Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Ebenfalls sind die vielfachen Initiativen der Frauenhilfsorganisationen an dieser Stelle ausdrücklich zu loben, da sie umfassende Aufklärungsarbeit leisten und den Betroffenen Hilfe und Rat zukommen lassen. Diese Arbeit wird das Land, wie der Haushaltsentwurf 2009 zeigt, auch weiterhin konsequent fördern.

Für die Aufklärung und Prävention sind ferner die Informationsmaterialien der Polizei und die frühzeitige Vermittlung der Gefahr an Schulen von herausragender Bedeutung.

Meine Damen und Herren, der Besitz von Liquid Ecstasy oder GHB ist verboten und strafbar. Dass damit dennoch illegal gehandelt wird, zeigt, dass allein das gesetzliche Verbot einzelner Stoffe den Schutz vor diesen nicht gewährleistet. Daher scheint auch die gesetzliche Einschränkung eines industriell genutzten Stoffes wie GBL wenig zielführend. Wir sollten uns alle bewusst sein, dass sich gerade in Zeiten des Internets neue Wege eröffnet haben, illegale Stoffe zu erhalten. Das zeigen nicht zuletzt die Razzien dieses Jahres, die den umfassenden illegalen Besitz und Handel nochmals verdeutlichen. Daher dürfen wir in Verboten kein Allheilmittel sehen, denn sie können leicht in trügerischer Sicherheit wiegen.

Wir müssen bei allen erfolgreichen Präventionsmaßnahmen und allem verbesserten Opferschutz immer auch eines im Auge behalten und vermitteln: Wichtig ist vor allem, dass wir die Kinder und Jugendlichen immer wieder darauf aufmerksam machen, dass sie alles vermeiden, um überhaupt in potenziell gefährliche Situationen zu geraten. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den Kindern und Jugendlichen zu verdeutlichen, welche Gefahren drohen, wenn sie in Diskotheken oder auf anonymen großen Partys Gläser oder Flaschen offen und unbeaufsichtigt herumstehen lassen.

Die Fürsorge für die Kinder und Jugendlichen ist immer der beste Weg der Prävention. Dies ist auch der allerwichtigste Punkt, an dem wir weiter arbeiten müssen.

Aufklärung und Prävention senken die Gefahr, Opfer zu werden. In allererster Linie müssen wir vermeiden, dass weiterhin so viele Kinder und Jugendliche Opfer werden. Deswegen begrüßen wir die verbesserte Strafverfolgung und den verstärkten

Opferschutz durch die Landesregierung auch ausdrücklich.

Aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen ist der Antrag der Grünen unserer Meinung nach zum Glück gar nicht mehr notwendig. Wir lehnen ihn daher auch ab. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Frau Pieper-von Heiden. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Laschet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! K.-o.-Tropfen sind der Stoff für Albträume, Übelkeit, Schwindelgefühle, eine komplette Erinnerungslücke, aber auch körperliche Veränderungen, die deutlich machen: Da muss etwas gewesen sein. – So fühlen sich Opfer von K.-o.-Tropfen nach einem Diskobesuch oder einer privaten Party. Was bleibt, sind große Verunsicherung, das Gefühl von Ohnmacht und ganz viel Scham.

Wie häufig das passiert, weiß niemand. Fälle, die öffentlich werden, stellen das kleine Hellfeld dar. Über das Dunkelfeld kann man nur spekulieren. Man ist immer wieder entsetzt, welche Fantasie und Kreativität Menschen einsetzen, um andere gegen ihren eigenen Willen zu etwas zu zwingen.

Die Landesregierung hat viel unternommen, damit es nicht bei der Wehrlosigkeit der bedrohten jungen Frauen bleibt.

Wir setzen als Erstes auf Prävention und Aufklärung. Beispielsweise hat der Frauennotruf Aachen schon 2006 eine Aufklärungskampagne durchgeführt. Die Landeskoordinierungsstelle Suchtvorbeugung NRW hat Infokarten für die Partyszene entwickelt. Die örtlichen Sucht- und Drogenberatungsstellen informieren regional mit einem Infobus und im Internet. Damit auch Bedienungen und Personal, das hinter der Theke arbeitet, einen genauen Blick für die Gefahr durch solche heimtückischen Angriffe bekommen, hat der Frauennotruf Wuppertal mit Landesmitteln Diskothekenpersonal geschult.

Frau Dr. Boos, deshalb können Sie nicht sagen, die Landesregierung sei nur tätig geworden, um einen von Ihnen ins Plenum eingebrachten Antrag abzuwehren. Wir waren schon aktiv, bevor Anträge ins Plenum eingebracht wurden.

(Beifall von der CDU)

Im Übrigen sollten Sie bei einem so wichtigen Thema nicht die Wirkung Ihrer Anträge überschätzen.

In diesem Sommer hat die Justizministerin – und ich freue mich, dass die Justizministerin das macht, Frau Steffens; denn je mehr Ministerien sich einem solchen Thema widmen, umso besser ist es – eine

Aufklärungskampagne unter der Überschrift „Lass dich nicht K.-O.-TROPFEN“ gestartet. Die Plakate und Flyer werden an allen Schulen des Landes mit Ausnahme der Grundschulen eingesetzt. Damit werden sie in immerhin 3.200 Schulen in der ganzen Fläche des Landes von Ost bis West verteilt.

Ihrer Bemerkung, in dieser Kampagne leite etwas in die Irre, kann man noch einmal nachgehen. Ich finde, dass sie sehr klar formuliert ist. Die Kernbotschaft lautet, aufzupassen, woher die Getränke kommen, und sie nicht unbeaufsichtigt stehen zu lassen.

Der Flyer dieser Kampagne gibt auch Auskunft dazu, was zu tun ist, wenn es dann doch passiert ist. Oft führt der erste Weg zum Arzt. Deshalb hat der Frauennotruf in Aachen mit Landesmitteln eine Kitteltascheninformation und einen Flyer für medizinisches Personal entwickelt.

Für den Fall, dass sich ein Opfer von K.-o.-Tropfen an die Polizei wendet, ist es besonders wichtig, dass es auf jeder Polizeidienststelle ernst genommen wird und man das Ganze nicht etwa übermäßigen Alkoholkonsum zuschreibt, sondern eine Sensibilität für dieses Thema entwickelt. Deswegen sind Partydrogen auch bei den Fortbildungsveranstaltungen für die Bearbeiterinnen und Bearbeiter von Sexualdelikten bei der Polizei Thema. Außerdem unterstützt schon seit 2007 ein ausführliches Merkblatt des Landeskriminalamts die praktische Arbeit der Polizei. Dieses Merkblatt, das auch im Internet zur Verfügung steht, haben wir gerade völlig neu überarbeitet. Die Polizeizeitung „Streife“ wird es in Kürze ebenfalls vorstellen.

Unterstützung finden die Frauen bei den 48 Notrufen gegen sexualisierte Gewalt und bei den Frauenberatungsstellen. Inzwischen gibt es auch eine elektronische Handreichung, mit der die schon vorliegenden Erfahrungen in die Fläche getragen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, letzte Woche hat eine Vertreterin des Frauennotrufs Düsseldorf in der WDR-Sendung „Dellings Woche“ berichtet. Ihre Einschätzung war, dass die Zahl der sich wegen K.-o.-Tropfen bei den Hilfeeinrichtungen meldenden Frauen zunimmt. Das heißt nicht, dass die Zahl der Fälle zunimmt, sondern dass Menschen zunehmend zu den Notstellen gehen und sich dort offenbaren. Ich halte das für eine sehr gute Entwicklung.

Frau Steffens, lassen Sie mich noch zwei Bemerkungen aus Ihrem Antrag aufgreifen, bei denen ich glaube, dass der Antrag zu kurz greift.

Sie fordern erstens einen gesetzlich beschränkten Zugang für alle Substanzen, die zur Herstellung von Partydrogen geeignet sind. Dieser Weg ist nach den Ausführungen in Ihrem eigenen Antrag ungeeignet. Schon jetzt ist Gamma-Hydroxy-Buttersäure in Deutschland nicht frei verkäuflich; trotzdem ist der Stoff über das Internet problemlos zu beziehen.

Das, was eingesetzt wird, sind meistens Stoffe, die über das Internet im Ausland besorgt worden sind.

Als Zweites regen Sie an, die fraglichen Substanzen einzufärben oder geschmacklich zu verändern. Das klingt zunächst ganz logisch. Allerdings ist der Stoff Gamma-Butyrolacton eine Massenchemikalie. Der wird tonnenweise als Ausgangsstoff in der Pharmazeutik eingesetzt. Im Hinblick auf die Vielzahl der Endprodukte können wir in diesen Stoff nicht einfach munter Farbe und Geschmacksträger hineinmischen. Selbst wenn wir es täten: Die unauffälligen Stoffe aus dem Internet sind immer noch da. Deshalb greift das zu kurz.

Wir wollen, dass darüber öffentlich diskutiert wird, dass debattiert wird, dass informiert wird, damit junge Menschen wissen, welche Risiken bestehen. Da werden wir unsere Anstrengungen verstärken, sodass nicht noch mehr Menschen Opfer dieser hinterhältigen Anschläge werden.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Laschet. – Meine Damen und Herren, wir sind am Schluss der Beratung und kommen zur Abstimmung.

Der Ausschuss für Frauenpolitik empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/6905, den Antrag Drucksache 14/5019 abzulehnen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Dann ist diese Beschlussempfehlung so angenommen.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende unserer heutigen Sitzung.

Die nächste Sitzung findet statt am Mittwoch, den 22. Oktober 2008, 10 Uhr.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.