Protokoll der Sitzung vom 26.10.2005

Der Wahlkampf ist doch schon lange vorbei. Ich habe aber den Eindruck, dass die Grünen wie ein angeschlagener Boxer noch nicht mitbekommen haben, dass der Gong längst ertönt ist. Nach wie vor weigern sich die Grünen offensichtlich, das desaströse Scheitern ihres Feldversuches wirklich einzugestehen.

(Beifall von CDU und FDP)

Auch wenn die SPD an rot-grünen Wahlniederlagen stark mitgewirkt hat, haben die Wähler als Punktrichter den Daumen über die Regierungsfähigkeit der Grünen ausdrücklich gesenkt.

(Zuruf von der CDU: Die haben den Schuss nicht gehört!)

Liebe Frau Löhrmann, die Grünen unterschätzen immer noch die beispiellosen Schläge, die sie einstecken mussten. Denn sie wurden aus allen Regierungen der Bundesrepublik abgewählt.

(Beifall von CDU und FDP)

Niemals gab es in der Geschichte der Bundesrepublik eine Regierungspartei, die ein derart konsequentes Wählervotum erleiden musste.

Um zur Qualität Ihres Antrages zu kommen: Er ist inhaltlich falsch und im Ton unverschämt. Vielleicht sollten Sie die Koalitionsvereinbarung auch einmal lesen.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Das geht ja schnell!)

Sie schreiben: im Juli vorgelegt. Nein, sie stammt bereits vom 20. Juni; am 13. Juli gab es bereits die Regierungserklärung. So schnell war diese Regierung.

Wenn ich meine Großmutter fragen würde „Was hältst du von diesen Grünen?“, dann würde sie mir ganz lieb antworten: "Junge, lieber ein Haus im Grünen als diese Grünen im Haus."

(Beifall von CDU und FDP - Widerspruch von SPD und GRÜNEN - Dr. Axel Horstmann [SPD]: Kommen Sie doch mal zu Ihrer Aktu- ellen Stunde! Sie haben auch eine bean- tragt!)

- Herr Horstmann, gerne will ich die Chance nutzen, zu unserem Antrag zu kommen. Vielleicht nur noch eines: Eben wurde angesprochen, dass die Sommerzeit demnächst zu Ende geht. Das mag für die Uhrzeit gelten. Aber dieser Sommer,

(Der Redner blickt in Richtung Ministerin Sommer.)

der dauert noch wirklich lange. Frau Ministerin, herzlichen Dank für alles, was Sie bis jetzt bewegt und auf den Weg gebracht haben.

(Beifall von der CDU)

Nordrhein-Westfalen stellt fast ein Viertel der Bevölkerung der Bundesrepublik. Was diesem Land gut tut, tut der Bundesrepublik gut. Wenn wir in diesem Land und in Deutschland etwas erreichen wollen, dann müssen wir die Dinge anstiften, die diesem Land wirklich gut tun. Deswegen, Herr Ministerpräsident, war Ihr Brief sehr wichtig. Wenn der jetzt auch von der SPD abgelehnt wird, etwa mit der Aussage von Frau Kraft „ein Stück aus dem Tollhaus“ oder mit der von Herrn Steinbrück „Ablenkungsmanöver“ oder damit, dass Herr Dieckmann das als „putzig“ empfindet, dann zeigt das nur, dass Sie Ihre Position noch nicht verstanden haben. Denn wenn Sie in Berlin wirklich mitarbeiten wollen, dann ist es erforderlich, auch hier bei den Initiativen, die gestartet werden, mitzumachen.

(Lachen von der SPD)

Gestern hat die Expertenkommission ihr Gutachten vorgelegt - Sie brauchen nur hineinzusehen -:

Das Land ist an die Grenzen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gelangt. Die Lasten der Vergangenheit blockieren jede Zukunftschance.

Frau Kraft, Sie haben in Ihrer ersten Rede als Oppositionsführerin deutlich gemacht: Liebe CDU, liebe FDP, ab sofort sind die Landesschulden Ihre Schulden. - Nein, die Expertenkommission sagt Ihnen: Die Lasten der Vergangenheit blockieren jede Zukunftschance.

(Beifall von CDU und FDP)

Jetzt liegt es an Ihnen, mitzuhelfen bei allem, was wichtig ist. Lassen Sie sich doch einmal fragen, ob die Initiative, die der Ministerpräsident angestoßen hat, nicht die ist, die wir wirklich brauchen.

Er fordert gemeinsame Anstrengungen für ein nationales Energieprogramm. Ziel ist ein ausgewogener Energiemix aus erneuerbaren importierten und heimischen Energieträgern. Wollen Sie dies mittragen? Dann machen Sie ganz einfach mit!

Er möchte eine stärkere Unterstützung bei erheblichen Forschungspotenzialen bei uns im Land. Wollen Sie das auch? Dann können Sie doch nur mitmachen.

Er hat um Mithilfe gebeten, dass mehr Forschungseinrichtungen in NRW angesiedelt werden. Wir halten das für richtig.

Im Straßenbau sollen Lückenschlüsse in Nordrhein-Westfalen beschleunigt werden. Im Schienenverkehr soll der Rhein-Ruhr-Express aufs Gleis gesetzt werden. Der öffentliche Nahverkehr soll Finanzmittel des Bundes mindestens in heutiger Höhe erhalten.

Wir wollen eine längere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmer mit langen Versicherungszeiten und höhere Freibeträge über die Rentenversorgung hinaus. Wollen Sie das auch oder wollen Sie das nicht? Wenn Sie das auch wollen, dann sagen Sie es und unterstützen Sie diese Initiative, denn sie ist richtig für dieses Land!

Wir wollen die Aufhebung der Reformstaus in der Gesundheits-, Alters- und Pflegevorsorge. Wir wollen, dass Kinder keine Armutsrisiken mehr darstellen. Kinderreiche und sozial schwache Familien sollen stärker von Leistungen profitieren. Da liegt es an Ihnen, ob Sie sagen, Sie machen mit, Sie wollen das auch.

Dann ist Ihre bisherige Aussage völlig falsch. Dann können Sie nur eines tun, nämlich sagen: Hier mögen wir miteinander streiten; aber in Berlin, wo es um die Interessen dieses Landes geht, da packen wir gemeinsam an. - Das ist die Aufga

be, die der Wähler uns allen gemeinsam gegeben hat.

(Beifall von CDU und FDP)

Lassen Sie mich mit einem Bild enden: Zwischen Schalke und Dortmund beispielsweise herrscht im Fußball eine starke Rivalität. Bei den sogenannten Revierkämpfen gönnt keiner dem anderen einen Punkt. Da mag es harte, gute, aber faire Fußballspiele um die beste Mannschaft im Ruhrgebiet geben. Nur, wenn es um das Spiel in der Nationalmannschaft geht, dann spielen Asamoah und Kuranyi von Schalke immer mit Metzelder von Dortmund zusammen, weil sie gemeinsam für das Land gewinnen wollen. Diesen Gedanken scheinen Sie noch nicht aufgenommen zu haben.

Lassen Sie uns hier auf der Vereinsebene von mir aus gegeneinander spielen. Aber auf der nationalen Ebene, da, wo es um Deutschland geht, wo es um die Interessen dieses Landes geht, da kann es nur richtig sein, gemeinsam zu spielen, um Erfolge zu haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Biesenbach, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Dazu fordern wir Sie auf. Es liegt an Ihnen, hier nun deutlich zu sagen, was Sie wollen.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Biesenbach. - Als nächste Rednerin hat Frau Kraft von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalitionsverhandlungen in Berlin sind wichtig für NordrheinWestfalen. In Berlin werden Entscheidungen getroffen werden, die unser Land und die Zukunft unserer Menschen entscheidend prägen werden. Darüber sind wir uns im Klaren. Es geht nicht zuletzt darum - das ist für uns ganz wichtig -, ob Deutschland und damit auch NRW sozial bleibt.

Die Wähler haben am 18. September 2005 einer Koalition aus CDU und FDP und damit den Plänen für einen angesagten radikalen Umbau der Gesellschaft eine klare Absage erteilt. Auch die bisherige Bundesregierung hat keine Mehrheit mehr bekommen. Deshalb sitzen die Beteiligten jetzt in Berlin zusammen und verhandeln über eine große Koalition.

An diesen Verhandlungen sind eine Reihe von Politikerinnen und Politikern aus NRW beteiligt, unter anderem auch drei designierte Ministerinnen und Minister der zukünftigen Regierung. Von der CDU ist der Ministerpräsident unseres Landes in dieser Runde. Wir begrüßen mit Blick auf die Bedeutung der Verhandlungen für unser Land ausdrücklich, dass Sie dort mitwirken, Herr Ministerpräsident. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten jetzt, dass Sie dort die Interessen von NRW einbringen und vertreten.

Mit Interesse mussten wir am Montag zur Kenntnis nehmen, dass Sie gerne auch die SPD mit in die Verantwortung für die Zukunft dieses Landes einbeziehen wollen. Schon die Begleitmusik dieses Schreibens musste uns aber eher skeptisch stimmen, ob Sie es damit wirklich ernst meinen. Viele Kommentatoren sehen darin eigentlich eher einen missglückten Befreiungsschlag. Ihre ungewöhnliche Aktion erweckt den Eindruck, dass Sie damit eine Debatte in der CDU über Führungsqualitäten und Ihren zu geringen Einfluss in Berlin verhindern wollen.

(Beifall von der SPD)

Die Niederlage, die Ihnen Angela Merkel bei der Besetzung des Bundeskabinetts zugefügt hat, haben Sie zu Recht als bitter empfunden.

Daher drängt sich die Frage auf, ob Sie für den Fall Ihres neuerlichen Scheiterns bei den Koalitionsverhandlungen die Verantwortung auf die designierten SPD-Minister aus NRW abwälzen wollen. Diese Frage wird man wohl stellen dürfen.

(Beifall von der SPD)

Unsere Skepsis wurde beim Blick in das Positionspapier verstärkt, für das Sie Unterstützung suchen. Offensichtlich haben Sie sich bei der Formulierung nicht besonders viel Mühe gemacht. Bemerkenswert viele Banalitäten sind enthalten, zum Beispiel, dass wir gemeinsam versuchen sollten, die Finanzsituation der öffentlichen Haushalte in den Bundesländern und beim Bund zu verbessern.

(Zuruf von Jochen Dieckmann [SPD])

Dass es darum geht, die sozialen Sicherungssysteme in eine gute Zukunft zu führen - mit Verlaub, Herr Biesenbach, darüber streitet am Verhandlungstisch niemand.

Wenn ich mir das Papier genauer ansehe, stelle ich fest: Sie haben im Wesentlichen Ihren Koalitionsvertrag abgeschrieben. Wenn Sie wirklich gemeinsame Positionen formulieren wollen, bitte ich Sie, dass nicht in dieser Weise zu tun. Es ist doch