfbegriff mehr. Vielmehr ist die Diversifizierung die Möglichkeit, den strauchelnden Betrieben wieder Perspektive und Chancen zu geben, sich ökologisch und ökonomisch breiter und nachhaltiger aufzustellen.

Ein landesweites Zukunftsprogramm Diversifizierung zur Unterstützung der Branche und der Menschen, die von ihr leben - denn darum geht es in erster Linie -, kommt genau oder vielleicht gerade noch zur richtigen Zeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zustim- mung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Anfang des Jahres hat der Landtag zu diesem Antrag erstmals diskutiert, und seitdem hat sich der Fachausschuss intensiv und wiederholt mit dem Thema befasst.

Wir wissen, die Zahl der in Niedersachsen gehaltenen Schweine geht seit Jahren kontinuierlich zurück. Wir wissen, dass das Auswirkungen auf die Landwirtschaft, auf die Lebensmittelbranche, aber vor allem auf die Menschen im Land hat - vor allem auf die Menschen, die Schweinezucht betreiben.

Wir werden diesen Trend aber leider, auch wenn wir es vielleicht in Teilen möchten, nicht umkehren können. Nein, wir werden diesen Prozess politisch und

konstruktiv begleiten müssen, und das Zukunftsprogramm „Diversifizierung“ wird ein erster und wichtiger Schritt sein.

Man kann kritisieren, dass das ein kleiner Schritt ist, aber ich halte das für einen wichtigen Schritt, und inzwischen haben wir so viele Rückmeldungen dazu aus den Verbänden erhalten, dass ich glaube, dass es der richtige Schritt ist, um jetzt zu starten.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zustim- mung bei der SPD)

Unser Ziel ist es, den ungeordneten Strukturbruch in einen nachhaltigen Veränderungsprozess zu bringen. Unser Ziel ist es, den Menschen in der Branche neue Perspektiven aufzuzeigen und das Höfesterben zu stoppen. Unser Ziel ist es, die landwirtschaftlichen Betriebe und ihre Wertschöpfung zu erhalten.

Die AfD hat nun kritisiert, dass in der Branche so viel Minus gemacht wird. Ist das nicht gerade ein Argument für die Landwirtinnen und Landwirte, darüber nachzudenken, in andere Branchen zu investieren?

(Lachen und Widerspruch bei der AfD)

Meine Damen und Herren, ich habe es schon einmal gesagt, und ich sage es erneut: Der notwendige Wandel schafft auch Chancen, wenn er denn von uns vernünftig unterstützt wird. Wir werden die Landesregierung unterstützen, ein Zukunftsprogramm aufzusetzen und umzusetzen. Wir werden die Betriebe nicht alleinlassen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die nächste Wortmeldung liegt aus der CDU-Fraktion vor: die Kollegin Katharina Jensen. Bitte schön!

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Ich spreche hier heute nicht nur als Abgeordnete, sondern auch als Praktikerin. Ich weiß also sehr genau, vor welch großen Herausforderungen die Höfe mit Schweinehaltung in Niedersachsen stehen.

Gerade für flächenarme Betriebe an ertragsschwachen Standorten ist die Tierhaltung ein wichtiges

betriebliches Standbein, und sie ist für gesamte Regionen - ich denke da an unsere Tierhaltungshochburgen im Emsland, in den Landkreisen Vechta und Cloppenburg sowie im Elbe-Weser-Dreieck - der maßgebliche Wirtschaftsfaktor. Im vor- und nachgelagerten Bereich sorgt die Veredelung für Wertschöpfung und für Arbeitsplätze, also für Wohlstand für uns alle.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der AfD)