Protokoll der Sitzung vom 08.11.2024

deutlich; auch während der vergangenen vier herausfordernden Jahre ist dies festzustellen gewesen. Die Liquiditätskredite sanken von 4,6 Milliarden Euro Ende 2012 auf knapp 1 Milliarde Euro Ende 2023. Dies bedeutet einen historischen Tiefstand.

Die Ursachen hierfür sind: die gute Konjunktur bis 2020, die gestiegenen Zuweisungen des Bundes für Sozialausgaben sowie die wirkungsvollen krisenbedingten Entlastungspakete für die Kommunen in den vergangenen Jahren. Hinzu kommt das umfangreiche Entschuldungsprogramm des Landes. Durch Zukunftsverträge, die Stabilisierungsvereinbarungen und die Bedarfszuweisungen konnte ein Tilgungsbetrag von insgesamt rund 1,75 Milliarden Euro geleistet werden.

Meine Damen und Herren, eine solide Finanzausstattung der niedersächsischen Kommunen ist der Landesregierung natürlich ein wichtiges Anliegen. Sie wird dabei auch weiterhin darauf achten, dass es zu einer gerechten und gleichmäßigen Aufteilung der finanziellen Lasten zwischen Land und Kommunen kommt und beide Ebenen ihre Aufgabenerledigung auch künftig wahrnehmen können. Die Landesregierung unternimmt daher unter Beachtung ihrer eigenen begrenzten finanziellen Rahmenbedingungen erhebliche Kraftanstrengungen zur Unterstützung und Stärkung der Kommunen.

So haben wir mit dem Haushaltsplan 2024 entschieden, das Sondervermögen zur Förderung von Krankenhausinvestitionen innerhalb der nächsten zehn Jahre mit insgesamt 3 Milliarden Euro an Landesmitteln auszustatten. Zusammen mit den anteiligen Kommunalmitteln stehen somit jährlich rund 305 Millionen Euro für dringend notwendige Investitionen in die Gesundheitsinfrastruktur bereit. Wir stärken damit die Gesundheitsvorsorge vor Ort. Auch dem Sondervermögen Wirtschaftsförderfonds Niedersachsen - ökologischer Bereich - werden bis 2049 insgesamt 1,056 Milliarden Euro an zusätzlichen Landesmitteln zugeführt. Damit werden insbesondere Bedarfe des Küsten- und Hochwasserschutzes sowie Maßnahmen des Niedersächsischen Klimaschutzgesetzes finanziert.

Eine weitere bedeutende Maßnahme zur Entlastung der kommunalen Ebene ist die Unterstützung der kommunalen Ebene bei der baulichen Umsetzung des Anspruchs auf Ganztagsbeschulung. Hier stellt das Land - neben der Weiterleitung der Bundesmittel - die Hälfte der notwendigen Kofinanzierungsmittel zur Verfügung, also 55 Millionen Euro.

Auf die außerordentliche Hochwasserlage um die Weihnachtsfeiertage 2023 hat die Landesregierung ebenfalls sehr zügig mit dem Nachtragshaushalt 2024 reagiert. Damit wurden rund 110 Millionen Euro an zusätzlichen Landesmitteln bereitgestellt. Sie dienen vor allem zur Unterstützung der Hochwassergeschädigten, zur Beseitigung von Schäden an der öffentlichen Infrastruktur, zur Erstattung der Einsatzkosten der Katastrophenschutzbehörden und zur Ertüchtigung des Hochwasser- und Katastrophenschutzes in Niedersachsen.

Der von der Landesregierung im Sommer beschlossene Haushaltsplanentwurf 2025 sieht bei einem Gesamtvolumen von 44,2 Milliarden Euro Zahlungen an die kommunale Ebene in Höhe von mehr als 14 Milliarden Euro vor. Um das deutlich zu betonen, meine Damen und Herren: Damit geht rund jeder dritte Euro des Landeshaushalts an die niedersächsischen Kommunen. Jeder dritte Euro!

Bei den Zahlungen außerhalb des Steuerverbunds kommt in 2025 eine nennenswerte Neuerung hinzu. Durch die Änderung des Wohngeld-Plus-Gesetzes durch den Bund stehen auch die niedersächsischen Kommunen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung vor erheblichen Mehraufwendungen. Um diese abzumildern, wollen wir den Kommunen konsequenterweise die anfallenden notwendigen Kosten erstatten. Das Land stellt hierfür rückwirkend ab 2023 bis 2028 insgesamt rund 82 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln zur Erfüllung dieser nach Bundesrecht übertragenen Aufgabe zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Die Landesregierung hat über die finanzielle Unterstützung der Kommunen hinaus bereits ein Bündel an Maßnahmen zur Stärkung der kommunalen Finanzen ergriffen.

Die Stabilität der finanziellen Ausstattung der Kommunen basiert in Niedersachsen auf zwei verfassungsrechtlichen Säulen: zum einen auf einem strikten Konnexitätsprinzip gemäß Artikel 57 Abs. 4 unserer Verfassung und zum anderen auf dem kommunalen Finanzausgleich.

Das Konnexitätsprinzip sichert die finanzkraftunabhängige Finanzausstattung der Kommunen ab. Das Land ist verpflichtet, Mehrbelastungen angemessen auszugleichen, sofern Aufgabenübertragungen

durch das Land vorgenommen werden. Dafür hat mein Haus im Herbst 2023 auch alle Ressorts noch einmal sensibilisiert, dass es um eine strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips geht und dass dieses

bei allen Planungen zu berücksichtigen ist. Die Abstimmung mit den Kommunen hierzu hat aber auch gezeigt, dass man in manchen fachlichen Punkten zu einer anderen Auslegung der Verfassungsnorm kommt. Dies betrifft insbesondere Aufgaben, die auf Bundesrecht basieren, und die Tatsache, dass die Verfassung einen Ausgleich der notwendigen Kosten und nicht der tatsächlich angefallenen Kosten fordert.

Die zweite Säule, der kommunale Finanzausgleich, gewährleistet die Sicherung der Finanzierung der kommunalen Aufgaben. Damit sollen die bestehenden Unterschiede zwischen den Kommunen in Niedersachsen abgemildert werden. Denn klar ist: Auch in Niedersachsen gibt es finanzstärkere und finanzschwächere Kommunen. Dennoch wollen wir in allen Teilen des Landes gleiche Lebensbedingungen sichern. Das geschieht über den Finanzausgleich.

Die in Niedersachsen etablierten vertikalen und horizontalen Ausgleichsmechanismen haben sich bewährt. Sie sind vom Niedersächsischen Staatsgerichtshof mehrfach als verfassungskonform bestätigt worden. Die Landesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die Vorgaben des horizontalen kommunalen Finanzausgleichs gutachterlich überprüfen zu lassen. Dafür hat im April 2023 eine Expertenkommission in meinem Haus die Arbeit aufgenommen. Diese Expertenkommission, die auch mit kommunalen Vertretern und einem externen Wissenschaftler besetzt ist, hat bereits zu Beginn ihrer Tätigkeit Folgendes festgestellt:

Die schlanke Finanzausgleichssystematik in Niedersachsen hat sich bewährt, und ein Systemumsturz, also die Schaffung eines neuen Finanzausgleichssystems mit kleinteiligeren Verteilungsmechanismen, ist nicht gewollt. Die Begutachtung ist nunmehr abgeschlossen. Die Frage, wie wir mit den Ergebnissen umgehen, befindet sich aktuell innerhalb der Landesregierung in der Abstimmung.

Eine wichtige Maßnahme zur Erleichterung der Verfahren für die Kommunen und zum Bürokratieabbau ist derzeit auch in der Umsetzung, nämlich die Vereinfachung von Förderverfahren für Kommunen. Daran hat ein interministerieller Arbeitskreis intensiv gearbeitet, der in Kürze einen Abschlussbericht mit Empfehlungen vorlegen wird.

Meine Damen und Herren, bei diesen Projekten sind bzw. waren die kommunalen Spitzenverbände immer eng eingebunden. Diese Beispiele zeigen auch: Die Landesregierung setzt Vorhaben zur Stärkung der kommunalen Handlungsfähigkeit und

der kommunalen Finanzen im engen Schulterschluss mit den Kommunen um, und das werden wir auch konsequent fortsetzen.

Gleichzeitig kann ich Ihnen versichern, dass die Landesregierung sich auch weiterhin für die Interessen der Kommunen beim Bund einsetzen wird. Es ist unsere Aufgabe, dem Bund deutlich aufzuzeigen, welche Finanzierungsverantwortung wir beim Bund sehen. Denn wir, die Kommunen und das Land, sitzen zusammen in einem Boot, und in der jüngeren Vergangenheit sind durch den Bund neue oder auch geänderte Aufgaben für die Kommunen und das Land bestimmt worden, die vom Bund aber oftmals nicht ausreichend finanziert werden.

Daher stellt die Landesregierung bei jeder sich ihr bietenden Gelegenheit gegenüber dem Bund dar, wie sich dessen Beschlüsse auf die kommunalen Haushalte in Niedersachsen auswirken. Zuletzt hat Ministerpräsident Stephan Weil gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen auf der vergangenen MPK in Leipzig Ende Oktober einen entsprechenden Beschluss gefasst, der dies auch untermauert.

Deswegen, meine Damen und Herren, sind unsere Versprechungen keine leeren Versprechungen, sondern ernsthafte, und sie werden seriös umgesetzt. So konnten durch unseren Einsatz zum Beispiel die Steuereinnahmeverluste für die Kommunen durch das Wachstumschancengesetz deutlich reduziert werden.

Zudem konnte auf Drängen der Länder erfreulicherweise eine Einigung bei den Migrationskosten erzielt werden. Es wurde festgelegt, dass die erforderlichen Bundesmittel für die Unterstützung der Aufgaben von Kommunen und Ländern zur Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten anhand der tatsächlichen Anzahl von Asylanträgen gezahlt werden. Hierdurch fließt auch zusätzliches Geld vom Bund. Das Land wiederum leitet diese zusätzlichen Bundesmittel für das Jahr 2024 in Höhe von 115 Millionen Euro, wie in den vergangenen Jahren auch, vollständig an die Kommunen weiter. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird ja derzeit auch hier im Landtag in den Fachausschüssen beraten.

Wir werden uns in diesem Bereich - aber auch in allen anderen Bereichen, wie beim Digitalpakt, bei der Wärmeplanung, bei der Kita-Finanzierung oder beim Ganztagsschulausbau - weiterhin dafür einsetzen, dass sich der Bund aufgrund seiner Finanzierungsverantwortung noch stärker engagieren muss. Als Land werden wir den Kommunen auch weiterhin die für ihre Aufgaben erforderlichen Anteile, die wir vom Bund bekommen, weiterleiten. Wir

haben keine klebrigen Hände, meine Damen und Herren.

Aber, meine Damen und Herren, ich möchte es ganz deutlich sagen: Weder Bund noch Land können es sich leisten, die Handlungsfähigkeit unserer Kommunen überzustrapazieren. Denn unsere funktionierende Demokratie und der gesellschaftliche Zusammenhalt werden in unseren Kommunen gelebt. Die Kommunen tragen einen entscheidenden Beitrag dazu bei und müssen auch finanziell weiter dazu in der Lage sein. Das ist uns als Landesregierung sehr bewusst.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2 verweise ich auf meine umfangreichen Vorbemerkungen.

Zu Frage 3: Dem Land selbst liegen keine Informationen zu den Beträgen der Pro-Kopf-Zuweisung im kommunalen Finanzausgleich 2024 für Niedersachsen im Vergleich mit den anderen Flächenländern vor. Ausweislich der Ausführungen der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens liegt Niedersachsen im Jahr 2024 mit 685 Euro je Einwohner um fast 300 Euro unter dem Bundesdurchschnitt. Im Vergleich mit den westdeutschen Flächenländern liege Niedersachsen an letzter Stelle.

Aus Sicht der Landesregierung lässt eine rein selektive Betrachtung der Pro-Kopf-Zuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs im Vergleich mit anderen Bundesländern jedoch kein ausreichend aussagekräftiges Bild zu. Dies liegt zum einen an den zum Teil deutlich differierenden Regelungen zum kommunalen Finanzausgleich in den anderen Ländern. Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz beispielsweise haben einen sogenannten bedarfsorientierten kommunalen Finanzausgleich. Niedersachsen dagegen verfolgt das sogenannte Verbundquotenmodell. 2001 wurde der Verteilungsmechanismus des KFA vor dem Staatsgerichtshof beklagt, die Rechtmäßigkeit aber bestätigt. Zuletzt wurden 2008 Verfassungsbeschwerden der Kommunen zur Höhe der Verbundquote vor dem Staatsgerichtshof zurückgewiesen.

Zum anderen ist die Höhe der Zahlungen im kommunalen Finanzausgleich stets im Zusammenhang mit dem Ausmaß der an die bzw. auf die Kommunen übertragenen Aufgaben zu bewerten. Und auch hier bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern.

Aus Sicht der Landesregierung bietet daher der Blick auf die Zahlungen an die kommunale Ebene insgesamt ein aussagekräftigeres Bild für das Maß der Unterstützung der Länder an. Diesbezüglich ist festzustellen, dass Niedersachsen in 2023 bei den Zahlungen an Gemeinden pro Kopf absolut betrachtet im Mittelfeld der Flächenländer West liegt. In Bezug auf den Anteil der Zahlungen an Gemeinden an den bereinigten Gesamtausgaben liegt das Land mit 33,9 % sogar oberhalb des Durchschnitts der Flächenländer West mit 32,2 %.

Sie sehen: Wir sind im Mittelfeld, und daher ist die Situation der Kommunen sicherlich eine schwierige, die des Landes aber auch. Gemessen daran können wir die Kommunen gut ausstatten, so wie wir auch unsere Leistungsfähigkeit beurteilen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Wie Sie alle gemerkt haben, betrug die Redezeit 18 Minuten. Wir werden dann nach den Zusatzfragen sehen, wie viel Zeit am Ende für die Aussprache ist. Sie können sich schon auf zusätzliche Redezeit einstellen.

Bevor wir zu den Zusatzfragen kommen, stelle ich jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Vielen Dank.

Die erste Zusatzfrage kommt aus der Fraktion der AfD. Herr Abgeordneter Jürgen Pastewsky, bitte!

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Da Sie gestern nicht unterrichten durften, weil die drei regierungstragenden Fraktionen die Erweiterung der Tagesordnung verweigert haben,

(Volker Bajus [GRÜNE]: Jammer nicht, komm zur Sache!)

frage ich die Landesregierung: Welche finanziellen Auswirkungen gibt es für das Land, aber insbesondere natürlich auch für die Kommunen, wenn, wie erwartet, der Bundestag in diesem Jahr keinen Bundeshaushalt 2025 beschließt?

(Beifall bei der AfD)

Frau Ministerin möchte für die Landesregierung antworten. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Frage ist nicht seriös zu beantworten, sehr geehrter Herr Abgeordneter. Denn wir sind immer davon abhängig, wie im Bundestag bestimmte Entscheidungen getroffen werden, die sich dann auf die Länder auswirken.

Zur jetzigen Situation: Angesichts dessen, dass man sowohl im Bundestag als auch in der Bundesregierung darüber diskutiert, was in diesem Jahr noch beschlossen werden kann und soll, kann man diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös beantworten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Die zweite Zusatzfrage, ebenfalls aus der AfD-Fraktion: Herr Abgeordneter Pastewsky. Bitte!