Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Insgesamt verwirrt die Debatte schon. Denn ich lerne von Grünen und SPD: Was die anderen Länder ablehnen, das ist in Ordnung. Nur wenn das in Nordrhein-Westfalen läuft, dann ist das Teufelszeug. Das ist das Ergebnis.
Meine Damen und Herren, ich finde das schofelig, was teilweise hier abläuft. Wir sind uns darüber einig, welche Bedeutung die Milchwirtschaft für den Erhalt einer bäuerlich vielfältig geprägten Kulturlandschaft besitzt.
Wir sehen mit Sorge – Stichwort Agrardiesel –, dass die Landwirtschaft von Energiepreissteigerungen, von steigenden Produktionskosten mehrfach betroffen wird. Und die Forderung eines Berufstandes nach leistungsgerechten Preisen ist das, was uns sicherlich gemeinsam, zumindest meine Fraktion und die Arbeitskreise mit den Kollegen von der CDU, bewegt. Josef Wirtz hat dazu eben deutliche Worte gefunden.
Dann kommt ein Antrag der Grünen, der zurückfällt in irgendwelche Zeiten, die längst abgeschlossen sind. Das sind Antworten, mit denen wir tatsächlich nichts anfangen können.
Wir wissen jetzt, dass sich der Landwirt selbst – und das vertritt nicht nur der Bauernverband – eindeutig als Unternehmer sieht. Weil die Grünen den Landwirten zumuten, sich anzubiedern, frage ich nur einmal: Gab es da nicht den Höhnschen Kuschelerlass? Gab es nicht die Homogenisierung von Gülle in der Eifel? Gab es da nicht irgendwelche Genehmigungsauflagen für Ställe vor Ort, was alles verkompliziert worden ist? Und da stellen Sie sich hin und sagen: Wir sind die großen Freunde der Land
wirtschaft! Zehn Jahre Regierungsverantwortung belegen, welchen Stellenwert die Agrarpolitik in diesem Landtag in der Vergangenheit hatte.
Herr Kollege, Lautstärke ersetzt immer noch keinen Intelligenzquotienten. So weit sind wir noch nicht.
Meine Damen und Herren, wir müssen überlegen und deutlich sagen: Wir können hier in NordrheinWestfalen keinen Sonderweg fahren. Wir sind in die EU eingebettet, und wir müssen feststellen, dass die Milchquote wegfallen wird. Von denen, die heute fordern, wir müssten auf Bundesebene dafür sorgen, dass die Bundessaldierung, die Trennung zwischen Ost und West, wegfällt, gab es nirgendwo dafür eine Mehrheit.
Dann sollte die Molkereisaldierung wegfallen. Darauf haben Kollege Wirtz oder Kollege Ortgies hingewiesen. Auch dafür gab es überhaupt keine Mehrheit, überhaupt keine Zustimmung von denen, die heute meinen, das fordern zu müssen.
Da muss man schon klar sagen: Glaubwürdigkeit hat etwas mit Konsequenz zu tun. Die vermisse ich hier. Selbst bei der Veränderung des Umrechnungsfaktors sind die Vorstellungen, die hier dargestellt worden sind, von den anderen überhaupt nicht aufgegriffen worden.
Meine Damen und Herren, gerade hinsichtlich dieses Faktors ist festzustellen, dass es im Bundesratsbeschluss heißt – ich zitiere wörtlich –: Alle Maßnahmen, die Mengen beschränken werden, werden abgelehnt.
Das waren alles die von SPD und Grünen geführten Länder. Sie stellen sich aber hierhin und sagen: Wir fordern das. – Da muss doch einer eine Linie hineinbringen. Ich kann das nicht verstehen. Dem BDM nach dem Mund zu reden und damit zu versuchen, Stimmen zu fischen, das ist zu kurz gegriffen.
Meine Damen und Herren, wir sagen: Jawohl, der Landwirt ist ein Unternehmer, der im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Verantwortung dem agrarpolitischen Ziel auf Erhalt einer bäuerlich geprägten vielfältigen Kulturlandschaft zuarbeitet. Das ist der Rahmen, in dem er sich bewegt.
Die Quote wird auslaufen. Das ist EU-mäßig festgelegt. Auch da ist doch in den einzelnen Bundesländern eine ganz andere Position. Kollege Wirtz hat es gesagt: Nordmilch hat für die Überlieferer noch 0,5 Cent mehr gezahlt. Die Märkte sind da. Wenn wir uns in Nordrhein-Westfalen beschränken, fallen unsere Marktanteile zugunsten der großen Flächen
Wichtig ist, dass die Landwirte – da muss man ihnen vor Ort Mut machen – mit ihren eigenen Molkereien klarkommen. 75 % der Molkereien sind Genossenschaftsmolkereien. Sie, die Landwirte, sind die Besitzer. Sie müssen dafür sorgen, dass diese Molkereien hier eingreifen. Keiner zwingt diese Molkereien, Überlieferungen anzunehmen. Das ist die Eigenverantwortung der Landwirtschaft. Hier muss man sie unterstützen.
Meine Damen und Herren, der Antrag, den dieser Umweltminister gestellt hat, dass wir uns besondere Gedanken machen, wie wir diejenigen Betriebe, die hier konsequent und gewollt auf Dauer Überlieferungen machen, in den Griff bekommen, ist von Ihren Leuten im Bundesrat abgelehnt worden. Dieser Umweltminister hat dafür gesorgt, dass wir dieses thematisieren. Wir sind gescheitert an den anderen Bundesländern. Das, was Sie hier fordern, ist an Ihren eigenen Leuten gescheitert. Dem ist nicht mehr hinzuzufügen. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als Nächstes spricht für die Landesregierung Herr Minister Uhlenberg.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Besucherinnen und Besucher! Teil einer starken Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen ist eine wettbewerbsfähige Milchwirtschaft. Wir brauchen langfristige Perspektiven für die Milcherzeuger. Dafür sind auskömmliche Milchpreise und vernünftige Rahmenbedingungen notwendig.
Meine Damen und Herren, sind diese Ziele besser zu erreichen, wenn unsere Milcherzeuger einseitig in der Produktion verzichten? Wenn sie mit zusätzlichen Kosten belastet werden? Wenn wir wertvolle Marktanteile abgeben? Wenn die Möglichkeiten notwendiger betrieblicher Entwicklungsschritte erschwert werden und den Milcherzeugern hinsichtlich der künftigen Marktgegebenheiten Sand in die Augen gestreut wird? – Meine Damen und Herren, das ist nicht mein Ziel.
Wir müssen Folgendes zur Kenntnis nehmen. Mit der Agrarreform 2003 – die fand unter Rot-Grün sowohl in Berlin als auch in Nordrhein-Westfalen statt – wurden die Weichen eindeutig für eine dauerhafte Liberalisierung der Märkte gestellt. Wir müssen beachten, dass wir in Deutschland nicht auf einer Insel der Seligen leben. Die Diskussion in Deutschland zur freiwilligen Einschränkung der Milchmenge wurde bereits mit Freude im Agrarausschuss des Europäischen Parlaments aufgenom
men. Es gibt bereits, übrigens auf Antrag eines niederländischen Abgeordneten, einen Beschluss des Ausschusses, wie der Kuchen nicht ausgeschöpfter Milchmengen in einzelnen Mitgliedstaaten über ein europäisches Saldierungssystem an die anderen Länder verteilt werden kann.
Das zeigt, wohin die Reise geht, und unterstreicht noch einmal: Die Milch, die wir nicht melken, melken andere. Wir dürfen keine – darum geht es mir – einseitigen Entscheidungen zulasten der nordrheinwestfälischen Milcherzeuger treffen. Meine Damen und Herren, das war und ist meine Grundüberzeugung.
Berufsstand, Politik und Wirtschaft haben in den letzten Wochen hart um den richtigen Weg gerungen. Dabei war mir ein enger Dialog mit den Betroffenen sehr wichtig. Deshalb stehe in engem Kontakt mit dem BDM, mit den Landwirtschaftsverbänden, aber auch mit Vertretern der nordrhein-westfälischen Molkereiwirtschaft, den Ökoverbänden und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. In keinem anderen Bundesland, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist so intensiv über einen richtigen Weg gerungen worden.
Anfang dieser Woche wurde im Agrarausschuss des Bundesrates zum Umrechnungsfaktor, zur Saldierung und zum Umgang mit der von der Europäischen Union beschlossenen Quotenerhöhung abgestimmt. Die Ergebnisse sind mehr als deutlich. Die Länder haben sich dabei mit sehr klaren Mehrheiten, fast einstimmig, gegen Änderungen bei der Saldierung und beim Umrechnungsfaktor ausgesprochen. Interessanterweise haben auch die Länder Hamburg und Bremen – Länder, in denen die Grünen mit in der Regierungsverantwortung stehen – gegen eine Änderung des Umrechungsfaktors und gegen eine Aussetzung der Bundessaldierung gestimmt. Offensichtlich ist innerhalb der Grünen-Partei noch zu klären, was man eigentlich will.
Wenn ich mir die Position der Sozialdemokraten auf der Agrarministerkonferenz ansehe, meine geschätzten Kollegen, dann geht das noch weit darüber hinaus, was Liberalisierung angeht. Ich habe diese Eierei, Frau Watermann-Krass, schon mitbekommen. Der Abgeordnete Remmel hat den BDMAntrag noch sauber abgeschrieben. Aber bei der SPD war das ja nur Eierei, insbesondere auch vor der Positionierung der SPD bundesweit zu diesem Thema Milch.
Meine Damen und Herren, der BDM hat mir deutlich gemacht, dass seine Forderungen nur als Gesamtpaket Wirkung entfalten können. Dafür gibt es – das ist am Montag im Agrarausschuss des Bundesrates deutlich geworden – nicht den Hauch einer Mehr
heitschance. Das war keineswegs überraschend und hat sich auch schon im Vorfeld der Abstimmung so abgezeichnet.
Angesichts dieser zu erwartenden Mehrheitsverhältnisse habe ich mit den Vertretern des BDM, des RLV und WLV die Schlussfolgerung gezogen, sich insbesondere auf das Problem der großen Überlieferer zu konzentrieren. Immerhin – das hat der Abgeordnete der CDU-Fraktion gesagt – verursachen 5 % der Milcherzeuger rund 20 % der Überlieferung in Deutschland. Entsprechend hat NordrheinWestfalen einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, der sowohl die Bundesregierung als auch den Berufsstand und die Molkereiwirtschaft auffordert, sich dieses Problems anzunehmen und nach Lösungen zu suchen. Auch für diesen Antrag gab es keine Mehrheit. Es gab so gut wie keine Unterstützung. Auch in diesem Fall haben mich die von den Grünen mitregierten Länder, Hamburg und Bremen, nicht unterstützt. Wollen die Grünen jetzt die großen Überlieferer stoppen oder wollen sie es nicht? – Vielleicht kennt Herr Remmel ja die Antwort. Herr Abgeordneter Remmel, geht es Ihnen wirklich um die Milchbauern, oder ist es nicht noch ein Stück Parteipolitik?
Unabhängig von den aktuellen Fragen der Saldierung und des Umrechnungsfaktors in Deutschland werden zurzeit in Brüssel die Weichen für die Zukunft gestellt. Wir müssen uns für das 2015 anstehende Ende der Quotenregelung vorbereiten und es entsprechend begleiten. Wir müssen insbesondere die Gesundheitsprüfung der europäischen Agrarpolitik nutzen, um den Übergang in den Markt ohne gravierende Strukturbrüche zu gestalten. Deswegen dürfen wir die Milchquoten nicht ohne Rücksicht auf die Märkte anheben, und deswegen brauchen wir auch zusätzlich den Milchfonds.
zweitens für die Ausgleichzulage für benachteiligte Gebiete, um die Milchproduktion in den Mittelgebirgsregionen zu belassen,
drittens für grünlandbezogene Maßnahmen für die Standorte, die keine wirtschaftlichen Produktionsalternativen zur Milchproduktion haben.
Wie die Programme im Detail ausgestaltet werden, werde ich mit dem Parlament, mit dem Ausschuss, aber auch mit den Verbänden in NordrheinWestfalen intensiv besprechen, wenn der Rahmen feststeht und wenn wir wissen, wie viel Geld zur Verfügung steht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Landwirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen hat viele Gespräche geführt. Er hat einen klaren Kurs. Ich hätte in dem einen oder anderen Punkt
auch gerne etwas anderes erreicht; das war aber vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen nicht möglich. Die Milchviehhalter in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen können sich auf diese Landesregierung weiterhin verlassen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/7674 an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Dort soll nach der entsprechenden Beratung abschließend in öffentlicher Sitzung abgestimmt werden. Wer ist für diese Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist er einstimmig überwiesen.