Meine Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich willkommen zur heutigen, 104. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich 16 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Seinen Geburtstag feiert heute der Kollege Reinhold Sendker von der CDU-Fraktion. Herzlichen Glückwunsch, Herr Sendker, und alles Gute!
Die SPD-Fraktion hat mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu einer aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin Frau Kraft von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, um die Ergebnisse des Bildungsgipfels miteinander diskutieren und bewerten zu können. Ich halte mit meiner Bewertung nicht hinter dem Berg: Was bei diesem Bildungsgipfel herausgekommen ist, ist wirklich dürftig.
Für Bundeskanzlerin Merkel, die die Erwartung vor dem Bildungsgipfel so hochgeschraubt hatte, ist das eine Blamage.
Das Ziel, die Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts heraufzuschrauben, ist richtig. Aber wir alle fragen uns nun: Wie soll das denn erreicht werden? Wer zahlt denn für was? – Das alles wird in einer Kommission geklärt, die jetzt mit der Arbeit beginnt und deren Ergebnisse Ende Oktober nächsten Jahres vorlie
Meine Bewertung teilt offensichtlich auch der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Pinkwart. Auf seiner Internetseite sagt er dazu:
Nach dem Bildungsgipfel von Dresden zeigt sich: Vorhang zu, die meisten Fragen offen. Wir vermissen klare Zusagen, feste Termine und verbindliche Budgets.
Herr Minister Pinkwart, da haben Sie Recht; aber Sie sollten darüber mal mit dem Ministerpräsidenten reden, denn der hat dort für Nordrhein-Westfalen verhandelt. Er bewertet das alles sehr viel positiver.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Welchen Beitrag haben denn die SPD-Ministerpräsidenten geleistet?)
Für Nordrhein-Westfalen sitzt der Ministerpräsident und nicht die Opposition am Tisch. Sie müssen Druck auf Ihren Ministerpräsidenten ausüben. Das haben Sie wohl immer noch nicht verstanden; denn Sie denken immer noch wie in der Opposition.
Für uns ist interessant, wie die Ergebnisse von außen bewertet werden – und das ist schon bemerkenswert –: Die CDU spricht von einer bildungspolitischen Nullnummer, Schülervertreter nennen den Gipfel eine Farce, die GEW spricht von alten Ladenhütern, der Verband junger Unternehmer bezeichnet die Verabredung als grob fahrlässig und einen Schlag ins Wasser und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft wirft Bund und Ländern Mutlosigkeit vor; denn sie hätten das Ziel aufgegeben, mehr junge Menschen zur Aufnahme eines Studiums zu motivieren.
Meine Damen und Herren, diese Bewertungen sind die Bewertungen der Fachleute, die sich das im Detail angesehen haben. Die Menschen draußen im Land kommen zu keinen anderen Ergebnissen.
Aber der Ministerpräsident spricht von einem großen Fortschritt. – Wer politische Wahrnehmungsstörungen hat, kann man an diesem Punkt sehr deutlich sehen! Fakt ist, dass die CDU-Ministerpräsidenten, Herr Lindner, überall dort gemauert haben, wo es um mutige, zukunftsweisende und notwendige
Zunächst zur Zukunft unserer Kinder im frühkindlichen Bereich: Der Gipfel hat die Chance verpasst, die Weichen für ein beitragsfreies Bildungssystem von der U3-Betreuung bis zur Hochschule zu stellen. Das Abschlussdokument bleibt auf der Ebene der Sonntagsreden. Es heißt darin – ich zitiere –: Jedes Kind soll bestmögliche Startbedingungen haben. Jeder und jede soll die Chance zum Aufstieg durch Bildung haben.
Das sind schöne Botschaften, aber gerade wir in Nordrhein-Westfalen wissen, dass die Realität anders ist. Mit den Studiengebühren werden die sozialen Barrieren aufgebaut, die die Kinder aus Familien mit geringem Einkommen vom Studium abschrecken.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Prof. Dr. Thomas Sternberg [CDU]: Das ist falsch! – Weitere Zurufe von CDU und FDP)
Das ist falsch? Schauen Sie sich doch die Studie an, die Ihre Parteikollegin Frau Schavan unter Verschluss hält! Vielleicht kommen Sie dann der Realität ein Stückchen näher!
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Widerspruch von Helmut Stahl und Prof. Dr. Thomas Stern- berg [CDU] – Zurufe von CDU und FDP)
Diese Studie bestätigt deutlich unsere Vorhersage an Sie, was mit Einführung der Studiengebühren passieren wird.
Sie können es an den Meldungen ablesen, die wir heute auf den Tisch bekommen. Bei der NRW.BANK werden die Darlehen für Studienkredite weniger nachgefragt. Auch das zeigt, dass sich weniger Kinder als bislang aus einkommensschwachen Familien zum Studium anmelden.
Zweitens. Der Gipfel hat die Chance verpasst, die Weichen für ein längeres gemeinsames Lernen zu stellen. Wir werden heute noch den Bericht der Enquetekommission II diskutieren. Ein ganz wesentlicher Punkt ist: Wir brauchen längeres gemeinsames Lernen. Sie verspielen mit Ihrer rückwärtsgewandten Politik die Zukunft unserer Kinder und unseres Landes, meine Damen und Herren von der CDU.
Schauen wir uns die Schule an. Der Ministerpräsident, die Schulministerin und die CDU-Fraktion sind in der Frage der Schulstruktur längst allein zu Haus. Auch die FDP verabschiedet sich jetzt, wie ich zur Kenntnis nehme, von der Hauptschule. Frau Minis
terin, steuern Sie spätestens jetzt um! Genehmigen Sie endlich die Anträge auf Einrichtung von Gemeinschaftsschulen und verabschieden Sie sich von dieser rückwärtsgewandten Politik!
Ich komme zu den Stichworten Hochschulpakt und Fachkräftemangel. Auf dem Gipfel wurde vereinbart, den Hochschulpakt fortzuschreiben; das ist richtig. Aber Herr Minister Pinkwart, machen Sie hierbei doch Ihre Hausaufgaben! Die Zahlen, die wir vorfinden, zeigen deutlich, dass es eben mit dem Hochschulpakt nicht so weit geht, wie es bisher hätte sein müssen. Wir erfüllen unsere Verpflichtungen nicht.
2007 hätten es schon 91.400 zusätzliche Plätze sein müssen, wenn man die Zahlen linear hochrechnet; tatsächlich haben wir etwas mehr als 77.500.
Wie wollen Sie die neuen Zusagen erreichen, Herr Minister? Heute erwarte ich von Ihnen eine Antwort auf diese Frage.