Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich feststellen, dass wir uns in allem noch ein Stück mehr anstrengen können. Das wollen wir auch tun. Wir werden nicht nachlassen, weiterhin das Sportland

Nummer eins sein zu wollen und das Ganze von den Ergebnissen her noch besser zu gestalten. Wir haben große Projekte vor uns: die nächsten Olympischen Spiele, aber auf dem Wege dahin viele Europa- und Weltmeisterschaften in vielen Sportarten. Da werden wir uns um einige Sportarten sicherlich stärker kümmern müssen. Das ist klar.

Am Ende ist in einer freiheitlichen Gesellschaft allerdings, Herr Peschkes, immer auch derjenige gefordert, der hinterher selber sein Leistungsvermögen richtig ausschöpfen möchte. Deswegen müssen wir animieren, stimulieren. Wir können am Ende aber kein System wollen wie in der DDR.

Insofern müssen wir versuchen, auf freiheitlicher Basis zu unterstützen und zu fördern, mit vielen Angeboten, mit vielen Förderungsmöglichkeiten, vor allen Dingen auch für die duale Karriere, damit man Sport und Ausbildung miteinander verknüpfen kann. Wir müssen versuchen, die Trainerausbildung zu verbessern, Ehrenamtlichkeit zu stärken – alles Dinge, die wir längst auf den Weg gebracht haben, um am Ende gute Ergebnisse zu holen und viele junge Menschen in Bewegung zu bringen. Da gehören Breitensport und Spitzensport sicherlich zusammen genannt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Wolf. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/7448 an den Sportausschuss. Dort soll die abschließende Beratung und Abstimmung in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Niemand. Danke, damit ist einstimmig so überwiesen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

10 Kinder vor gefährlichem Spielzeug schützen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/5783

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 14/7335

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In NRW leben über zwei Millionen Kinder, die täglich mit Spielzeu

gen in Berührung kommen. Wir alle wissen: Fehlerhaftes Spielzeug kann die Gesundheit und das Leben von Kindern gefährden. Laut Angaben des Europäischen Verbraucherzentrums spielen Kinder alleine in den ersten sechs Lebensjahren rund 15.000 Stunden.

Für Spielzeug geben Eltern im Jahr in Europa durchschnittlich 100 € aus. In Deutschland wird für 1 Milliarde € Spielzeug produziert und aus dem Ausland für ca. 2 Milliarden € importiert. Gut die Hälfte davon kommt aus China.

Der letzte Jahresbericht des EU-Schnellwarnsystems, das für Konsumenten gefährliche Produkte verzeichnet, weist eine Beanstandungsquote von 48 % bei Erzeugnissen aus China aus. Im Sommer des letzten Jahres wurden weltweit 21 Millionen bleibelastete und anderweitig gesundheitsschädliche Spielwaren aus chinesischer Produktion vom Markt genommen.

Aber, meine Damen und Herren, Verbraucherinnen und Verbraucher, gerade Kinder müssen sich darauf verlassen können, dass von der im Verkauf befindlichen Ware keine Gesundheitsgefahren ausgehen. Deshalb müssen die staatlichen Behörden, muss die staatliche Rahmensetzung dafür sorgen, dass die Kinder, dass die Menschen sorglos mit Spielzeug umgehen können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jedoch verletzen unserer Meinung nach Bundesländer und die Bundesregierung ihre Kontrollpflichten und überlassen letztlich den Unternehmen durch interne Qualitätssicherungsmechanismen, darüber zu entscheiden, ob sichere und gefahrstofffreie Produkte auf den Markt kommen. Es ist auch Aufgabe des Landes, der Landesregierung und des Landtages, für sicheres Spielzeug zu sorgen –

(Beifall von den GRÜNEN)

nicht in erster Linie, aber von dieser Ebene muss Druck ausgehen auf die Bundesebene und auf die EU-Ebene. Und zurzeit gibt es eine aktuelle Diskussion über eine EU-Richtlinie zum Spielzeug. Dazu hat eine Anhörung mit aus meiner Sicht erschreckenden Erkenntnissen stattgefunden.

Da berichtet beispielsweise der renommierte dänische Reproduktionsspezialist und Forscher Henrik Leffers den Abgeordneten des Europäischen Parlamentes, dass mittlerweile nachweisbar ist, dass durch Weichmacher über eine lange Zeit, auch wenn sie eigentlich schon verboten sind, die Reproduktionsfähigkeit, sprich die männlichen Geschlechtsorgane, beeinträchtigt werden können, dass die Zeugungsfähigkeit durch Kinderspielzeug bei erwachsenen Männern beeinträchtigt werden kann. Er hat Untersuchungsreihen über einen solchen langen Zeitraum vorgelegt.

Er kommt zu der Erkenntnis, dass teilweise der Gehalt von Weichmachern im Blut von Kindern höher

sei als bei Versuchsratten. Solche Ergebnisse müssen uns erschrecken und müssen dazu führen, hier stärker reglementierend einzugreifen.

Die jetzt in der Diskussion befindliche EU-Richtlinie zeigt noch an einem anderen Punkt ein Problem auf. Bisher gab es ein Messverfahren, bezogen auf Schwermetalle – Quecksilber, Blei, Chrom, Arsen etc.-, das sich an den Grenzwerten orientierte, wie viel Gramm vom Körper eines Kindes aufgenommen werden kann. Zukünftig soll sich der Grenzwert an Gramm pro Spielzeug, also an Gewichtsgramm orientieren. Dies führt dazu, dass der Grenzwert in einigen Bereichen erheblich nach oben geschoben wird. Auch das, meinen wir jedenfalls, sollte von der Landesebene in die Diskussion eingebracht werden.

Aber wir sind auch der Meinung, dass hier in Nordrhein-Westfalen durch verstärkte Kontrollen, durch eine Verstärkung der Kontrollhäufigkeit und des Personals Vorsorge betrieben werden sollte. Es geht eben nicht nur darum, Stichprobenuntersuchungen durchzuführen, sondern auch darum, systematisch die Qualitätssicherung an sich sowie die Qualität der Produkte zu untersuchen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Darüber hinaus gibt es Möglichkeiten im freiwilligen Bereich, mit den Herstellern und den Händlern entsprechende Gespräche auch über die Qualitätssiegel zu führen. Das Qualitätssiegel QS, das es derzeit gibt, ist aus unserer Sicht nicht ausreichend.

In diesem Sinne bedauere ich, dass unser Antrag im Ausschuss keine Mehrheit gefunden hat. Vielleicht ergibt sich aber heute noch hier die Chance, das zu revidieren. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Kaiser.

(Svenja Schulze (SPD): Lassen Sie uns abstimmen!)

Das machen wir gleich, Frau Schulze. – Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wer Kinder, vor allem Kleinkinder, beim Spielen beobachtet hat, der weiß, mit wie viel Freude und auch Speichel sie das Spielzeug in den Mund nehmen, um es zu begreifen. Es versteht sich aus unserer Sicht von selbst, dass für Kinderspielzeug – wie Herr Remmel schon sagte – hohe Sicherheitsstandards gelten müssen, dass hier auch Lebensmittelrichtlinien Anwendung finden müssen, weil das Spielen bei Kleinkindern eben zum großen Teil über den Mund erfolgt.

In einem seltenen Schulterschluss hat der Bundestag am 8. Mai dieses Jahres auf Antrag der Koalitions

fraktionen von CDU/CSU und SPD einen umfangreichen Entschließungsantrag zur Sicherheit von Spielzeug – unter anderem auch die Forderung nach Beibehaltung des nationalen GS-Prüfzeichens – mit Zustimmung auch der Oppositionsfraktionen, Herr Remmel, beschlossen. Das begrüßen wir hier in Nordrhein-Westfalen ganz ausdrücklich.

Im Zusammenhang mit der für die Verbraucherinnen und Verbraucher notwendigen Transparenz verweise ich auf das Verbraucherinformationsgesetz, das wenige Tage zuvor, am 1. Mai 2008, in Kraft getreten ist und auch die Informationsrechte in Bezug auf Kinderspielzeug gestärkt hat.

Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen dafür gesorgt, dass die Regelungen pünktlich in Kraft treten, um für die Behörden im Land Anwendung finden zu können. Wir beharren auf unserem bewährten deutschen Prüfzeichen GS für „Geprüfte Sicherheit“. Dieses Zeichen darf erst dann auf Spielzeug angebracht werden, nachdem eine zugelassene unabhängige Prüfstelle untersucht hat, ob die europäischen Sicherheitsnormen und die Bestimmungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches eingehalten werden und ob die Artikel ausreichend strapazierfähig sind.

Die Konferenz der Verbraucherschutzminister hat für die Spielzeugrichtlinie die Verpflichtung vorgesehen, den Überwachungsbehörden zu jedem Spielzeug eine Gefahrenanalyse vorzulegen. Diese Analyse wird schon jetzt von der Industrie im Rahmen der Entwicklung und Vermarktung neuer Erzeugnisse durchgeführt und hat sich bewährt. Neben dem Beibehalten des GS-Zeichens werden Spielzeuge schon heute stichprobenartig von der Lebensmittelüberwachungsbehörde auf chemische Gefahren und von der Bezirksregierung auf physikalische und mechanische Mängel kontrolliert.

Die intensive Arbeit am wichtigen Thema „Sicheres Kinderspielzeug“ durch die Verbraucherschutzministerkonferenz und der eben erwähnte Antrag der Koalitionsfraktionen, den der Bundestag am 8. Mai dieses Jahres auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses einstimmig beschlossen hat, zeigen, dass das Thema auf Bundesebene mit Volldampf behandelt wird. Wir sind der Meinung, dass dies im Bund und damit länderübergreifend auf der geeigneten Ebene angesiedelt sein muss. Bei uns in NordrheinWestfalen werden wir dies in bewährter Manier begleiten und umsetzen. Herr Remmel, wir lehnen Ihren Antrag erst einmal ab. – Danke.

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Remmel?

Bitte schön, Herr Remmel.

Sie haben schon im Ausschuss auf diesen gemeinsamen Antrag, der mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und den Linken – nicht mit den Stimmen der Grünen – verabschiedet worden ist, hingewiesen. Sind Sie mit mir der Meinung, dass sich der Antrag ausschließlich mit europäischen Fragen beschäftigt, aber nicht damit, was in den Ländern der Bundesrepublik getan werden müsste, und dass er insofern an der Sache vorbeigeht?

Herr Remmel, Sie hatten das europäische Gütesiegel angesprochen. In Deutschland haben wir das GS-Zeichen, für das freiwillig geprüft wird. Wenn man einen gemeinsamen Antrag erarbeitet, sollte man, glaube ich, Sorge dafür tragen, dass dieses Gütesiegel auch auf europäischer Ebene umgesetzt wird.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Als Nächste spricht für die SPDFraktion Frau Wiegand.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, dass mir das gesamte Ausmaß der Gefährdung unserer Kleinsten durch Spielzeug zu Beginn der Diskussion noch nicht so bekannt war. Erst durch die Gespräche mit verschiedenen Experten und weitere Recherchen erschloss sich mir die gesamte skandalöse Situation.

Es geht nicht nur darum, dass beim Spielzeug Grenzwerte bestimmter Chemikalien leicht überschritten werden – nein, es geht teilweise um Grenzwertüberschreitungen um mehr als das Einhundertfache. Dabei handelt es sich um Chemikalien, die krebserregend, erbgut- und fortpflanzungsschädigend sein können. Diverse Untersuchungen aus Großbritannien schließen einen Zusammenhang von Weichmachern mit dem plötzlichen Kindstod nicht aus. Dabei haben Eltern praktisch keine Möglichkeit zu verhindern, dass ihre Kinder mit derartigem Spielzeug spielen. Schließlich zeigt der RAPEX-Index der Europäischen Kommission – das ist das Schnellwarnsystem der EU für alle gefährlichen Konsumgüter –, dass hochwertige Spielzeuge genauso betroffen sein können wie Billigimporte, Holzspielzeuge ebenso wie Plastikprodukte, Chinaimporte ebenso wie Spielzeug made in Germany.

Ich bin schier entsetzt und furchtbar wütend, wie leichtfertig die Landesregierung mit der Gesundheit unserer kleinen Kinder umgeht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)